
Stadtwerke-Chef Peter Krämer kann sich über eine positive Geschäftsentwicklung freuen – die Energiepolitik hingegen macht ihm große Sorgen.
Weinheim, 26. Juli 2013. (red) Die Stadtwerke Weinheim GmbH konnten Umsatz und Ergebnis im Geschäftsjahr 2012 steigern. Insgesamt zieht das Unternehmen eine positive Bilanz, steht aber durch Veränderungen im Energiemarkt wie alle Versorger vor großen Herausforderungen. Geschäftsführer Peter Krämer sieht die Politik in der Pflicht – ihm fehlt ein Masterplan zur Energiewende. Insbesondere die Versorungssicherheit bereitet im Sorgen.
Von Hardy Prothmann
Auf den ersten Blick sieht alles gut aus bei der Stadtwerke Weinheim GmbH. Der Umsatz stieg 2012 gegenüber dem Vorjahr um 2,549 Millionen Euro oder 4,6 Prozent auf 58,510 Millionen Euro und der Jahresüberschuss steigerte sich um rund 25 Prozent auf 2,570 Millionen Euro. Das entspricht einer erfreulichen Umsatzrendite von 4,4 Prozent. Die Eigenkapitalquote konnte um 1,9 Prozent auf 27,07 Millionen Euro (43,5 Prozent) erhöht werden. Ursprünglich sollten 300.000 Euro in die Rücklage überführt werden, tatsächlich waren es nur 150.000 Euro, da der Aufsichtsrat entgegen dem Vorschlag der Geschäftsführung den Rest als Gewinn entnommen hat – da freut sich das städtische Säckel.
Daseinsfürsoge und Wohlfahrt belasten Ergebnis
Ebenfalls positiv ist die Substanz des Unternehmens. Die Stadtwerke investieren kontinuierlich in ihre Betriebsanlagen, was sich negativ auf den Gewinn, aber positiv auf die Substanz auswirkt. Die größten Belastungen entstehen den Stadtwerken aus den Verlustbringern der Daseinsfürsorge und Wohlfahrt, sprich Personennahverkehr (1,2 Millionen Beförderungen) und Hallenbad (95.524 Besucher). Inbesondere der Personenennahverkehr wird durch ein neues Busliniennetz 2014 und den Ausbau der S-Bahn neue Herausforderungen und steigende Verlust in diesem Bereich bringen. Der größte Hebel, um unnötige Kosten zu vermeiden, liegt im intelligenten Takt-Management. Das wiederum wird nie so eingestellt werden können, dass es sich durchgehend “betriebswirtschaftlich” rechnet. Die Verluste sind im “steuerlichen Querverbund” mit der Stadt Mannheim verrechnet – auch das ist eine Belastung für die Stadtwerke. Laut Gewinn- und Verlustrechnung mussten 435.549 Euro zur Verlustübernahme aufgewendet werden.
Rund 4,7 Millionen Euro wurden in Versorgungssicherheit und Klimaschutz investiert: In die Erschließung des Weinheimer Neubaugebiets Lützelsachsen Ebene mit Strom, Wasser und Bio-Wärme. Das Umspannwerk Tullastraße wurde modernisiert und ein weiterer Brunnen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung gebaut.
Sehr erfreulich sind die geringen Wechselquoten bei den Kunden, die den Service der Stadtwerke offenbar zu schätzen wissen:
Der umfassende Service und unser Engagement für die Region zahlen sich durch Kundentreu aus,

Nicht zu übersehen ist der neue Elektrosmart der Stadtwerke Weinheim – Ökostrom treibt ihn an, nicht Muskelkraft, wie das Design glauben machen will. Im Bild: Oberbürgermeister Heiner Bernhard und Stadtwerke-Chef Peter Krämer nach ihrer Probefahrt.
