Weinheimblog» Heidelberg http://weinheimblog.de Nachrichten & Informationen Thu, 14 Nov 2013 15:10:38 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.6 “Tebartz-Effekt” auch in der Metropolregion http://weinheimblog.de/08/tebartz-effekt-auch-in-der-metropolregion/17091.html?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=tebartz-effekt-auch-in-der-metropolregion http://weinheimblog.de/08/tebartz-effekt-auch-in-der-metropolregion/17091.html#respond Fri, 08 Nov 2013 12:13:00 +0000 Redaktion http://weinheimblog.de/?p=17091

 

Rhein-Neckar, 08. November 2013. (red/ms) Nach aktuellen Recherchen der Deutschen Presse Agentur ist die Anzahl der Kirchenaustritte vergangenen Oktober sprunghaft angestiegen. Hauptursache sei laut der ARD die Affäre um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Ist dieser bundesweite Trend auch in unserem Berichterstattungsgebiet festzustellen? Eine deutliche Tendenz nach oben ist zu beobachten. Allerdings nicht überall: Während sich etwa die Anzahl der Austritte in Laudenbach im Monatsvergleich mehr als versechsfacht hat, ist beispielsweise in Heddesheim kein Anstieg festzustellen.

Von Minh Schredle

Nach Zahlen der ARD verlieren die Kirchen jedes Jahr etwa 200.000 Mitglieder. Tendenz steigend. Auch in unserer Region ist eine solche Entwicklung zu beobachten – etwa in Edingen-Neckarhausen: 2012 traten in gesamten Jahr 38 Menschen aus der Kirche aus. 2013 sind es bis heute schon 53. Noch extremer ist der Anstieg in Laudenbach. Hier leben ungefähr 6.000 Menschen, 19 davon kehrten der Kirche 2012 den Rücken. 2013 hat sich dieser Wert auf 38 verdoppelt. Vor allem im Oktober ist der Unterschied gewaltig. 2012 waren es gerade mal zwei Austritte, 2013 dagegen gleich 13.

In Städten wie Gemeinden

In den meisten anderen Gemeinden des Rhein-Neckar-Kreises sieht es ähnlich aus: In Hemsbach und Ladenburg gab es im Oktober vergangenen Jahres drei, beziehungsweise vier Austritte. Diesen Oktober waren es jeweils 13. In Hirschberg hat sich der Wert von drei auf neun Austritte gesteigert. Gemessen an den vergleichsweise geringen Bevölkerungszahlen ist das Einiges. Auch bei großen Städten der Metropolregion zeigt sich ein ähnliches Bild. In Mannheim gab es fast doppelt so viele Austritte wie im Vorjahr: Oktober 2012 waren es 120, diesen Oktober 219. Auch in Weinheim stieg die Zahl der Austritte – von 18 auf 44. In Dossenheim verdoppelten sich die Austritte: 6 in 2012 und 12 in 2013. Ebenso in Heidelberg von 64 auf 130.

Heddesheim und Ilvesheim gegen den Trend

In Heddesheim und Ilvesheim sind gegen den Trend keine ansteigenden Austrittszahlen zu verzeichnen. Die Werte sind in beiden Fällen fast identisch mit dem Vorjahr. So sind in Heddesheim im Oktober 2012 genau wie im Oktober 2013 “nur” fünf Personen aus der Kirche ausgetreten, in Ilvesheim waren es jeweils 9 Austritte im Oktober 2012 und 11 im Oktober 2013.

Leider waren die Gemeinden Schriesheim, Viernheim und Ludwigshafen nicht in der Lage, unsere “kurzfristige” Anfrage zu beantworten.

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Neuanfang in der Hauptstadt http://weinheimblog.de/05/neuanfang-in-der-hauptstadt/17059.html?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=neuanfang-in-der-hauptstadt http://weinheimblog.de/05/neuanfang-in-der-hauptstadt/17059.html#respond Tue, 05 Nov 2013 10:50:00 +0000 Redaktion http://weinheimblog.de/?p=17059

Franziska Brantner wurde am 22. September über die Landesliste in den Bundestag gewählt. Künftig will sie häufiger im Wahlkreis präsent sein. Foto: Paul Blau

 

Berlin/Heidelberg/Rhein-Neckar, 05. November 2013. (red/ld) Am Wahlabend hatte Franziska Brantner (Grüne) noch gezittert. Dann hatte es doch noch für einen Listenplatz im Bundestag gereicht. Für die frühere Europaabgeordnete bedeutete das einen neuen Job und einen neuen Anfang in Berlin. Wie sie sich dort zurechtfindet, erzählte sie uns im Interview.

