Weinheim, 20. August 2013. (red/ch) Am vergangenen Sonntag brach in einem Mehrfamilenhaus in der Breslauer Straße in Weinheim ein Feuer aus. Eine brennende Zigarette setzte letzlich das gesamte Obergeschoss in Brand. Durch das Feuer und die Löscharbeiten ist das gesamte Haus nun für längere Zeit nicht bewohnbar. Die 20 betroffenen Mieter sind solange in einem Hotel oder bei Verwandten untergebracht. Neben den schrecklichen Erlebnissen sind sie nun vor allem mit der Frage beschäftigt, wer für den Schaden in Höhe von rund 500.000 Euro aufkommt. Das Problem: Der Brandverursacher ist nicht versichert.
Von Christopher Horn
Vor gut einer Woche wurde die Feuerwehr Weinheim nachts gegen 4.30 Uhr zu einem Großbrand in die Breslauer Straße gerufen. Einer der Mieter war mit einer brennenden Zigarette eingeschlafen und löste dadurch einen Wohnungsbrand aus, der sich schnell ausbreitete. Als die Feuerwehr wenig später vor Ort eintraf, stand bereits das gesamte Obergeschoss in Flammen. Zur Brandbekämpfung waren insgesamt zehn Fahrzeugen und 55 Personen vor Ort.
Massiver Wasserschaden durch enorme Hitze des Feuers
Erst nach und nach gelang es den Einsatzkräften, den Brand unter Kontrolle zu bringen. Durch den massiven Wassereinsatz sind nun selbst die Wohnungen im Erdgeschoss nicht mehr bewohnbar.
Normalerweise löschen wir einen solchen Brand mit Hochdruckschaum, um solche Wasserschäden zu vermeiden. Hier hatten wir es aber mit Temperaturen von über 1.200 Grad Celsius zu tun, da verpufft der Schaum und man hat nur noch die Chance, das Feuer mit massiven Wassereinsatz zu löschen,
erklärte der Stadtbrandmeister Reinhold Albrecht den Betroffenen am gestrigen Abend das Vorgehen in der Breslauer Straße. Das Problem: Erst vor wenigen Jahren war das Haus energetisch saniert und die Betondecke mit nicht-brennbarem Material isoliert worden. So staute sich die Wärme und die hohen Temperaturen kamen zu Stande. Durch die Brandeinwirkung wurde das betroffene Wohnhaus und ein Nachbargebäude in Mitleidenschaft gezogen.
Meist unverletzt, aber traumatisiert
Der Brand riss die meisten Mieter aus dem Schlaf, glücklicherweise konnten sie unverletzt aus ihren Wohnungen fliehen. Nur der 52-jährige Brandverursacher musste mit einer Rauchvergiftung und Brandwunden in ein Krankenhaus nach Ludwigshafen gebracht werden. Die insgesamt 14 betroffenen Personen wurden mittlerweile in einem Weinheimer Hotel oder bei Bekannten untergebracht. Auch eine Woche nach dem Brand sind viele von ihnen noch immer traumatisiert.
Ich wache nachts auf und habe diese schrecklichen Bilder vor Augen, es ist schlimm,
erzählt eine Mieterin gestern auf Nachfrage. Neben den traumatischen Erlebnissen macht vielen auch die ungewisse Zukunft zu schaffen. Wer kommt für den entstandenen Schaden am Gebäude auf und wer ersetzt uns unser Hab und Gut? Diese Fragen beschäftigen die Bewohner des Hauses in der Breslauer Straße zur Zeit.
Wer kommt für den Schaden auf?
Um diese und andere Fragen zu klären, trafen sich die Mieter gestern mit dem Hauseigentümer, sowie Vertretern der Stadt Weinheim, der Feuerwehr und des Roten Kreuzes in einem Weinheimer Hotel.
Ich freue mich, dass sie heute alle gesund hier sitzen und kann mir vorstellen, was sie in der letzten Woche durchgemacht haben. Ich habe gehört, dass es in einigen Punkten noch Gesprächsbedarf gibt, deshalb sind wir heute hier,
sagte der Erste Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner.
