Weinheim, 28. November 2012. (red/aw) Der Kampf um ein leiseres Weinheim ist noch nicht beendet. Die Bürgerinitiative “Schutz vor Bahnlärm” kämpft für ein unabhängiges Gutachten, dass aufzeigen soll, wie problematisch die Situation in Weinheim wirklich ist. Die Köpfe hinter der Bürgerinitiative Dr. Hans Irion, Peter Thunsdorff und Joachim Körber sprachen im Interview mit uns über ihre Motivation und Ziele. Sie üben deutliche Kritik an der Kooperationsbereitschaft der Deutschen Bahn und hoffen auf Unterstützung vom Gemeinderat.
Interview: Alexandra Weichbrodt
Herr Dr. Irion, Sie haben vor fast eineinhalb Jahren die Bürgerinitivative “Schutz vor Bahnlärm östlich und westlich der Bergstraße” ins Leben gerufen? Was war der Auslöser?
Dr. Hans Irion: Ich hatte gehört, dass das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs an einen Investor verkauft wurde. Am 01. Juni 2011 habe ich daraufhin an die Fraktionsvorsitzenden, den Oberbürgermeister und die Zeitungen geschrieben, mit der Bitte um Schließung der Lücken zwischen den Gebäuden mit Hilfe von Lärmschutzzäunen.
Weil Sie sich durch den Bahnlärm gestört fühlten?
Irion: In erster Linie habe ich nicht aus eigenem Interesse gehandelt. Ich kann zwar nicht bei offenem Fenster schlafen, aber ich komme mit dem Lärm zurecht. Ich dachte mir: Weinheim ist eine dermaßen verlärmte Stadt, da muss man einfach was tun. Als Bürger dieser Stadt wollte ich etwas dagegen tun.
Unser eigentlich vierter Mann Herr Köferl, der in der Zwischenzeit leider verstorben ist, las in der Zeitung davon und meldete sich damals bei mir. Er sagte: „Wenn Sie hier etwas erreichen wollen, müssen Sie eine Bürgerinitiative gründen”. Er hatte Erfahrungen in diesem Bereich. So ist die Bürgerinitiative entstanden. Kurz darauf sind Herr Thunsdorff und Herr Körber zu uns gestoßen und haben unser Team optimal ergänzt. Wir alle sind mehr oder weniger vom Bahnlärm betroffen.
“Lärm zunehmend unerträglich”
Peter Thunsdorff: Das stimmt. Ich wohne in der Lortzingstraße und die Schienen sind von meinem Balkon genau 185 Meter entfernt. Ich messe auf meinem Balkon einen Spitzenpegel von 75 bis 80 Dezibel, wenn Nachts die Güterzüge vorbei rollen. Bedenkt man, dass der medizinisch anerkannte Aufwach-Wert bei 45 Dezibel liegt, dann können Sie sich denken, wie viel erholsamer Schlaf möglich ist.
Ich habe bereits vor 12 Jahren Lärmschutzfenster in mein Haus eingebaut, weil ich den Lärm als zunehmend unerträglich empfand. Als ich das Rundschreiben von Herrn Irion und Herrn Köferl im Briefkasten fand, habe ich ein bisschen im Internet recherchiert und ihnen ein paar Informationen zukommen lassen. Daraufhin fragten sie mich, ob ich nicht Lust hätte mich dort mit einzubringen.
Joachim Körber: Das Engagement war im ersten Moment natürlich recht egoistisch. Auch in wohne östlich der Bahnlinie. Als ich von den Plänen der Bebauung hörte, dachte ich es sei vielleicht ein guter Moment, um dieses Thema mal anzupacken. Ich wollte herauszufinden, ob der Investor – der ja östlich der Bahnschienen baut – bereit ist etwas für uns zu tun.
Sie haben vom Hamburger Immobilieninvestor AVW Lärmschutzwände gefordert, die er dann auch auf freiwilliger Basis zugesichert hat. Klingt im Nachhinein einfach. War es das denn auch?