Interview: Lydia Dartsch

Vor gut einer Woche war die konstituierende Sitzung im Bundestag. Wie war Ihr erster Arbeitstag?

Franziska Brantner: Das war sehr spannend mit all den Reden. Man hat nochmal ein Gefühl dafür bekommen, wie viel Verantwortung man als Abgeordnete übernimmt. Das war kein normaler Arbeitstag.

Was fühlt es sich anders an, als vorher im Europaparlament?

Brantner: Anders ist auf jeden Fall, dass man keine Dolmetscher mehr braucht, um mit den anderen Abgeordneten zu sprechen. Und ich kenne wesentlich mehr Leute beim Namen. Als ich im Europaparlament angefangen habe, kannte ich viele der Abgeordneten aus den anderen Ländern nicht. Das ist jetzt etwas familiärer.

Wie unterscheidet sich Verantwortlichkeit zwischen Brüssel und Berlin?

Brantner: Es ist eigentlich sehr ähnlich und ich hatte das gleiche Gefühl, als ich im Europaparlament angefangen habe: Man trifft als Abgeordnete wichtige Entscheidungen darüber, in welche Richtungen ein Land geht – früher betrafen die Entscheidungen die ganze EU.

Worin wird sich Ihr Tagesablauf von dem einer Europaabgeordneten unterscheiden? Haben Sie schon eine Ahnung?

Brantner: Ich weiß es noch nicht genau – aber ich gehe davon aus, dass es auch viele Ausschuss- und Plenarsitzungen geben wird. Und dann haben mir manche auch von Debatten bis drei Uhr morgens erzählt!

“Es wird sich mit der Zeit einspielen”

Wie finden Sie sich denn schon zurecht im politischen Berlin? Haben Sie schon alle Ihre Arbeits- und Sitzungsräume gefunden?

Brantner: Also die Fraktionsräume und das Plenum finde ich schon. Der Rest wird sich mit der Zeit einspielen. Mein Büro ist etwas weiter weg vom Parlamentssaal als in Straßburg.

Wie weit?

Brantner: Ich brauche mindestens zehn Minuten zu Fuß zum Bundestag. Momentan laufe ich noch, aber ich überlege, mir ein Fahrrad zuzulegen. Das wäre gut, wenn ich es eilig habe.

Warum liegt es so weit entfernt? Weil Sie in der Opposition sind?

Brantner: Nein. Im Bundestag sind die Büros nicht nach Fraktionen alleine aufgeteilt, sondern nach Arbeitsgebieten. In dem Gebäude, in dem ich provisorisch ein Büro habe, sind die Büros der Abgeordneten aus den Bereichen Europa, Außenpolitik, Entwicklungszusammenarbeit, Menschenrechte. Das sind ja auch Bereiche, die mir nahe liegen.

Heißt das, Sie hätten dann alle Ihre Ansprechpartner auch in unmittelbarer Nähe?

Brantner: Das kommt darauf an, wen ich sprechen will: Die Abgeordnetenbüros sind nach Arbeitsgebieten aufgeteilt. Die Verwaltung sitzt in einem anderen Gebäude und die Sitzungsräume sind wieder woanders untergebracht. Es gibt hier auch keine Cafés wie im Europaparlament, wo man sich mal schnell treffen kann, um Gespräche zu führen.

“Die Lockerung beim Klimaschutz macht mir Sorgen”

In solchen Gesprächen in den Abgeordnetenbars lag ja früher Ihre Hauptarbeit. Wo trifft man sich denn im Bundestag?

Brantner: Das habe ich noch nicht herausgefunden. (lacht) Das werde ich aber noch. Was ich weiß ist, dass hier weniger interfraktionell gearbeitet wird und eben stärker in Regierung und Opposition aufgeteilt ist. Ich hoffe aber, dass ich mich auch mit den Abgeordneten der anderen Fraktionen austauschen kann.

So, wie es aussieht, werden Dr. Karl A. Lamers und Lothar Binding in der Regierungsfraktion sein. Werden Sie mit ihnen versuchen, zusammen zu arbeiten? Wie könnte diese interfraktionelle Arbeit aussehen?

Brantner: Wir haben uns schon gesprochen nach der Wahl. Und ich habe sie beide gebeten, sich in den Koalitionsverhandlungen für eine Veränderung des Bima-Gesetzes einzusetzen. Das Gesetz regelt, nach welchen Vorgaben der Staat die Konversionsflächen an die Städte verkaufen darf – und ob dort zum Beispiel finanzieller Spielraum ist für sozialen Wohnungsbau, Bildungseinrichtungen oder ähnliche soziale Einrichtungen. Außerdem hoffe ich, dass sie sich einsetzen für den Klimaschutz. Das, was man bis jetzt hört, lässt einen ja nicht gerade optimistisch sein …

“Das Handymodell, das in der EU als einziges unsicheres galt, gilt in Berlin als einzig sicheres”

Welche Unterschiede zum Europaparlament haben Sie noch festgestellt?

