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Mittwoch, 25. September 2013

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Massive Kritik an "Bekenner"-Kampagne der Stadt

Unzulässige Vorteile durch Verletzung des Neutralitätsgebots?

Auszug aus dem Schreiben der Stadt: Vorsätzliche Diffamierung der Bürgerinitiative.

 

Weinheim, 18. September 2013. (red) Die Stadtverwaltung bleibt weiter in der Kritik. Aus der Stadtverwaltung heraus wird intensiv eine Unterstützungskampagne für die Befürworter des Flächentauschs betrieben – und damit einseitig städtische Ressourcen in Anspruch genommen. Der Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Sckerl kündigt an zu prüfen, ob “Spielregeln für Bürgermeisterämter” bei Bürgerentscheiden verschärft werden sollten. Sein Fazit aktuell: Auf dem Rathaus liegen die Nerven blank.

Von Hardy Prothmann

Aktuell hat der städtische Wirtschaftsförderer, Manfred Müller-Jehle, eine email an eine unbekannte Anzahl Personen verschickt und bittet die Adressaten um ihren Namen für eine “Bekenner-Anzeige”:

Wir wenden uns heute mit einer großen Bitte an Sie um Sie als “Bekenner” für die Gewerbeentwicklung in den Breitwiesen am Autobahnkreuz zu gewinnen.

Am Freitag oder Samstag vor dem Bürgerentscheid soll in der WN und Weinheimer Woche eine so genannte “Bekenner-Anzeige” geschaltet werden. Das ist eine Anzeige, in der sich Weinheimer BürgerInnen mit ihrem Namen (ohne Nennung einer Adresse, Firma, Institution, einem Verein oder ähnlichem) zu dem geplanten Flächentausch bekennen, also gegen eine Gewerbeentwicklung im Gewann Hammelbrunnen (hinter dem Krankenhaus).

Für Sie entstehen keine Kosten, die Anzeige bezahlen die Befürworter wie Gewerbeverein, VWU Vereinigung Weinheimer Unternehmer.

Wenn Sie zustimmen, Ihren Namen als Bekenner zu veröffentlichen, dann senden Sie bitte kurzfristig Ihr OK direkt an unsere Pressestelle.

Im Klartext – der städtische Wirtschaftsförderer wirbt aus seiner Stabsstelle heraus einseitig und organisiert aktiv in Verbindung mit dem Pressesprecher Roland Kern, ebenfalls eine Stabsstelle, eine Namensliste um die Befürworter-Seite zu unterstützen. Die nicht unerheblichen Kosten für die Werbeanzeigen werden privat gezahlt. Für den Abgeordneten Hans-Ulrich Sckerl (Bündnis90/Die Grünen) ein eklatanter Verstoß:

Zum wiederholten Male greift die Stadtspitze in die Informationskampagne vor dem Bürgerentscheid unzulässig ein. Ich sehe hier eine klare Verletzung des Neutralitätsgebots einer Verwaltung vor der Abstimmung der Bürger. Die Stadtspitze hat das Recht auf eine eigene Meinung zu der Abstimmungsfrage, das ist unbestritten. Sie ist aber nicht berechtigt, städtische Gelder einseitig für eine Partei zur Verfügung zu stellen.

Doch das ist nicht alles. Ebenfalls aktuell verschickt die Stadt Briefe an Erstwähler und diffamiert die Breitwiesen-Gegner – diese würden Falschinformationen verbreiten. Lügner schreiben Sie nicht – aber so kann man das auch verstehen.

Massive Einflussnahme

Auf der zweiten Seite führen die Bürgermeister drei Punkte auf, die sie als “falsch” darstellen. Ein Ja würde nicht nur den Flächentausch verhindern, sondern auch den Hammelsbrunnen schützen, sagen die Gegner des Flächentauschs. Die Bürgermeister behaupten, dass würde zur Bebauung von Hammelsbrunnen führen. Beide Informationen sind nicht korrekt: Ein Ja beim Bürgerentscheid und damit kein Flächentausch weist den Hammelsbrunnen weiter als Gewerbegebiet aus. Ob dort gebaut wird, muss allerdings erst der Gemeinderat entscheiden. Zwangsläufig ist eine Bebauung also nicht. Wenn man so will, ebenfalls eine Falschinformation der Stadt.

Eine propagandistische Täuschung ist die Aussage der Bürgermeister, die Gebiete in Breitwiesen würden nur 1-5 Hektar groß entwickelt werden. Erstens liegen zur Entwicklung noch überhaupt keine Beratungen vor und zweitens entscheidet der Gemeinderat über die Größe der Ansiedlungen – die Verwaltung hat die Beschlüsse umzusetzen. Sollte also eine große Ansiedlung beschlossen werden, ist die Aussage “bis zu 5 Hektar” nur noch Geschwätz von gestern und zudem eine anmaßende Haltung der Bürgermeister, die mit dieser “Festlegung” die unabhängige Entscheidungssouveränität des Hauptorgans Gemeinderat ad absurdum führen.

Auch hier nutzt die Stadt Steuergelder und ihre Ressourcen, um sich im Meinungskampf einen unzulässigen Vorteil zu verschaffen. Die Verletzungen des Neutralitätsgebots wiegen umso schwerer, da sie zum wiederholten Male erfolgen,

sagt Herr Sckerl, der ebenfalls andeutet, dass sich die Stadt rechtlich angreifbar mache:

Da liegen jetzt Nerven blank. Das darf aber nicht dazu führen, im Eifer des Gefechts die Spielregeln so eklatant zu beschädigen. Das beschwört geradezu die Gefahr der Anfechtung der Bürgerentscheidung herauf.

Nach unseren Informationen prüft die BI Breitwissen verschiedene juristische Aspekte, um den Bürgerentscheid möglicherweise anzufechten. Ob die Entscheidung am Sonntag also “verbindlich” eintrifft, ist offen. Klar ist hingegen, dass sich die Verwaltung das eigene Ansehen durch diese Mauscheleien selbst beschädigt und zur Verhärtung der Fronten in der Stadtgesellschaft massiv beiträgt.

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