Körber: Nun gut, so ganz freiwillig gibt man ja nicht Tausende von Euro aus. Das war uns schon klar und dafür haben wir auch Verständnis. Wir hatten daher vorsorglich Einspruch erhoben. Die Stadt hat sich unser Forderung gegenüber sehr aufgeschlossen gezeigt und gesagt: „Wir haben nichts dagegen, wenn Sie direkt mit dem Investor sprechen. Wenn Ihnen das gelingt, haben Sie einen Orden verdient.“
Der Investor hat sich dann tatsächlich den Gesprächen gestellt. AVW hat unwahrscheinlich fair gehandelt und es war für uns kein allzu großer Kampf. Uns wurde zugesichert die Lücken überlappend mit Lärmschutzwänden zu schließen. Daraufhin haben wir den Einspruch zurückgezogen.
Das war der erste Erfolg für Ihre Bürgerinitiative. Wie sind Sie denn überhaupt an das Thema rangegangen? Welche Schritte waren nötig?
Thusndorff: Wir mussten uns natürlich alle erst einmal in das Thema reinarbeiten. Was sind Dezibel? Wie misst man sie? Ich habe Messgeräte gekauft, um die Messungen ordentlich durchführen zu können. Mit jedem Schritt, den wir durch unsere Informationen weiterkamen, haben wir allerdings festgestellt: Es ist nicht nur unser Stück – entlang des jetzt entstehenden Fachmarktzentrums - betroffen. Es ist eigentlich ganz Weinheim, das unter dieser Lärmsituation leidet. Die Weststadt und Lützelsachsen ebenso, wie die Waid, das Gebiet hoch zum Schlosspark und weiter nach Sulzbach. Überall gehen die Werte über 60 Dezibel hinaus.
“Ganz Weinheim ist davon betroffen”
Körber: Wir haben uns dann also relativ schnell nicht mehr nur auf “unsere” Seite konzentrieren können. Die Resonanz und Zuschriften der Bürgerinnen und Bürger hat das bestätigt.
Wie viele Weinheimerinnen und Weinheimer sind denn konkret von einem “gesundheitsgefährdenden Lärm” betroffen?
Körber: Insgesamt haben uns mehr als 500 Unterschriften erreicht. Wenn wir davon ausgehen, dass in jedem Haushalt durchschnittlich drei Personen leben, dann würde ich schätzen, dass mindestens 1.500 Menschen so direkt betroffen sind, dass sie sich bei uns melden und aktiv werden wollen.
Die Lärmkartierung des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) in Bonn zeigt, dass die Bahnlinie einen extremen Schallpegel abgibt, der im Mittelwert größer ist als 75 dB(A) (Schallpegel). Dieser breitet sich links uns rechts der Bahnstrecke aus. Er zieht auf der einen Seite im Westen in die Ebene und nach Osten den Hang hinauf. Der Schallpegel baut sich erst mit Entfernung ab. Das heißt, das ganze Wohngebiet ist von einer Lärmbelastung über 60 Dezibel im Mittelwert, also im gesundheitsgefährdeten Bereich, betroffen. In Spitzenwerten geht das bis auf 85 dB(A) hoch.
Entlang der Weinheimer Strecke sind das nach unseren Schätzungen etwa 5.000 bis 6.000 Menschen. Am schlimmsten betroffen sind aber wohl die 500 Unterschriftengeber und ihre Familien
Ihr Engagement mit der Bürgerinitiative kostet Sie eine Menge Geld. Wie finanzieren Sie Ihren Aufwand?
Irion: Ja, zunächst einmal aus eigenen Mitteln. Wir sind alle drei mehr als ehrenamtlich tätig. Herr Thunsdorff hat beispielsweise seine Messgeräte selbst gekauft und auch die ersten Informationsblätter haben wir aus eigener Tasche finanziert.
In einem Info-Blatt haben wir dann darauf hingewiesen, dass wir auch über eine finanzielle Unterstützung dankbar wären. Daraufhin haben wir tatsächlich einiges an Spendengelder einnehmen können. Dieses gespendete Geld wird natürlich ausschließlich für die Bürgerinitiative verwendet.
