Weinheim, 29. November 2012. (red/aw) Es liegen ereignisreiche Jahre hinter der Naturin Viscofan GmbH: Strukturwandel, Produktionsverlagerung, Einführung neuer Technologien. Die Unternehmsleitung bestätigt den Standort Weinheim und investiert in die Zukunft der Kunstdarm-Produktion. Besonders im Bereich der Collagen-Wursthüllen ist die Naturin Viscofan GmbH am Weltmarkt erfolgreich.
Von Alexandra Weichbrodt
Im nächsten Jahr feiert die Naturin ihr 80-jähriges Bestehen am Standort Weinheim. Seit 30 Jahren ist sie fester Bestandteil der weltweit agierenden Viscofan-Gruppe. In Rahmen einer Firmenführung mit Presse und Stadtverwaltung bekannte sich das Unternehmen nun klar zum Standort Weinheim in der Metropolregion Rhein-Neckar. Das Weinheimer Traditionsunternehmen legt Wert auf zeitgemäße Produktionstechnik, um im weltweiten Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben.
Eine Mission und viele Visionen
Der Geschäftsführer der Naturin Viscofan GmbH Bertram Trauth führte aus, worauf es dem Unternehmen jetzt und auch in Zukunft ankommt:
Unser Ziel ist es besser, schneller und flexibler als alle anderen zu sein.
Die Aufgabe bestehe darin, das Optimum für den Kunden zu erreichen. Möglich wäre dies nur durch die Entwicklung maßgeschneiderter Lösungen für einen weltweiten Markt.
Die Basis dafür sei banal: Qualifizierte und motivierte Mitarbeiter sowie eine klare und einfache Mitarbeiter-Führung seien die Voraussetzung.
Wir arbeiten qualifiziert und leistungsorientiert. Wir sind kein Mädchenpensionat.
Ausserdem liege es im Interesse des Unternehmens Entwicklung, Produktion und Vertrieb möglichst wirtschaftlich miteinander zu vereinen. Besonders im Bereich der Collagen-Produkte wolle man in Zukunft als Kompetenzzentrum agieren.
„Strukturwandel erfolgreich geschafft“
Der Markt im Produktions-Segment der “essbaren Hüllen” wächst. Die Grundlage für das Wachstum eines Unternehmens, wie der Naturin Viscofan GmbH, sei die beste Qualität, so der Technische Leiter Wilfried Schobel.
Die Entscheidung über die Einführung neuester Produktionstechnologien zur Herstellung von Collagen-Produkten fiel im Jahr 2007. Eineinhalb “heiße Jahre” später habe man die reibungslose Funktionalität der neuen Anlage erreicht:
Seit 2009 verwenden wir im Bereich der essbaren Hüllen die modernste Technik weltweit.
Die Super Fast Edible-Technologie (SFE) wird im nächsten Jahr sogar um ein weiteres Modul ergänzt. SFE Plus ist ein neu entwickeltes Trocknungssystem, mit dem die Energie noch effizienter genutzt werden kann, indem beispielsweise Luft mehrfach verwendet wird.
Die Naturin Viscofan GmbH sieht sich für die Zukunft daher gut aufgestellt:
Wir haben viel technologisches Potenzial unter unseren Mitarbeitern und außerdem starke Partner in der Region.
Zu den Partnern in der Region gehört auch die Firma Weidler aus Weinheim, die in den Firmengebäuden der Naturin einen eigenen logistischen Teil in der Produktions- und Vertriebskette betreibt.
Energiekosten sind ein immer stärker werdender Faktor
In Zukunft wird die Naturin Viscofan GmbH vor allem im Bereich Energiegewinnung weitere Maßnahmen ergreifen, um die steigenden Ausgaben für die benötigten Energien aufzufangen.
Man sei in Baden-Württemberg wahrscheinlich der größte private Stromverbraucher ohne eigenes Kraftwerk, so Schobel. Noch sei man zum Teil EEG befreit. Auch, wenn die Grenze des Verbrauchs von 14 Prozent “schwer zu erreichen” sei.
Bisher waren die Ausgaben der Naturin Viscofan GmbH “relativ stabil”. Allerdings sei mit Wegfall der EEG-Umlage ein deutlicher Anstieg zu erwarten. 2012 werden es noch etwa 11 Millionen Euro Energiekosten sein. Im Jahr 2013 rechnet man bereits mit Ausgaben in Höhe von 13,6 Millionen Euro.
Das Thema zwingt uns dazu, uns mit Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auseinander zu setzen,
Hier wolle man investieren, versichert auch Geschäftsführer Trauth. Innerhalb der nächsten zwei Jahre soll das Projekt “Kraft-Wärme-Kopplung”(KWK) in Angriff genommen werden. Wann genau eine Fertigstellung zu erwarten ist, weiß man derzeit aber noch nicht. Die Viscofan-Gruppe unterstützt die Installation von KWK-Anlagen. In Spanien und Mexiko sind die Unternehmen zum Teil bereits damit ausgestattet.
