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Dienstag, 27. August 2013

Gabis Kolumne

Landleben – Fluch oder Idyll?

Guten Tag

Rhein-Neckar, 23. Mai 2011. Irgendwann in meinem Leben, ich kann nur noch vermuten, es wurde verursacht von dem Hormonschub nach der Geburt des ersten Kindes, beschlossen wir unsere wunderschöne stadtnahe Wohnung durch ein Einfamilienhaus mit Garten auf dem Lande auszutauschen. Längst sind die Kinder dem „wir spielen im Garten“-Alter entwachsen, fahren stundenlang mit Öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt zur Schule und verfluchen das Landidyll.

Immer wieder bete ich ihnen und mir die offenkundigen Vorteile des Dorlebens vor: Die lästige Parkplatzsuche fällt weg, die Rush-Hour, wir haben einen Garten, an lauen Sommerabenden riecht es überall nach Gegrilltem, wir kennen die Nachbarn, wir haben viel Platz – also pure Idylle.

Doch das Landleben hat so seine Tücken

Auf die richtige Zeit und Höhe kommt es an.

Wie gesagt, wir haben ein Einfamilienhaus mit Garten und Hecke und Gehweg. Im Winter muss der Schnee – wenn möglich schon vor 8 Uhr in der Früh – weggeschaufelt werden und kaum scheint die erste Frühlingssonne, sprießt das Unkraut zwischen den Pflastersteinen hervor und die Hecke schießt in die Höhe.

Haben sie schon mal Unkraut auf den Knien kriechend mit der Hacke entfernt? Das ist ein endloses Unterfangen, vor allem, wenn sich die Pfahlwurzeln nicht aus den Ritzen zwischen den Steinen entfernen lassen. Natürlich gibt es die Methode mit der Giftspritze, aber lassen Sie sich nur nicht dabei erwischen, denn schließlich gelangt das Gift ins Grundwasser und das kann eine ordentliche Dorfgemeinschaft nicht zulassen.

Einmal Heckenschnitt, bitte!

Aber auch der Heckenschnitt bringt seine eigene Problematik mit. Sprießt die Hecke ins Unendliche steht der Gemeindebedienstete vor der Tür – alles schon erlebt – und weist darauf hin, dass die Hecke eine verkehrsgefährdende Höhe erreicht habe. Folglich wird man spätestens am nächsten Samstag die Heckenschere hervorholen, um Abhilfe zu schaffen.

So weit, so gut denken Sie! Aber was tun, wenn ein aufmerksamer Dorfmitbewohner vorbei kommt und Sie eher un- als freundlich darauf hinweist, dass die Heckenschnitt-Periode vorbei sei und sich jetzt die Vögel ans Brüten machen.

In diesem Frühjahr wollten wir dem allem vorbeugen. Im Internet haben wir uns kundgetan und meine Freundin und Nachbarin und ich beschlossen, da unsere beiden Männer auf Geschäftsreise waren, selbst Hand anzulegen. Es blieb uns nur noch das eine Wochenende, um die Hecke auf Sicherheitsmaß zu stutzen und dennoch das Brutverhalten der Vögel nicht negativ zu beeinflussen.

Mit Heckenschere und Leiter und viel guter Laune nahmen wir den Schnitt in Angriff. Und siehe da, wir waren erfolgreich, wir kamen mit dem Werkzeug zurecht, hielten die Höhe und einigermaßen die Linie ein.

Alles bestens, dachten wir. Doch zugegebenermaßen liegt unser Grundstück in exponierter Lage, sprich man konnte uns von allen Seiten beobachten. „Na Mädels, das macht ihr ja gut, ich hätte auch noch ‘ne Hecke zu schneiden“, war einer der freundlichen Kommentare. „Habt ihr denn keine Männer“, war dann schon etwas plumper. Heckenschnitt ist nichts für Frauen, war der allgemeine Tenor. Aber so ist nun mal auf dem Land. Ordentliche Frauen haben ordentliche Männer, die samstags für die schwere Gartenarbeit verantwortlich sind. Dem weiblichen Geschlecht bleibt das Eintopfen von Pflanzen und das Entfernen von Unkraut, auf Knien, versteht sich.

Mähen ja, aber zur richtigen Zeit

Zu einem gepflegten Anwesen gehört selbstverständlich auch ein gepflegter Rasen. Also Mähen und Vertikutieren. Aber auch das bitte zur richtigen Zeit. Doch musste ich mich kürzlich darüber aufklären lassen, dass zwischen 12 und 15 Uhr die Ruhezeit eingehalten werden muss. Sagt das bitte auch mal jemand den Lastern, die ungebremst an unserem Grundstück vorbeirasen!

Im Kampf gegen die Läuse.

Und ist das alles nicht genug, überfallen Ungeziefer die Gartenidylle. An die jährlichen Blattläuse haben wir uns schon gewöhnt, aber wenn sie so massiv auftreten, dass die Pflanzenstängel geradezu schwarz sind, hört der Spaß eindeutig auf.

Nach etlichen Behandlungen mit alternativen Methoden wie Spüli, griff ich dann doch zur Giftkeule. Doch kaum hatten wir die Läuseplage einigermaßen im Griff, begegnete mir im Garten eine Ratte. Ganz in der Nähe machten wir zwei Löcher im Boden aus, die in ein unterirdisches Höhlensystem zu führen schienen.

Die Methode Gift musste hier schon nach kurzem Nachdenken ausgeschlossen werden, sind wir doch glückliche Besitzer von glücklichen Katzen, die zwar, so erklärte mir der Fachmann in der Gartenabteilung, an das Rattengift nicht, aber an die vergiftete Ratte gehen.

Ebenso untauglich sind Rattenfallen, denn der Speck in der Falle lockt gleichermaßen Ratten wie Katzen an und die Verletzungsgefahr ist dementsprechend für beide Tierarten gegeben.

Wer fängt die Ratte?

Dieses Problem löste sich jedoch zeitnah, als ein Nachbar uns darüber informierte, dass er eine Ratte am Rande unseres Grundstücks, mit der Schaufel erschlagen habe, als sie in seinen Garten rennen wollte. Jetzt hoffe ich natürlich nur, dass es sich dabei um dasselbe Nagetier handelt und sich dahinter nicht eine ganze Nagetierfamilie versteckt.

Bitte tauschen!

Am vergangenen Samstag besuchten uns Freunde. Wir grillten und saßen auf Terrasse. „Ach, beneide ich euch, um den Garten und das Dorfleben“, erklärte meine Freundin, die selbst in einer schicke Altbauwohnung mitten in der Stadt mit großem Balkon lebt.

„Willst du tauschen?“ brach es da ungebremst aus mir hervor.

Geprothmannt: Yes, we Seidl – oder warum der “Gegenkandidat-€ Claudius Seidl der bessere ZDF-Intendant ist


Rhein-Neckar/Mainz16. Mai 2011. Am Wochenende bin ich auf einen Text des Kollegen Claudius Seidl aufmerksam geworden – Herr Seidl bewirbt sich mit einem Artikel in der Sonntags-FAZ um den Posten als Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) in Mainz. Das ist nicht nur eine “außergewöhnliche” Idee, dass ist sogar eine ganz hervorragende Idee. Denn das ZDF ist durch parteipolitischen Proporz so dermaßen zerdurchsetzt, dass eine tranparente, demokratische Erneuerung dringend notwendig ist.

Von Hardy Prothmann

Ob Claudius Seidl seine “Gegenkandidatur” wirklich ernst gemeint hat, ist vollkommen nebensächlich.

Ich nehme seine Kandidatur ernst und offensichtlich 500 andere Menschen auch. Denn die haben bei Facebook wie ich “Gefällt mir” für die Seite “Claudius Seidl als ZDF-Intendant” geklickt (Stand: 15:41 Uhr).

Der erfahrene Journalist ist viel rumgekommen – Süddeutsche, Zeit, Spiegel und FAZ sind alles erste Adressen.

Der Lebenslauf:

Claudius Seidl wurde am 11. Juni 1959 in Würzburg geboren. Abitur 1977 in Bamberg. Studium in München, Theaterund Politikwissenschaft; Volkswirtschaftslehre zum Ausgleich. Genauso wichtig war das Studium der Filmgeschichte im Münchner Filmmuseum bei Enno Patalas. Erste Filmkritiken 1983 in der „Süddeutschen Zeitung“, seit 1985 auch in der „Zeit“. 1990 Eintritt in die Redaktion des „Spiegels“, als Chef eines kleinen Ressorts, das sich mit populärer Kultur befasste. 1996 Wechsel zur „Süddeutschen Zeitung“ als stellvertretender Feuilletonchef. Seit 2001 Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Bücher über den deutschen Film der fünfziger Jahre, über Billy Wilder, Uschi Obermaier, das barbarische Berlin und die Frage, warum wir nicht mehr (oder ganz anders) altern.

Claudius Seidl. Bild: FAZ

Der Mann kennt sich also aus, mit Kultur, mit Film, mit Fernsehen und dem Mediengeschäft. Er ist nicht als Parteigänger aufgefallen, dafür aber durch sehr gute inhaltliche Arbeit. Und er kommt von einer Zeitung, die dem ZDF in Hassliebe verbunden ist. Die FAZ kritisiert seit Jahren beständig die öffentlich-rechtlichen Sender. Nicht immer ganz zu recht, aber viel häufiger auch nicht zu unrecht.

Wenn einer wie Herr Seidl plötzlich als Kritiker Chef des Hauses wäre, müsste er es lieben und sich für sein Wohl einsetzen. Und dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger, die diesen Medienklotz mit Milliarden an Zwangsgebühren pämpern, auch was bekommen für ihr Geld. Von allem ein bisschen wenigstens. Also auch ein bisschen mehr Journalismus neben dem ganzen Unterhaltungszeugs.

Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch hat als eine seiner letzten Amtshandlungen erfolgreich einen der besten Chefredakteure, den die öffentlich-rechtlichen Anstalten je hatten, offen und unmissverständlich aus dem Amt geworfen.

Nikolaus Brender hat dem Sender Format gegeben und sich von der Politik nicht nur nicht einschüchtern lassen, sondern sich sogar erlaubt, selbstbewusst und kritisch aufzutreten. Der Noch-Intendant Markus Schächter war entweder vollkommen überfordert oder hat nicht genug Format gehabt, oder beides, um diesen Durchgriff der Politik in sein Haus zu verhindern.

Facebook-Unterstützer-Seite für den Gegenkandidaten Seidl.

Der Grund ist klar. Nikolaus Brender war der beste und logische Kandidat für die Intendanz, wenn Herr Schächter nicht mehr antritt. Und hätte einen wie Thomas Bellut locker in die Tasche gesteckt – doch der soll es nun werden, wie Spiegel online berichtete und die “Kungelei im Hinterzimmer” beschreibt.

Brender wäre ein kritischer, unabhängiger, selbstbewusster Intendant gewesen, der sich von der Politik nicht reinreden lässt, ja, wer will so einen schon haben?

Die Antwort ist einfach: Die Politik ganz sicher nicht.

Meine Antwort ist: Ich will so einen haben.

Ich will eine Senderleitung, die den “Auftrag” ernst nimmt. Klar, Sport und Unterhaltung gehören auch ins Programm. Aber nicht als billig-traurige Klone privaten Schwachsinns. Sondern als öffentlich-rechtliches Angebot mit Format.

Und ich will gute Nachrichten, echten Journalismus und kein seichtes “Bleiben-Sie-dran-Gegrinse” und eine Religion des “Audience-Flow”. Das ist Fernsehen von gestern. Es braucht die Revolution für morgen (dazu ein Text von Georg Diez bei SPON).

Ich will ein Programm, dass ich aktiv einschalten will. Nicht, weil ich mich langweile, sondern weil ich mich informieren lassen möchte, was draußen in der Welt passiert.

Ich will eine ordentliche Korrespondentenarbeit und nicht irgendwelche Aufsager. Ich will Typen wie Ulrich Tilgner zurück, der vom ZDF geflohen ist und nun für’s Schweizer Fernsehen arbeitet und dort für seine Arbeit geschätzt wird.

Und ich hätte auch gerne einen Typen wie Nikolaus Brender zurück, der Claus Kleber von der ARD abgeworden hat, als der zunächst nicht Tagesthemenmoderator werden durfte, weil der Herr Wickert noch eine bisschen Lust hatte, den “Geruhsame-Nacht-Onkel” zu geben.

Und ich will statt “smarty-toller” “Reporter” echte Reporter haben. Keine Effekthascher, sondern richtige Journalisten, die sich um wichtige Themen kümmern, statt sich selbst in Szene zu setzen.

"Nur leichte Kämpfe im Raum Da Nang" zeigt die Schrecken des Krieges. Quelle: ZDF

Solche Leute wie Hans-Dieter Grabe, der mit einem Film wie “Nur leichte Kämpfe im Raum Da Nang” jeden Gebühren-Cent wert ist. Dieser Film hat mein Verhältnis “zum Krieg” auf alle Zeiten nachhaltig und unumstößlich aufgeklärt. Dieser Film hat in mir ein Entsetzen ausgelöst, von dem ich zuvor nicht wusste, dass ich so etwas überhaupt empfinden kann. Stundenlang habe ich geheult und tue das in Erinnerung im Augenblick wieder. Gleichzeitig bin ich sehr dankbar dafür, dass Herr Grabe den Mut und die Kraft hatte, diesen Film zu machen. Er ist für mich ein großes Vorbild.

Ich will dagegen keinen Markus Lanz mit seinem seichten Pseudo-Journalismus. Und wenn es nach mir geht, kann Herr Steffen Seibert gerne in Berlin bleiben, ob als Regierungstwitterer oder sonstwas.

Die Maybritt Illner kann ich auch nicht leiden, aber meinetwegen soll sie bleiben, das Programm muss ja nicht auf meine Bedürfnisse zugeschnitten sein, sondern auch andere Bedürfnisse befriedigen.

Und wie gesagt – das ZDF muss sich sowieso neu aufstellen, weil sich die Mediennutzung verändern wird. Es muss Einschaltfernsehen werden, das mit Premium-Inhalten überzeugt. Es soll und muss öffentlich-rechtliches Fernsehen sein, kein privates und auch kein parteibestimmtes.

