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Samstag, 09. November 2013

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Gastbeitrag: “Der Presse Freiheit kann auch schmerzhaft sein.”


Guten Tag!

Rhein-Neckar/Würzburg, 29. März 2011. (Main-Post/red) Die Würzburger Main-Post leistet sich einen “Leser-Anwalt”. Anton Sahlender, Mitglied der Chefredaktion, nimmt Leserfragen und -beschwerden entgegen, prüft die Inhalte und veröffentlicht im Anschluss die Ergebnisse. Ein vorbildlicher Service, wie wir meinen.

Vorbemerkung: Aktuell geht es um einen Bürgermeister, der seiner gesetzlich festgelegten Auskunftspflicht nicht nachkommt. Die Main-Post hat deshalb sogar eine Klage angestrengt und gewonnen. Die Reaktionen sind “schmerzhaft” für die Zeitung – es werden böse Unterstellungen geäußert und Abos abbestellt. Nur, weil die Zeitung die Presse- und damit die Meinungsfreiheit verteidigt, gegen einen Bürgermeister, der sich nicht an die Gesetze hält und den Artikel 5 Grundgesetz über die Meinungsfreiheit und das Presserecht mit Füßen tritt.

"Leseranwalt" Anton Sahlender sorgt für Transparenz bei der Würzburger Main-Post. Quelle: MP

Von Anton Sahlender, Leseranwalt der Main-Post

Der Leseranwalt: Der Presse Freiheit kann auch schmerzhaft sein – für Betroffene und für Redaktionen

Je nachhaltiger Journalisten ihre Freiheiten nutzen, desto mehr müssen sie selbst ertragen können. Denn der Presse Freiheit ist auch schmerzhaft. Zuerst für Betroffene, dann aber oft auch für Redaktionen.

Hier aktuelle Kostproben: Der Bürgermeister einer Kleinstadt wird in der Zeitung häufig für seine Amtsführung kritisiert. Über einen langen Zeitraum gibt er dazu immer wieder neu Anlass. Er pflegt eine wenig bürgerfreundliche Geheimhaltung von Amtshandlungen und kommt seiner Auskunftspflicht gegenüber Medien nur unzureichend nach. Das sagt nicht nur die Redaktion, sondern auch das Verwaltungsgericht in einer Entscheidung.

Auskunftpflichten gegenüber Journalisten sind Bürgermeistern und Amtsleitern per Gesetz vorgeschrieben. Medien müssen in einer Demokratie ungehindert über politisches und amtliches Handeln informieren können. In der Kleinstadt ist die Folge der redaktionellen Nachhaltigkeit für Bürgers Information nicht nur Lob. Proteste und sogar Abbestellungen sind eingetroffen. Darunter Zuschriften, in denen der Redaktion Menschenjagd und allerlei weitere journalistische Todsünden vorgeworfen werden. Außerdem schimpft man: Die Zeitung schade der ganzen Stadt.

Ein anderer Bürgermeister wollte letzte Woche verbieten, dass Informationen über den Haushalt, die er an Journalisten verkündete, veröffentlicht werden, bevor der Stadtrat sie beschlossen hat. Diese Zeitung mochte Lesern aber nicht nur vollendete Tatsachen bieten. Sie hat gleich berichtet. Des Bürgermeisters Androhung presserechtlicher Schritte blieb wirkungslos: Denn Redaktionen haben die (Presse-)Freiheit, selbst über die Bedeutung einer Nachricht zu entscheiden und somit darüber, wann sie erscheint.

Zu meiner Sammlung von Reaktionen auf die Freiheit, auch Meinungen vielfältig zu vertreten, gehört neuerdings diese Klage: „Lesen Sie die ätzenden und abfälligen Kommentare eines Henry Stern gegen Franz Josef Strauß und alle Nachfolger. Gewollt hässliche Bilder unserer Kanzlerin Merkel und bösartige Karikaturen eines Dieter Hanitzsch schlagen in die gleiche Kerbe. Überparteilichkeit stelle ich mir anders vor.“ – Ich ahne das Wie dieser Vorstellung. Überdies war Strauß schon nicht mehr unter uns, als Henry Stern Münchner Korrespondent wurde.

Das waren Momentaufnahmen, keine Klagen. Journalisten muss man nicht mögen. Verständnis für Pressefreiheit in einer Demokratie aber, die muss jeder ertragen können. Mit der Abbestellung einer Zeitung kann man sie jedenfalls nicht abschaffen.”

Anmerkung der Redaktion:
Wir stehen mit Anton Sahlender vor allem über Facebook in regelmäßigem Kontakt und sind in journalistischen Fragen nicht immer einer Meinung ;-) .

Aber wir unterstützen natürlich gerne als Berufskollegen aus Solidarität die Haltung hinter dieser Veröffentlichung und haben darum gebeten, den Text übernehmen zu dürfen. Herr Sahlender hat dem umgehend zugestimmt.

Wir handeln aber auch nicht ganz uneigennützig, sondern im Interesse unserer Leserinnen und Leser, da wir das Phänomen von auskunftsunwilligen Behörden sehr gut kennen. Der Heddesheimer Bürgermeister Michael Kessler ist so ein “Spezialfall”, der seiner Auskunftspflicht erst nachgekommen ist, nachdem er einen durch uns veranlassten “freundlichen Hinweis” erhalten hat. Bis heute versucht er weiterhin unsere Arbeit mit allen möglichen Mitten zu behindern.

Unterstützt wird er dabei vom Mannheimer Morgen – einer Zeitung der Solidarität unter Journalisten nichts gilt. Ganz im Gegenteil. Man hat den Eindruck, dass es der Zeitung sehr recht ist, wenn “die Konkurrenz” Probleme hat und man sich dadurch einen Vorteil verspricht. Das ist bedauerlich, liegt aber allein im Ermessen der Zeitung und gehört anscheinend zur “Unternehmenskultur”.

Der Mannheimer Morgen ist dabei in guter Gesellschaft – viele deutsche Monopolzeitungen haben sich mit örtlichen “Interessenvertretern” aus Politik und Wirtschaft verbandelt. Dementsprechend manipuliert ist die Berichterstattung. Siehe Stuttgart21 beispielsweise. (stern über den Filz von Politik, Geld und Medien)

Die Haltung der Main-Post ist aus unserer Sicht vorbildlich und entspricht dem, was man als Leserin oder Leser von Medien erwarten können muss: Eine unabhängige und kritische Berichterstattung.

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