Brantner: Der Hauptunterschied ist, dass es einfach Deutsch ist. Damit meine ich nicht nur die Sprache. Es scheint auch formalistischer.

Inwiefern?

Brantner: Für einige – eigentlich selbstverständliche – Dinge müssen Anträge ausgefüllt werden: Zum Beispiel für den Zugang zum Internet. Ich musste extra einen Internetanschluss für mein Büro beantragen. Im Europaparlament gab es Aufnahmemöglichkeiten für Videobotschaften – das gibt es hier nicht, dafür wird das Fax noch etwas stärker genutzt. Skype ist hier nicht erlaubt, weil es nicht sicher zu sein scheint.

“Es ist ein Neuanfang”

Bis zum 22. Oktober waren Sie auch noch Europaabgeordnete und mussten sich gleichzeitig auf Ihre Rolle in Berlin vorbereiten. Wie haben Sie die Wochen dazwischen erlebt?

Brantner: Ich war inzwischen noch in Straßburg und in Brüssel, um mich von meinem Team zu verabschieden und mich darum zu kümmern, dass sie gute neue Jobs finden. Neue Wohnung suchen, alte Wohnung aufgeben – es ist ein Neuanfang.

Was müssen Sie jetzt noch alles erledigen, um sich hier komplett einzurichten?

Brantner: Ich werde erstmal schauen, in welchen Ausschuss ich komme. Ich muss mein Team aufbauen und mich in den Berliner Betrieb einarbeiten, damit ich Routine bekomme.

Sie sind für Ihr Amt in die Bundeshauptstadt gezogen. Der Berliner Wohnungsmarkt ist schwierig. Wie lange haben Sie suchen müssen?

Brantner: Meine Wohnung in Heidelberg behalte ich. Aber meine Dinge aus Brüssel habe ich jetzt nach Berlin geholt für die Sitzungswochen. Und ja, Berlin ist nicht mehr so einfach wie früher. Meine Wohnung in Schönefeld habe ich durch Zufall über Freunde von Freunden gefunden.

“Im Wahlkreis kann man Abstand vom Betrieb in Berlin gewinnen”

Was verändert sich jetzt noch? Ihre Wähler im Wahlkreis Heidelberg werden Sie jetzt öfters zu sehen bekommen?

Brantner: Ja. Während der Sitzungswochen muss man in Berlin sein. Ansonsten werde ich aber viel im Wahlkreis unterwegs sein und Veranstaltungen besuchen.

Welche Bedeutung hat für Sie die Arbeit in Ihrem Wahlkreis?

Brantner: Es ist wichtig, Abstand von dem politischen Betrieb zu gewinnen, und sich nicht immer im Kreis zu drehen. Das geht nicht, wenn man immer nur in Berlin ist. Nur vor Ort kann man mitbekommen, was die Menschen wirklich bewegt. Außerdem bin ich sehr gerne in Heidelberg!

“Es wird nicht einfach als Oppositiönchen”

Sie wollten sich in Berlin für Europapolitik einsetzen. Der von den Grünen angestrebte Machtwechsel hat nicht funktioniert und alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die Opposition quasi machtlos ist. Wie wollen Sie Ihre Ziele jetzt erreichen?

Brantner: Das wird nicht einfach, gegen diese große Koalition anzukommen, wenn wir nicht einmal Anhörungsrechte haben. Ein Journalist hat vor Kurzem von einem “Oppositiönchen” geschrieben. Da müssen wir eine Alternative zu der Merkelschen Politik bieten und die Positionen stärken.

Was hatten Sie sich gewünscht umsetzen zu können, um die EU von Berlin aus voran zu bringen?

Brantner: Man braucht eine gute europäische Integrationspolitik, um zu zeigen, dass es auch andere Wege als den von Merkel oder den Rückwärtsweg der AfD gibt. Die aktuelle Krisenpolitik schafft es nicht, die Probleme in den Krisenländern zu lösen. Es gibt zum Beispiel immer noch kein Investitionsprogramm, sondern nur sozial unausgewogene Sparprogramme.

Welche Pläne haben Sie also für diese Legislaturperiode in der kleinen Opposition?

Brantner: Ich wäre schon sehr zufrieden, wenn es mir gelänge, etwas bei der Europapolitik zu bewegen. Das wird schon sehr schwer. Aber ich werde mich auch für die deutsch-französische Partnerschaft weiter einsetzen.