Von Herrn Seidl als Intendant erwarte ich, dass er Verwaltungs- und Fernsehrat umbaut und demokratischer gestaltet. Weiter erwarte ich von Herrn Seidl, dass er sich vehement dafür einsetzt, dass alle redaktionellen Inhalte kostenfrei über das Internet jederzeit für alle Bürgerinnen und Bürger zur Information zur Verfügung stehen. Da wird Herr Seidl gegen seinen früheren Arbeitgeber FAZ und andere Zeitungshäuser stehen müssen.

Aber ich bin sicher, dass Herr Claudius Seidl das kann und tun würde. Denn als Kritiker ist er die beste Wahl, um den Sender für die Zukunft zu stärken und auch für junge Menschen interessant zu machen.

„Und das Licht! So gemütlich!“ – bei freiem Eintritt

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Rhein-Neckar, 09. Mai 2011 (red) Marietta berichtet aus ihrem bewegten Alltag. Ihre Geschichten kosten keinen Eintritt und sind mitten aus dem Leben – manchmal geht die Phantasie mit ihr durch, aber viellicht auch nur wegen der Realität. Doch was ist real, was phantastisch? Bei Marietta mischen sich die Sphären. Im Mittelpunkt steht der Mensch und der ist immer überraschend. Vor allem die eigenen Eltern. Und vor allem dann, wenn Fäsbuk auf Schwarzwald und Urlaubsträume trifft.

Von Marietta Herzberger

Es ist unvermeidlich. Drei- bis viermal im Jahr hat irgendeiner im ersten bis zweiten Verwandtschaftsgrad Geburtstag und man findet sich ein. Die Lokalität wechselt dabei ständig. Mal ist es die Wohnung meiner Eltern, mal unsere, mal der Balkon meiner Eltern oder unsere Terrasse.

Gelegentlich darf es auch mal ein Restaurant sein. Das kommt bei meinen Eltern aber nur in Frage, wenn das Restaurant bekannt, der Koch gut und ebenfalls bei meinem Vater bekannt ist. Die Hauptkriterien sind grundsätzlich und in jedem Fall der Preis, Nähe der Gaststätte sowie Größe und Konsistenz der Schnitzel und des Kochs. Bevorzugt sind Kegelbahnen mit Anschluss an die Gastronomie und Schützenvereine.

Wie bei de Gerda.

„Des schmeckt do fascht so gud wie bei de Gerda, sach ich. Un koschte duts beinoh nix. Do geh mer gern hi, gell Gerda!“, pflegt Hannes zu loben, wenn es geschmeckt hat, reichlich und günstig war.

Das Schicksal legte meinen diesjährigen Geburtstag auf einen Dienstag. Ich mag Dienstage. Nur nicht an meinem Wiegenfeste. Die obligatorische Einfindung meiner Eltern fand auf unserer Terrasse statt. Nachdem ich morgens meine Kollegen bereits mit reichlich Kuchen und Gebäck beglücken durfte – selbstgekauft versteht sich, denn von einer perfekten Hausfrau bin ich ungefähr so weit weg wie Papua Neuguinea von Toiletten mit fließend Wasser – schnitt ich am Nachmittag den in der Vorwoche gekauften und frisch aufgetauten Käsekuchen an.

Bitte glauben Sie nun nicht, meine Eltern wären mir auch nur im Ansatz zuwider. Nein, im Gegenteil. Ich liebe sie, wie eine Tochter ihre Eltern nur lieben kann. Mit all ihren kleinen Fehlern und liebenswerten Macken, welche im Alter bisweilen zutage treten. Ich trenne sie nur strikt von meinem Freundeskreis, der an meinen Geburtstagen zu einem anderen Zeitpunkt geladen wird. Aus Kostengründen und um unerträgliche Gesprächsspitzen zu vermeiden.

Es klingelt. Der Hund öffnet die Tür. Das Kind stürzt hinterher. Mein Mann brüllt: „Deine Eltern sind da!“

Schnell lege ich noch Servietten neben die Teller und bearbeite den Käsekuchen leicht mit den Fäusten. Wirkt authentischer. Dann haste ich ebenfalls zur Tür. Es ist ein heiteres Willkommen. Küsschen links, Küsschen rechts. Die stets selbstlose Ella will wissen, ob Opa auch ihr Geschenke mitgebracht hat, während der Hund an Oma Gerda hochspringt und versucht sie abzulecken.

„Der Kuche iss awer gud.“

Mein Mann hilft seinem Schwiegervater Hannes aus der Jacke. Bei Gerda hat das der Hund schon erledigt. Ella versucht ihre Oma in ihr Zimmer zu ziehen, um ihr die neue Bettwäsche zu zeigen. Das Ganze spielt sich auf ungefähr 1,5 qm Flur ab. Schließlich hat jeder sein Küsschen auf der Wange, die Jacke an der Garderobe, Geburtstagswünsche an mich übermittelt und mir das jährliche Geldgeschenk nebst Söhnlein Brillant überreicht.

Ella ist sauer, weil keiner ihre Bettwäsche bewundern will. Ich seufze. Auch das geht vorüber und wir an den Tisch.

„Der Kuche iss awer gud“, lobt mich Papa, „Hoscht den selwer gebagge?“

Mein Mann springt für mich in die Bresche: „Schmeckt der wie gekauft, Hannes?“
„Ah nää, isch froog jo nur.“

„Noch Kaffee?“

„Noch Kaffee?“, lächele ich meine Mutter an.

„Nee Kind“, winkt sie ab, „du weißt doch, so spät am Nachmittag-€¦dann schlaf ich wieder nicht.“

„Die verträgt des nimmer, die Gerda. So iss des hald, wemmer ald werd“, sinniert Hannes.

Gerda nickt bedeutungsschwer: „Na ja, man muss schon auf die Ernährung achten. Auch wenn man nicht weiß, wie lange man noch lebt-€¦“

Großes Kino: „Wie war denn euer Urlaub?“

Meine Tochter Ella verdreht die Augen und kaut Käsekuchen.

„Wie war denn euer Urlaub?“, wechselt mein Mann galant das Thema.

Ich habe einen guten Ehemann. Er erspürt negative Schwingungen sofort und steuert dagegen. Anders als ich. Ich steuere immer direkt drauf zu. Wir ergänzen uns. Aber ich schweife ab-€¦

Der Blick, das Licht - 20 Jahre. Urlaub ist was schönes. Jeder hat eine andere Vorstellung davon. Marietta zahlt für die Extra-Vorstellung noch nicht mal Eintritt. Bild: wikipedia/Arminia

Leider ist Gegensteuern auch nicht immer die beste Wahl. Unwissentlich gibt er damit den Startschuss für Hannes gefürchtete Monologe.

„Mama?“, mein cleveres Kind erkennt die Situation pfeilschnell und versuchte, sich zu retten, „Darf ich raus, spielen gehen? Ich bin satt.“

„Klar“, sage ich neidvoll und entlasse sie mit einem huldvollen Wink in die Freiheit.

„Also des hädds bei uns frieher net gewwe”, entrüstet sich Hannes mit erhobenem Zeigefinger, „Mir häwwe am Tisch sitze bleiwe misse, bis-€¦“

„Wo wart ihr in Urlaub?“ Mein Mann beugt sich nach vorne und schaut meinen Vater interessiert an. Wie macht er das nur? Ich lehne mich zurück, schaue alles andere als interessiert und atme tief.

„Ja, wo war mer in Urlaub?!“, kläfft mein Vater ungläubig, „Do wo mer immer sin. Seid zwonzisch Johr jetz schun.“

Besänftigend schiebt sich meine Mutter dazwischen: „Ach Hannes, lass doch“, und zu uns gewandt, „Beim Häuserwirt im Schwarzwald. Ihr wisst doch, der mit nur einer Ferienwohnung.“

Wir nicken eifrig und haben nicht den Hauch einer Ahnung.

Hannes haut begeistert mit der Hand auf den Tisch: „Also des iss ä suber Wohnung!“ Kurze Pause. „Awwer pass uff! Die derfter net in Fäsbuk oder im Innerned oder so zeige, gell! Sunschd griehe mer die vielleicht nimmer, wenn die donn jeder will!“ Wieder eine kurze, dieses Mal jedoch mahnende Pause. Das Gewicht der Worte soll sich setzen.

„Die hot alles, die Wohnung-€¦Ä Kisch mit Gscherrspielmaschien unn e riese Schlofzimmer mit äm riese Bett. “Jo, allerdings…“, Hannes schaut meinen Mann taxierend an, „fer disch kenns e bissl eng werre, so um do so uff die Seit ons Bett zu kumme mit deiner Greeß und deiner Breit-€¦“.

„Wie? Ich bin doch noch gar nicht breit!?“ Mein Mann ist sichtlich belustigt. Ich bin peinlich berührt und rühre meinen Kaffee um. Das mache ich bereits seit Beginn des Gesprächs.

„Ja nä, ich mähn doch so vom Zugang zum Bett her und so. Isse bissl eng, aber mir reicht des.“

„Achso-€¦“, allgemeines Nicken. Nur nicht näher drauf eingehen.

Er fährt fort mit seiner Lobeshymne: „Ach, un des Wohnzimmer. So ä großes Wohnzimmer. Net altmodisch. Eher-€¦modern. Un ä Leddersofa, eschd Kunschtledder. So ä großes Ums-Eck-Sofa. Do hoscht viel Blatz unn-€¦“

„Ach und das Licht“, mischt sich schwärmend meine Mutter ein, „Wenn man da das Licht anmacht, das ist ja so gemütlich, so gemütlich. Da kann man abends sitzen -€¦ach, so gemütlich.“

Suttereng

Hannes pflichtet ihr begeistert bei: „Die Terrass! Die Terass. So schee. Wonn du do drausse hogscht-€¦“

„Ja, so gemütlich! Und das Licht!“ Mutters Augen glänzen.

„Möchte jemand ein Bier?“, fragt mein Mann. Ich nicke benommen. Eigentlich trinke ich kein Bier. Aber die Kaffetasse ist leer und Bier ist besser als gar kein Alkohol.

„Des iss so schee, wonn du do hoggscht. Okay, die Aussicht iss net so toll, weil do de Parkplatz direkt vor de Terass iss-¸ aber-€¦“

„-€¦das Licht. So gemütlich“, ergänzt Mama.

Prost, ein Bier aufs Licht!

Hannes nippt am seinem Bier: „ Also-€¦die Wohnung-€¦so was Guudes.“

„Und das Licht!“

„In de Kisch steht-´n riese Tisch. Do konscht dro sitze.“ Hannes wackelt leicht mit dem Kopf: „Un die Leit, die am Fenschder vorbei laafe, die stere net.“
Gerda nickt zustimmend.

„Wisster, die Wohnung liegt im Suttereng, do kenne die Leit net so nei gucke, wonn se vorbei laafe. Auch net ins Schlofzimmer. Awwer mer sinn jo Friehuffsteher!“
Frühaufsteher? Was? Habe ich etwas verpasst? Kurz eingenickt?

„Wieso Frühaufsteher?“, frage ich perplex.

Vom Vogel, vom Frühaufsteher und Briefträger.

„Ah, weil uns donn de Briefträger net steert.“

Nun ist auch mein weiser, stets jeder Situation gewachsener Mann irritiert: „Briefträger?“

„Ei jo, weil doch die Briefkäschde direkt am Schlofzimmer sin, so vun ausse, verschdehscht?“

Gerda lächelt erhaben: „Ja, wenn der Briefträger morgens um sechs Uhr die Briefe einwirft, dann sind wir ja schon lange wach.“

„De friehe Vogel,-€¦kennt er doch, des Sprichword, gell?“

Müde lächle ich meinen Vater an. Was will ich eigentlich? Andere zahlen für so was Eintritt.

„Und das Licht! So gemütlich!“

“Gerda, mir packens. Danke fer den leckere Kuche und des Bier”, sagt mein Vater und drängt seine Frau. Ella zeigt ihr noch schnell die Bettwäsche, mein Mann räumt auf.

“Un ja ned ins Fäsbuk stelle, sonschd gibt’s Ärscher”, sagt mein Vater noch. “Nein, Papa, bestimmt nicht.”

Marietta Herzberger.

Anmerkung der Redaktion: Marietta Herzberger lebt in Weinheim und schreibt in ihren Kolumnen über den ganz normalen Wahnsinn des Alltags. Erfundene Geschichten, in denen doch das eine oder andere wahr ist. Die Personen gibt es meistens, manchmal nicht. Mal ist es, wie beschrieben, mal gnadenlos überzogen. Es sind keine “journalistischen” Texte mit dem Anspruch auf Faktentreue, sondern Lesetext mit dem Ziel, Lesefreude zu verbreiten. Sie hat jede Menge Weisheiten gerne, zwei sind: “Machen Sie sich erst einmal unbeliebt, dann werden Sie auch ernst genommen” – Konrad Adenauer. Und: “Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren” – Bertolt Brecht. Wir wünschen unseren Lesern viel Lesespaß mit ihren Texten!

Gabis Kolumne

Wie war das noch Mal mit der Emanzipation?

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Guten Tag

Rhein-Neckar, 02. Mai 2011. In der großen Politik wird über die Frauenquote in der Wirtschaft diskutiert. Aber Gabi interessiert sich mehr für die Emanzipation bei den “normalen” Frauen.

Ursula von der Leyen: Spitzenpolitikerin mit sieben Kindern. Keine Ahnung, wie das geht. Quelle: wikipedia/Dirk Vorderstraße

 

Ich finde es ist mal wieder an der Zeit, etwas zur Emanzipation zu sagen. In der Politik wird erneut groß über die Frauenquote in den Spitzenpositionen der Wirtschaft diskutiert und Frau Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Arbeit und Soziales, ist bekennend dafür und Familienministerin Kristina Schröder, gerade schwanger, dagegen.

Aber letztendlich sind die beiden Damen mir auch egal. Sie sind Spitzenpolitikerinnen, mit Spitzengehältern, in Spitzenpositionen und wie Ursula von der Leyen bei sieben Kindern diese Karriere machen konnte, ist mir schlichtweg ein Rätsel, das ich auch gar nicht lösen möchte.

