Weinheim/Rhein-Neckar, 29. April 2013. (red/pro) Das Gerücht geht längst durch den Ort: Kauft die NPD den Schwarzen Ochsen? Machen die Rechtsextremen Sulzbach zu ihrem Stützpunkt in Nordbaden? Indizien dafür gibt es reichlich. Aber wie realistisch ist diese “Horror-Vorstellung”? Die Antwort darauf ist offen – Beispiele für erpresste Kommunen und tatsächliche Nazi-Zentren gibt es einige.
Kommentar: Hardy Prothmann
Mittlerweile dürfte dem letzten Zweifler im Ort klar sein: Der Schwarze Ochse ist ein Nazi-Treffpunkt. Vor einer Woche hielten die Rechtsextremen hier ihren Bundesparteitag mit rund 200 Delegierten ab, gestern trafen sich 80 Rechtsradikale zu einem Veteranentreffen bei dem vermutlich “Zeitzeugen” über die 5. SS-Panzerdivision referierten.
Mitten im Ort. Im Schwarzen Ochsen. Am frühen Abend kontrollierte die Polizei Personen, verschaffte sich ein Bild der Lage. Sie kam zu spät, um einen Verdacht auf verfassungsfeindliche Aktionen feststellen zu können. Die Versammlung hatte sich schon aufgelöst. Trotzdem muss sie die Lage sichern und sich mit pöpelnden Jugendlichen auseinandersetzten.
Sorgen vs. Realität
Unsere Redaktion erreichen viele besorgte Fragen per email, Telefon und persönlich: Ist das was dran? Wisst Ihr was? Kauft die NPD den Schwarzen Ochsen? Was bedeutet das für Sulzbach? Für das Ansehen des Ortsteils? Für die Immobilienpreise? Für die Kinder? Für die Vereine?
Was aktuell in Sulzbach passiert, ist kein Spaß und hat vermutlich komplexe Hintergründe. Die NPD hat es nicht einfach, Versammlungsorte buchen zu können. In braunen Regionen ist das kein Problem – aber in Weinheim? Im Ortsteil Sulzbach? Und genau hier ist es passiert. Bundesparteitag, Veteranentreffen, vermutlich gab es schon früher mehrere weitere NPD-Veranstaltungen im Schwarzen Ochsen.
Wird Sulzbach die Nazis los?
Der Schwarze Ochse ist im Ort verbrannt. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung wird die Wirtschaft meiden – und genau damit das Kalkül bedienen. Ob der Wirt geschäftlich fahrlässig agiert oder selbst ein Nazi ist, spielt keine Rolle bei dem Problem, das Sulzbach und insgesamt Weinheim gerade haben. Gegenüber den Weinheimer Nachrichten argumentierte der Wirt, er brauche aus geschäftlichen Gründen das Geld der Nazis, weil die demokratischen Parteien bei ihm nicht buchen würden. Wie eine selbsterfüllende Prophezeiung wird das nun sicher so sein. Und die Konsequenz ist: Der Schwarze Ochse ist auf Gedeih und Verderb auf Nazis abonniert. Er hat sich darauf eingelassen und wird das nicht mehr los.
Doch wird Sulzbach die Nazis los? Aktuell sieht es schlecht aus. So massiv, wie die Partei im Weinheimer Vorort auftritt, scheint hier ein Wille erkennbar zu sein, der mehr will. Wollen die Rechtsextremen tatsächlich den Schwarzen Ochsen kaufen und zu einem Nazi-Zentrum machen? Genügend Beispiele für eine solche Strategie gibt es.
Auch dafür, die Preise in die Höhe zu treiben und dabei entweder selbst Geschäft zu machen oder am Geschäft anderer teilzuhaben.
Größere, unerwartete Probleme
Die Stadt Weinheim scheint vor einem größeren, unerwarteten Problem zu stehen, dessen Verlauf noch nicht überschaubar ist. Muss die Stadt in letzter Konsequenz am Ende des Tages einen Mondpreis für den Schwarzen Ochsen zahlen, um die Nazis aus Sulzbach fern zu halten? Das könnte so sein.
Klar ist – Weinheim ist keine Insel der Glückseligen. Der Weinheimer NPD-Kreisvorsitzende Jan Jaeschke wird vom Parteichef Holger Apfel als “politisches Talent” bezeichnet und Jaeschke, der zwar pausbackig-pummelig daherkommt, ist sehr umtriebig.
Es wäre nicht sehr verwunderlich, wenn der Schwarze Ochse demnächst zum Verkauf steht – zu einem deutlich überhöhten Preis. Das würde die Stadt unter Zugzwang setzen – zahlen oder die Nazis zum Zug kommen lassen.
Es gibt auch andere Möglichkeiten, die müssen aber schnell, konsequent und aus Überzeugung angegangen werden. Der Ortschaftsrat Sulzbach hat sich mit einer Resolution positioniert – mehr kann er nicht tun. Handeln muss nun der Gemeinderat in Verbindung mit dem Oberbürgermeister.
Wer zu spät handelt, verliert
Und eines muss den politisch-verantwortlichen Personen klar sein – wie sehr man die NPD auch verabscheut, man hat es nicht mehr mit dumpfen Glatzen zu tun, sondern mit mittlerweile juristisch ausgebufften Strategen, die ihre Wege gehen, die Urteile kennen und damit vielen Gemeinden eine Nasenlänge voraus sind.
Soviel muss klar sein – wer zu spät handelt, verliert. Mehr erfahren Sie beim Hinweis, beispielsweise, wie der Rechtsradikale Jürgen Rieger für die NPD gegen Kommunen Geschäfte macht.
Hinweis: Sehr lesenswert ist dieser Artikel Landgasthäuser, Bahnhöfe, Hotels: Neonazi-Stützpunkte. Bei Google finden Sie unter dem Suchbegriff “NPD-Immobilien – dreiste Abzocker setzen Gemeinden unter Druck!” einen Beitrag des NDR zum Thema.
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