Unter uns gibt es sieben Mieter, die keine Hausratversicherung haben, gerade für die ist der Dialog mit dem Wohnungseigentümer sehr schwierig,
erklärt eine der anwesenden Mieterinnen. Eigentümer des Hauses in der Breslauer Straße ist die Familienheim Rhein-Neckar eG, eine Wohnungsbaugesellschaft mit Sitz in Mannheim. Dort ist man derzeit damit beschäftigt, die Wohnungen so schnell wie möglich auszuräumen.
Durch das viele Wasser haben wir eine erhebliche Schimmelgefahr im Gebäude, wir müssen daher die Wohnungen so schnell wie möglich räumen und trocken legen. Aber natürlich wollen wir auch die Betroffenen nicht im Regen stehen lassen,
betonte Stefan Bullinger, Gebäudemanager bei der Familienheim. So zahlt der Gebäudeversicherer der Familienheim derzeit für die Unterbringung der Mieter in einem Hotel pro Tag 100 Euro pro Person. Auch die Räumung der Wohnungen ist im Gange. Für die Räumung der Wohnung kommt die Hausratsversicherung der Betroffenen auf. Die sieben Mieter ohne eine solche Versicherung waren aber zunächst auf sich alleine gestellt und brauchen auch heute noch Hilfe.
In diesen Fällen fehlt es uns derzeit an Personen. Wir können jede Hilfe gebrauchen, um die Wohnungen auszuräumen,
sagte Stefan Bullinger. Bereits am 12. August, einen Tag nach dem Brand, habe er daher die Verantwortlichen der Stadt Weinheim um Hilfe gebeten, betont Bullinger. Nach Informationen der Stadt Weinheim fand aber erst heute das erste Treffen im Bauhof statt; dort wurden die ersten Einsätze koordiniert. Dr. Fetzner:
Ich bitte hier um Verständnis, wir befinden uns in der Ferienzeit und daher braucht es einige Tage um eine solche Aktion zu organsisieren. Die Mitarbeiter können ja auch ihre eigentlichen Aufgaben nicht von einer Sekunde auf die andere liegen lassen.
Jetzt laufe die Aktion in Zusammenarbeit mit der Kolpingfamilie aber an, betonte der städtische Pressesprecher Roland Kern heute auf Nachfrage.
Die Betroffenen, die auf Kosten der Gebäudeversicherung der Familienheim derzeit im Hotel untergebracht sind, müssen zudem auch weiterhin ihre Miete bezahlen:
Wir sprechen hier von einem Quadratmeterpreis von 3.90 Euro, das dient der Versicherung auch dazu, die enstehenden Kosten von 100 Euro am Tag pro Person zu rechtfertigen,
erklärt Stefan Bullinger. Die Opfer, die derzeit bei Bekannten oder Verwandten unterkommen, müssen ihre Miete hingegen nicht weiter begleichen.
Stadt und Kolpingfamilie wollen helfen
Hier signalisierten die Stadt Weinheim und das Kolpingwerk gestern bereits ihre Unterstützung.
Wir werden Mitarbeiter des Bauhofs abstellen, um ein zügiges Ausräumen der Wohnungen zu ermöglichen,
betonte der Erste Bürgermeister. Auch Feuerwehrseelsorger Thomas Knapp sagte gestern seine Hilfe zu:
Sagen sie mir, vieviele Personen sie wann und wo brauchen.
Er regte zudem an, dass alle Betorffenen einmal pro Woche zusammen kommen, um über die Erlebnisse und Sorgen zu sprechen und diese gemeinsam mit einem Seelsorger zu verarbeiten.
Nichtsdestotrotz ist derzeit jedoch unklar, wer für das zerstörte Hab und Gut der Mieter aufkommt.
Verursacher ist nicht versichert
Unsere Gebäudeversicherung deckt nur den Schaden am Gebäude und die Unterbringung im Hotel ab. Für den darüberhinaus entstandenen Schaden haftet alleine der Verursacher,
stellte Stefan Bullinger nochmals klar. Wie sich mittlerweile heraus gestellt hat, ist der 52-jährige Mann, der den Brand durch seine brennende Zigarette ausgelöst hat, nicht versichert.
