Weinheim, 05. Dezember 2012. (red/aw) Der Erste Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner steht im ständigen Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern von Weinheim. Seit sechs Wochen bewegt er sich auf einer weiteren kommunikativen Plattform: Facebook. Über seine Beweggründe, die Vorteile einer solchen Online-Präsenz und der Faszination des Phänomens Facebook sprach er im weinheimblog.de-Interview.
Interview: Alexandra Weichbrodt
Herr Dr. Fetzner, Sie nutzen seit kurzer Zeit intensiv die Social-Media Plattform Facebook. Warum?
Dr. Fetzner: Ich habe in der Vergangenheit einfach gemerkt, dass ich bestimmte Bevölkerungsgruppen in unserer Stadt nicht mehr erreiche. Besonders jüngere Menschen unter 30 Jahren lesen nicht mehr viel Zeitung. Das habe ich auch bei meiner 19-jährigen Tochter festgestellt, die sich fast ausschließlich über das Internet informiert. Ich habe mir ein Facebook-Profil angelegt, um an diese Altersgruppe heranzutreten mit dem Ziel, über Weinheimer Themen zu informieren.
Wie viele Facebook-“Freunde” haben Sie?
Fetzner: Momentan 323. Da sind Leute dabei, die ich nur vom Sehen kenne, einige private Freunde, und alte Schulkameraden. Aber auch ganz “Unbekannte” aus unserer Stadt und der Umgebung.
Nutzen Sie auch noch andere Social-Media-Dienste?
Fetzner: Nein, Facebook ist momentan die einzige Plattform. Darauf habe ich mich für den Anfang beschränkt. Irgendwie muss ich das Ganze ja auch täglich bewältigen.
“Nichts Privates bei Facebook”
Sind Sie denn eher als Erster Bürgermeister oder als Privatperson online?
Fetzner: In erster Linie bin ich als Erster Bürgermeister bei Facebook. Das ist mir auch wichtig, da ich ohnehin wenig Privatleben habe. Wenn ich in der Stadt unterwegs bin, werde ich oft als Erster Bürgermeister erkannt und angesprochen. Viele nutzen dann die Gelegenheit, um auch mal direkt mit mir zu sprechen. Das ist auch in Ordnung. Aber die wenige Privatsphäre, die ich habe, möchte ich mir bewahren. Daher nichts Privates von mir über Facebook.
Sie halten aber keine Rücksprache mit dem Pressesprecher der Stadt Weinheim, bevor Sie Beiträge bei Facebook posten?
Fetzner: Nein, ich mach das alles aus dem Bauch heraus. Bisher gab es da auch keine Probleme. Ich informiere eh regelmäßig, beispielsweise den Gemeinderat über aktuelle Geschehnisse. Ich handle autonom und muss mich nach niemandem richten, was sehr schön ist.
Auch über Facebook ansprechbar sein
Welche Erfahrungen haben Sie bereits gemacht? Wie sind die Reaktionen ihrer “Freunde?
Fetzner: Die Reaktionen auf von mir gepostete Informationen sind interessant. Ich finde es höchst spannend, wie die Bürgerinnen und Bürger reagieren und ihre Meinung äußern.
Persönliche Anfragen oder direkte Nachrichten an mich sind bisher eher selten. Gerne dürfen die Menschen aber auch über Facebook mit ihrem Anliegen an mich herantreten.
Sehr auffällig ist, dass ich durch Facebook noch schneller an Informationen herankomme. Ob das jetzt Bilder von aktuellen Ereignissen sind, wie am vergangenen Wochenende beim Weihnachtsmarkt in der Weststadt oder Reaktionen zu Beschlüssen, die im Gemeinderat erfolgen. Dank Facebook kann ich noch am selben Abend die ersten Meinungen dazu sehen bzw. lesen.
Wo sehen Sie Vor- und Nachteile von sozialen Netzwerken?
Fetzner: Für mich ist der größte Vorteil, dass ich schnell mit Leuten in Kontakt kommen kann, die ich normalerweise über traditionelle Medien nicht mehr erreicht hätte. Mit der Betonung auf “schnell”, denn die Geschwindigkeit fasziniert mich. Ich mag es, wenn es schnell geht. Ich habe Spaß an der schnellen Klärung von Sachverhalten, beispielsweise durch e-Mails. Bei Facebook geht das ja noch eine Nummer schneller.
Diese Schnelligkeit kann allerdings auch ein Nachteil sein. Man ist versucht, immer auch schnell zu reagieren. Dabei überdenkt man vielleicht nicht alles, was man antwortet oder postet. Ich versuche da ganz diszipliniert zu sein und nicht unbedingt aus der Emotion heraus, flapsig oder zweideutig zu antworten. Darin liegt auch eine Gefahr.
Sie fühlen sich mit dem allgemeinen Fortschritt der Technik wohl, oder? Ihr Arbeitsplatz lässt es zumindest vermuten. Er ist sehr mobil eingerichtet, mit Laptop und iPad.
Fetzner: Ja, ich fühle mich im Umgang mit diesen Geräten sehr wohl. Ich schreibe nur noch wenig per Hand. Bei Besprechungen habe ich immer mein iPad dabei und mache mir darauf Notizen. Diese maile ich anschließend gleich ins Büro und lege sie dort dann in meinem System ab. Ich arbeite also schon fast Papier-frei. Auch wenn dies in der Verwaltung eher unüblich ist.
Das Internet ist für mich ohnehin unentbehrlich. Da hole ich mir eine Vielzahl an Informationen und nutzte jetzt ja auch die Möglichkeiten der interaktiven Kommunikation. Da ist es schon wichtig, mit der Zeit zu gehen.
“Das Internet ist unentbehrlich”
Auch die Stadtverwaltung Weinheim ist sehr aktiv bei Facebook. Für wie wichtig halten Sie diese Präsenz im Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern?
Fetzner: Ich finde das ist mit eine der wichtigsten Aufgaben, die unser Pressesprecher Roland Kern ausfüllt. Er macht die ganze Pressearbeit der Stadtverwaltung immer sehr zeitnah und aktuell. Wann die Informationen aber über die örtliche Presse veröffentlicht werden, können wir nicht beeinflussen. Daher ist Facebook eine gute Möglichkeit für uns, einen Teil der Bürgerinnen und Bürger selbstständig und vorallem schnell zu informieren.
Auf der Weinheim-Seite findet zudem bereits ein guter, regelmäßger Austausch statt. Einfach, weil gepostete Informationen von den Bürgerinnen und Bürgern direkt kommentiert wird. Da werden wichtige Diskussionen angestoßen.
Sie befürworten diese Art von Kommunikation im gesellschaftspolitischen Diskurs?
Fetzner: Ja, denn ich sehe das absolut positiv. Kommunikation ist immer wertvoll und wichtig. Egal, in welcher Form sie stattfindet. Da ist es besser wir kommunizieren über Facebook, als gar nicht.
Zur Person:
Dr. Torsten Fetzner ist promovierter Bauingenieur und lebt seit 1985 in Weinheim. Der gebürtige Karlsruher ist seit Dezeber 2005 Erster Bürgermeister von Weinheim. Er ist verheiratet und hat eine 19-jährige Tochter.
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