Ich will Ansprechpartnerin für alles sein.

Sie können sich auch stark im Wahlkreis engagieren. Wie stellen Sie sich Ihre Arbeit dort vor?

Brantner: Ich würde gerne an der Konversion und den Verhandlungen mit dem Bund mitarbeiten und Ansprechpartnerin für alle Themen im Wahlkreis sein: Sei es die Staustufe in Ilvesheim oder die Asylpolitik.

In den Kommunen herrscht seit einiger Zeit starker Zuzug von Bürgern aus Bulgarien und Rumänien, die ab dem kommenden Jahr auch Arbeit in Deutschland annehmen dürfen und Anspruch auf Sozialleistungen haben. Wie schätzen Sie die Stimmung in Ihrem Wahlkreis dazu ein?

Brantner: Viele Menschen, die zu uns kommen, werden in ihren Herkunftsländern stark diskriminiert und leben unter sehr schlechten Bedingungen. Wir haben eine europäische Verantwortung, dass es ihnen dort besser geht und sie das gleiche Recht auf Bildung und Arbeit haben. Wenn sie bei uns arbeiten dürften, bräuchten sie auch keine Sozialleistungen.

Wäre es nicht von der EU-Ebene aus einfacher gewesen, auf die Mitgliedsstaaten zu wirken, um die Situation der Menschen dort zu verbessern? Wie lässt sich denn auf Bundesebene dort etwas verändern?

Brantner: Den Menschen in Bulgarien und Rumänien muss natürlich die EU helfen, durch Finanzhilfen zum Beispiel. Aber wir brauchen auch politischen Druck auf die Länder, um die Menschen dort besser einzugliedern. Das ist juristisch zwar ganz gut festgeschrieben, aber wird nicht immer so umgesetzt. Und wenn man die Menschen weiter stigmatisiert, bewirkt das nur weitere Ausgrenzung. Dieser Druck muss im Rat erzeugt werden, also von den Regierungen, auch der deutschen. Vor Ort in Deutschland hat Berlin eine wichtige Aufgabe – nämlich den Kommunen finanziell unter die Arme zu greifen, statt nur populistische Sprüche zu klopfen.

Sie teilen die Angst nicht, die in einigen Medienberichten zur Sprache kommt?

Brantner: Man sieht an den Ländern, in denen die Beschränkungen schon gefallen sind, dass es sich nicht negativ ausgewirkt hat. Es wäre auch wichtig – auch von Medienseite – über positive Integrationsbeispiele zu berichten und nicht nur über die Schreckensmeldungen.

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Der „ZOB“ kommt gut voran http://weinheimblog.de/22/der-zob-kommt-gut-voran/16966.html?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=der-zob-kommt-gut-voran http://weinheimblog.de/22/der-zob-kommt-gut-voran/16966.html#respond Tue, 22 Oct 2013 08:06:15 +0000 Alina Eisenhardt http://istlokal-medien.de/weinheimblog/?p=16966

Der Bau des Zentrale Omnibusbahnhof kommt voran. Foto: Stadt Weinheim

 

Weinheim, 22. Oktober 2013. (red/pm) Die Baustelle war zwischenzeitlich sehr schwierig – dennoch kommt der Bau des “ZOB” gut voran. Die Asphaltarbeiten beginnen am 22. Oktober.

Information der Stadt Weinheim:

“Den Ingenieuren vom Weinheimer Tiefbauamt sind in den vergangenen Monaten ein paar graue Haare gewachsen. „Es handelt sich wohl um den schwierigsten Baubereich in der ganzen Stadt“, sagt Karl-Heinz Bernhardt, wenn er vom Bahnhofsvorplatz spricht, auf dem im Moment gerade der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) entsteht.

Altlasten, unbekannte unterirdische Tunnel und Schächte, für den Bahnbetrieb wichtige Kabel im Baustellenbereich – lauter solche vergrabenen Hürden mussten das Rathaus-Fachamt und die südhessische Baufirma Peter Gross meistern. Aber jetzt stehen die Signale auf Grün: Der ZOB wird – wenn das Wetter keine ganz außergewöhnlichen Kapriolen schlägt – plangemäß fertig und die Gesamtbaukosten von drei Millionen Euro im ersten Abschnitt werden auch eingehalten, versicherte Bernhardt.

Dabei macht der Amtsleiter keinen Hehl daraus, dass die spätere Umstellung der Buslinien für die Arbeiten, die er zu verantworten hat, vorteilhaft sind, auch wenn die ausgeschriebenen Aufträge alle bis Jahresende ausgeführt sein werden.