Der Zupruch der Bevölkerung gibt Rückhalt
Thunsdorff: Die Spanne der Spendensummen liegt zwischen 5 und 500 Euro. Wir sind überrascht gewesen, mit welcher Bereitschaft uns Spenden zukamen. Denn wir können keine Spendenquittung ausstellen, da wir kein eingetragener Verein für gemeinnützige Zwecke sind. Wir hoffen ja, dass unsere Bemühungen bald ein Ende haben und wir keine dauerhafte Gruppierung, wie einen Verein benötigen. Trotzdem sind die Bürger bereit ihr Portemonnaie aufzumachen, das ist sehr dankenswert.
Körber: Wir hören öfter: Ihre Arbeit ist mir die Spende wert. Das Interesse an unserer Tätigkeit ist erfreulich groß, was uns natürlich auch wieder ein bisschen Kraft und Rückhalt gibt.
Sie investieren neben Geld auch eine Menge Zeit, oder?
Körber: Ja, da stecken viele Stunden drin. Wenn sie einen offiziellen Brief schreiben, beispielsweise an eine hochgestellte Persönlichkeit, dann kommt es auf Professionalität an. Unsere Arbeit muss seriös sein.
Thunsdorff: Wir haben auch den Anspruch nicht polemisch oder emotional zu sein. Obwohl die Versuchung manchmal natürlich sehr groß ist, wenn man mit arroganten Sprüchen abgespeist wird. Da kommt der Groll schon mal hoch.
Irion: Es stimmt also schon, dass es viel Arbeit ist. Auf der anderen Seite ist es aber auch ein Gewinn für unser persönliches Leben. Wir haben neue Freunde gefunden. Wir diskutieren und arbeiten uns in neue Themenfelder ein. Das hält uns geistig rege und fit. Außerdem haben wir das Gefühl wir tun etwas, dass der Allgemeinheit hilft.
Was steht denn aktuell auf der Agenda der Bürgerinitiative?
Körber: Ganz klar die Erstellung eines eigenen Gutachtens über die Lärmsituation in Weinheim. Wir stellten uns die Frage, ob die im Jahr 2005 abgeschlossenen Maßnahmen der Deutschen Bahn auf einem geeigneten Gutachten aufgebaut waren.
Wir haben recherchiert und die Stadt nach dem genauen Inhalt des Gutachten gefragt. Die Stadt war äußerst kooperativ. Der Inhalt des Gutachtens war für uns dann wirklich verblüffend. Das Gutachten war eingegrenzt bis auf wenige Meter – bis westlich der Rosenbrunnenstraße – von den Gleisen entfernt.
Da haben wir uns gedacht: Das kann doch nicht wahr sein. Wir haben uns an das Eisenbahn-Bundesamt gewandt und nachgefragt, wie das denn zu beurteilen sei. Da wurden wir auf eigene, aktuellere Pläne von 2008 verwiesen. Das Gutachten war von 2002. Aber wir haben ja heute viel mehr Lärm als damals.
Gemeinsam mit der Stadt haben wir daraufhin die Beauftragten der Bahn nach Weinheim eingeladen. Da kamen auch zwei, die uns klar gemacht haben, dass diese Strecke “Bestandsschutz” habe und mit den Maßnahmen von 2005 die Arbeit in Sachen Sanierung abgeschlossen sei.
Irion: Basta.
Thunsdorff: Zitat des Bahnmitarbeiters: “Einmal saniert, für immer saniert.“ Diese Aussage war schon heftig.
Ihre Einwände haben bei den Zuständigen also kein Gehör gefunden?
Körber: Unsere Argumentation, dass der Verkehr und die Zugzahl zugenommen haben, wurde bestätigt. Das sei alles richtig, auch die Prognosen. Die eigenen Berechnungen des EBA liegen auch weit über dem, was im Jahr 2002 berechnet wurde. Aber die Strecke habe Bestandsschutz und daher müssten die Bürgerinnen und Bürger die Zunahme des Verkehrs einfach aushalten.