Mir geht es um die Emanzipation bei den „Normalfrauen“

Ich erinnere mich noch gut als der Erzeuger meines Erstgeborenen das Goldstück in Anwesenheit meiner Eltern und Großeltern erstmals wickelte. Ein Schrei der Bewunderung aus aller Munde. „Nein, schaut doch bloß, wie er das kann“, rief meine Großmutter und beifälliges Gemurmel begleitete den Wickelakt.

Hatte ich etwas verpasst? Kein Mensch zollte meiner Wickelkunst Beachtung oder gar Bewunderung. Haben Frauen denn ein Wickel-Gen und hatte ich das im Biologieunterricht nur nicht mitbekommen?

Das alles liegt Gott sei Dank schon weit hinter mir und mein Sohn benötigt heute mit seinen 17 Jahren in dieser Beziehung keine Hilfestellung mehr.

Als ich meinen Mann kennenlernte war er emanzipiert, kochte, ging einkaufen, organisierte seinen Haushalt und wusch die Wäsche – und das schon seit Jahren. In der ersten Zeit unserer Beziehung wurde ich immer wieder von meinen Freundinnen beneidet, wie gut ich-€™s hatte, wenn ich von der Arbeit kam, stand meist schon das Essen auf dem Tisch und die Vorräte waren immer aufgefüllt. Gerne übernahm ich dafür das Waschen und Putzen.

Doch mit der Zeit kamen immer häufiger wichtige geschäftliche Termine dazwischen und der Kühlschrank blieb schon mal leer und der Herd kalt.

Dafür kümmerte er sich ja um die Autos, den Garten und alle möglichen Reparaturen.

“So gesehen, hast du dich doch emanzipiert.”

Doch die geschäftlichen Termine wurden immer wichtiger und mehr, ich fing an die Hecke zu schneiden, die Toilettenspülung zu reparieren und die Getränke herbei zu schleppen. „Was beschwerst du dich“, fragte eine Freundin. „So gesehen hast du dich doch emanzipiert.“

Und es sei doch klar, dass er an diesem Status Quo, der ihm ja genügend Freiraum für seine wirklich wichtige Arbeit gab, nichts verändert wollte. Dies gab mir zu denken.

Von einem schönen Experiment erzählte mir dieser Tage eine gute Bekannte. Ihr Mann, ein Paradeexemplar der Spezies „Macho“, beschwerte sich zum wiederholten Mal darüber, dass sie so viel Zeit und so viel Geld für den wöchentlichen Einkauf verwende. Das sei alles eine Frage der Organisation, erklärte er ihr.

„Irgendwann hat-€™s mir gereicht und am nächsten Samstag bat ich ihn, mich beim Einkauf zu begleiten, damit ich mir mal abschauen könnte, wie man Einkaufen zeit- und kostenoptimiert.“

„Wir sind in einer guten halben Stunde zurück“, rief er den Kindern zu. „Rechnet mit uns nicht in den nächsten zwei Stunden“, ergänzte meine Freundin.

Zunächst ließ sie ihn das gesamte Leergut ins Auto tragen, was in einer Stadtwohnung ohne eigenen Parkplatz vor der Tür schon recht anstrengend werden kann. Dann fuhren sie gemeinsam zum Supermarkt „Hol doch schon mal einen Wagen und bring-€™ dann die Flaschen weg“, wies sie ihn an. Völlig entrüstet kam er schon nach wenigen Sekunden zurück, „da brauch-€™ man ja eine Münze oder einen Chip“, beschwerte er sich.

Vor der Leergutrückgabe hatte sich eine Schlange gebildet, „das kannst du ja beim nächsten Mal machen“, warf er ein. Aber sie erklärte ihm, dann wäre ja im Auto leider kein Platz für den Einkauf.

„Hier hast du die Liste, was wir alles brauchen“, sagte meine Bekannte und schlenderte bewusst unbeteiligt durch den Supermarkt. Schon beim Obst und Gemüse wirkte er leicht gestresst, an den Regalen überfordert und spätestens an der Wursttheke war er vollkommen abgenervt. „Wie soll man denn da vernünftig die Preise vergleichen, wenn überall unterschiedliche Mengen drin sind“, motzte er vor sich hin.

An der Kasse trat ihm der Schweiß auf die Stirn, das erste Mal, als er es kaum schaffte bei dem Tempo, das die Kassiererin vorgab, mitzuhalten und beim zweiten Mal, als er die Summe hörte.

„Knapp zwei Stunden später waren wir wieder zu Hause. Leider fanden wir keinen Parkplatz vor der Haustür.“ „Ruf doch schon mal die Jungs“, habe er gesagt, „die können das Auto ausräumen.“ Doch auch hier blieb meine Freundin unerbittlich, schließlich seien die vormittags, wenn sie einkaufe, in der Schule, da müsse man jetzt schon die echten Bedingungen nachempfinden, erklärte sie ihm.

„Immerhin habe ich mich erweichen lassen, zwei Tüten in den zweiten Stock zu schleppen, den Rest habe ich ihm überlassen.“

Nach zwei Stunden und fünf Minuten waren die Einkaufstüten in der Küche und die Getränkekisten im Keller. Inzwischen war er schweißgebadet. „So, und jetzt musst du noch alles verräumen“, habe sie ihn angewiesen.

Die Aktion war äußerst heilsam

„Das Resultat der Aktion war äußerst heilsam, er hatte fast das Doppelte ausgegeben und war insgesamt zwei ein halb Stunden beschäftigt.“ „Und macht er jetzt weiterhin den Einkauf“, wollte ich wissen. „Wo denkst du hin, natürlich nicht, aber immerhin macht er mir keine Vorhaltungen mehr, dass ich schlecht organisiert sei“, meinte sie.

Soweit so gut, dachte ich, dieses Experiment hat zumindest diesem „Macho“ die Augen geöffnet, wenn auch das Thema Arbeitsteilung dadurch nicht wirklich zur Sprache kam.

Mein Mann beschwert sich weder darüber, dass ich zu viel Geld ausgebe, noch, dass ich für meine „hausfraulichen Pflichten“ zu viel Zeit brauche. Aber es ist nun mal so, dass ich alles mache – „aber doch nur so lange ich beruflich so stark eingebunden bin“, argumentiert er, und zwar seit über zwei Jahren.

Ein Ende ist nicht wirklich in Sicht, mutmaße ich und lass-€™ es auf einen handfesten Krach ankommen. Tagelang habe ich mir Argumente zurecht gelegt, meine Stunden, die ich bei der Arbeit, im Haushalt und mit der Organisation der Kinder verbringe, addiert und das sich ergebende Sümmchen, lässt selbst meinen Göttergatten sprachlos sein.

„Du hast Recht, das ist einfach zu viel“, sagt er einlenkend. „Da müssen wir dringend etwas daran ändern, ich finde, du solltest dir eine Putzhilfe organisieren“, meint er mit sich zufrieden, denn damit scheint das Problem aus seiner männlichen Sicht gelöst.

„Ganz ehrlich, Frau von der Leyen, war das auch ihr Lösungsansatz?“, möchte ich fragen, aber sie wird mir vermutlich keine Antwort geben und weiter über die Frauen-Quotenregelung in der Wirtschaft diskutieren.

Mariettas Kolumne: Einmal Haustier, bitte!


Guten Tag!

4. April 2011. Verläuft das Leben gleichmäßig und ohne große Überraschungen, wiegt man sich in Sicherheit. So kann es bleiben, so ist es gut. Gelegentlich jedoch wird der Mensch leichtsinnig und setzt die geliebte Ordnung aufs Spiel. Beispielsweise dann, wenn Kinder vorhanden sind und man plötzlich auf den Hund kommt.

Von Marietta Herzberger

Die grundsätzliche Aussage, welche nach zwölf Jahren tierloser Ehe zu treffen ist, und bis heute unverrückbare Gültigkeit hat und von mir niemals in Frage gestellt wurde, ist folgende: Ich bin eine glückliche Ehefrau. Mein Mann ist nicht einfach nur mein Mann, sondern auch Partner, guter Freund und gelegentlich auch Leidensgenosse. Aber das ist eine andere Geschichte. Wir sind ein eingespieltes Team und stolze Eltern eines liebreizenden, gelegentlich aufmüpfigen Kindes mit Namen Ella.

Wir bewohnen ein Haus im behaglichen Weinheim. Ruhige Lage und erstrebenswerte Spucknähe zur Autobahn inklusive. Möchte ich mit der Straßenbahn fahren, benötigt es lediglich ein paar leichtfüßige Schritte rechts aus unserer Haustüre heraus und –  rein ins Gefährt.

Zur Bushaltestelle wende ich mich leicht nach links. Das ist praktisch. Nur nachts nicht. Da nämlich stört das Bimmeln der OEG-Ampel-Warnanlage, das uns alle halbe Stunde mitteilt, dass die Zeit bis zum Weckerklingeln nahe rückt. Wir haben uns daran gewöhnt und schlafen mit Ohrstöpseln. Das blecherne Surren der Schranke, das ertönt, wenn sich diese herablässt und nach einigen Minuten- untermalt vom Bimmeln – wieder öffnet, versuchen wir noch irgendwie in unsere Träume einzubauen.

Träume vom Transsibirien-Express

In einer dieser schlaflosen Nächte hatte mein Mann die rettende Idee: „Schatz, lass uns vom Transsibieren-Express träumen. Da lässt sich das Bimmeln so schön einbetten.“ Ich fand „einbetten“ gut und passend. Seitdem steigen wir ab Einbruch der Dunkelheit beseligt ins Bett und treten unsere gemeinsame Reise an, bis es wieder hell wird.

Unsere Nachbarn sind größtenteils netter, aufgeräumter Durchschnitt und jeder pflegt seinen kleinen Reihenhausgarten mit Hingabe ohne bieder zu sein. Nein, nicht ganz. Am Ende der Straße wohnt ein älteres Ehepaar. Dieses ist stolzer Besitzer eines übersichtlichen, mit Inbrunst gepflegten Vorgartens, der sicherlich drei Bierkästen fasst und geometrisch einwandfrei mit kleinen, akkurat rund geschnittenen Buchsbaumkügelchen bestückt ist.

Damit dieses Kunstwerk niemand zerstört, wurde ein Stahlzaun in unauffälligem Braun, welches vorzüglich mit dem Altrosa des Hauses harmoniert, darum gezogen. Aber auch diese Nachbarn sind angenehm höflich und bis auf den Gartenzaun noch nicht straffällig geworden.

Kommt Zeit, kommt Wandel

Auf den Hund gekommen?

Wir sind also, wie schon gesagt, eine glückliche, kleine Familie. Ganz die Norm, nichts Außergewöhnliches. Nett, normal, beruhigend.

„Ihr seid so herrlich normal“, beneidete mich jüngst eine Freundin. Ich gebe ihr Recht. Allerdings hat sie nett und beruhigend vergessen. Bei Gelegenheit werde ich sie darauf ansprechen.

Doch zu einer Zeit des Wandels bestimmte meine kleine sanfte Tochter unerwartet energisch: „Mama, ich will ein Haustier!“

So ist das eben. Wenn die Zeiten pädagogisch wertvollen Spielzeugs vorbei sind, sucht man nach anderen Dingen.

Diverse Forschungen belegen, dass Kinder mit Haustieren, vor allem mit Hunden, über eine größere soziale Kompetenz verfügen und schneller bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, als Kinder ohne direkten Tierbezug.

Sie sind meist bewegungsfreudiger, zugleich ruhiger und ausgeglichener. Sie sind also zu Unzeiten gedämpft aktiv und das kann bisweilen erstrebenswert sein. Außerdem ist erwiesen: Einzelkinder können vereinzelt Defizite im Sozialverhalten aufweisen. Auch reiben sie sich nicht an Geschwistern, sondern an den Eltern, vorzugsweise an der Mutter. Im Prinzip war ich bereits überredet.

„Und was schwebt dir da vor?“ wollte ich von meinem blauäugigen Kind wissen.
„Ein Pferd!“
„Ein Pferd ist kein Haustier!“ widersprach eine männliche Stimme hinter dem Computer.
„Ist es doch! Es kann im Garten leben!“

„Wie wäre es mit einer Katze?“ warf ich ablenkend in die Runde. „Schatz!“, vorwurfsvoll wandte sich der Vater unserer-  Tochter mir zu, „du weißt, dass ich allergisch gegen Katzen, Hasen und Meerschweinchen bin-€¦!“

„Mir egal!“ brüllte es jetzt von dem tierlosen Einzelkind, „Ich (!) bin aber nicht algerisch! Papa kann ja ausziehen!“
„Ich ziehe nirgendwo hin. Soweit kommt es noch-€¦!“

Schmollend pulte unser kleiner Sonnenschein mit dem großen Zeh Löcher in den Teppich. Während ich verzweifelt grübelte, welcher tierische Artgenosse in Frage kommen könnte, zupfte mich etwas am Ärmel.

“Wenn Papa tot ist, krieg ich dann einen Hasen?”

“Du Mama, wenn der Papa tot ist, krieg ich dann einen Hasen?“
„Ja klar, dann kriegst du einen Hasen, Süße.“

Mein Herzblatt schaute mich dankbar an. Warum? Was hatte ich gerade gesagt? Was lautete noch gleich ihre Frage? Katze? Hase? Wer ist tot? „Papa?“, säuselte unser Liebchen zart, „wann stirbst du denn?“

„Du stirbst?“, irgendwie hatte ich den Faden verloren. Ella schaute ihren Vater durchdringend an. Ja, fast schon hypnotisch. Offenbar erwartete sie nun, dass ihr Erzeuger tot vom Stuhl fallen würde. Der beschloss jedoch spontan, jetzt noch nicht abzutreten, trat stattdessen zu uns an den Tisch und gab seinem Unmut lautstark Raum: „Seid ihr noch zu retten!?“

Ich versuchte, das Gespräch weg von Tod und Teufel auf ein anderes Gleis zu lenken: „Ein Fisch wäre toll, oder? So ein Nemo in einem Glas“, und lächelte gleichzeitig versöhnlich meinem Mann zu: War nicht so gemeint, verzeihst du mir?