Neue Strecken erst am 30. März

Auf Wunsch der Busunternehmen hat sich die Stadt nämlich vor ein paar Wochen dazu entschieden, die neuen Strecken erst am 30. März in Betrieb zu nehmen. Der zunächst angestrebte Fahrplanwechsel ausgerechnet zum Neujahrstag mitten im Winter erschien nicht praktikabel.

„Diese Luft können wir gut nutzen“, erklärt Bernhardt. Zum Beispiel wird nun die Kreuzung Am Hauptbahnhof/Ludwigstraße dem ersten Bauabschnitt zugeordnet und vorzeitig ausgebaut. Bedeutet: Mit den neuen Buslinien ist gleich ein Ringverkehr Postknoten-Bahnhofstraße/Am Hauptbahnhof/Ludwigsstraße/B3 möglich. Das ermöglicht gleich ein reibungsloses Ein- und Ausfahren der Busse.

Manchen Passanten mag es aufgefallen sein: Schon seit Wochen arbeitet die Firma im Auftrag des Tiefbauamtes auch an Samstagen und abends länger. Die außergewöhnliche Baustelle erfordert einen außergewöhnlichen Einsatz, erklärt Bernhardt. Der Untergrund des Bahnhofsvorplatzes entpuppte sich während der Bauzeit als Überraschungstüte. Erst tauchte ein unterirdischer Versorgungsstollen auf, der auf seine Statik geprüft und mit einer neuen Betondeckenplatte stabilisiert werden musste.

80 Bodenproben entnommen

Um hochsensible Streckenkabel der Deutschen Bahn musste herumgegraben werden. Eine Beschädigung dieser Leitungen hätte den kompletten Zugverkehr zwischen Heidelberg und Frankfurt lahmlegen können. Ein 14 Meter hoher Fahrleitungsmast inmitten der Baustelle war zu sichern, parallel dazu wurde kubikmeterweise kontaminierter Erdaushub untersucht und entsorgt; darin befanden sich Reste von CKW, die von einer früher dort ansässigen Reinigung hinterlassen worden waren. Über 80 Bodenproben mussten genommen und analysiert werden.

Im Moment kann man fast täglich den Fortschritt verfolgen. In der vergangenen Woche wurden die Stahlpfosten installiert, auf denen künftig das transparente Dach ruhen wird.

Ab Dienstag, 22. Oktober, wird im Eingangsbereich vom „Postknoten“ aus der Asphalt eingebaut. Dabei lässt es sich nicht ganz vermeiden, dass auf der B3 und im unteren Bereich der Bahnhofstraße Verkehrsbehinderungen entstehen können, denn die B3 und die Bahnhofstraße müssen dann vier Tage auf eine Fahrbahn reduziert werden.

Fußgänger können in dieser Zeit den Baustellenbereich gar nicht überqueren, werden aber gefahrlos über die Bahnhofstraßen-Ampel in Richtung OEG-Haltestelle Luisenstraße geführt. Auch der Buslinienverkehr läuft normal.

Noch in diesem Monat sollen im Bereich des neuen Busbahnhofs die Betonarbeiten beginnen. Das Dach soll Anfang Dezember montiert werden.”

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Buchrezension: “Kaffee und Kuchen in Heidelberg, Mannheim und Umgebung” http://weinheimblog.de/09/buchrezension-kaffee-und-kuchen-in-heidelberg-mannheim-und-umgebung/16844.html?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=buchrezension-kaffee-und-kuchen-in-heidelberg-mannheim-und-umgebung http://weinheimblog.de/09/buchrezension-kaffee-und-kuchen-in-heidelberg-mannheim-und-umgebung/16844.html#respond Wed, 09 Oct 2013 12:53:00 +0000 Redaktion http://weinheimblog.de/?p=16844

Weckt die Lust auf Kaffee und Kuchen: Der Kaffeehausführer für Heidelberg, Mannheim und Umgebung von Marion Jentzsch

 

Rhein-Neckar, 09. Oktober 2013 (red/sw) Rechtzeitig zum Herbst, wenn es draußen ungemütlich wird, möchten wir unseren Lesern ein Buch über die Lieblingscafés und Lieblingsrezepte von Marion Jentzsch vorstellen. Die Expertin für Kaffee und Kuchen, selbst leidenschaftliche Bäckerin, hat die Kaffeehäuser in Heidelberg, Mannheim und Umgebung ausführlich getestet und ausgewählte Rezepte zum Nachbacken hinzugefügt.

Von Susanne Warmuth

Das hochwertig gestaltete Buch mit allerlei Leckereien auf dem Einband lässt mir auf den ersten Blick das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die Autorin ist mir gleich sympathisch, liebt sie doch, ebenso wie ich, seit früher Kindheit das Backen, sammelt Rezepte und besucht leidenschaftlich gerne Kaffeehäuser.