“Einmal saniert, für immer saniert”
Nach dieser Aussage waren wir schon etwas geladen. Ich bezeichne diese Argumentation mit dem Bestandsschutz ganz bewusst als “bösartig”. Das ist eine Verachtung der Bürger. Eine Verachtung des grundgesetzlich geschützten Rechts der Unversehrbarkeit der Menschen.
Wir haben das EBA gebeten, diese Werte neu zu berechnen. Das EBA hat sich zunächst auch der Aufgabe gestellt, hat dann aber wohl einen Hinweis bekommen, als nachgeschaltete Behörde des Verkehrsministeriums, die Arbeit nicht fortzuführen.
Wissen Sie warum?
Körber: Nein, das wissen wir nicht und möchten da auch keine Vermutungen anstellen. Wir wissen nur, dass unser Oberbürgermeister Heiner Bernhard vom Präsidenten des EBA einen Brief bekommen hat, in dem der Präsident mitteilte, dass die Strecke unter Bestandsschutz falle.
Da waren wir in einer Situation, in der wir überlegt haben, ob das jetzt das Ende unserer Bürgerinitiative ist und wir aufhören sollen.
Haben Sie aber nicht.
Körber: Nein, denn die Gemeinden sind offiziell aufgefordert einen Lärmaktionsplan zu erarbeiten. Im Rahmen der Erarbeitung dieses Lärmaktionsplans hat die Stadt Weinheim das Gutachten eingeholt und festgestellt, dass sie für den Schienenverkehr keinen Plan erstellen kann, da in diesem Gutachten wichtige Daten vorenthalten wurden. Das EBA hat Daten, wie z.B. die Zahl der betroffenen Bürger nicht genannt.
Wir sind dann zu dem Schluss gekommen, dass wir ein eigenes Gutachten brauchen. Diese Situation ist nach wie vor aktuell. So ein eigenständiges Gutachten nur für Weinheim kostet natürlich Geld. Wir haben im Rahmen der Lärmaktionsplanung der Stadt Weinheim die Frage gestellt, ob sie denn das Gutachten in Auftrag geben könnte. Die Antwort des Ersten Bürgermeisters Dr. Torsten Fetzner war: „Wir haben dafür kein Geld.“
Alle Hoffnungen ruhen auf dem Gemeinderat
Diese Antwort des Bürgermeisters war vollkommen in Ordnung. Es stimmt. Aber der Gemeinderat könnte das Geld ja bewilligen. Das heißt, der Gemeinderat ist aufzufordern, dieses Gutachten zu bewilligen und die Verwaltung zu autorisieren dieses anzufordern.
Das ist derzeit Ihre Stratgie?
Thunsdorff: Ja. Wir sind grade dabei die Fraktionen im Gemeinderat der Stadt Weinheim anzusprechen, um deren Bezug zur Problematik festzustellen. Wir können bis dato vermelden, dass die kleineren Parteien – die Grünen und die FDP – sehr aktiv mitziehen. Sie haben direkt auf unser Anliegen reagiert. Bei der CDU, SPD und den Freien Wählern zeigt man eine, bisher für uns noch nicht ganz nachvollziehbare, Zurückhaltung. Wobei wir doch davon ausgehen, dass wir eine Initiative verfolgen, die zum Wohle aller ist.
Woran könnte diese Zurückhaltung liegen?
Körber: Ich möchte den Parteien zu Gute halten, dass der Gemeinderat sich ja wirklich mit vielen, vielen unterschiedlichen Themenbereichen befasst. Dass die Stadträte jetzt auf allen Gebieten, die für die Bürger von Interesse sind, sofort höchste Sensibilität haben, kann man nicht erwarten.
Thunsdorff: Wir sind daher guter Dinge, dass die großen Fraktionen sich auch noch melden. Wir müssen noch ein paar Tage Geduld haben.
Irion: Auch, wenn uns das Warten manchmal schwer fällt, weil wir so für unser Projekt brennen. Wir haben gelegentlich nur wenig Verständnis für Leute, die nicht genauso begeistert sind wie wir, um dieses Projekt voranzutreiben.
