Weinheim/Rhein-Neckar, 07. März 2012. Sie sind noch nicht viele – hoffen aber bald viele zu sein. In Weinheim hat sich eine Bürgerinitiative “Pro Kripo Weinheim” gebildet, die für den Erhalt der kriminalpolizeilichen Außenstellen (KAst) kämpfen will. In verschiedenen Weinheimer Geschäften liegen Unterschriftslisten bereit. Die Initiative sucht Kontakt zu Bürgern in anderen Gemeinden, um gemeinsam auftreten zu können.
Für Claudia Funke und Gernot Sam, zwei der Initiatoren ist die Sache klar: Sie sind definitiv gegen eine Schließung der KAst in Weinheim.
Wir brauchen die Beamten, die sich vor Ort auskennen. Alles andere verschlechtert die wichtige Arbeit der Beamten.
Ein Dutzend Bürgerinnen und Bürger haben sich am Montagabend im Restaurant “Beim Alex” zusammengefunden, um auch die Presse über ihr Vorhaben zu informieren.
Zum Pflänzltag planen sie einen Info-Stand und werben Unterschriften gegen die geplanen Schließungen ein.
Zu lokalen Politikern haben sie schon Kontakt aufgenommen und Frau Funke äußert sich kritisch:
Herr Sckerl schien mir nicht gut informiert zu sein.
Nach ihrer Auffassung hat der Landtagsabgeordnete der Grünen eine eher positive Haltung zur Reform.
Kontakte zur Polizei sind nicht möglich:
Die haben einen Maulkorb verpasst bekommen und dürfen sich nicht äußern.
Gernot Sam bringt das Ergebnis der Schließung so zum Ausdruck:
Man nimmt uns die Schutzfunktion und wenn die mal weg ist, kommt sie nicht wieder.
Die Bürgerinnen und Bürger sind nicht grundsätzlich gegen die Reform, sagen, dass sie sich nicht anmaßen, die Sinnhaftigkeit insgesamt in Frage zu stellen:
Aber wir äußern unsere Sorgen. Auch, weil die bisherige Kommunikation uns diese nicht genommen hat.
Auch der Kinderschutzbund und die Suchtberatung unterstützen das Anliegen. Bis zum 26. März will man Unterschriften sammeln und diese an Innenminister Gall senden. Ein ambitioniertes Unterfangen, denn die Zeit drängt: Um Ostern sollen die Details der Polizeireform verkündet werden. Und ist das der Fall, dürften die Entscheidungen gefallen sein.
Im Internet hat die Initiative ein Blog gestartet, über das man Kontakt aufnehmen kann: ProKripoWeinheim.wordpress.com.
Dokumentation der Position der Bürgerinitiative Pro Kripo Weinheim:
“Die vom baden-württembergischen Innenminister Gall vorgesehene Polizei-Struktur-Reform soll zu einer Kompensierung von 1.000 fehlenden Stellen (speziell im Bereich Cyber- und Wirtschaftskriminalität) bei gleichbleibendem Personalschlüssel führen. Durch den Wegfall von Führungsebenen im unteren Bereich sollen zusätzliche Kräfte für den “Dienst auf der Strasse” frei werden. Versprochen wird zudem eine Aufstockung der Polizeireviere (Schutzpolizei) durch jeweils zwei Beamte, die für eine erhöhte Sicherheit der Bevölkerung sorgen soll.
Tatsache ist jedoch, dass schon heute fast alle Reviere unterbesetzt sind und auch die Kripo-Außenstellen wurden schon unter der letzten Landesregierung massiv zusammengekürzt. Wir bezweifeln, dass durch ein Zusammenziehen der Kräfte nach Mannheim oder Heidelberg (Polizeipräsidium Kurpfalz) und der Einrichtung eines Kripo-Dauerdienstes, die bisherige hohe Aufklärungsrate im Bereich der Drogendelikten, Serieneinbrüche und Kapitalverbrechen weiterhin aufrecht gehalten werden. Die letzte Kriminalstatistik spricht Bände: die 39 Kripobeamten (und 11 Angestellte) der Außenstellen Weinheim, Schwetzingen, Sinsheim, Walldorf und Wiesloch lösten 50% aller Straftaten im Gebiet der Polizeidirektion Heidelberg. Und das mit einer Personalqoute von 20%. Das zeigt unserer Meinung nach sehr deutlich, die hohe Effizienz und Arbeitsqualität der bestehenden Kripo-Aussenstellen.
Diese sollten verstärkt anstatt ohne eine zwingende Notwendigkeit zerstört werden.
Desweiteren werden durch die Schliessung der Aussenstelle bisherige Synergieeffekte, die aus der räumlichen Nähe zur Schutzpolizei entstehen, nicht mehr möglich sein. Jede Unternehmensberatung weist immer wieder darauf hin wie wertvoll die Kaffeepausen in einem Betrieb sind. Viele wichtige Informationen werden oft beim zwanglosen Gespräch auf dem Flur oder im Pausenraum ausgetauscht, so auch in den Revieren. Die Kollegen von Schutzpolizei und Kripo arbeiten Hand in Hand und bilden oft genug Einsatzgruppen, um gemeinsam einen Straftäter zu ermitteln.
Unserer Meinung nach ist es ein großer Unterschied ob Kripobeamte (die alle in Weinheim und naher Umgebung wohnen) vor Ort sind und somit örtliche Gegebenheiten und Personen kennen oder ein Team beispielsweise aus Heidelberg anreisen muss und ohne die nötigen Ortskenntnisse die Ermittlungen durchführen muss. Mal davon abgesehen, dass gerade im Bereich der Jugend- und Drogenkriminalität eine besondere Vertrauensbeziehung bestehen muss, damit auch für die Strafvereitlung benötigte Hinweise aus der Szene gegeben werden.
Zudem ist uns unklar wie mit einem Personalstand von über 50% von über 50jährigen ein Kriminal-Daeuerdienst ausgebaut werden soll. Über 50jährige sind vom Schichtdienst befreit!
Wahrscheinlich werde in Zukunft mehr Straftaten in den Großstädten anfallen, die mit zentralen Polizeipräsdien besser bekämpft werden können. Bei gleichzeitig begangenen Straftaten und Unterbesetzung des Dauerdienstes werden zur Zeit die Kripobeamten der Aussenstellen hinzugeholt. Dies wird dann wegfallen und die Fläche wird unter den Tisch fallen.”
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