Kriterien für die Auswahl der im Buch vorgestellten Betriebe waren vor allem die Qualität der Angebote, die Stimmigkeit des Konzepts, das Engagement der Betreiber und der Service – nicht zu vergessen der “Wohlfühlfaktor”. Bewusst verzichtet wurde auf die Aufnahme von stereotypen Kaffeehaus-Ketten. Zusätzlich zu Kaffeehäusern stellt die Autorin auch einige Kaffeeröstereien, Chocolaterien und Konditoreien ohne angeschlossenes Kaffee vor.

Dreizehn Kaffeehäuser in Heidelberg, acht in Mannheim, neunzehn weitere von Ludwigshafen bis Eberbach werden im Detail beschrieben. Aus unserem Berichtsgebiet werden das Café am Markt und das Kaffeehaus (beide in Ladenburg), Café Erdmann (Leutershausen), das Kaffeehaus und der Burg-Gasthof Strahlenburg (beide Schriesheim) sowie das Café am Markt und Hutter im Schloss (beide in Weinheim) erwähnt.

30 besondere Rezepte zum Nachbacken

Am Ende jeder Beschreibung findet sich ein Kästchen mit den wichtigsten Informationen wie Adresse, Öffnungszeiten, vorhandene Plätze, Preisniveau, Besonderheiten und ein Hinweis, ob auch Sitzmöglichkeiten im Freien vorhanden sind. Zumindest für die mir bereits bekannten Örtlichkeiten kann ich Frau Jentzsches Bewertungen immer zustimmen. Auch die vorgestellten Kaufadressen wecken mein Interesse – kleine feine Kaffeeröstereien, Schokoladenmanufakturen und Konditoreien in Mannheim und Heidelberg.

Wenn man nach fast 150 Seiten Kaffeehäusern, gespickt mit vielen wunderbaren Bildern der dort erhältlichen Gaumenfreuden, sich förmlich nach Süßem verzehrt, ist man im zweiten Teil des Buches genau richtig. Hier finden sich fast 30 besondere Rezepte vom recht einfachen, aber sehr leckeren Brombeerkuchen bis hin zur für Hobby-Konditoren recht anspruchsvollen “Weißen Schokoladenmoussetorte mit roten Früchten auf Himbeer-Anis-Biskuit”, ein Rezept der Confiserie Freundt aus Mannheim.

Mannheimer Apfelkuchen mit Äpfeln aus Mannheim-Neckarau! Lecker!

Für unser Redaktionsteam gab es zum Testessen den “Mannheimer Apfelkuchen” aus dem Rezeptteil, passend zum Standort unseres Redaktionsbüros. Einstimmig wurde dieses Rezept für sehr gut befunden.

Haben wir Ihren Appetit geweckt? Wir verlosen drei Exemplare des Buches unter unseren Lesern! Wer mitmachen will, schickt uns bis zum 11. Oktober, 12:00 Uhr seine Adresse an [email protected] und beantwortet die Frage, welcher Kuchen im Artikel abgebildet ist. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Viel Glück!

Information zum Buch:

Marion Jentzsch – Kaffee und Kuchen in Heidelberg, Mannheim und Umgebung
Taschenbuch, 232 Seiten
erschienen im G. Braun Buchverlag
Preis: 19,95 Euro
ISBN 978-3-7650-8631-1

 

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NPD punktet mit Fremdenfeindlichkeit http://weinheimblog.de/02/npd-punktet-mit-fremdenfeindlichkeit/16813.html?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=npd-punktet-mit-fremdenfeindlichkeit http://weinheimblog.de/02/npd-punktet-mit-fremdenfeindlichkeit/16813.html#respond Wed, 02 Oct 2013 16:25:00 +0000 Redaktion http://weinheimblog.de/?p=16813

 

Rhein-Neckar, 02. Oktober 2013. (red/ld) Sie schürten Angst vor einer Asylbewerberschwemme und gingen damit auf Stimmenfang – mit Erfolg. In Sinsheim, wo die meisten Asylbewerber im Rhein-Neckar-Kreis zentral untergebracht sind, konnte die rechtsextreme Partei ihr Ergebnis im Vergleich zu 2009 deutlich steigern. Der Stimmenanteil lag hier sogar doppelt so hoch wie im Landesdurchschnitt.