„Nemo ist doof!“
„Eine Maus“, kam der männliche Vorschlag. Er zwinkerte zurück: Weiß ich doch, schon okay.
„Maus ist auch doof!“
„Hamster?“, warf ich träge in die Runde.
„Total blöd!“

Eine Weile saßen wir uns schweigend gegenüber und suchten nach Alternativen. Doch weder Fußboden, Geheimschublade noch Zimmerdecke gaben etwas Brauchbares her. Schließlich, sich endlos ziehende zweieinhalb Minuten später, fand unsere Tochter als erste eine neue Idee: „Ein Hund?“ Sie verblüffte mich mit ihrer Raffinesse, die sie natürlich von mir hat, und richtete diese Frage mit engelsgleichem Blick an ihren Vater: „Einen Hund, Papa. Bitte, bitte, bitte.“

Fünfundzwanzigtausend Mal “Bitte”

Alle „Bittes“ hier aufzuzählen würde zu weit führen, also belasse ich es bei drei. Es waren aber deutlich mehr. Gefühlte Fünfundzwanzigtausend.

Mein Mann und ich schauten uns skeptisch an. Ein Hund. Dreimal am Tag Gassi. Fusselige Haare im ganzen Haus. Ein dreck- und fellverlierendes, sabberndes Betteltier, welches unserer klinisch reinen Ella genießerisch das Gesicht ableckt, wenn wir gerade nicht hinsehen? Konnten wir uns vorstellen, gelassen und heiter zu bleiben, wenn unser Goldlöckchen einträchtig mit einem verfressenen Kläffer vor dem Napf sitzen würde und die beiden sich das Trockenfutter teilen? Und überhaupt, was so was kostet!

In stiller Übereinkunft nickten wir uns zu. Wer von uns würde den, nach sorgfältigem Abwägen getroffenen Beschluss dem kleinen, voll banger Erwartung erstarrten Wesen überbringen?

Seufzend falteten wir die Hände. Ellas Augen wuchsen auf die Größe von Billardkugeln. Sie krallte sich in die Stuhllehne, während sie heiser flüsterte:“ Ein Hund-€¦bitte-€¦ein kleiner Hund-€¦nicht viel-€¦.sooo klein!“ Sie formte mit ihren Händen und Fingern sowas in der Größe wirklich sehr, sehr kleinen Hundes.

„Also, wenn, dann ein richtiger Hund! Mit so einer Straßenratte kann ich nichts anfangen“, brummte mein geliebter, weiser Mann und zwinkerte unserem siebenjährigen Wonneproppen zu.

Ich richtete mich zu voller Sitzgröße auf, um dem Begeisterungsturm standhalten zu können, der nun eigentlich folgen musste. Gespannte Vorfreude ließ uns Eltern erzittern. Gleich würde sie uns um den Hals fallen, Freudentränen ihre unverdorbenen Wangen benässen.

„Ich dachte schon, ihr könnt euch nie entscheiden“, unser ausgesprochen wohlgeratener Sprössling verdrehte kurz die Augen, sprachs, stand auf und stellte ungerührt fest: „ Ich hab Hunger. Wann gibt-€™s Essen?“
„Gleich!“, hauchte ich mütterlich gefasst.
„Was gibt es denn?“
„Hot Dogs!“

Marietta Herzberger.

Anmerkung der Redaktion: Marietta Herzberger lebt in Weinheim und schreibt in ihren Kolumnen über den ganz normalen Wahnsinn des Alltags. Erfundene Geschichten, in denen doch das eine oder andere wahr ist. Die Personen gibt es meistens, manchmal nicht. Mal ist es, wie beschrieben, mal gnadenlos überzogen. Es sind keine “journalistischen” Texte mit dem Anspruch auf Faktentreue, sondern Lesetext mit dem Ziel, Lesefreude zu verbreiten. Sie hat jede Menge Weisheiten gerne, zwei sind: “Machen Sie sich erst einmal unbeliebt, dann werden Sie auch ernst genommen” – Konrad Adenauer. Und: “Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren” – Bertolt Brecht. Wir wünschen unseren Lesern viel Lesespaß mit ihren Texten!

Geprothmannt: Grün-Rot hat gewonnen – und zwar einen Haufen Probleme


Rhein-Neckar/Stuttgart, 28. März 2011. (red) Noch im Abgang haben verschiedene CDU- und FDP-Vertreter demonstriert, warum sie abgewählt worden sind. Wer Wählerinnen und Wähler als “emotionalisiert” verunglimpft, zeigt, dass er nicht mehr ganz bei Verstand ist und zu recht in eine fünfjährige Nachdenkpause geschickt wird.

Von Hardy Prothmann

Die Arroganz der Macht hat die Wahl entschieden.

Mit pauschalen Urteilen ist das immer so eine Sache – man tut garantiert jemandem Unrecht. Denn es gibt sie nicht, die homogene Gruppe, in der alle gleich sind. Genausowenig wie es “die” Lösung gibt, die alle Probleme beseitigt.

Wo Du auch hingehst, ist schon ein Schwarzer da

Doch das haben CDU und FDP den Menschen lange vorgegaukelt. Sie haben gelogen und betrogen, was das Zeug hält. Heute gesagt, was morgen nicht mehr gilt. Interessen bedient, die selten die der ganz allgemeinen Wählerinnen und Wähler waren, so wie Du und ich.

Sondern die von mächtigen Konzernen. Und natürlich die des einzigartigen Netzwerkes, das sie gestrickt haben. “Wo Du auch hingehst, ist schon ein Schwarzer da”, heißt ein geflügeltes Wort.

Wichtige Ämter und Posten sind mit strategischen Parteibuchinhabern besetzt, “damit’s läuft in Baden-Württemberg”. Natürlich gibt es nur ein richtiges Parteibauch, naja und eins, das man auch akzeptiert. Rot oder grün durfte es auf keinen Fall sein.

Parteibuch-Karrieren

So entschied oft nicht die Kompetenz, wer einen Job erhählt, sondern die Parteifarbe und der Wille, sich in dieses System einzugliedern.

Mit der Zeit degeniert so ein System. Bis die Menschen das merken, dauert es. Aber irgendwann merken sie es. “Alles super im Ländle”, hat schon längst niemand mehr wirklich geglaubt.

Wem da der Glaube abhanden gekommen ist, der wurde mit der Angst bei der Stange gehalten. Die Kommunisten-Angstmache geht immer. Gleich darauf folgt die Verarmungs-Angstmache. Dann die Bedeutungs-Angstmache. Dann die Bedrohungs-Angstmache.

Diffamierungsbrauchtum

Als Argument war jedes Mittel recht. Noch der hohlste Vergleich wurde als Beweis herangezogen. Und die grundanständigen CDU-ler waren sich niemals zu fein, um zu diffamieren, was das Zeug hält.

Die Diffamierung der Grünen als “Dagegen-Partei” war so etwas wie die Quintessenz des Schmutzwerfens.

Und sicher glauben die “Anstandsträger” qua Parteibuch noch nach der Wahlschlappe, dass das irgendwas mit der “Unanständigkeit” der anderen zu tun hat. Und wenn die es nicht waren, dann sind es eben die Wähler.

Zu doof zum Denken

Und die waren angeblich “emotionalisiert” – sprich: Zu doof zum Denken und nur ihren temporären Gefühlswallungen unterworfen, heißt das. Wer so über Menschen redet, die nicht mit dem einverstanden sind, was man tut, der will diese Menschen auch nicht regieren und gehört – richtig: abgewählt.

Die Alternative hat Winfried Kretschmann geboten: Er hat sich dazu bekannt, wo gegen er ist. Und er hat den Spieß einfach umgedreht und auch gesagt “wofür er ist”. Und der Ausstieg aus der Kernkraft ist das, was die Mehrheit im Land will.

Geradezu ekelerregend ist das “Argument”, Fukushima sei den Grünen doch “gerade recht gekommen”: “Des hawwe die doch schamlos ausgenutzt”, hat man nicht von wenigen gehört. Wer so schamlos solch dumme Behauptungen aufstellt, hat längst jedes Schamgefühl verloren.

Grüner Glaubwürdigkeitsvorteil

Die Grünen haben einen absoluten Glaubwürdigkeitsvorteil – sie fordern den Ausstieg schon seit 30 Jahren. Jetzt sind sie gewählt und müssen sich ihrer Verantwortung stellen.

Und das wird eine schwere Aufgabe. Denn sie müssen den Dreck wegräumen, den andere ihnen hinterlassen haben. Das wird dauern und derweil werden die, die den Dreck verursacht haben, wieder ihre Häme ausschütten, weil die, die den Dreck nicht haben wollten, ihn nicht schnell genug beseitigen können.

Ein Haufen Drecksprobleme

Da sind zum einen die Atomkraftwerke von EnBW, die Baden-Württemberg “gehören”. Der EnBW-Aktienrückkauf ist über Schulden finanziert, die Atomenergie ist eine Cash-Cow für EnBW. Werden sie abgeschaltet, fehlen gut 400 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Das drückt die Dividende empfindlich – mit der sollten aber die Schulden abgebaut werden. Wie man aus diesem Dilemma rauskommt, hat noch keiner nachvollziehbar erklären können.

Die Grünen haben nun einen Haufen Probleme zu beseitigen, sagt Hardy Prothmann. Bild: sap

Da ist Stuttgart21. Die Grünen wollen das Volk entscheiden lassen. So paradox es klingt. Das könnte für die Grünen eine “saubere Lösung” sein. Sollte es stimmen, dass mittlerweile eine Mehrheit dafür ist, machen die Grünen mit der SPD zusammen den Volksentscheid, das Volk sagt ja und man ist fein raus. Bürgerbeteiligung versprochen, gehalten, akzeptiert.

Doch was, wenn es anders kommt? Dann drohen wieder enorme Schäden, durch bereits ausgegebene Gelder und Prozesse. Dann gibt es das Projekt nicht, kosten wird es aber trotzdem.

Die Schulreform ist ein Murks – die Reform zu reformieren wird wieder Geld kosten. Und die schon arg strapazierten Nerven aller Beteiligten. Und die Kommunen müssen dringend entlastet werden – das wird ein ganz enorme Kraftanstrengung.

Und ob es mit der Wirtschaft in nächster Zeit gut läuft – wer weiß? Fukushima hat Japan gelähmt, die Auswirkungen sind immer noch nicht ganz klar.

Und als wäre das alles noch nicht genug, wird viel im gut geschmierten Baden-Württemberg nicht mehr “laufen” – denn überall, wo “Schwarze” sitzen, wird es Widerstand geben. Außer, man legt den Sumpf trocken. Auch das wird kosten.

Die grün-rote Regierung wird dabei enormen Gegenwind bekommen. Denn die vierte öffentliche Macht, die Presse, ist eindeutig Teil des schwarzen Systems und muss Angst haben, als nächstes “dran zu sein”. Nämlich dann, wenn die Menschen im Land erkennen, wie sie über Jahrzehnte Informationen vorenthalten bekommen haben und an der Nase herumgeführt wurden.

Mehr Transparenz muss her

Deshalb muss nicht nur die Energieversorgung verändert werden – auch die Infrastruktur der Meinungsbildung braucht einen Umbau. Hin zu mehr Transparenz und Ehrlichkeit. Und Bürgerbeteiligung.

Unsere Blogs bieten das. Aber nicht, um ein “grünes System” mit denselben Methoden zu stützen, wie das vorher “im schwarzen System” gelaufen ist. Wir bleiben kritisch, freuen uns aber auf eine Zusammenarbeit. Denn eigentlich kann es nur besser werden.

Unsere Redaktion wird den Grünen genauso auf die Finger schauen, wie wir das mit allen Parteien machen. Es gibt allerdings einen Vorteil – bislang haben die Grünen sich sehr transparent und gesprächsbereit gezeigt. Auch kritikbereit. Mal schauen, ob das so bleibt.

Denn die Arroganz der Macht kann jeden überwältigen, der nicht aufpasst.

Eine Odyssee des Ärgers durch die “nächtliche” Gastronomie


Guten Tag

Rhein-Neckar, 07. März 2011. Es ist Samstagabend, Gabi und ihr Mann besuchen ein Konzert und wollen danach noch etwas essen gehen – der Beginn einer Odysee des Ärgers, wie Gabi meint. Das kommt davon, wenn man Neues ausprobieren will.

Mein Mann und ich haben vor kurzem ein Konzert besucht und hatten anschließend noch Hunger. Zugegebenermaßen, wir befinden uns in Mittel- und nicht in Südeuropa und Hungergefühle nach 22 Uhr sind demnach nicht angebracht.

Doch der Konzertveranstalter hatte angekündigt, ein Restaurant, gleich um die Ecke, sei auf die Konzertgäste eingestellt. Und schließlich hatten wir Samstagabend.

Eigentlich hatten wir schon eine schöne, uns bekannte Gastronomie (tolles Ambiente, gute Preise, supernetter Service) im Blick, aber dann dachten wir: “Ok, was Neues”, und machten uns schnurstracks auf den Weg.

Wir betraten 15 Minuten vor 22 Uhr das Lokal, erfreuten uns der netten Atmosphäre und der variantenreichen Speisekarte. Wir wählten schnell aus und wollten zügig bestellen – denn, wie gesagt, wir hatten Hunger.

“Entweder Sie nehmen jetzt das oder gar nichts.”

Die Bedienung kam, lächelte und erklärte uns, ob der fortgeschrittenen Stunde gäbe es nur noch ein Essen, und zwar „Rinderbraten mit Knödel“. Ob es denn nicht auch etwas Leichteres geben würde, wollten wir wissen. Etwas, was in der Küche nicht viel Arbeit bereitet? „Nein“, lautete die rigorose Antwort, das sei mit dem Konzertveranstalter so ausgemacht, die Küche habe schließlich ab 22 Uhr geschlossen und „entweder Sie nehmen jetzt das oder gar nichts“, schloss die Kellnerin ihre “freundlichen” Ausführungen.

Es könnte alles so nett sein, wenn da nicht das Problem mit der "Dienstleistung" wäre. Bild: rheinneckarblog.de

Herzlich willkommen in der Dienstleistungswüste Deutschland, dachten wir, und entschieden uns für „gar nichts“ und verließen die Restauration.

Gleich ums nächste Eck, hofften wir, freundlicher empfangen zu werden. Um 22 Uhr betraten wir das nächste Lokal, vergewisserten uns, dass die Küche bis 22.30 Uhr geöffnet hatte, und bekamen, leicht genervt, von der Bedienung, denn sie habe ja gleich Feierabend, wie sie uns vor- und die Karte auf den Tisch warf. Wir wechselten einen Blick und entschieden uns, der Dame keine Arbeit zu machen und nochmals die Stätte zu wechseln.