Ständiges Dilemma
Auf den zweiten Blick muss das Versorungsunternehmen ein ständiges Dilemma managen: Einerseits ist man natürlich an einer Steigerung des Absatzes der Produkte interessiert – andererseits engagieren sich die Stadtwerke aber für Klimaschutz und Energieeffizienz. Insbesondere beim Strom ist das eine nicht einfache Entwicklung, wie auch die Zahlen zeigen: mit 155.898 Megawattstunden lag der Absatz beim Strom 2,1 Prozent unter Vorjahresniveau. Der Umsatz stieg zwar trotzdessen um 1,4 Prozent, was aber auf Preiserhöhungen zurückzuführen ist:
Auf 70 Prozent des Strompreises haben wir keinerlei Einfluss,
sagte Geschäftsführer Peter Krämer, der beim Blick auf das vergangene Geschäftsjahr und in die Zukunft vor allem die Energiepolitik als “desaströs” bemängelt:
Derzeit wächst zwar der Zubau dezentraler Erzeugungsanlagen exponentiell, der dafür notwendige Netzausbau hinkt aber hinterher. Ebenfalls noch ungelöst ist, wie das schwankende Angebot der Natur mit dem Bedarf koordiniert werden soll, um die hohe Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten, die wir in Deutschland genießen.
Energiepolitik bereits Sorgen
Inbesondere die schnelle Stilllegung von Kraftwerken sieht der Experte als problematisch an:
Bisher fördert die Politik überwiegend die Erzeugungsseite der Energiewende, nicht jedoch die ebenfalls zwingend erforderlichen Module wie intelligente Verteilnetze und Steuerungssysteme, Energiespeicher, Energieeffizienz und alternative Antriebe für Fahrzeuge. Die Folgen sind: explodierende Kosten und Verbraucherpreise, sinkende Versorgungssicherheit, schwindende Akzeptanz der Energiewende und ein Strommarkt, dessen Preisbildungs- und Sicherungsmechanismen nicht mehr der Realität entsprechen.
Hier sei dringend ein Masterplan nötig, um gegenzusteuern, so Peter Krämer. Vor Ort haben die Stadtwerke im vergangenen Jahr 2,1 Millionen Euro investiert, um die Netzsicherheit zu erhöhen: Rund drei Kilometer Freileitungen wurden unterirdisch verlegt, was die Versorgungssicherheit erhöht und ebenfalls positiv auf das Landschaftsbild auswirkt.

Peter Krämer, Geschäftsführer der Stadtwerke Weinheim, Architekt Roland Träger, Erster Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner, Uwe Gerbich-Demmer vom Pilgerhaus, Werner Sporer vom Autohaus Sporer und Manfred Müller-Jehle von der Wirtschaftsförderung der Stadt Weinheim (von Links) setzten heute den ersten Spatenstich für die neue Heizzentrale.
Ein Geschäftsfeld, bei dem sich Klimaschutz und Umsatzpotenzial treffen ist der Bereich der Wärme. Bestes Beispiel ist das Neubaugebiet Lützelsachsen Ebene. Zudem wurden weitere Häuser der Baugenossenschaft an das Fernwärmenetz des Hallenbads Hawei angeschlossen und erste Gespräche zur Wärmeversorgung mit Holzhackschnitzeln des Weinheimer Ortsteils Rippenweier geführt. Ein weiteres Engagement in Sachen Klimaschutz wurde durch das erste Energiesymposium 2012 gezeigt:
Bei all unseren Entscheidungen steht das Wohl der Region im Mittelpunkt, das kann die Bevölkerung aber nur nachvollziehen, wenn sie weiß, warum wir was tun.
Über Plan positiv hat sich die gemeinschaftliche mit den Stadtwerken Schwetzingen betriebene Tochtergesellschaft Urbania GmbH entwickelt. Die Vertriebsgesellschaft konnte im vergangenen Jahr rund 1.000 Strom- und Gaskunden gewinnen, was die Kundenverluste im Versorungsbereich zu kompensieren half und die Wettbewerbsposition stärkt.
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