Für wie wahrscheinlich halten Sie die Bewilligung der Mittel in der nächsten Gemeinderatsitzung?
Körber: Wir gehen davon aus, dass auf der nächsten Gemeinderatsitzung die entsprechenden Mittel zur Finanzierung dieses Gutachtens in das Budget der Stadt für 2013 aufgenommen werden. Bis zu dieser Gemeinderatsitzung werden wir auch hoffentlich ein Angebot der Firma Möhler und Partner aus München mit genauen Zahlen vorlegen können. Diese hat übrigens auch die Bundesregierung im Jahr 2011 über die Lärmschutzsituation in Deutschland unterrichtet.
Mit diesem eigenen Gutachten wollen wir dann an die Öffentlichkeit, denn mit dem Stichwort “Bestandsschutz” sind wir nicht zufrieden. Wir stellen die ganz klare Forderung, dass im Rahmen dieser freiwilligen Lärmsanierungsaktion der DB Netz, das Weinheim-Thema erneut aufgegriffen wird. Es kann nämlich nicht sein, dass man auf einer Strecke den Verkehr bis weit über die Leistungsgrenze hochfährt und dann alle Betroffenen im Regen stehen lässt.
Irion: Dazu kommt, dass die Gemeinden nördlich von uns in Hessen, vollständig saniert sind. Der Lärmschutz endet direkt vor Weinheim, an der Grenze von Hemsbach.
Woran liegt das? An der Landesregierung?
Körber: Nein, die Landesregierung hat darauf gar keinen Einfluss. Auch bei der Bahn muss man differenzieren. Zunächst dachten wir auch: Klar, Ansprechpartner ist die Deutsche Bahn. Wer ist der Vorsitzende? Den schreiben wir an. Aber das ist viel differenzierter.
Nach der Privatisierung 1992 haben wir ja folgende Situation: Die Strecken, die Trassen und die Grundstücke auf der die Bahnen fahren, gehören der Bundesrepublik Deutschland. Vertreten werden sie durch das Bundesverkehrsministerium. Dieses hat die DB Netz beauftragt die Strecken in Stand zu halten und zu vermieten.
Durch Weinheim fahren also rund 200 verschiedene Verkehrsunternehmer, die meisten privater Natur. Die rollen hier durch die Nacht und verlegen den Lärmteppich über Weinheim. Würden wir versuchen direkt an den Lärmverursacher gehen, dann müssten wir uns mit 200 Unternehmen rumschlagen und diese bitten, Wagen einzusetzen die nicht so viel Krach machen. Da sind wir auf verlorenem Posten.
“Es kann nicht sein, dass man die Betroffenen im Regen stehen lässt”
Also üben Sie anderweitig Druck aus?
Körber: Ja und die öffentliche Meinung sowie die aktuelle Diskussion kommt uns mittlerweile entgegen. In der Schweiz haben wir momentan den Fall, dass in Zukunft nur noch leise Güterzüge zugelassen werden sollen. Dort soll eine gesetzliche Bestimmung einführt werden. Das erhöht den Druck auf den internationalen Eisenbahnverkehr. Davon spüren wir hier in Weinheim aber derzeit noch nichts. Also machen wir weiter.
Unser Ziel ist es den Bahnlärm zu reduzieren, wo immer es möglich ist. Viele Unterstützer schreiben uns, machen Vorschläge und geben Anregungen. So hatte uns eine Dame geschrieben, die darüber klagte, dass der Bahnlärm plötzlich noch lauter als bisher ist. Herr Thunsdorff hat sich die Stelle und das Problem angeschaut und festgestellt, dass die Schienen nur gefräst, statt geschliffen wurden. Das ist günstiger und spart Geld, ist aber auch deutlich lauter im Betrieb. Auf unsere Initiative hin, hat das Eisenbahn-Bundesamt sofort die DB Netz angewiesen das Problem zu beheben. Binnen zwei Wochen waren die Schienen dann geschliffen.
Das ist doch mal ein positives Beispiel für die Kooperationsbereitschaft der Behörden.