Nummer drei und vier unserer Odyssee sind nicht wirklich erwähnenswert, nur so viel: Bei der dritten Gastronomie gingen wir noch durch die Tür und trafen auf eine “geschlossene” Stammtischgesellschaft, die uns wortlos anglotzte als seien wir Störenfriede, beim vierten “Restaurant” hielten uns die Speisekarte mit „Küche bis 22 Uhr“ und gesalzene Preise davon ab einzutreten und unser “Glück” in Versuchung zu bringen.

Oder vielleicht doch lieber einen Döner?

Zur Erinnerung – wir hatten Hunger. Mein verzweifelter Vorschlag, eine Dönerbude aufzusuchen oder bei dem amerikanischen Spezialitätenrestaurant vorbeizuschauen, wurde von meinem Mann ausgebremst – wahrscheinlich ein Fehler, dachte ich.

Noch war nicht aller Tage Abend, auch wenn wir uns schon bald der 23 Uhr-Grenze näherten.

„Ich hab-€™ da eine Idee“, sagte mein Göttergatte und wir bestiegen das Auto, um eine weitere Location etwas außerhalb aufzusuchen. Dort, da war er sich sicher, würden wir bestimmt noch etwas bekommen und gut bedient werden.

Lecker geht anders, freundlich auch.

Ja, dachten wir, als wir das Lokal betraten, hier sind etliche Tische noch besetzt, Essen scheint hier auch um diese Uhrzeit kein Problem zu sein. Eine reichliche Speisekarte wurde uns schnell gereicht und alles war bestellbar.

Keine zehn Minuten später wurde das Essen gebracht. Lieblos knallte uns die Bedienung die Teller hin, aber davon wollten wir uns nicht stören lassen, denn schließlich hatten wir ja Hunger und so schlecht sah das alles auch gar nicht aus.

Wir wurden satt. Mehr kann und will ich dazu nicht sagen.

Lecker geht anders, freundlich auch. Hätten wir doch nur einen Döner gegessen.

Oder wären dahin gegangen, wo wir uns wohlfühlen – aber wir wollten ja unbedingt “was Neues” ausprobieren.

Mariettas Kolumne

Von kleinen Zielen und großer Erschöpfung

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Guten Tag!

Rhein-Neckar, 28. Februar 2011. Marietta hat sich für’s Neue Jahr vorgenommen, sich kleinere Zielen zu stecken und vor allem Gelassenheit zu üben. Das wurde auf eine harte Probe gestellt.

Von Marietta Herzberger

Das Neue Jahr ist ja schon einige Zeit alt und ich habe Gabis Ratschlag, sich kleine Ziele zu setzen, bis jetzt erfolgreich umgesetzt.

Und siehe da: Es funktioniert. Ein kleines Ziel seit diesem Jahr ist für mich: Gelassenheit üben. Nur nicht über Nichtigkeiten aufregen. Ein weiteres ist, große Ziele in viele kleine aufzuteilen.

Der Weg ist das Ziel.

Früher sagte ich mir: „Marietta, wenn du die zehn Kilometer nicht in 6 Minuten 30 pro Kilometer läufst, bist du ein Loser. Das muss drin sein.“ Das Resultat war ständige Frustration.

Heute laufe ich entspannt zwei bis dreimal fünf Kilometer die Woche oder auch nur einmal drei Kilometer oder gar nicht – wie gesagt – kleine Ziele. Dabei fühle ich mich gut. Gerade letzte Woche haben mich zwei übergewichtige Walker überholt. Egal. Der Weg ist das Ziel und falscher Ehrgeiz die Bremse dahin. Der Berg ist hoch.

Unlängst absolvierte ich meine gemütliche Runde im „Own-Zone-Bereich“, da lachte mich bei Kilometer Fünf eine aparte Grünfläche mit zwei Parkbänken an. Ach, dachte ich, da findest du jetzt einen Moment zu dir selbst, und ließ mich auf einer der beiden Bänke nieder.

Die Schaukel, das Klettergerüst und die Wippe störten mich nicht. Auch nicht die beiden kleinen, gar niedlich anzusehenden Kinder, welche friedlich nebeneinander im Sandkasten spielten. Vier Jahre alt mochten sie sein, vielleicht auch fünf.

Ein Mädchen, blond gelockt wie ein Engel. Ein Junge, frecher Haarschnitt, kecke Nase, blaue Latzhose und rotes Halstuch. Niedlich! Sie häuften Sand auf, gruben Löcher, häuften Sand auf und gruben Löcher. Hach, Kinder! Meine Tochter ist schon so groß.

Das Leben ist einfach und schön.

Ihre Mütter saßen auf der anderen Parkbank nebeneinander, still und im Anblick auf ihre Nachkommenschaft vertieft. Die blonde, dauergewellte, etwas fülligere Dame gehörte dem Äußeren nach wohl zu dem kleinen Engelchen.

Die rothaarige Mittdreißigerin wahrscheinlich zu dem Jungen. Soweit ich erkennen konnte, hatte sie die Augen geschlossen. Wahrscheinlich war sie vor lauter Entspannung eingenickt. Das Leben ist einfach und schön.

Es war ein Idyll der Ruhe und Entspannung. Genau das brauchte ich jetzt. Der Lauf hatte mich doch etwas erschöpft. Die Sonne kam heraus. Ich schloss meine Augen und döste gelöst vor mich hin.

„Meine Schaufel, du Loch!“ Ich öffnete ein Auge.

„Nein, die rote ist doch meine. Dir ist die gelbe“, sagte der kleine Junge kleinlaut und zeigte auf eine gelbe Schaufel, die einsam im Sand lag.

„Piss dich, du Arsch!“

Ich öffnete das andere Auge. Kamen diese unflätigen Worte von dem putzigen Mädchen?

Blauäugig, blondgelockt und rosige Bäckchen? Mein Blick erhaschte Unfassbares. Die kleine Süße hatte sich in eine Furie verwandelt.

Hasserfüllt schaute sie den Jungen an; die blonde Mähne hing ihr wirr ins vor Wut gerötete Gesicht, während sie fleißig dabei war, ihrem Gegenspieler etwas Rotes aus den Händen zu reißen.

Mit Erfolg. Doch damit war dem noch kein Ende gesetzt. Das Herzchen begann, wild mit der Schaufel auf den Jungen einzudreschen. Der wiederum versuchte erfolglos, sich zu wehren.

Ich lass mich nicht aus der Ruhe bringen.

Wie gesagt, ich war sehr erschöpft und übte mich in Gelassenheit. Kinder, dachte ich.

Jaja, die Mama wird das schon regeln und helfend einspringen.

Ich beschloss, mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen und senkte meine Lider wieder hinab.

„Naomi“, ertönte es donnerschlaglaut von nebenan, „lass den verdammten Balg in Ruh-´.“

Mein Idyll verabschiedete sich und ging schon mal heim.

Die kleine Blonde hatte jedoch nicht die Absicht, aufzuhören. Nun folgte eine etwas massivere, gar dröhnende Aufforderung: “Naomi Schwöbel, här soford uff oder isch knall dir äni!”

Erziehung wird hier über Zuruf geregelt.

Offenbar regelt man hier die Erziehung über Zuruf. Die Dame dachte nämlich nicht daran, aufzustehen, lehnte sich zurück und zündete sich erst einmal eine Zigarette an.

In diesem Moment wachte wohl ihre Banknachbarin auf, erkannte die prekäre Situation sofort und eilte zu ihrem Sohn.

Löckchen hieb immer noch auf den Kleinen ein und schrie dabei wiederholt: „Meine Schaufel. Meine Schaufel.“

Die Mutter des Jungen nahm dem kleinen Biest die Schaufel weg und zog ihren Sohn aus der Gefahrenzone. Während sie ihrem Sprössling den Sand aus dem Mund pulte, wandte sie sich halb zu Mutter Schwöbel um und sagte folgende Worte: „Ich glaube nicht, dass es gut ist, wenn mein Lars-Olaf weiterhin mit ihrer Tochter spielt.“

Wie gesagt, ich war sehr erschöpft. Zu erschöpft, um mich zu erheben. Vielleicht aber auch zu neugierig, um zu gehen. Es versprach, interessant zu werden.

Mama Schwöbel wurde verdächtig rot im Gesicht und stürzte sich gleich darauf mit Kriegsgeheul auf Lars-Olafs Erziehungsberechtigte. Diese ließ überrumpelt die Schaufel fallen und von ihrem Kind ab. Die kleine blonde Bratze saß im Sand und schrie nach ihrer roten Schaufel.

Das war ein Gewusel und Gemenge vor dem Herrn. Irgendwann hatte Engelchen die rote Schaufel wieder und Lars-Olaf saß gefesselt und geknebelt auf der Wippe. Die alte Schwöbel kniete auf der Rothaarigen und war gerade dabei, deren Aufbegehren mit Sand zu ersticken. Sie nahm dazu die gelbe Schaufel. Die rote hatte ja ihre Tochter.

Nun, ich war immer noch sehr erschöpft. Voller Vertrauen auf die Vernunft und Weitsicht erwachsener Menschen, atmete ich tief durch. Der Berg ist hoch. Übe Gelassenheit.

Jemand musste wohl die Polizei gerufen haben. Ich hörte das typische Sirenengeheul. Aber da war ich schon längst zu Hause.

Marietta Herzberger.

Anmerkung der Redaktion: Marietta Herzberger lebt in Weinheim und schreibt in ihren Kolumnen über den ganz normalen Wahnsinn des Alltags. Erfundene Geschichten, in denen doch das eine oder andere wahr ist. Die Personen gibt es meistens, manchmal nicht. Mal ist es, wie beschrieben, mal gnadenlos überzogen. Es sind keine “journalistischen” Texte mit dem Anspruch auf Faktentreue, sondern Lesetext mit dem Ziel, Lesefreude zu verbreiten. Sie hat jede Menge Weisheiten gerne, zwei sind: “Machen Sie sich erst einmal unbeliebt, dann werden Sie auch ernst genommen” – Konrad Adenauer. Und: “Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren” – Bertolt Brecht. Wir begrüßen sie herzlich und freuen uns auf die Zusammenarbeit. Wir wünschen unseren Lesern viel Lesespaß mit ihren Texten!

Geprothmannt: Mit “klassischen Medien” werden Sie aus zweiter Hand informiert. Prädikat: “mangelhaft”.


Guten Tag!

07. Februar 2011. Haben Sie mitbekommen, dass in der arabischen Welt eine Revolution stattfindet? Ja? Wie haben Sie sich darüber informiert? Über ARD und ZDF? In Ihrer lokalen Tageszeitung? Dann sind Sie leider vermutlich sehr schlecht informiert. Oder haben Sie sich online informiert? Dann könnten Sie besser informiert sein, wenn Sie die richtigen Quellen kennen.

Von Hardy Prothmann

Wer sich in Deutschland über die Revolution in den arabischen Staaten informieren möchte, ist denkbar schlecht beraten, wenn er dafür ARD und ZDF oder “seine Zeitung” benutzt und darauf vertraut, umfassend, hintergründig und aktuell informiert zu werden.

Informationen? Klar – gibts im Ausland.

Tatsache ist: Man ist viel besser informiert, wenn man die Programme von Al Jazeera, CNN oder BBC einschaltet. Oder die Berichterstattung der amerikanischen New York Times, der spanischen El Pais, der französischen Le Monde oder des britischen Guardian verfolgt.

Das Problem dabei ist: Man muss schon einigermaßen gut Englisch können, um die Nachrichten der Sender und Zeitungen zu verfolgen. Oder ausreichend Spanisch oder Französisch. Gute arabische Sprachkenntnisse wären noch mehr von Vorteil – denn dann könnte man viele Originalmeldungen verstehen.

Begrenzte Globalisierung.

Das größte Problem: Wenn man das nicht kann, ist man auf die Angebote von ARD und ZDF oder der Lokalzeitungen im wahrsten Sinne des Wortes “begrenzt” – und das in Zeiten der Globalisierung.

Sie können sicher davon ausgehen, dass weder der Mannheimer Morgen, noch die Rhein-Neckar-Zeitung und schon gar nicht die Weinheimer Nachrichten irgendeine eigene redaktionelle Leistung zur Lage anbieten wollen oder können. Was Sie auf den Titelseiten lesen, sind ganz überwiegend “Agenturmeldungen”.

Die erscheinen auch in Dutzenden anderen Zeitungen. 1:1. Das sind Berichte, die wie industriell gefertigte Tielkühlpizzen vervielfältigt werden. Ohne “eigenes Rezpt”, ohne eigene “Experten”, ohne eine eigenständige Leistung der jeweiligen Redaktion.

Vor Ort ist immer lokal.

Unser Anspruch ist die lokale und regionale Berichterstattung – aber immer, wenn die Nachrichtenlage es erfordert, bringen wir auch die “Weltnachrichten” zu unseren Leserinnen und Lesern. Denn wir alle leben vor Ort, interessieren uns aber auch dafür, was woanders passiert.

Hardy Prothmann schreibt seine Meinung auf. Die ist "geprothmannt". Bild: sap

Unser Interview mit Christoph Maria Fröhder, einem der erfahrensten und besten deutschen Krisenreporter der vergangenen Jahrzehnte auf dem Rheinneckarblog hat Wellen geschlagen. ARD und ZDF waren “not amused” über die klaren Worte und die eindeutige Kritik. “Intern” haben wir erfahren, dass das ZDF “stinksauer” auf uns ist.

“So what”, sagen wir und sind ebenfalls “stinksauer” – über die unzureichende und schlechte Berichterstattung der mit Milliarden an GEZ-Gebühren “gepamperten” Sender, von denen wir und unsere Leserinnen und Leser zu Recht mehr als diese schwachen Leistungen erwarten.

Über das Interview mit Herrn Fröhder hinaus haben wir uns um exklusive Nachrichten bemüht und “berichten” anders, als das öffentlich-rechtliche Sender und Zeitungen tun. Wir verlinken Quellen und kommentieren diese auf Facebook und Twitter. Zwei Internet-Dienste, die mit dafür verantwortlich gemacht werden, dass die “arabische Revolution” gegen den Terror und die Diktaturen überhaupt möglich geworden ist.

