Weinheim, 21. August 2012. (red/pm) Vor zehn Jahren wurde am Marktplatz der Bürgersaal eingeweiht. Komplettsanierung der Fassade beginnt. Am 09. September ist Tag des offenen Denkmals.
Von Roland Kern:
“Im Juni 2002 war Eröffnung der „guten Stube Weinheims“. Die letzte Fassadenerneuerung erfolgte allerdings bereits Mitte der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts, so dass es nun höchste Zeit wird für eine Komplettsanierung der Fassade des alten Gemäuers. Trotz der gerade beginnenden Sanierungsarbeiten ist das Alte Rathaus am Marktplatz mit dem Bürgersaal am Tag des offenen Denkmals, Sonntag, 9. September, geöffnet.
Die Maßnahme soll rund 100 000 Euro kosten, auch Teile des Daches und des Dachtürmchens werden dabei überarbeitet. Vor der Frostperiode soll alles abgeschlossen sein; die Außensanierung wird von den Weinheimer Restauratoren und Kunsthistorikern Hans-Dieter Zopf und seiner Tochter Josephine Zopf-Weber fachlich begleitet. Der Haushaltsansatz ist für die Sanierung der Giebelseite sowie den Staffelgiebel und den Dachreiter, das Türmchen, samt Nebenarbeiten sowie restauratorischer Begleitung vorgesehen.
An die Gerüstbauarbeiten schließt sich eine Fassadenreinigung an, gefolgt von Putzausbesserunges- und Malerarbeiten. Es werden noch an den Fenstern Reparatur- sowie Anstricharbeiten ausgeführt, ebenso an den Portalen. An den Fenstergewänden wird der Sandsteinarbeiten ausgebessert.
Der Turm wird instandgesetzt und saniert. Nebenbei werden noch Verfugungsarbeiten an den Dachzinnen sowie diverse Spengler- und Schlosserarbeiten ausgeführt. Auch das Zifferblatt der Uhr wird in diesem Zusammenhang restauriert.
Damit wird das markanteste Marktplatzgebäude zum richtigen Zeitpunkt herausgeputzt. Denn 2013 ist in der Region das „Wittelsbacher Jahr“, das in einer großen Ausstellung im Mannheimer Reiß-Engelhorn-Museum mündet. Die Region der historischen Kurpfalz wirbt mit so bedeutenden Anlagen wie den Schlössern in Mannheim und Schwetzingen sowie dem Heidelberger Schloss – aber auch mit den Hinterlassenschaften der Wittelsbacher in Weinheim. Das Alte Rathaus am Marktplatz als eingetragenes Kulturdenkmal besonderer Bedeutung gehört dazu. Denn vieles spricht dafür, dass der damalige Kurfürst Ottheinrich den Bau angeordnet hat, möglicherweise ist der bärtige Mann auf dem Steinbildnis am Haus sogar ein Abbild des Wittelsbachers; die weiß-blauen Rauten seines Adelsgeschlechts hält er im linken Arm. Sie gehören zum Weinheimer Stadtwappen wie der Kurpfälzer Löwe und die Weinleiter. In dieses Sandsteinrelief ist auch die Jahreszahl 1577 graviert, in dieses Jahr sind wohl erste bauliche Veränderungen wie der Bau des geschlossenen Treppenhauses, gefallen. Etwa zur gleichen Zeit entstand – ebenfalls im Renaissancestil – der Ottheinrichsbau des Heidelberger Schlosses.
Im Erdgeschoss befand sich eine offene Säulenhalle für das Marktgeschehen. Die einzige erhaltene Säule befindet sich heute im Hof des Museums am Amtshausplatz. In den Jahren 1751 und 1752 wurde das Kaufhaus zum Rathaus umgebaut, wesentliche Veränderungen gab es dann 1861, in dieser Zeit wurde der Holzbalkon angebaut und das gotisierende Türmchen aufgesetzt. Darin befindet sich seit 1996 ein Glockenspiel; es war eine Spende des Heimat- und Kerwevereins zu dessen 75-jährigen Bestehen. Bis 1926 hatte das Gebäude als Rathaus gedient. Als die Stadtverwaltung ins Schloss umzog (das sie zwölf Jahre später erwarb), fand die letzte Gemeinderatssitzung statt.
Es war im Jahr 1995, als massive Feuchtigkeitsschäden an der Decke des zweiten Obergeschosses sichtbar wurden. Das historische Baudenkmal war massiv beschädigt. An einer umfassenden Sanierung zum Erhalt der Bausubstanz ging damals kein Weg vorbei. Die Stadt machte seinerzeit aus der Not eine Tugend. Für insgesamt rund 1,2 Millionen Euro und in einer Sanierungszeit von fast fünf Jahren (1997 bis 2002) wurde das Alte Rathaus unter anderem mit modernster Büro- und Veranstaltungstechnik und einer neuen Zentralheizung ausgestattet.
Die historischen Details wurden erhalten und sorgfältig restauriert. Kernstück ist seither ein 160 Quadratmeter großer Bürgersaal im ersten Obergeschoss, den man mit Fug und Recht als „gute Stube“ der Stadt bezeichnen kann. Mit viel Fingerspitzengefühl konnten die Denkmalschützer und die Architekten der Weinheimer „planwerkstatt 96“ gemeinsam mit der Stadt moderne und historische Elemente verbinden – so weit, dass sich ihre Wirkung gegenseitig verstärkt. Die Fassade wurde damals ausgespart; Nutzbarkeit und Erhaltung hatten Priorität. Im „Bürgersaal im Alten Rathaus“ finden seither Empfänge, festliche Anlässe und Trauungen statt, aber auch Konzerte, Tagungen und Seminare. Dazu können Firmen und Privatpersonen dieses Kleinod zu besonderen Anlässen auch mieten, samt moderner Veranstaltungstechnik und der Betreuung durch einen Techniker der Stadt.
Dieser Betrieb, so Peter Zschippig vom Weinheimer Amt für Immobilienwirtschaft, soll durch die bevorstehende Fassaden- und Dachsanierung nicht wesentlich gestört werden. Und im Oktober strahlt das Alte Rathaus sowieso wieder in neuem Glanz bis ins Wittelsbacher Jahr hinein – und darüber hinaus.
Kontakt bei Anfragen zur Saalvermietung: Stadt Weinheim, Amt für Immobilienwirtschaft, Telefon 06201 / 82 – 596 oder [email protected]
Am Tag des offenen Denkmals finden um 13.30 Uhr, um 14.45 Uhr, um 16 Uhr und um 17.15 Führungen statt. Am 9. September sind wieder zahlreiche Denkmäler der Stadt geöffnet, u.a. das Schloss, die Ulnersche Kapelle, der Rote Turm, historische Fachwerkhäuser in der Hintergasse, die Friedrichschule und das frisch renovierte Geschäftshaus in der Hauptstraße 129. Infos auf www.weinheim.de”
Anm. d. Red.: Roland Kern ist Pressesprecher der Stadt Weinheim.
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