Soziale Verantwortung
Oberbürgermeister Heiner Bernhard schätzt an der Naturin Viscofan GmbH besonders die “absolut hohe Identifikation des Unternehmens mit dem Standort Weinheim”:
Die Naturin ist für uns ein Ansprechpartner ohne Schwelle.
Doch neben gemeinschaftlichem Engagement für Kulturverantstaltungen, Schulen oder Vereinen legt das Unternehmen nach eigenen Angaben besonderen Wert auf eine “vorrausschauende Personalpolitik”.
Der Leiter der Abteilung “Personal und Soziales” Uwe Seehaus erläuterte, dass mit ein bisschen Flexibiliät fast jeder Auszubildene übernommen werden könne. Vielleicht nicht in seinem ursprünglich erlernten Tätigkeitsfeld, aber mit einer sicheren Beschäftigung im Unternehmen.
Der Oberbürgermeister lobt diese Einstellung:
Diese Art von Vorratspolitik ist aufgrund des demografischen Wandels wichtig und wird von der Naturin beeindruckend umgesetzt.
Mit einem Weiterbildungsbudget von 435.000 Euro im Jahr, werden Fachseminare, Talentprogramme, Workshops und Trainings der Mitarbeiter finanziert.
Die Unterstützung berufsbegleitender Qualifikationen ist für uns sehr wichtig,
betonte Seehaus. Daneben biete die Naturin Viscofan GmbH ihren 500 Arbeitnehmern in vielen Bereichen Leistungen, die “über den tariflichen Bestimmungen” lägen. Dazu gehöre die Bereitstellung von Arbeitskleidung und Schutzausrüstung ebenso, wie die flexiblen Möglichkeiten einer Freistellung für Mitarbeiter. Beispielsweise, wenn persönliche Umstände eine „häuslichen Pflege“ erfordern.
Rekord-Umsatz im Jahr 2011
Mit der finanziellen Entwicklung des Unternehmens ist die Geschäftsleitung äußerst zufrieden. Die Erträge der Naturin Viscofan GmbH ”entwickeln sich fantastisch“. Im Jahr 2011 hat das Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 140 Millionen Euro ein Rekord-Ergebnis erzielt.
Zuvor hatte man sich 2010 im Zuge des Wandels von allen Risiken, wie beispielsweise Fremdwährungen, befreit.
Das hat Geld gekostet,
erklärte Bernhard Kissel, der Leiter des Finanzwesens der Naturin Viscofan GmbH. Daher habe die Umsatzkurve in der Übersicht im Jahr 2010 einen deutlichen Knick. Etwa 127 Millionen Jahresumsatz konnten damals verbucht werden. Im Folgejahr dann aber bereits das Rekord-Ergebnis und auch für die Geschäftsjahre 2013 und 2014 ist man optimistisch. Die Unternehmensleitung geht von einer weiteren Steigerung des Umsatzes auf 144 Millionen Euro im nächsten Jahr aus. Für 2014 rechnet man mit 147 Millionen Euro Gesamtumsatz.
Betrachte man den Markt der “essbaren Wursthüllen”, sei diese positive Entwicklung weiter fortzuführen bzw. noch auszubauen. Vertriebsleiter Alfred Bruinekool bestätigt, dass die Viscofan-Gruppe mit 32 Prozent Marktanteil im Collagen-Segment „deutlich führend” ist.
Der Wursthüllenmarkt bestehe zur einen Hälfte aus Natur- und zur anderen Hälfte aus Kunstdarm-Produkten. Im Kunstdarm-Bereich sei Collagen mittlerweile ein viel verwendeter Bestandteil. Die Produktionsleistung des Weinheimer Unternehmens mit Hilfe der SFE-Technologie sei “weltweit spitze”.
Die Investionen der letzten Jahr haben sich also durchaus gelohnt,
versichert Geschäftsführer Bertram Trauth. Allein im Jahr 2011 investierte die Naturin Viscofan GmbH rund 15 Millionen Euro in die technische Verbesserung der Produktion. Damit habe man die:
richtige Produktion mit der weltweit modernsten Technik.
Im Zusammenspiel mit qualifizierten und motivierten Mitarbeitern könne man so die Kunden zufrieden stellen.
Das ermöglicht uns “Ja” zum Standort Weinheim zu sagen. Sowohl der Standort als auch die Arbeitsplätze sind sicher.
So ganz ohne Entgegenkommen der Arbeitnehmer konnte dies allerdings nicht gewährleistet werden. Daher schloss die Naturin Viscofan GmbH mit ihren Beschäftigten einen Standortsicherungsvertrag ab. Dieser beeinhaltet die Bereitschaft der Angestellten bis 2016 wöchentlich 39,5 statt 37 Stunden zu arbeiten. Ohne zusätzliche Bezahlung. Im Gegenzug verpflichtet sich die Naturin keine Entlassungen durchzuführen.
Ein kompletter Wegzug des Unternehmens, wie von Kritikern – nach der Verlagerung eines Produktionssegments nach Serbien im Jahr 2007 – befürchtet, ist aufgrund dieser Tatsachen eher unwahrscheinlich.
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