Es gibt durchaus eine Verbindung zwischen den arabischen Ländern und Deutschland. Wer sich hier wie dort auf die “klassischen Medien” verlässt, erhält immer nur gefilterte Nachrichten.

Zweifel an der Qualität müssen immer möglich sein.

ARD und ZDF sind ebenso wie Lokalzeitungen sicherlich nicht mit der Rolle von staatlich gesteuerten Medien in Diktaturen zu vergleichen – aber man darf durchaus Zweifel an der Qualität ihrer Produkte haben. Vor allem dann, wenn man vergleicht, was das Produkt, in diesem Fall Journalismus, leistet.

Würde man den Journalismus vieler deutscher Medien mit der Autoindustrie vergleichen, stände unumstößlich fest, dass deutsche Medien deutlich weniger Komfort, Leistung, Innovation bieten als “ausländische Anbieter”, dass das Preis-Leistungsverhältnis ebenso wie die “Pannenstatistik” und auch der “Service” katastrophal sind und unterm Strich einfach nur ein “mangelhaft” übrig bleibt.

Das gilt selbst für den “gelben Faktor”, also die so genannte “Yellow-Press”. Alle interessanten “Nachrichten” und “Infos”, die man hierzu in Deutschland lesen kann, sind nur ein “Ab-”Klatsch internationaler Meldungen und werden in Deutschland “wiederverwertet”. Ausnahmen liefern ab und an Bild und Bunte, die “Promis” aus der vorletzten Reihe irgendwie “interessant” machen.

Die Umbrüche in der arabischen Gesellschaft zeigen einen desaströsen Zustand des deutschen Journalismus. Wo lesen, hören, sehen Sie die Berichte von vor Ort über das, was Muslime hier erleben, wenn diese die Nachrichten in Tunesien und Ägypten verfolgen? Wo sind die Berichte, wie Deutschland sich mit seiner weltweit einzigartigen “Erfindung” des Mauerfalls als Partner für europäische Nachbarländer (und das sind alle Mittelmeer-Anreiner-Staaten) einsetzen könnte?

Geduld? hat die Welt nicht mehr.

Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel diskreditiert sich völlig, wenn sie zur “Geduld” mit einem Diktator wie Husni Mubarak aufruft. Übersetzt heißt das: “Habt Geduld mit mir, denn ich habe keine Ahnung, wie ich mit der Situation umgehen soll.”

Was haben Tunesien und Ägypten nun mit unserer lokalen und regionalen Berichterstattung zu tun?

Sehr viel mehr, als heute, hier und jetzt auf den ersten Blick klar sein mag.

Zukünftig werden Entscheidungen und Entwicklungen, die in Bayern oder Schleswig-Holstein fallen, auch in Nordbaden ein Rolle spielen.

Warum? Weil man hier vor Ort erfahren kann, was dort vor Ort passiert oder passiert ist.

Facebook und Twitter schaffen Demokratie. Absurd? Nein. Real.

Man kann diese Informationen verwenden, um den Schaden, der woanders entstanden ist, abzuwenden. Und noch viel besser: Man kann das, was woanders gut oder sehr gut “gelaufen ist” einfach übernehmen. Gut informiert – mit allen “problematischen” und allen “positiven” Erfahrungen.

Das ist ein Erfolg der “Facebook”-Generation, der freien Medien oder auch nur der “Handy-Revolution”, wie Beobachter Ägypten einordnen. Man verbindet sich, man kommuniziert miteinander, man tauscht sich aus, man hat mehr als eine Quelle der Information.

Das ist die Basis für friedliche “Revolutionen” – die ägyptischen Regime-Gegner sind nicht als Brandschatzer und Gewaltverbrecher aufgefallen, sondern durch ihren Willen zur Demokratie – sehr zur Verwirrung “geprägter” Meinungen, die sich schwer tun, eine Muslim-Bruderschaft als notwendige Organisation anzuerkennen.

Das ist neu, das ist einzigartig, das gibt Hoffnung.

Von den Medien darf man erwarten, dass sie Mubarak einen alten Mann sein lassen. Der 82-jährige Diktator soll sich in Heidelberg behandeln lassen dürfen. Egal, was das kostet. Gönnen wir ihm den “goldenen Abgang” – der Mann ist so reich und hat sein Volk so sehr betrogen. Bringt irgendein “Tribunal” eine Besserung für seine “Untaten”?

Eher nicht.

Tunesien und Ägypten sind beliebte Reiseläner der Deutschen – und mal ganz ehrlich? Lohnt es sich nicht, für einen entspannten Urlaub unter afrikanischer Sonne, ein wenig für Demokratie, gerechte Löhne und stabile Verhältnisse einzutreten?

Der “Service” würde sicher davon profitieren. Oder auch unserer aller Bekenntnis zur Demokratie.

Deswegen: Nutzen Sie die neue Medien. Verfolgen Sie, was passiert.

Schreiben Sie Ihre Meinung auf. Schreiben Sie an die Programmbeiräte von ARD und ZDF. Stellen Sie Forderungen. Schreiben Sie an die Zeitungen und fordern Sie mehr Informationen.

Die Menschen in Ägypten und Tunesien und anderswo tun das auch. Weil sie gerne in einer freiheitlichen Ordnung leben würden.

Diese Menschen gehen dabei ein hohes Risiko ein – wir haben die Möglichkeit, ohne Risiko für Menschenrechte, Freiheit und Demokratie einzutreten.

Tun wir das nicht, wächst das Risiko, dass wir das irgendwann nicht mehr ohne Risiko können.

Anmerkung der Reaktion:
Unsere “allererste” Aufgabe, die lokale Berichterstattung mag etwas “gelitten” haben – wir hoffen, Sie sehen uns das nach, angesichts der Belastung. Wir sind nur ein kleines Team. Sie können sicher sein, dass wir an den Themen vor Ort dranbleiben.

“Geprothmannt” erscheint im Wechsel mit anderen Kolumnen immer montags.

Gabis Kolumne

Auch Klatsch braucht bestimmte Regeln

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Guten Tag!

31. Januar 2011. Warum lieben Frauen Klatsch? Und lieben ihn Männer nicht auch? Auf alle Fälle muss man bestimmte Regeln beachten, denn sonst macht das alles keinen Spaß.

Wenn ich mit meinen Freundinnen zusammensitze, gibt es nichts Schöneres als sich die neuesten Tratschgeschichten zu erzählen: „Hast du schön gehört-€¦“, wird da bedeutungsschwanger angekündigt. „Nein, das glaube ich nicht”, lustvoll geantwortet.

Uns blanke Böswilligkeit zu unterstellen, an dieser Stelle, wäre grundlegend falsch. Es ist eher, dass wir mitfühlen, mitleiden und uns für einen kurzen Augenblick von den kleinen und großen Katastrophen unseres eigenen Lebens ablenken wollen.

Klatschgeschichten lesen wir nur im Wartezimmer

Warum lesen Frauen so gerne Bunte und Gala – natürlich nur im Wartezimmer des Arztes – oder durchblättern die Yellow Press klammheimlich am Zeitschriftenstand im Supermarkt.

Interessiert es uns wirklich, ob Angelina Jolie und Brad Pitt ein weiteres Kind zeugen oder der schöne George Clooney jetzt doch seine Elisabetta heiratet?

Klatsch und Tratsch - hier in der Bunten. Quelle: Bunte.de

Oder ist es einfach die Erleichterung, dass auch in der Welt der Schönen und Reichen immer mal wieder, wenn nicht sogar häufiger, der Haussegen schief hängt?

Das wird sich verliebt, geheiratet, Kinder gekriegt, man lässt sich scheiden, sie werden krank und irgendwann stirbt jemand. Also ganz so wie im normalen Leben, aber bitte in Haute Couture.

Ich gestehe freiwillig, dass ich bei der Übertragung der Trauerfeier nach dem Tod von Lady Diana, als Elton Johns Lied „Like a candle in the wind“ in der Westminster Abbey erklang, heulend vorm Fernsehen saß.

Und ehrlich, ich verpasse ungern Royal Weddings, freue mich über die schönen Kleider und liebe die Geschichten, die von den Adelsspezialisten dazu erzählt werden.

Aber dabei bin ich wählerisch, weder interessiert mich der Kummer von Uschi Glas oder Hansi Hinterseher, noch die Hochzeit von Prinz zu Schaumburg-Lippe. Wenn schon Glamour, dann richtig, also die A-Liga. Die großen Namen in Hollywood und der Hochadel.

Menschen bei denen alles “Bestens läuft”

Doch kommen wir wieder zurück zu dem Tratsch des Alltags, also zu den Dramen, die sich in nächster Nähe also im Freundes- und Bekanntenkreis abspielen. Besonders beliebt sind dabei Geschichten von Menschen bei denen eigentlich immer alles „Bestens läuft“.

In der Ehe gibt es keine Probleme, das Konto ist immer gut gefüllt, das Haus gestylt, die Urlaube aufregend und die Kinder sind 1A. Sie sind super in der Schule, dabei sozial, haben viele Freunde, sind höflich, fleißig, also genau das, was man zum Vorzeigen braucht.

Der Ehemann ist aufmerksam und liebvoll. Bringt Blumen und kleine Überraschungen, vergisst keinen Hochzeitstag, kümmert sich um den Haushalt und sein einziges Interesse besteht darin, dass es dem angetrauten Weib und dem Nachwuchs gut geht.

Sie sagen, das alles kann es nicht geben.

Stimmt. Und deswegen freuen wir uns, wenn eine solche Hochglanzfassade Risse bekommt. Vielleicht ein kleiner Seitensprung, ein Kind bleibt sitzen oder fliegt von der Schule, die Geschäfte laufen mal etwas schlechter.

Das sind dann die Momente, in denen man etwas schadenfroh, zugegebener Maßen, seiner Freundin zuraunt: „Hast du schon gehört, da ist auch nicht alles so perfekt, wie es nach außen ausschaut.“

Für kurze Zeit vergessen wir, dass wir selbst zum Hochzeitstag keine Blumen bekommen haben. Dass unsere Kinder schon kurz vorm Schulverweis standen und das Konto leider vollkommen überzogen ist.

Es ist wichtig, bestimmte Regeln zu beachten!

Damit Tratsch und Klatsch Spaß macht, muss man aber bestimmte Regeln beachten: Erstens tratsche niemals über die beste Freundin, nur weil ihr gerade Streit hattet. Das kann üble Folgen haben. Zweitens Geschichten, die man im Vertrauen erzählt bekommen hat und drittens ernsthafte Krankheiten – das alles gehört eindeutig nicht an den Kaffeetisch.

Und wie schaut es bei den Herren aus? Mein Mann würde jetzt sicherlich behaupten, er habe Wichtigeres zu tun als mit seinen Freunden zu tratschen. Da informiert man sich eher und wenn es ihn dann doch mal nach diesen Niederungen des menschlichen Seins gelüstet, naja, dafür hat er ja mich und dann fragt er schon mal, wenn ich von einem Frauenabend nach Hause komme: „Na, erzähl-€™ doch, was gibt-€™s Neues bei deinen Mädels?“

Und ich sehe die Enttäuschung in seinem Gesicht, wenn ich antworte: „Du alles Bestens, es gibt keine Neuigkeiten.“

Und das ist die vierte Regel: Erzähle deinem Mann niemals Geschichten, die unter Frauen bleiben sollten. Denn zum einen will er die Probleme dann lösen und zum anderen versteht er die Regeln nicht.

Mariettas Kolumne: Vom “Isch mähn doch nur-€ und “So isser halt, de Dieter!-€


Guten Tag!

Weinheim, 24. Januar 2011. Marietta ist noch jung und unerfahren, als sie mit ihrem zukünftigen Mann die erste Wohnung beziehen will. Dort wird sie mit Dieter konfrontiert, ihrem heutigen Schwiegervater, und es wird eine ganz besondere Begegnung. Lesen Sie selbst.

Von Marietta Herzberger

Kennen Sie Heinz Beckers „Ich saans jo nur-€¦“?
Die entnervten Antworten seines Sohnes Stefan: „Jooo, Vadder!“ und Hildes resigniertes „Ach, Heinz, des kansch doch so net-€¦“?

Ist Ihnen Knallinger-´s „Ja, guten Tach, ich häb do mol ä Froog-€¦.“, nicht ganz unbekannt?
Dann kennen Sie möglicherweise auch Dieter. Wenn nicht, dann stellen Sie sich eine ungewollt komische Mischung der beiden vor und Sie haben ihn vor Augen.

Heiner Knalliger war gestern. Ebenso Gerd Dudenhöfer alias Heinz Becker. Denn es gibt Dieter. Aber das wissen nur wenige Auserwählte. Beispielsweise ich, mein Mann, dessen Familie, sowie wenige eingeweihte Freunde, denen ich gelegentlich mein Leid klage.

Jetzt kommt Dieter – mein Schwiegervater!

Jetzt kommt Dieter: Der Vater meines Mannes, Großvater unserer Tochter. Mein Schwiegervater!

Dieter ist der verbal zerstörende Faktor jeder Familienzusammenkunft und der Alptraum eines jeden Telefongespräches. Dieter ist nicht nur Brillen-, sondern auch Bedenkenträger und sieht überall die Saat des Bösen. Dieter ist der evolutionstechnisch gescheiterte Versuch, aus Knallinger und Dudenhöfer einen Mordsbrüller entstehen zu lassen.

Da bleibt nur noch Sabbatical oder Valium!

Meine Geschichte mit Dieter beginnt vor ungefähr fünfzehn Jahren. Mein Freund – heutiger Ehemann – und ich bezogen stolz unsere erste, total verfallene Wohnung. Seine Eltern erklärten sich bereit, uns bei den umfangreichen Renovierungsarbeiten zu helfen.

Damals freute ich mich noch – über die segensreiche Hilfe. Mit dem heutigen Wissen allerdings würde ich mir ein dreimonatiges Sabbatical nehmen, um die Bude auf Vordermann zu bringen; Alternativ zwei: Valium einwerfen.

Ach, was waren wir stolz auf unser erstes Domizil. Klein, ein wenig Schimmel hier und da. Mit zugigen Holzfenstern und modrigem Keller, aber unser. Wie schön!

