Guten Tag
Rhein-Neckar, 23. Mai 2011. Irgendwann in meinem Leben, ich kann nur noch vermuten, es wurde verursacht von dem Hormonschub nach der Geburt des ersten Kindes, beschlossen wir unsere wunderschöne stadtnahe Wohnung durch ein Einfamilienhaus mit Garten auf dem Lande auszutauschen. Längst sind die Kinder dem „wir spielen im Garten“-Alter entwachsen, fahren stundenlang mit Öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt zur Schule und verfluchen das Landidyll.
Immer wieder bete ich ihnen und mir die offenkundigen Vorteile des Dorlebens vor: Die lästige Parkplatzsuche fällt weg, die Rush-Hour, wir haben einen Garten, an lauen Sommerabenden riecht es überall nach Gegrilltem, wir kennen die Nachbarn, wir haben viel Platz – also pure Idylle.
Doch das Landleben hat so seine Tücken
Wie gesagt, wir haben ein Einfamilienhaus mit Garten und Hecke und Gehweg. Im Winter muss der Schnee – wenn möglich schon vor 8 Uhr in der Früh – weggeschaufelt werden und kaum scheint die erste Frühlingssonne, sprießt das Unkraut zwischen den Pflastersteinen hervor und die Hecke schießt in die Höhe.
Haben sie schon mal Unkraut auf den Knien kriechend mit der Hacke entfernt? Das ist ein endloses Unterfangen, vor allem, wenn sich die Pfahlwurzeln nicht aus den Ritzen zwischen den Steinen entfernen lassen. Natürlich gibt es die Methode mit der Giftspritze, aber lassen Sie sich nur nicht dabei erwischen, denn schließlich gelangt das Gift ins Grundwasser und das kann eine ordentliche Dorfgemeinschaft nicht zulassen.
Einmal Heckenschnitt, bitte!
Aber auch der Heckenschnitt bringt seine eigene Problematik mit. Sprießt die Hecke ins Unendliche steht der Gemeindebedienstete vor der Tür – alles schon erlebt – und weist darauf hin, dass die Hecke eine verkehrsgefährdende Höhe erreicht habe. Folglich wird man spätestens am nächsten Samstag die Heckenschere hervorholen, um Abhilfe zu schaffen.
So weit, so gut denken Sie! Aber was tun, wenn ein aufmerksamer Dorfmitbewohner vorbei kommt und Sie eher un- als freundlich darauf hinweist, dass die Heckenschnitt-Periode vorbei sei und sich jetzt die Vögel ans Brüten machen.
In diesem Frühjahr wollten wir dem allem vorbeugen. Im Internet haben wir uns kundgetan und meine Freundin und Nachbarin und ich beschlossen, da unsere beiden Männer auf Geschäftsreise waren, selbst Hand anzulegen. Es blieb uns nur noch das eine Wochenende, um die Hecke auf Sicherheitsmaß zu stutzen und dennoch das Brutverhalten der Vögel nicht negativ zu beeinflussen.
Mit Heckenschere und Leiter und viel guter Laune nahmen wir den Schnitt in Angriff. Und siehe da, wir waren erfolgreich, wir kamen mit dem Werkzeug zurecht, hielten die Höhe und einigermaßen die Linie ein.
Alles bestens, dachten wir. Doch zugegebenermaßen liegt unser Grundstück in exponierter Lage, sprich man konnte uns von allen Seiten beobachten. „Na Mädels, das macht ihr ja gut, ich hätte auch noch ‘ne Hecke zu schneiden“, war einer der freundlichen Kommentare. „Habt ihr denn keine Männer“, war dann schon etwas plumper. Heckenschnitt ist nichts für Frauen, war der allgemeine Tenor. Aber so ist nun mal auf dem Land. Ordentliche Frauen haben ordentliche Männer, die samstags für die schwere Gartenarbeit verantwortlich sind. Dem weiblichen Geschlecht bleibt das Eintopfen von Pflanzen und das Entfernen von Unkraut, auf Knien, versteht sich.
Mähen ja, aber zur richtigen Zeit
Zu einem gepflegten Anwesen gehört selbstverständlich auch ein gepflegter Rasen. Also Mähen und Vertikutieren. Aber auch das bitte zur richtigen Zeit. Doch musste ich mich kürzlich darüber aufklären lassen, dass zwischen 12 und 15 Uhr die Ruhezeit eingehalten werden muss. Sagt das bitte auch mal jemand den Lastern, die ungebremst an unserem Grundstück vorbeirasen!
Und ist das alles nicht genug, überfallen Ungeziefer die Gartenidylle. An die jährlichen Blattläuse haben wir uns schon gewöhnt, aber wenn sie so massiv auftreten, dass die Pflanzenstängel geradezu schwarz sind, hört der Spaß eindeutig auf.
Nach etlichen Behandlungen mit alternativen Methoden wie Spüli, griff ich dann doch zur Giftkeule. Doch kaum hatten wir die Läuseplage einigermaßen im Griff, begegnete mir im Garten eine Ratte. Ganz in der Nähe machten wir zwei Löcher im Boden aus, die in ein unterirdisches Höhlensystem zu führen schienen.
Die Methode Gift musste hier schon nach kurzem Nachdenken ausgeschlossen werden, sind wir doch glückliche Besitzer von glücklichen Katzen, die zwar, so erklärte mir der Fachmann in der Gartenabteilung, an das Rattengift nicht, aber an die vergiftete Ratte gehen.
Ebenso untauglich sind Rattenfallen, denn der Speck in der Falle lockt gleichermaßen Ratten wie Katzen an und die Verletzungsgefahr ist dementsprechend für beide Tierarten gegeben.
Dieses Problem löste sich jedoch zeitnah, als ein Nachbar uns darüber informierte, dass er eine Ratte am Rande unseres Grundstücks, mit der Schaufel erschlagen habe, als sie in seinen Garten rennen wollte. Jetzt hoffe ich natürlich nur, dass es sich dabei um dasselbe Nagetier handelt und sich dahinter nicht eine ganze Nagetierfamilie versteckt.
Bitte tauschen!
Am vergangenen Samstag besuchten uns Freunde. Wir grillten und saßen auf Terrasse. „Ach, beneide ich euch, um den Garten und das Dorfleben“, erklärte meine Freundin, die selbst in einer schicke Altbauwohnung mitten in der Stadt mit großem Balkon lebt.
„Willst du tauschen?“ brach es da ungebremst aus mir hervor.
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