Rhein-Neckar, 21. April 2011 (red) Stuttgart21 ist einer der dicksten Brocken in den Koalitionsverhandlungen der künftigen Grün-Roten Regeriung gewesen. Seit Mittwoch, den 20. April 2011, gibt es eine Lösung. Oder sogar mehrere: Die Grünen rechnen damit, dass der Stresstest negativ ausfällt. Weiteres Geld will die neue Landesregierung ebenfalls nicht bereitstellen und wenn das nicht hilft, soll eine Volksabstimmung die Tieferlegung des Bahnhofs verhindern. Wir haben den Abgeordneten Uli Sckerl exklusiv befragt.
Von Hardy Prothmann
Herr Sckerl, wie sind die Koalitionsverhandlungen in Sachen Stuttgart21 aus Ihrer Sicht gelaufen?
Hans-Ulrich Sckerl: “Die waren sehr angespannt, aber ich kann heute mal umgangssprachlich sagen: Die Kuh ist seit gestern vom Eis.”
Was war so schwierig?
Sckerl: Der Weg zu einer Volksabstimmung. Wir sind jetzt an dem Punkt, dass die Volksabstimmung im Oktober 2011 stattfinden soll. Darüber gibt es ein Einvernehmen in der Vorgehensweise.
Die wäre?
Sckerl: Die Volksabstimmung wird nur zur Tieferlegung des Bahnhofs stattfinden. Nicht zu der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm. Wir können in Baden-Württemberg das Volk auch nur über die Frage abstimmen lassen, ob das Land den Tiefbahnhof mitbezahlen soll. Alles andere wäre politisch und juristisch zu schwierig.
Drohen keine Klagen?
Sckerl: Die sehen wir bei diesem Vorgehen nicht. Wenn wir über das Projekt insgesamt abstimmen lassen wollten, wäre das schwieriger, so aber können die Baden-Württemberger über die Landesbeteiligung beim eigentlichen Streitpunkt, dem Bahnhof, abstimmen.
Wenn das Quorum erreicht wird.
Sckerl: Das Quorum von 2,5 Millionen Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen, ist aus heutiger Sicht sehr schwer. Wir werden bis zur Volksabstimmung versuchen, diese durch eine Gesetzesänderung zu verringern.
Die CDU wird sich bewegen müssen.
Dafür brauchen Sie eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
Sckerl: Die haben wir nicht, aber die CDU wird sich dringend überlegen müssen, ob sie sich nur bürgernäher als früher gibt oder das auch sein will.
Was, wenn weder die Gesetzesänderung klappt noch das Quorum?
Sckerl: Angenommen, das Quorum wird nicht erreicht und es gibt trotzdem eine Mehrheit der Bürger, die gegen die Landesbeteiligung am Bahnhof sind: Wie die Landesregierung darauf dann reagiert, darüber gibt es derzeit unterschiedliche Auffassungen. Wir Grüne wollen das Volksvotum auch dann akzeptieren, die SPD sieht das anders und meint, dann gelte die bisherige Beschlusslage.
Volksabstimmung fraglich
Da würde ich es mit der SPD halten – gescheitert ist gescheitert, auch wenn es daran hängt, dass die Bedingungen eigentlich Schuld sind.
Sckerl: Wie gesagt, da gibt es unterschiedliche Standpunkte. Wir werden aber in der Lage sein, das am Tag X im Einklang mit der Verfassung zu beantworten. Da bin ich ganz zuversichtlich. Wir glauben aber auch und in erster Linie , dass es soweit erst gar nicht kommen wird.
Warum?
Sckerl: Weil wir annehmen, dass der Stresstest der Bahn negativ ausgeht und hohe Mehrkosten bedeutet. Im Juni sollen die Ergebnisse vorliegen und wenn die Ergebnisse negativ sind, dann erledigt sich S21 von selbst. Dann braucht es auch keine Volksabstimmung zur Tieferlegung des Bahnhofs mehr.
Und wenn nicht?
Sckerl: Dann kommt immer noch die Hürde mit den Finanzen. Wir sind uns einig, dass das Ende der Finanzierung bei 4,5 Milliarden Euro erreicht ist. Von der Landesregierung wird es keine weiteren Mittel geben. Da auch Bund und Bahn nicht mehr Geld investieren wollen, könnte die Tieferlegung auch spätestens an der Nicht-Finanzierung scheitern.
Stuttgart21 war die Hauptfrage
Es gab viele Spekulationen über die schwierigen Koalitionsverhandlungen insgesamt. Geht es nur um Stuttgart21 oder auch um andere schwierige Fragen?
Sckerl: Stuttgart21 war die Hauptfrage, die wir sehr intensiv verhandelt haben. Das haben wir jetzt gut gelöst und eine Basis für die anderen Verhandlungen gefunden. Wir werden den Menschen einen wirklichen Politikwechsel und gute Ergebnisse in der ganzen Breite der Landesthemen anbieten.
Welche Rolle übernimmt der Abgeordnete Uli Sckerl in der neuen Regierung?
Sckerl: Im Vordergrund standen bisher die Sachthemen, übers Personal ist noch gar nicht geredet worden. Erste Aussagen dürfen Sie nicht vor dem 28. April 2011 erwarten. Dann können Sie gerne nochmal nachfragen.
Zur Person:
Hans-Ulrich Sckerl ist zum zweiten Mal als Landtagsabgeordneter Bündnis90/Die Grünen im Wahlkreis 39, Weinheim, gewählt worden. Der Weinheimer hat zwar nicht das Direktmandat gewonnen, aber deutlich mehr Stimmen gewonnen als die Grünen im Landesdurchschnitt.
Der Jurist wird für eine herausragende Position innerhalb der neuen Landesregierung gehandelt.
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