Der Profi bei der Arbeit: Der guude Tipp.

Dieter schlich bei der Erstbesichtigung mit Mundschutz und Werkzeugkoffer im Anschlag durch jedes Zimmer, klopfte die Wände ab, rubbelte an den Aufputz-Rohren, wischte, trat, saugte und blies. Sein Weib Traudl folgte ihm wortlos mit bedeutungsschwerer Miene.

Weise und erfahren grummelte er wiederholt unter dem Rand seiner schwarzgeränderten Brille „Hm, Hm, oh je, ach Gott nää…“, wobei er seine Augenbrauen abwechselnd hoch- und zusammenzog.

Ich warf einen irritierten Blick zu meinem Mann „Was soll das?“ Er antwortete mit mürbem Gesichtsausdruck: „Das macht er immer so.“

Dann kam der Moment, in dem ich zum ersten Mal die Worte vernahm, die mir den Rest meines Schwiegertochterlebens in regelmäßigen Abständen begegnen sollten:
„Horsche mol zu-€¦.!“ Dann folgt eine bedeutungsschwangere Pause: „Wenn ich eisch mol-´n guuude Tipp gewwe derf-€¦“

Dieter stand vor uns, ich hing ahnungslos und wissbegierig an seinen Lippen, während er mahnend seinen Zeigefinger vor unsere Nasen hob: „Isch hädd des net gemacht, mit dere Wohnung do. Also, des iss jo-´n hauffe Ärwed. Ihr wissd gar net, wasser eisch domit aduht!“

Kopfschüttelnd wandte er sich ab, zog seinen Mundschutz herunter und murmelte scheinbar fassungslos so etwas wie „Was des koscht! Nää, nää.“

Restlos verschuldet bis ans Lebensende?

Unverzüglich wollte ich ein Stockwerk tiefer zum Vermieter stürzen, um den Mietvertrag rückgängig zu machen. Wie konnten wir nur so blind sein. Hätten wir doch vorher-€¦ Wenn wir eher den Dieter gefragt hätten. Wenn, wenn, wenn-€¦

Was sollten wir jetzt tun? Verschulden würden wir uns! Restlos! Bis an unser Lebensende würde die poröse Badewanne des Nachts unsere Träume heimsuchen und vorwurfsvoll die Ein-Hebel-Mischgarnitur schwenken. Täglich würden wir uns bei kargem Frühstück, Wasser und Brot, gegenseitig anklagen: „Ach, hätten wir doch Dieter gefragt!“

Blödsinn. Ich war nicht bereit, mir “unser” kaputter machen zu lassen, als es war. Gerade wollte ich zum Sprung ansetzen, da riss mich die beschwichtigende, jedoch leicht genervte Stimme meines Mannes jäh zurück: „Mensch, Vadder!“

“So schlimm isses doch net.“

Dann vernahm ich die eher zurückhaltende Wortmeldung meiner zukünftigen Schwiegermutter: „Ach Dieter, komm. So schlimm isses doch net.“

Wie? So schlimm ist es gar nicht? Mein gequälter Blick prallte an der männlichen Präsenz meines Schwiegervaters ab, der unerwartet ausdruckslos den Mundschutz wieder hochzog, den Werkzeugkoffer absetzte, ihn öffnete und dabei nuschelte: “Isch mähn jo nur-€¦“

Gehetzt sah ich zu meinem Mann hinüber, der erst die Augen verdrehte und mir dann zuzwinkerte. „Alles halb so schlimm, lass dich nicht verunsichern“, sagte mir seine Geste. „Okay-€¦ Verstanden”, sagte ich.

Traudl begann, Fenster zu putzen. Es kam mir zu dem Zeitpunkt nicht in den Sinn, sie zu fragen, warum sie das tat, wenn doch erst die Tapeten herunter mussten. Ich war jung und unwissend. Wahrscheinlich müssen Mütter das tun, sagte ich mir. Erst einmal Fenster putzen. Dann sieht man “weiter”. Irgendwie.

Dieter war unterdessen dabei, irgendwo ein Loch hineinzubohren. Wahrscheinlich wollte er testen, ob das Fundament das aushalten oder gleich alles einstürzen würde. Mein Mann pulte Tapeten ab. Ich beschloss, die Situation nun auch für mich zu entschärfen und tat es ihm gleich.

„Sind wir hier in den 50er Jahren?!“

Dann kam Dieter auf mich zu, drückte mir Schippe und Besen in die Hände und fuchtelte wild mit dem Zeigefinger in Richtung frisch gebohrtes Loch: „Do, mache mol Fraueärwed. Mach des mol weg do.“

Und schon bohrte er an anderer Stelle männlich qualifiziert weiter.

Da stand ich nun mit Schippe und Besen – ich Frau – und fing an zu hyperventilieren. Mein Mann ließ alle Tapetenreste aus seinen Händen fallen und hechtete auf mich zu. Er kannte mich schon verdammt gut. Traudl erstarrte mitten in ihrer schwungvollen Fensterpolieraktion und schaute blutleer zu mir herüber.

Doch es war zu spät. Der Schaum stand mir bereits in den Mundwinkeln, meine Hände zuckten unkontrolliert und die Schippe hielt sich verzweifelt an meinem Finger fest.
„Sind wir hier in den 50er Jahren?!“, bläffte ich barsch: „Mach doch deinen Dreck selber weg!“

„So isser halt, de Dieter!“

„Ganz ruhig…,“ tröstend und gleichzeitig nervös nahm mein Mann mich in den Arm, während er mir vorsichtig den Besen aus den verkrampften Fingern löste.

Traudl stellte sich schützend vor ihren Ernährer, Vater ihres einzigen Sohnes, und versuchte, die Situation zu retten. Verlegenen Blickes und sichtlich peinlich berührt sagte sie diesen Satz, den ich in Zukunft noch öfter hören durfte: „Ach, der Dieter meint das doch nicht so.“

Der bohrt weiter Löcher in die Wand und murmelt: “Isch mähn doch nur-€¦.“

Entschuldigendes Schulterzucken in unsere Richtung von Traudl: „So isser halt, de Dieter!“

Anmerkung der Redaktion: Marietta Herzberger lebt in Weinheim und schreibt in ihren Kolumnen über den ganz normalen Wahnsinn des Alltags. Erfundene Geschichten, in denen doch das eine oder andere wahr ist. Die Personen gibt es meistens, manchmal nicht. Mal ist es, wie beschrieben, mal gnadenlos überzogen. Es sind keine “journalistischen” Texte mit dem Anspruch auf Faktentreue, sondern Lesetext mit dem Ziel, Lesefreude zu verbreiten. Sie hat jede Menge Weisheiten gerne, zwei sind: “Machen Sie sich erst einmal unbeliebt, dann werden Sie auch ernst genommen” – Konrad Adenauer. Und: “Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren” – Bertolt Brecht. Wir begrüßen sie herzlich und freuen uns auf die Zusammenarbeit. Wir wünschen unseren Lesern viel Lesespaß mit ihren Texten!

Gabis Kolumne

Gute Vorsätze

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Guten Tag!

Weinheim, 10. Januar 2011. Irgendwelche Vorsätze an Neujahr zu fassen ist insgesamt betrachtet ziemlich albern. Denn was unterscheidet den 31. Dezember des alten Jahres vom 1. Januar des Neuen Jahres? Nüchtern betrachtet nur ein Sprung des Sekundenzeigers – meint Gabi.

Mit dem Rauchen aufzuhören und mehr Sport zu treiben sind aber sicherlich Vorhaben, die man nicht für den 1. Januar ankündigen sollte, möchte man sich nicht gleich den Frust des Versagens abholen.

Symbol der Hoffnung und der guten Vorsätze: Der Schornsteinfeger im Glücksklee.

Wir haben an Silvester bei uns zu Hause gefeiert mit Freunden. Kurz vor Mitternacht kam das Thema auf, was man sich für das neue Jahr vornehme. „Erst mal soll 2011 einfach besser werden, denn 2010 war eindeutig nicht mein Jahr“, sagte eine Freundin.

Ja, dachte ich, da kann ich ihr nur Recht geben. Ich hatte eindeutig zu viel Stress und habe viel zu wenig Zeit für mich gehabt im vergangenen Jahr. Kinder, Mann und Job haben mich so auf Trab gehalten, dass kaum Zeit zum Durchschnaufen blieb.

Egoistischer sein.

„Ich werde 2011 egoistischer sein“, warf ich provokativ in die Runde. „Ich tue endlich mal die Dinge auf die ich Lust habe, was mir gut tut.“

„Du hast vollkommen Recht“, antwortete eine Freundin. „Mein nächstes Jahr muss auch besser werden.“

„Man kann sich so viel vornehmen wie man will, letztendlich weißt man nie mit welchen Herausforderungen man konfrontiert wird“, erzählt ein Freund.

„Ich bin mit tausend guten Vorsätzen ins Jahr 2010 gestartet und dann hat meine Firma zugemacht und ich musste mir einen neuen Job suchen, damit wurde alles andere relativiert.“

„Ja, das stimmt. Bei Freunden wurde der Sohn schwer krank, da ging es jeden Tag nur darum, dass der nächste besser wird“, erzählte ein anderer Freund.

Ein Jahr ist ganz schön lang.

Das gab mir ganz schön zu denken, vielleicht muss man seine Ziele einfach kürzer stecken. Ein Jahr ist lang, da kann ganz schön viel passieren. Im Dezember 2011 können andere Dinge wichtig sein wie jetzt im Januar.

„Ich glaube, ich werde Monatsvorsätze fassen. Das ist überschaubar konkreter und hat man Erfolg gehabt, kann man sich monatlich freuen“, überlege ich laut und finde in der Runde viel Zustimmung.

Ich nehme mir vor im Januar meine Steuer zu machen, wöchentlich joggen zu gehen und den Keller auszumisten. Und damit ich mich gut fühle, gönne ich mir einen Wellness-Tag, lese ein schönes Buch und gehe in einen kitschigen Liebesfilm. Das klingt doch schon mal ganz gut, finde ich. Und im Februar -€¦ Stopp, darüber werde ich erst Ende Januar nachdenken, weiß Gott, was bis dahin passiert.

Auf alle Fälle werde ich im nächsten Jahr nicht mehr jede Woche eine Gabi schreiben. Denn einerseits kennen Sie inzwischen schon fast mein ganzes Leben und andererseits kann ich die Zeit gut gebrauchen für -€¦ Halt! Über diesen Vorsatz werde ich noch nicht reden, denn das sprengt eindeutig den Monatsrahmen.

Gabis Kolumne

Wann, wie und wo kaufen Sie Ihre Weihnachtsgeschenke?

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Guten Tag!

Weinheim, 20. Dezember 2010. Wann kaufen Sie Ihre Weihnachtgeschenke? Gehören Sie zu den gut organisierten Menschen, die das ganze Jahr über sammeln und immer dann, wenn Sie etwas Passendes sehen, einshoppen, also zu den Früh-Shoppern?

Oder gehören Sie eher zu denen, die am 24. Dezember noch hektisch mit einer Liste bewaffnet durch die Läden rasen, sprich zu den Spät-Shoppern? Oder kaufen Sie also nur im Internet und Sie sind ein Online-Shoppper. Kürzlich hat Gabi darüber bei einem Essen mit ihren Freundinnen diskutiert.

„Du hast doch bestimmt schon alles besorgt“, sagte eine Freundin zu der anderen. „Klar, ich fange schon im September an und habe keine Hektik mehr vor Weihnachten“, erklärte diese stolz. Sie gehört eindeutig zu den Früh-Shoppern.

„Ich hab-€™ noch gar nichts und auch überhaupt keine Ideen“, bemerkte die andere leicht verzweifelt.

Und auch wenn ich mir es jedes Jahr wieder vornehmen, muss ich ehrlich gestehen, dass auch ich zu der Kategorie der „Spät-Shopper“ gehöre, nicht gerade am 24., aber frühestens Mitte Dezember ergreift mich die alljährliche Panik.

Auch Online-Shopper müssen früh anfangen.

Online-Shopper kaufen ihre Weihnachtsgeschenke per Internet. Quelle: amazon&quot

Eine Kollegin von mir macht in diesem Jahr alle Einkäufe per Internet. Täglich kommen im Büro Päckchen und Pakete an und sie freut sich höllisch, dass sie nicht in den überfüllten Geschäften unterwegs sein muss. „Da muss man aber schon früh anfangen, denn vor Weihnachten kann es zu Lieferverzögerungen kommen“, weiß sie als erfahrene Online-Shopperin.

„Wir schenken uns nur noch Kleinigkeiten, nur die Kinder kriegen was Größeres“, erzählt eine Bekannte. Ja, aber die Kleinigkeiten haben-€™s in sich, denke ich mir. Das Geschenkte soll persönlich und originell sein und, wenn möglich, nicht allzu viel kosten.

„Ich mache alle Weihnachtsgeschenke selbst“, verkündete eine weitere Bekannte. „Du musst ja viel Zeit haben“, bekam sie zur Antwort.

„Das dauert auch nicht länger, als wenn ich durch die Geschäfte ziehe. Vor ein paar Jahre habe ich meinen Freunden Schals gestrickt, das geht mit dicker Wolle wunderbar schnell und das kann ich abends beim Fernsehen machen. Letztes Jahr habe ich Freunde und Familie mit selbst gekochter Weihnachtsmarmelade beschenkt und in diesem Jahr gibt es selbst gemachte Pralinen.“

Gute Idee, denke ich mir, das könnte ich mir ja für-€™s nächste Jahr vornehmen.

Absurd: Da werden nur die Scheine getauscht.

Das Schenken manchmal auch ganz schön schräg werden kann, erfuhr ich von der Erzählung einer Freundin. Die Verwandtschaft ihres Mannes schenkt sich unter dem Tannenbaum nur Umschläge mit Geld. „Und wenn man Glück hat, bekommt man dann auch die gleiche Summe wieder zurück“, weiß sie zu berichten.

„Das nenne ich mal absurd, was hat das noch mit Weihnachten und dem Fest der Liebe zu tun?“, werfe ich ein. „Geldgeschenke wie auch Einkaufsgutscheine kommen bei mir nicht auf den Gabentisch“, verkünde ich vehement.

