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Samstag, 02. November 2013

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Doppelmord von Dossenheim heizt Debatte an

Schärfere Waffengesetze?

Blumen für die Opfer.

Blumen für die Opfer. Wäre der Doppelmord von Dossenheim mit einem schärferen Waffengesetz möglicherweise nicht geschehen?

 

Rhein-Neckar/Dossenheim, 22. August. (red) Der Schock über den Doppelmord von Dossenheim sitzt tief. Ein 71-jähriger Sportschütze hat mit einer großkalibrigen halbautomatischen Pistole zwei Menschen getötet, fünf weitere schwer verletzt und sich dann selbst erschossen. Die Verletzten hatten Glück – sie könnten genauso tot sein, denn der Täter hatte nach Einschätzung der Polizei einen absoluten Tötungsdrang. Erst Anfang des Jahres tötete ein Sportschütze seine frühere Freundin und deren Partner in Eberbach. Soll man nun die Waffengesetze verschärfen oder ist das sinnlos, weil sich solche Tragödien auch mit schärferen Gesetzen nicht verhindern lassen?

Von Hardy Prothmann

Der Bundestagsabgeordnete Dr. Karl A. Lamers sagt:

Das ist furchtbar, was da passiert ist. Kurze Zeit vorher waren wir genau in diesem Raum, in dem der Täter um sich geschossen hat.

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Polizei am Tatort in Dossenheim. Insgesamt 400 Beamte waren über Stunden im Großeinsatz.

Dossenheim, Dienstag, 20. August. Der CDU-Abgeordnete Lamers ist auf Wahlkampftour und besucht Dossenheim. Ort der Veranstaltung: Die TSG-Gasttstätte “Ambiente”. Um 17:30 Uhr überlegen die Wahlkämpfer nach der Veranstaltung, ob man noch etwas isst. Dr. Lamers will nach Hause. Also verlassen er und rund ein Dutzend andere Personen seines Wahlkampfteams das Lokal.

Keine eineinhalb Stunden später, um kurz vor 19 Uhr werden hier zwei Menschen getötet. Fünf werden schwer verletzt, darunter die 70-jährige Frau des Täters. Der Mörder bringt sich nach der Bluttat selbst um.

Typische und untypische Täter zeugen beide Tote

Muss man dann nicht dringend darüber nachdenken, ob man den legalen Zugang zu großkalibrigen Waffen deutlich erschwert? Herr Dr.  Lamers findet das nicht und sagt auf Nachfrage:

Man soll sich jetzt nicht auf die Sportschützen stürzen. Ich kenne viele sehr verantwortliche Sportschützen im Land. Man wird die tragische Tat und die Folgen diskutieren müssen, klar ist aber auch: Der Täter war durchgeknallt.

Tatsächlich passt der Täter in kein typisches Schema. Gewalttäer sind überwiegend männlich und zwischen 20 und 40 Jahre alt. Oft gibt es soziale Probleme. Meist gibt es vor einer Bluttat schon Auffälligkeiten. Nichts davon, bis auf das Geschlecht, trifft auf den 71-jährigen Todesschützen aus Dossenheim zu. Ein Vergleich zu Winnenden oder Erfurt geht fehl – die jugendlichen Mörder töteten dort die Opfer bei “School-Shooting”, was man zu den Amokläufen rechnet, also überwiegend geplante Gewalttaten, die sich willkürlich gegen unbeteiligte Personen richten.

Der Doppelmörder von Dossenheim, Filip N., hat weder Ego-Shooter gezockt, noch wurde er gemobbt, noch war er jugendlich frustriert, noch sah er Gewaltfilme, noch hatte er irgendeine Form von Sytemhass entwickelt. Er war ein Spießbürger und eifriger, sowie erfolgreicher Sportschütze bis zuletzt. Er lebte in geordneten Verhältnissen. Geradezu vorbildlich. Vor zwei Jahren wurde sein Waffenbesitz ohne Beanstandung kontrolliert. Er besaß zwei Pistolen und fünf Gewehre.

Müssen Sportschützen großkalibrige Waffen besitzen?

