Mannheim/Weinheim, 15. Juli 2013. (red/ae) Am Landgericht Mannheim wird heute der Prozess gegen einen Vermieter aus Weinheim wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung fortgesetzt. Er hatte im Januar den Kamin seines Mietshauses abgedeckt, ohne die zwei Bewohnerinnen zu informieren. Beide hatten dabei Rauchgasvergiftungen erlitten. Bei der Verhandlung am vergangenen Donnerstag hatten der Schornsteinfeger und dessen Mitarbeiter ausgesagt. Mit ihnen soll der Angeklagte zuvor gesprochen haben.
Von Alina Eisenhardt
Als erste Zeugen wurden die Tochter der Nebenklägerin, Alin H., und deren Verlobter Sven S. in den Zeugenstand gerufen. Sie seien am Tag des Geschehens, dem 14. Januar, gegen 17:00 Uhr bei der Geschädigten eingetroffen, um einkaufen zu gehen. Da diese über Unwohlsein und Kopfschmerzen klagte, gingen Frau H. und Herr S. nur zu zweit einkaufen.
Dass meine Mutter Kopfschmerzen hat, kommt bei ihr sehr selten vor,
sagte sie.
Als die beiden zurückkehrten, schlief die Mutter und schreckte bei der Ankunft hoch. Der Hund sei außergewöhnlich aufgeregt gewesen. Dann seien sie in die Küche gegangen. Die Zeugin Alin H. beschrieb den Gang der Klägerin als “schwankend”. Der Ofen sei den Tag über in Betrieb gewesen, habe aber nicht richtig geheizt, was die Nebenklägerin auch angemerkt hatte.
Im Ofen lag viel Glut, aber es waren keine Flammen da,
sagte ihr Verlobter Sven S. bei seiner Vernehmung. Er und Alin H. sagten aus, dass sie sich die gesamte Zeit über normal gefühlt hätten.
Allerdings bemerkte Frau H. einen merkwürdigen Geruch im Hausflur, wie “nach verbranntem Plastik”, den Herr S. bestätigte. In der Wohnung sei der Geruch nicht feststellbar gewesen.
90% des Kamins waren abgedeckt
Die Zeugen Ralf M. und Rolf T. von der Feuerwehr Weinheim berichteten über den Feuerwehreinsatz. Gegen 19:00 Uhr habe Ralf M. einen Anruf von der Nachbarin der Klägerin entgegengenommen. Sie habe von einem seltsamen Geruch im Flur berichtet:
Frau G. war zwar gefasst, aber sehr unsicher, wie sie die Situation einschätzen sollte. Sie konnte den Geruch nicht zuordnen.
Kurz nach 19:00 Uhr traf die Feuerwehr an dem Wohnhaus ein. Feuerwehrmann Rolf T. stellte eine leichte Rauchentwicklung im Haus fest. Das Feuer im Ofen der Wohnung der Klägerin habe gebrannt, sagte er. Auf dem Speicher wurde dann das Blech, das den Kamin abdeckte, gefunden.
90% des Kamins waren abgedeckt. Das Blech hat hervorragend gepasst. Das kann man so eigentlich nur mit einer Schablone machen,
sagte Herr T. Im Protokoll wird festgehalten:
Es scheint, als sei das Blechstück böswillig dort platziert worden.
Der Rechtsanwalt der Nebenklägerin fragte, wie Herr T. die Situation einschätze, dass der Angeklagte den Kamin verschlossen hat.
Wird der Kamin benutzt, obwohl er verschlossen wurde, besteht potenziell Lebensgefahr. Ich schätze, Herr E. müsste das bei seinem Beruf wissen. Das weiß eigentlich jede Hausfrau.
Die Rauchgase konnten nicht abziehen
Schornsteinfeger Joachim K. sagte aus, dass er am Abend des 14. Januar wegen des Verdachts auf einen Schornsteinbrand angerufen worden war. Bei der Untersuchung des Kamins habe er das Blech gefunden und es entfernt.
Um einen Kamin verschließen zu dürfen, müssen alle Hausbewohner zuerst in Kenntnis gesetzt werden. Dann wird die Feuerstelle abgeklemmt und die Öfen werden verschlossen. Der Ofen war im Prinzip verschlossen, die Rauchgase konnten nicht abziehen. Bei geschlossenem Kamin besteht Lebensgefahr.
Auf die Nachfrage des Richters, ob das Blech seiner Einschätzung nach für diesen Zweck angefertigt worden sei, antwortete Herr K. lediglich:
Es gehörte da nicht hin.
Der Schornstein des Hauses liegt im Zuständigkeitsbereich des Schornsteinfegers Alexander L. Er war am 04. Januar im besagten Haus, um den Kamin zu säubern. Laut Herrn L. benahm sich Herr E. normal. Er habe lediglich angemerkt, dass er den Kamin eventuell abmelden würde. Im Haus gibt es einen zweiten Kamin, der bereits ordnungsgemäß stillgelegt worden war. Das Thema “Kaminbrand” kam während der Säuberung nicht zur Sprache.
“So legt man keinen Kamin still!”
Auf die Frage, ob Herr E. einen Mitarbeiter kontaktiert hatte, um über Maßnahmen zur Stilllegung zu sprechen, antwortete Herr L.:
Er kontaktierte den Mitarbeiter lediglich, um über einen Kehrtermin zu sprechen.
Der Richter fragte den Zeugen, ob er es schon einmal erlebt habe, dass ein Kamin auf so unorthodoxe Weise stillgelegt wurde. Herr L. antwortete:
Das ist das erste Mal in meiner beruflichen Laufbahn, dass ich so etwas gesehen habe. So legt man keinen Kamin still!
Moderation von Kommentaren
Die Moderation liegt bei der Redaktion. Für uns steht fest: Kritische Diskussionen sind erwünscht, persönliche Beleidigungen hingegen werden entfernt. Wie wir moderieren steht in der Netiquette.