„Ach ja“, bemerkt meine Freundin, „und wie war das, als dein Sohn im vergangenen Jahr für einen neuen Computer gesammelt hat, da hast du doch auch Geld dazu gegeben?“ Kalt erwischt, musste ich gestehen, so ist das mit den hehren Vorsätzen.

„Wir haben das mit dem Schenken ganz abgestellt“, meldet sich eine weitere Bekannte zu Wort. „In der Familie sammeln wir jedes Jahr und machen eine Spende, das macht eindeutig mehr Sinn als krampfhaft nach irgendwelchen unnötigen Kleinigkeiten Ausschau zu halten.“

„Du hast schon Recht, das mit dem Spenden ist eine gute Sache, darüber denke ich auch jedes Jahr nach. Andererseits ist es doch auch schön, wenn man seinen Liebsten etwas schenken kann und umgekehrt macht es doch auch Spaß, Päckchen auszupacken“, gibt eine Freundin zu Bedenken.

Spenden oder schenken? Oder beides?

“Kleine, persönliche Geschenke und dann noch spenden, das wär’s doch”, sagt eine Bekannte.

Ich nehme mir vor, nächstes Jahr alles anders zu machen, das ganze Jahr zu sammeln, meine Einkäufe ins Internet zu verlegen, allen etwas Selbstgemachtes zu schenken oder zu spenden. Aber auf alle Fälle, früher darüber nachzudenken.

Egal wie, viel Zeit bleibt mir jetzt nicht mehr und als Spät-Shopper werde ich mich jetzt beeilen müssen und in den nächsten Tagen durch die Läden rasen.

Gabis Kolumne

“Ich werde das Kind schon schaukeln”

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Guten Tag!

Weinheim, 13. Dezember 2010. Pubertierende Kinder sind anstrengend, aber lange nicht so betreuungsintensiv wie Kleinkinder, musste Gabi noch einmal hautnah erfahren.

Die Windelzeit haben meine Freundinnen und ich ja Gott sei dank hinter uns gelassen – was natürlich nicht heißt, dass das Leben mit pubertierenden Kindern einfacher ist, aber es ist zumindest weniger betreuungsintensiv.

Spielen macht Spaß!

Das wurde mir vor kurzem mal wieder bewusst, als mich eine Freundin – die sehr spät ihr erstes Kind bekommen hatte – bat, einen Nachmittag auf ihren goldgelockten einjährigen Sonnenschein aufzupassen.

Das müsste doch ein leichtes Spiel sein

„Klar“, sagte ich, „kein Problem“. Denn immerhin hatte ich ja zwei Kinder schon fast groß gezogen und mit einem Kleinkind dürfte das doch ein leichtes Spiel sein.

Kurz nach der Mittagszeit brachte sie mir also ihr Herzblatt vorbei, bepackt – o je, das hatte ich schon verdrängt – mit einer großen Tasche mit Windelutensilien, Flasche, Gläschen, Schnuller, Lieblingsschmusetier und Duplo-Steinen.

„So in einer Stunde kannst du ihm das Gläschen warm machen, anschließend müsste er müde werden und dann schläft er bestimmt zwei Stunden. Du kannst ihn dann auf die Spieldecke mit seinen Duplo-Steinen setzen und er beschäftigt sich ganz alleine. So gegen 19 Uhr gibst du ihm das Fläschchen, aber da müsste ich schon wieder zurück sein. Und frisch machen solltest du ihn, bevor du ihn hinlegst. Ich hoffe, ich habe nichts vergessen, aber ich bin jederzeit auf dem Handy erreichbar“, erklärte mir meine Freundin, lächelte, drückte einen Schmatz auf das Goldköpfchen und überreichte mir ihren Sohn.

Bis zu diesem Augenblick hatte mich der kleine Wonneproppen noch freudig angestrahlt, als ihm aber bewusst wurde, dass seine Mutter im Begriff war ihn bei der „bösen“ Tante zurück zu lassen, verfinsterte sich seine Miene und binnen Sekunden brach ein fürchterliches Geschrei los.

„Geh-€™ nur, das bekomme ich schon hin“, meinte ich tapfer, nahm den strampelnden Einjährigen auf den Arm und zwinkerte meiner Freundin beruhigend zu. „Ich werde das Kind schon schaukeln“, versuchte ich sie zu beruhigen. Etwas unschlüssig schaute sie auf ihren schreienden Sohn und verließ dann mein Haus.

Nichts läuft nach Plan

Ich brauche Ihnen jetzt nicht zu erzählen, dass alles nicht nach dem Plan lief, den meine Freundin mir so freudig mitgeteilt hatte. Nachdem ich unzählige und vergebliche Versuche unternommen hatte, das schreiende Kind mit pädagogischen Maßnahmen zu beruhigen, kam mein Sohn mit einer Tüte Gummibärchen um die Ecke und fragte: „Kann man das Geschrei denn irgendwie abstellen?“. In dem Moment huschte ein Lächeln über das tränenüberströmte Gesicht des kleinen Goldschatzes und er quiekte „haben“ und deutete unmissverständlich auf die Haribo-Tüte. In meiner Verzweiflung hielt ich ihm ein rotes Bärchen hin, der Kleine strahlte, steckte das Fruchtgummi in seinen Mund und intonierte laut und verständlich „mehr“.

Nachdem er genüsslich die halbe Tüte verspeist hatte, schritt ich ein und nahm ihm die Tüte weg. Ich breitete die Spieldecke auf dem Boden aus, legte die Duplo-Steine vor ihn und ging in die Küche um das Gläschen zu wärmen. Keine zwei Minuten später hörte ich ohrenbetäubendes Geschepper. Wie langweilig waren doch seine Spielsachen im Vergleich zu dem CD-Regal, dessen Inhalt er mit einem Schwung auf den Boden befördert hatte. Goldschatz strahlte.

Okay, rief ich mir ins Gedächtnis, Kinder im Krabbelalter darf man nicht unbeaufsichtigt lassen. Ich schnappte mir den Kleinen und setzte ihn in der Küche vor eine Schublade mit Tupperware. Glücklich räumte er die Plastikdosen und Deckel aus und ich hatte Zeit, um festzustellen, dass der Inhalt des Gläschens eindeutig zu heiß war. Also, ab ins kalte Wasserbad.

Er hatte viel Spaß – ich weniger

Es wird Sie sicherlich nicht wundern, dass die Hälfte des Gläschens auf meinem Pulli und im Gesicht meines Goldköpfchens landete, zumindest hatte er viel Spaß dabei – ich weniger.

„So, mein Schatz, jetzt geht-€™s ab ins Bettchen“, erklärte ich meinem Herzchen, holte den Kuschelhasen und legte beide in mein Ehebett, natürlich nicht ohne zuvor dicke Decken an den Seiten aufzubauen, damit er nicht herausfallen konnte.

Kaum hatte ich ihn abgelegt, stieg ein eindeutiger Geruch in meine Nase. Mist, dachte ich, ich habe ganz vergessen, dass ich ihn noch wickeln muss. Ich rannte ins Wohnzimmer holte die Wickeltasche. Die Zeit hatte der kleine Schatz genutzt, quer über das Bett zu robben und die Bücher vom Nachttisch zu fegen. „Okay, okay, mein Fehler“, sagte ich und immerhin das Wickeln ging mir doch noch ganz gut von der Hand.

„So, mein Schatz, jetzt wird aber geschlafen“, gurrte ich freundlich. Goldköpfchen war aber ganz anderer Meinung, er setzte sich auf und deutete zur Tür. „Mama“, kam es weinerlich von seinen Lippen. „Die Mama kommt gleich wieder, du musst jetzt ein bisschen schlafen und dann ist deine Mama wieder da“, versuchte ich ihm zu erklären. Zu spät schon quollen dicke Tränen aus seinen blauen Augen und er schniefte herzerweichend. Also fuhr ich das volle Programm, sang Schlaflieder, legte mich zu ihm, streichelte sein Köpfchen – alles vergeblich, Goldschatz wollte nicht schlafen.

“Okay, dann gehen wir spielen”

„Okay, okay, dann gehen wir eben spielen“, gab ich auf, schnappte mir den Kleinen, der sofort wieder anfing zu strahlen und begab mich mit ihm ins Wohnzimmer. Wir ließen uns gemeinsam auf der Spieldecke nieder und ich begann mit Begeisterung die Bausteine aufeinander zu stapeln. Gelangweilt schaute mich der Kleine an und setzte sich in Bewegung Richtung Treppe. Mit „nein, Schätzchen, das ist keine gute Idee“, holte ich ihn von seiner Erkundungstour zurück, was eindeutig und laustark sein Missfallen erregte.

Verzweifelt schaute ich zur Uhr. Noch mindestens zwei Stunden würde es dauern, bis meine Freundin zurückkehren würde, das kann ja noch heiter werden.

In dem Moment hörte ich meine Tochter von der Schule nach Hause kommen. „Prima, Schatz, dass du da bist. Schau-€™ mal, wen wir zu Besuch haben. Magst du nicht ein wenig mit dem Kleinen spielen?“, empfing ich sie freudig. „Okay, ich nehme ihn eine halbe Stunde mit in mein Zimmer, da kann er die Kiste mit meinen alten Kuscheltieren ausräumen“, bot sie zu meiner Erleichterung an.

Alles überhaupt kein Problem

30 Minuten hatte ich Zeit, um das Chaos, was sich inzwischen ausgebreitet hatte, wieder einigermaßen zu beseitigen, in Ruhe eine Tasse Kaffee zu trinken und mich an das vertraute Gefühl zu erinnern, wie es war, als meine Kinder noch klein waren und ich jede Sekunde Auszeit genossen hatte.

Als meine Freundin pünktlich von ihrem Termin zurückkehrte, um ihren Sohn abzuholen, saß Goldlöckchen brav auf seiner Krabbeldecke, spielte mit seinen Duplo-Steinen und strahlte seine Mutter an.

„Hat alles gut geklappt?“, wollte sie wissen. „Klar“, sagte ich, „alles überhaupt kein Problem“, und dachte, Gott bin ich froh, dass meine Kinder schon so groß sind.

Gabis Kolumne

In der Vorweihnachtszeit soll es leuchten

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Guten Tag!

Weinheim, 6. Dezember 2010. Mitte September ist wahrlich noch zu früh für Nikoläuse und Adventsdekoration. Aber in der Vorweihnachtszeit soll es leuchten – und zwar richtig, meint Gabi.

Im September, gerade aus dem sonnigen Süden zurückgekehrt, entdeckte ich im Supermarkt die ersten Lebkuchen. Ich schloss die Augen und dachte mir, „nein, das will ich jetzt gar nicht sehen.“

Auch Ende Oktober, die Supermärkte hatten inzwischen aufgerüstet: Nikoläuse, Dominosteine, noch mehr Lebkuchen -€¦, ließ mich das immer noch ganz kalt. Nein, Weihnachtsgefühle stellten sich noch gar nicht ein.

Die Zeit ist noch nicht reif!

Mitte November wurde der Angriff noch massiver: Adventskränze, Weihnachtsgeschenkpapier, Kerzen, Baumschmuck, Adventskalender – wohin das Auge nur blickte. “Nein, dachte ich, die Zeit ist noch nicht reif.”

Und dann plötzlich, nicht mal zwei Wochen später, werde ich von der vorweihnachtlichen Hektik befallen: Ich hole mit meiner Tochter den Adventsschmuck vom Speicher, kaufe einen grünen Kranz und treffe mich mit Freundinnen und ihren Kindern zum alljährlichen „Adventskranzschmücken“, durchstöbere Läden nach kleinen Geschenken für die Adventskalender der Kinder und spätestens als vor zwei Tagen mein Sohn sagte: „Mama, wann backen wir Plätzchen?“, wusste ich: Weihnachten ist nicht mehr weit.

Ein wenig Kitsch muss sein.

Vergangenes Wochenende, das letzte im November, war ich auf dem ersten Weihnachtsmarkt. Tagsüber hatte es geschneit – der erste Schnee in diesem Jahr – es war eiskalt, überall roch es herrlich nach Glühwein, gebratenen Würsten, Maronen und in den Bäumen und um die Buden hingen die Lichterketten, ja, dachte ich, die Adventszeit kann jetzt kommen.

„Aus umwelt- und energiewirtschaftlichen Gesichtspunkten ist das doch der totale Irrsinn mit der Weihnachtsbeleuchtung“, merkte ein Freund an, während er glücklich seinen Glühwein schlürfte. „Die Kosten sind jedes Jahr wieder immens, ich finde das Geld sollte man lieber denen spenden, die bedürftig sind“, pflichtete eine Bekannte bei.

Ich schloss die Augen und stellte mir vor, wie die Vorweihnachtszeit ohne Beleuchtung aussehen würde. Ich kann mich noch gut erinnern, wie es war, als in den 70er Jahren während der Ölkrise die Weihnachtssterne in meiner Heimatstadt nur am Wochenende angeschaltet wurden. Da war es ganz schön dunkel in dieser düsteren Jahreszeit.

Wollte ich das wirklich? Würden die Kommunen und jeder einzelne tatsächlich das Geld spenden? Oder verschwindet es in jedem Dorf, in jeder Stadt und bei jedem Einzelnen nur in einem Loch, das sowieso nie gestopft wird?

“Wenn schon Vorweihnachtszeit, dann richtig”

„Wenn schon Vorweihnachtszeit, dann richtig“, warf ich tollkühn in die Runde. „Wir machen im Alltag doch eh-€™ schon soviel -€šlight-€™. Ich versuche aufs Essen und Trinken zu achten, fahre Sprit sparend Auto, habe überall Energiesparlampen (wenn ich ehrlich bin, achtet vor allem mein Mann darauf), wir recyclen alles von der Flasche bis zum Papier, sammeln Altkleider und drehen ständig das Licht aus. In der Vorweihnachtszeit aber, da möchte ich, dass es leuchtet.“

Ich möchte keinen Plastikbaum, den ich jedes Jahr wieder verwenden kann, ich will keine Diätplätzchen, die gut für den Colesterin-Wert sind, ich möchte eine knusprige Weihnachtsgans, Butterstollen und viele Lichter.

Denn, wenn schon Weihnachten, dann im Dezember und dann richtig und alle Jahre wieder.