Von Lydia Dartsch

Die Bundestagswahl ist vorbei. Alle reden über die Koalitionsverhandlungen. Aber was ist mit der NPD? Klar, sie ist eine Splitterpartei – aber immerhin “wichtig” genug, dass viele sie gerne verbieten würden. In ihrem Wahlkampf schürte sie mit fremdenfeindlichen Parolen Angst vor Asylbewerbern. Im Vorfeld der Wahl hielt sie zahlreiche Kundgebungen ab, veranstaltete ihren Parteitag in Weinheim-Sulzbach und es gab sogar das Gerücht, sie wolle im Weinheimer Vorort eine Gaststätte kaufen.

Die NPD ist präsent. In Weinheim geht das Innenministerium von einer “gefestigten rechten Szene” aus – ebenso in der Region, vor allem im Kraichgau. Grund genug also, sich die Ergebnisse der rechtsextremen Partei genau anzusehen – angesichts ihrer Wahlkampfthemen mit einer zentralen Frage: Holt die NPD vor allem in Kommunen mit Asylbewerbern Stimmen?

20 Prozent der NPD-Stimmen aus Sinsheim

In den meisten Fällen trifft das zu. Für die wenigen Ausnahmen gibt es Gründe. 771 Asylbewerber sind derzeit im Rheinneckarkreis zentral in Heimen untergebracht. Die meisten von ihnen – 425 – wohnen in Sinsheim. Das Ergebnis der NPD lag hier fast doppelt so hoch wie das Ergebnis des Wahlkreises Rhein-Neckar.

2,4 Prozent der Erst- und 2,5 Prozent der Zweitstimmen erreichte sie in Sinsheim. In Zahlen sind das 414 von 2040 NPD-Erststimmen und 442 von 1.936 NPD-Zweitstimmen im gesamten Wahlkreis. Das bedeutet: Rund 20 Prozent der NPD-Wähler im Wahlkreis Rhein-Neckar wohnt also in Sinsheim.

 

 

Ebenfalls über dem Wahlkreisdurchschnitt, aber mit fallender Tendenz liegt das Ergebnis in Spechbach, wo 74 Asylbewerber untergebracht sind. Bei der Wahl 2005 erhielt die NPD 3,6 Prozent der Erststimmen. Im Jahr 2009 waren es noch 2,3 Prozent; in diesem Jahr noch 2,0 Prozent. Bei den Zweitstimmen gab es zwischen den Wahlen 2005 und 2009 einen Abfall von 0,6 Prozentpunkten. In diesem Jahr hielt sich die NPD bei 1,9 Prozent.

Schwankende Zahlen deutlich über dem Wahlkreisdurchschnitt gibt es in Mühlhausen. 20 Asylbewerber sind dort untergebracht – es ist die kleinste Gruppe im Rhein-Neckar-Kreis. Im Jahr 2005 gaben 2,1 Prozent der Wähler ihre Erststimme der NPD. 2009 waren es 2,4 Prozent; in diesem Jahr 1,9 Prozent. Bei den Zweitstimmen steigerte sich die NPD von 2005 auf 2009 um 0,1 Prozentpunkte auf 1,8 Prozent und fiel in diesem Jahr wieder zurück auf den Stand von 2005.

Rechtsextremismus ein Problem der Kommunalkultur?

In Ladenburg ist mit 161 Personen die zweitgrößte Gruppe Asylbewerber im Rhein-Neckar-Kreis untergebracht. Gleich zwei mal innerhalb weniger Wochen hat die NPD dort Kundgebungen abgehalten. Das Wahlergebnis ist trotzdem gefallen; liegt mit 0,8 Prozent der Erst- und 0,7 Prozent der Zweitstimmen nah am Wahlkreisdurchschnitt. Im Jahr 2005 waren es noch 1,2 Prozent der Erst- und 0,7 Prozent der Zweitstimmen. Bei der Wahl 2009 erhielten sie 1,1 Prozent der Erst- und 0,9 Prozent der Zweitstimmen.

Die Stadtverwaltung zelebriert bei interkulturellen Festen ihre Vorstellung einer bunten, toleranten Stadt. Bürger mobilisierten Gegendemonstrationen zu den Kundgebungen der NPD. Die Unterbringung der Asylbewerber in der alten Martinsschule weckte bürgerschaftliches Engagement: Arbeitskreise bildeten sich, die den Bewohnern helfen, die Sprache zu lernen und sich hier zurecht zu finden. Die Medienberichterstattung war umfangreich – unter anderem bei uns.

 

Ladenburg wirbt als Stadt der Toleranz und Vielfalt, feiert interkulturelle Feste, wie das Sommerfest des Türkischen Kulturvereins im Juni.