Körber: Ja, ein positives Erlebnis mit der Aufsichtsbehörde des Eisenbahn-Bundesamts. Mit der Deutschen Bahn hat das aber nicht viel zu tun. Ich finde, dass die Bahn sich hinter ihren juristischen Möglichkeiten versteckt. Besonders beim Thema Bestandsschutz. Die Bahn ist von sich aus nicht bereit etwas zu tun, weil sie immer den Präzedenzfall scheut. Wofür ich Verständnis habe. Wenn sie es für Weinheim tut, muss sie es vielleicht auch für 50 andere Ortschaften in Deutschland tun. Das hat ja immer eine Kettenwirkung. Aber da wir in der Belastung, gleich hinter dem Rheintal kommen, muss man bei uns ebenfalls handeln. Denn auch die Rheintalstrecke stand unter Bestandsschutz. Das kann also nicht länger das Argument sein. (Anm. d. Red.: Alles zur Initiative gegen Bahnlärm im Rheintal finden Sie hier)
Wir sind der Meinung, dass man den Verursacher des Krachs stellen muss. Nach unserem juristischen Verständnis ist das die DB Netz. Da diese aber von sich aus nichts tun möchte oder kann, sind wir bereit den politischen Druck auf DB Netz zu erhöhen. Wir sind im Gespräch mit dem Regierungspräsidium in Karlsruhe, mit der Landesregierung und Lärmschutzbeauftragten in Stuttgart, mit dem Verkehrsministerium und dem EBA. Wir sind davon überzeugt, dass die gegenseitige Information der verschiedenen Stellen dazu führt, dass sich Einzelne nicht aus der Verantwortung ziehen können. Das setzt sie unter Druck und das wollen wir, denn dann tun die auch was.
Wie würden Sie sich jetzt den zukünftigen Verlauf dieser Geschichte wünschen?
Körber: Wir stellen klare Forderungen und sollten diese erfüllt werden, ist die Sache für uns erledigt.
Wie sehen diese Forderungen aus?
Körber: Die Bürger von Weinheim sind nicht bereit sich den Strapazen des Bahnlärms weiter auszusetzen. Sie fordern den grundgesetzlichen Schutz der körperlichen Unversehrtheit und ihres Eigentums. Im Detail sind die Forderungen innerhalb der Gemarkung Weinheim, die Reduzierung der Geschwindigkeit für Güterzüge auf 50 km/h Kilometer bis zum Abschluss der Erstellung eines geeigneten Schallschutzes; eine sofortige Realisierung geschlossener Schallschutzwände, im Rahmen des freiwilligen Lärmsanierungsprogramms der Bundesregierung Deutschland und keine weiteren Beschlichtungsversuche mit dem äußerst zweifelhaften Argument des Bestandsschutzes.
Wir wünschen uns, dass nun auch die Fraktionen diesen Gedanken mittragen und die Verwaltung entsprechend beauftragen.
Thunsdorff: Sollten Fraktionen dabei sein, die unseren Plan nicht unterstützen, hätten wir eine neue Situation und müssten erneut darüber nachdenken. Aber damit wollen wir uns im Moment noch nicht beschäftigen.
Von der Stadtverwaltung und auch ihrem Ansprechpartner Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner sehen Sie aber die Unterstützung Ihrer Anliegen?
Körber: Ja, auf jeden Fall. Auch der Oberbürgermeister Heiner Bernhard hat sich sehr ausführlich mit uns auseinander gesetzt und ich hatte den Eindruck der Herr Bernhard ist ausgesprochen dankbar für unser Engagement.
Info:
Dr. Hans Irion hat die letzten 25 Jahre seines Berufslebens als Leiter für Forschung und Entwicklung im Agrarbereich der Südzucker AG gearbeitet. Peter Thunsdorff ist Mathematiker und Volkswirt. Er war u.a. als selbstständiger Unternehmensberater tätig. Joachim Körber ist studierter Elektroningenieur und hat hauptsächlich in der Bahnindustrie gearbeitet. U.a. war er Geschäftsführer im Verband der deutschen Bahnindustrie.
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