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Donnerstag, 29. August 2013

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Verhandlungen bis fast zur letzten Minute

Familienheim soll Stadtwohnungen kaufen

Weinheim, 20. Dezember 2012. (red) Der Gemeinderat hat gestern entschieden, dass die Familienheim Rhein-Neckar e.G. die 209 Wohnungen in der Breslauer und Stettiner Straße kaufen soll. Um 14:34 Uhr sei das entscheidende Angebot eingegangen, sagte Oberbürgermeister Heiner Bernhard bei der Vorstellung der Konditionen für den Verkauf.

Hinweis: Wie meistens haben wir auch aus dieser Sitzung live auf Facebook dokumentiert und kommentiert.

Von Hardy Prothmann

Wie wir bereits am Dienstag berichtet haben, hat die Familienheim den Zuschlag für den Kauf von 209 Wohnungen erhalten, deren Eigentümer die Stadt ist, die sich aber noch im “juristischen Eigentum” der Süddeutschen Wohnen GmbH (Südewo) befinden, die den Dienstleistungsvertrag mit der Stadt aus gesellschaftsrechtlichen Gründen kündigen muss. Die Südewo hatte selbst Interesse am Kauf signalisiert, ist aber letztlich renditegetrieben und eine weitere “Sozialverträglichkeit” der Wohnungen wäre vermutlich auf Sicht einiger Jahre nicht mehr gegeben gewesen.

So kommt also vermutlich die Familienheim zum Zug. Die garantiere der Stadt ein Mitbestimmungsrecht für Mieter und bei Entscheidungen über die Höhe des Mietzinses für insgesamt 20 Jahre. Weiter soll die Miete die Höhe der vom Sozialamt akzeptierten Miethöhen nie überschreiten. Außerdem verpflichte sich die Familienheim, die Sozialcharta zu beachten.

Kaufpreis und Details noch offen

Die Kaufpreishöhe und die Details sind noch nicht verhandelt. Dies soll in den kommenden Wochen ausgehandelt werden. Die letztgültige Entscheidung soll dann in der Januarsitzung des Gemeinderats fallen. Im Vorvertrag hat sich der Gemeinderat bis eine Woche nach der Sitzung ein Rücktrittsrecht einräumen lassen.

Die CDU lobte die Sozialverträglichkeit, monierte aber, dass es wohl einige Mieter gebe, die nicht auf günstige Mieten angewiesen seien. Dies gilt nach unseren Informationen für ein Vierteil bis ein Drittel der Mieter. Heißt übersetzt: Diese Mieter genießen günstigste Mieten, obwohl sie sich teurere leisten könnten. Ob die Familienheim sich hier “Anpassungsrechte” sichern möchte, ist offen.

Linker “Schau”-Antrag

Die GAL kritisierte die kurze Zeitspanne, die der Gemeinderat hatte, um über den “Deal” nachzudenken. “26″ Minuten seien nicht eben viel, sagte Stadtrat Dr. Alexander Boguslawski. Für den Die Linke-Stadtrat Carsten Labudda war das nur die “zweitbeste” Lösung, zwar besser als die Südewo, weil überall da, wo diese übernommen habe, “die Scheiße am Kochen sei”. Er wünschte sich eine Übernahme durch die Stadt, eine Zusammenlegung mit den anderen 350 Wohnungen unter dem Dach einer “Städtischen Wohnungsverwaltung”, dafür wünsche er sich die Unterstützung der GAL. Stadtrat Hans-Ulrich Sckerl sagte, man könne diesen Antrag nicht unterstützen, denn das sein nur ein “Schau-Antrag”.

Oberbürgermeister Heiner Bernhard betonte, man bräuchte keine Sozialcharta, “weil wir alles vertraglich regeln”:

Wir lassen uns nicht an der Nase herumführen.

559 Wohnungen in städtischer Hand und Verwaltung seinen ein “Teufelskreis”, weil kein Geld da sei, das sei “finanzieller Harakiri”. So könne man sich mit dem eingenommenen Geld der “Qualifizierung” der eigenen Mietwohnungen widmen. Nachfragen aus dem Gemeinderat, ob die Einnahmen aus den Verkäufen denn tatsächlich dem eigenen Immobilienbestand zugute kämen, beantwortete der OB so:

Das Geld fließt erstmal der Kasse zu. Wofür Gelder verwendet werden, bestimmt der Gemeinderat, also Sie.

Für den Antrag von Labudda stimmte dann nur er allein, fünf Stadträte enthielten sich, die überwiegende Mehrheit lehnte seinen Gegenantrag ab.

Mieterhöhungen werden kommen

Im Laufe der Debatte wurde klar, das die Familienheim zwar der gewünschte Partner ist, Mieterhöhungen aber für die Mieter anstehen. Spätestens bei Wohnungswechseln und nach erfolgten Sanierungen werden die Mieten steigen. Auch das hatten wir schon berichtet.

Aus Sicht der Verwaltung kann der Deal als Erfolg gelten. Die Entscheidung musste unter enormen Zeitdruck gefällt werden. Zusätzlich dürften viele Informationen unklar sein. Das Ziel, möglichst lange mitreden zu können und somit vergleichsweise günstige Mieten anbieten zu können, dürfte erreicht worden sein.

Andererseits wird eintreffen, was der Oberbürgermeister bereits am Montag im Pressegespräch klar gemacht hat: Je mehr Zugeständnisse durch den Käufer gemacht werden, desto geringer wird der Verkaufserlös für die Stadt ausfallen. Die Familienheim Rhein-Neckar e.G. ist zwar genossenschaftlich organisiert, aber kein Wohlfahrtsbetrieb. Hier werden klar kalkulierbare künftige Kosten sowie “Unwägbarkeiten” eingepreist werden und wegen der grundsätzlichen Einigung samt Zeitdruck dürfte die Verhandlungsposition der Familienheim stark sein.

Unterm Strich haben die Grün-Alternativen und Stadtrat Labudda recht: Eine eigene Gesellschaft wäre zumindest eine Prüfung wert gewesen und der Zeitdruck für eine Entscheidung war enorm. Ob der Zeitdruck “zufällig” oder gewollt war – wer weiß? Unter diesen Umständen ist die aktuelle Lösung vermutlich die beste aus Sicht der Stadt. Ob das auch für die Mieter gilt, wird die Zukunft zeigen.

 

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