Er hat keine Haftpflichtversicherung und haftet daher privat für die Kosten,
so Stefan Bullinger. Diese werden momentan inklusive des Inventars der Mieter auf über 500.000 Euro beziffert. Für die anderen Mieter hat dies unterschiedliche Folgen. Für die, die selbst über eine Hausratversicherung verfügen, springt die eigene Versicherung zunächst ein und hilft den Betroffenen wieder auf die Beine zu kommen.
Sieben der zwölf betroffenen Mieter keine eigene Hausratversicherung,
betont eine Mieterin. Sie werden nur dann entschädigt, wenn der Verursacher auch finanziell für den Schaden aufkommen kann. Aus diesem Grund sei es ratsam eine eine Hausratversicherung abzuschließen.
Zudem empfielt der Experte Stephan Schweda vom Gesamverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. dringend eine private Haftpflichtversicherung, die im Schadenfall Ansprüche von Dritten deckt. “Eine Privathaftpflicht kann man ab rund 70 Euro im Jahr abschließen.” Insgesamt hätten, so der Verband, 70 Prozent der deutschen Haushalte eine private Haftpflichtversicherung und 78 Prozent eine Hausratversicherung. Die Betroffenen, die weder eine Haftpflicht- noch eine Haushaltsversicherung haben, werden nun große Probleme haben, ihre Schadensansprüche geltend zu machen.
Nach unseren Informationen hat der 52-jährige Brandverursacher zwar ein regelmäßiges Einkommen, aber keine wesentlichen Rücklagen um für den Schaden in Höhe von rund 500.000 Euro aufkommen zu können. Das bedeutet vermutlich die Privatinsolvenz für den Schadensverursacher. Zudem könnten einige der Anwohner daher auf ihren Schäden sitzen bleiben.
Die Menschen die hier heute sitzen sind unverschuldet in Not geraten, auch hier wird die Stadt Weinheim versuchen zu helfen,
so Dr. Fetzner. Aus diesem Grund will man von Seiten der Stadt nun ein Spendenkonto einrichten, um den Menschen wieder auf die Beine zu helfen.
Weinheim hat auch viele reiche Einwohner, ich bin mir sicher, dass hier schon eine gewisse Summe zusammen kommt.
Darüber hinaus könne er sich auch weitere Aktionen, wie ein Benefizkonzert vorstellen, um den Betroffenen zu helfen, so Herr Dr. Fetzner weiter.
Rückkehr in Wohnugen noch offen
Wann die Mieter wieder in ihre Wohnungen zurückkehren können, ist derzeit noch offen. „Ich denke das Erdgeschoss wird frühestens in eineinhalb Monaten und das Obergeschoss in drei Monaten wieder bewohnbar sein“, gab Bullinger gestern eine erste Prognose ab.
Dabei müssen die Wohnungen neben der Trockenlegung teilweise komplett entkernt werden, um eine spätere Schimmelbildung zu vermeiden. Gleichzeitig saniert die Familienheim das Gebäude und bringt es auch, was den Brandschutz anbelangt, auf den neuesten Stand. Für viele betroffene Mieter ist das allerdings nur ein schwacher Trost. Zudem wollen viele angesichts der traumatischen Erlebnisse nicht wieder in ihre alte Wohnung zurückkehren.
Ich kann hier nicht mehr leben und fühle mich nicht mehr sicher und die Erinnerungen sind einfach furchtbar,
betonte eine Mieterin gestern. Auch Stefan Bullinger zeigte dafür Verständnis „Ich kann ihnen die Angst natürlich nicht nehmen, versichere ihnen aber das sie in ein hochwertig saniertes Gebäude zurückkehren würden. Zudem werde man bei der Familienheim aber auch die Verfügbarkeit anderer Objekte prüfen.
Spenden für die vom Feuer betroffenen Familien in der Breslauer Straße nimmt die Stadt Weinheim auf dem Konto 630 1 5555 bei der Sparkasse Rhein Neckar Nord, Bankleitzahl 670 505 05, unter dem Verwendungszweck „Brand Breslauer Straße“ entgegen. Spenden werden in beliebiger Höhe angenommen.
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