Weinheim, 16. Juni 2013. (red/pro) Heute waren es wieder gut 60 Bürgerinnen und Bürger, die zum Info-Gespräch mit der Grün-Alternativen-Listen (GAL) in die Mehrzweckhalle Hohensachsen gekommen sind. Am 05. Juni waren es gut 300 gewesen. Die Pläne der Stadt, eine gemeinsame Halle für Hohen- und Lützelsachsen nördlich der Muckensturmer Straße sowie eine für Oberflockenbach zu bauen und das Hohensachsener Viktor-Dulger-Hallenbad zu schließen, stoßen nicht nur auf wenig Gegenliebe, sondern auf massiven Protest. Eine Lösung für die Situation ist nicht in Sicht. Aber eines werden die Menschen nicht akzeptieren – ein Hauruck-Verfahren, um vollendete Tatsachen zu schaffen. Am heutigen Montag, um 17:00 Uhr will die Bürgerinitiative Hohensachen zusammen mit Vereinen auf dem Marktplatz demonstrieren.
Von Hardy Prothmann
Die Bürgerinitiative Hohensachsen hat gute Aufmerksamkeitsarbeit geleistet – auch sonst sind die Menschen vernetzt, interessiert und auf dem neuesten Stand. Die Stimmung ist eindeutig: Dass der Oberbürgermeister die Entscheidung über eine von drei Varianten, von denen eigentlich aus Kostengründen nur die oben beschriebene in Frage kommt, von der Tagesordnung genommen hat, nimmt man als Teilerfolg zur Kenntnis. Man weiß aber genau, dass man eine Entscheidung im Juli auch nicht will. 5,7 Millionen Euro würde diese Variante kosten, da sind Gewinne aus den Grundstücksverkäufen für Wohnbebauung schon rausgerechnet.
Viele offene Fragen
“Es kann doch nicht sein, dass Ende April der Sportausschuss in nicht-öffentlicher Sitzung eine Entscheidung trifft und der Gemeinderat ohne ausreichende Beratung Fakten schafft”, Die Zeit ist zu knapp”, “Kein Mensch kann in vier Wochen realistische Ideen durchdenken”, “Wir wollen endlich Einblick in das Gutachten haben”, “Schluss mit der Intransparenz”, “Aus welchem Grund hat es hier jemand eilig?”, “Wieso wurde alles nicht-öffentlich vorbereitet?”, “Ein Moderationsprozess auf Basis von gefällten Entscheidungen kann der OB für sich behalten”, “Was ist mit den Grünen, die wollen doch angeblich keine weiteren Flächenversiegelungen?”, “Warum ist in den vergangenen Jahren nichts passiert?”, “Kein privater Haushalt kann so desolat wirtschaften, wie die Stadt sich das mit unseren Geldern erlaubt”, “Das ganze Verfahren ist geeignet, das letzte Vertrauen in die Stadt zu verspielen”, “Wir fordern eine Offenlegung der Zahlen und das Prüfen alternativer Verfahren”, “Es ist eine Treppenwitz, dass Weinheim einen auf ILEK macht und immer mehr Flächen versiegelt”, “Was ist mit der Frischluftschneise?”.
Die GAL-Franktionsvorsitzende Elisabeth Kramer moderiert souverän, zeitweilig auch angestrengt, weil es so viele qualifizierte Wortmeldungen gibt, gut 50 an der Zahl und einige gehen kritisch mit der GAL um.
Wir müssen auch an die Kosten denken. Wir haben keine Lösung, deswegen sind wir hier, schreiben mit und Sie geben uns viel Arbeit auf,
sagt sie. Unterstützt wird sie vom Stadtrat und Landtagsabgeordneten Hans-Ulrich Sckerl:
Der OB muss eine Bürgerversammlung einberufen, auch wenn ihm das nicht passt. Ein Moderationsprozess beteiligt zu wenige Bürger, dass kann erste ein Schritt danach sein. Man muss auch ein Sanierungsprogramm der kleinen Schritten prüfen – es muss klar sein, dass Lützelsachsen nicht abgehängt wird.
Ortsteile zeigen sich geschlossen
Großer Applaus. Von Hohensachsenern, Lützelsachsenern, Oberflockenbachern und Großsachsenern. Immer wieder wird von den Bürgern betont, dass man das Argument der angespannten Finanzen zur Kenntnis genommen hat, aber schon verwundert sei, wie viel in Weinheim gemacht werde und wie wenig in den Ortsteilen. Und alle betonen:
Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen.
Es gibt auch eine unvermutete Bescheidenheit:
Wenn die Finanzen das Thema sind, dann retten wir uns über die Zeit, bis wieder Geld da ist. Es kann nicht sein, dass notwendige Sanierungen so viel Geld kosten.
Die Bürger verweisen auf die Notwendigkeit der Fußläufigkeit, auf die Tradition, auf den Wunsch nach einem Treffpunkt, auf den Schwimmunterrricht für Kinder und körperliche Betätigung für Senioren – all das würde mit einem Abriss der Hohensachsener Halle fehlen. Besonders wird der Verein Aquafun gelobt, der das Hallenbad betreibt:
Die machen eine so tolle Arbeit, die haben die Landesverdienstmedaille verdient,
sagt Uli Sckerl und erntet Applaus.
In Lützelsachsen sorgt man sich, dass man leer ausgehen könnte. Vereinsvorstand Rainer Müller sagt:
Wie soll ich das meinen 1.000 Mitgliedern erklären? Wir sind mit 4.500 Einwohnern die größte Ortschaft, 1.000 weitere kommen die nächsten Jahre dazu. Wir könnten auf unserer Forderung beharren, wir wollen aber eine Lösung für alle.
Mehr Transparenz, mehr Beteiligung, mehr Zeit
Doch das ist das Dilemma: Je eine Halle für Hohensachsen, Lützelsachen und Oberflockenbach geht nicht. Sagt zumindest die Verwaltung. Ohne die Vorschläge der Bürger gehört zu haben und anscheinend bislang gewillt, diese auch nicht hören zu wollen. Die Schlagen eine Energiegenossenschaft vor, um Strom zu gewinnen und damit Kosten zu reduzieren. Sie bieten Verzicht an, wollen gar nicht alles neu.
Was sie sehr wollen, ist: Mehr Transparenz, mehr Beteiligung, mehr Zeit.
Man darf gespannt sein, ob die Verwaltung und die Fraktionen bereit sind, die Signale zu empfangen. Der Ärger der Bürger ist hoch und das Konfliktpotenzial geht vermutlich weit über die Breitwiesen-/Hammelsbrunnen-Debatte hinaus.
Oberbürgermeister Heiner Bernhard hat im Zuge dieses missratenenen Entscheidungsprozesses als Bürgerbeteiligungsbürgermeister öffentlich umdefiniert. Jetzt wird sich zeigen, ob er nur Kreide gefressen hat.
Der Landwirt Rolf Bitzler hingegen sagt auf Anfrage ganz klar:
Sollen die das ruhig entscheiden – auf meinem Weinacker bauen die die nächsten Jahre nicht. Dazu müssten die mich schon enteignen.
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