Der Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Sckerl (Bündnis90/Die Grünen) sieht das als Bestätigung. Für ihn macht es keinen Unterschied, wie jemand in den Besitz einer legalen Waffe kommt und damit Menschen tötet:

Inzwischen zieht sich eine lange Blutspur von mit Sportwaffen getöteten Menschen durch das Land. Die Politik muss unschuldige Menschen schützen. Alles andere ist indiskutabel. Selbstverständlich erhebe ich keinen Generalverdacht gegen Sportschützen. Aber man muss diskutieren, ob diese unbedingt großkalibrige Waffen haben müssen, wieviele erlaubt werden und welche zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen geeignet sind, die Menschen zu schützen.

Herr Sckerl geht nicht davon aus, dass sich solche Bluttaten ganz verhindern lassen:

Jedes Menschenleben, das nicht genommen wird, ist die Anstrengung wert.

Auch er weiß, dass die Ablage der Waffen in den Vereinsheimen enorme Kosten erzeugt und Risiken birgt. Herr Dr. Lamers meint:

Was , wenn sich jemand Zugang zu einem solchen zentralen Aufbewahrungsort verschafft und dann hunderte Waffen vorfindet?

Die Frage ist berechtigt, widmet sich aber nicht dem Problem: Die Sportschützen haben die Waffen vor ihren Morden nicht gestohlen. Sondern sie hatten einfachen Zugriff auf Munition und Waffen im Haushalt.

Hans-Ulrich Sckerl kann auf der Gesetzgebungsseite wenig tun. Waffenrecht ist Bundessache:

Wir müssen den Druck erhöhen. Es gibt zu viele Waffen, die nicht sportlich genutzt werden. Und selbst wenn – man sieht an diesem Beispiel die tödlichen Folgen.

In einer gemeinsam mit Herrn Sckerl verfassten Pressemitteilung sagte die Bundestagskandidatin Dr. Franziska Brantner:

Es ist eigentlich ganz einfach: Der Besitz von Großkaliberwaffen muss untersagt werden. Sportschützen brauen diese Waffen nicht. Jeder mit einer Großkaliber- oder Sportwaffe getöteter Mensch ist ein Toter zu viel. Es ist unbestritten , dass solche Taten ohne den bisher ungehinderten Zugang zu Mordwaffen deutlich unwahrscheinlicher werden können.

Auch Innenminister Reinhold Gall hat sich für eine Reduzierung von großkalibrigen Waffen ausgesprochen. Ganz anders die FDP. Der stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Baden-Württembergs und Vorsitzende des Arbeitskreises Innen&Recht der FDP-Bundestagsfraktion, Hartfrid Wolff (MdB), erklärte aktuell:

Schon kurz nach der grausamen Tat versuchen Grüne und SPD in Baden-Württemberg wieder einmal, das Thema Waffenrechts-Verschärfung politisch auszuschlachten.
Kein Wort des Bedauerns, keins der Anteilnahme, dafür eine “Scharfmacherei”, die sich in Zusammenhang mit zwei Toten nicht scheut von “ausschlachten” zu reden.

 

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  • Anana Nagorny

    es ist ein enorm hilfreicher Artikel, – die zusammenfassenden Kurz-Kommentare begrüße ich.

  • Keios

    Wieso versucht man immer wieder künstlich einen Zusammenhang zwischen Ego-Shootern und Amokläufen herzustellen? In Köln ist derzeit die Gamescom mit über 275,000 Besuchern und keinerlei nennenswerten Delikten. Bei so vielen Ego-Shooter-Konsumenten müsste man ja quasi ein barbarisches Gemetzel erwarten, oder?

    Männer mit Pistolen morden – nicht die Männer mit Playstations.

    • hardyprothmann

      Guten Tag!

      Ich bin da ganz Ihrer Meinung. Das wurde eher “ironisch” erwähnt, weil das sonst gerne “konstruiert” wird.

      In Zusammenhang mit dem School-Shooting in Erfurt habe ich die Zusammenhangslosigkeit thematisiert.

      http://www.heise.de/tp/artikel/12/12471/1.html