 

Ähnlich verhält es sich Neckargemünd, wo 49 Asylbewerber untergebracht sind. Die Wahlergebnisse der NPD sind hier fallend und liegen deutlich unter dem Wahlkreisergebnis: 2005 erhielt sie noch 1,1 Prozent der Erst- und 0,8 Prozent der Zweitstimmen. Im Jahr 2009 blieb der Erststimmenanteil gleich, der Zweitstimmenanteil fiel um 0,1 Prozentpunkte. Bei der Wahl 2013 verlor sie mehr als ein Drittel ihrer Wähler und erreichte nur noch 0,7 Prozent der Erst- und 0,5 Prozent der Zweitstimmen.

Auf Nachfrage teilt uns die Stadt Neckargemünd mit, dass es hier eine starke grüne Szene gebe, die mit dem Thema sehr offensiv umgeht. Nach dem Krieg habe die Stadt in den 50-er Jahren ein großes Kontingent Flüchtlinge aufgenommen. Diese Menschen könnten nachvollziehen, was die Asylbewerber auf ihrer Flucht durchgemacht haben. Zudem seien viele Menschen, die dort wohnen, an der Universität beschäftigt oder studieren. Interkulturelles Leben ist hier selbstverständlicher als anderswo.

 

Demonstration gegen die NPD-Kundgebung in Heidelberg im Oktober 2012.

 

Ähnlich dürfte auch die Begründung für die Ergebnisse der NPD in Walldorf lauten, wo mit der SAP AG als international tätigem Unternehmen Kontakte zu Menschen verschiedenster Herkunft selbstverständlich ist. 44 Asylbewerber hat der Rhein-Neckar-Kreis in Walldorf untergebracht. Das Wahlergebnis der NPD liegt ebenfalls unter dem Wahlkreisdurchschnitt: 2005 erhielt sie 1,5 Prozent der Erst- und 1,0 Prozent der Zweitstimmen. Bei der Wahl 2009 waren es 1,6 Prozent der Erst- und 0,9 Prozent der Zweitstimmen. In diesem Jahr erreichten sie 1,0 Prozent der Erst- und 0,7 Prozent der Zweitstimmen.

Die kulturelle Komponente und der Einfluss von internationalen Kontakten, beispielsweise durch Universitäten und Hochschulen auf den Erfolg rechtsextremer Parteien wird durch das Wahlergebnis in Heidelberg gestützt. Bei der Wahl 2009 erreichte die NPD noch 2,9 Prozent der Erst- und 0,7 Prozent der Zweitstimmen. Im Jahr 2009 schrumpften die Werte auf 0,7 Prozent der Erst- und 0,5 Prozent der Zweitstimmen und erreichte in diesem Jahr einen Tiefpunkt bei 0,5 Prozent der Erst- und 0,4 Prozent der Zweitstimmen.

Stimmgewinne für NPD-Kandidat in Mannheim

Im Wahlkreis Mannheim bleibt die NPD-Wählerschaft stabil, legte mit dem Kandidaten Silvio Waldheim sogar noch 0,1 Prozentpunkte zu: 2005 erzielte sie 1,3 Prozent der Zweitstimmen. Silvio Waldheim trat erst zur Bundestagswahl 2009 an und holte 1,8 Prozent der Stimmen – bei der diesjährigen Wahl waren es sogar 1,9 Prozent. Der Anteil der Zweitstimmen blieb 2009 bei 1,3 Prozent und fiel in diesem Jahr auf 1,2 Prozent.

502 Personen beziehen hier Mittel nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. 342 von ihnen leben in Gemeinschaftsunterkünften. Dennoch liegt das Wahlergebnis der NPD unter dem Ergebnis in Sinsheim und dem Ergebnis des Wahlkreis Rhein-Neckar. Seit 2009 liegen die Werte deutlich über den Landesergebnissen: Bei den Wahlen 2005 und 2009 gaben 1,6 Prozent der Wähler der NPD ihre Erststimme; 2013 fiel dieser Wert auf 1,2 Prozent. Bei den Zweitstimmen holte die NPD 2005 und 2009 1,1 Prozent und 2013 1,0 Prozent.

Rechtes Lager an der Bergstraße stark

Die Beispiele Neckargemünd und Walldorf zeigen, dass man dem Thema begegnen muss. Man muss die Menschen im Ort informieren, Angst vor Fremden ernst nehmen und durch Information und Möglichkeiten zur Begegnung abbauen – auch in Weinheim, wo der NPD-Kreisvorsitzende Jan Jaeschke wohnt und wo in diesem Jahr der NPD-Parteitag sowie mehrere Kundgebungen stattfanden.

Es reicht nicht, zu behaupten, Weinheim sei bunt und darüberhinaus nichts zu tun. 2,6 Prozent der Wähler gaben im Jahr 2005 ihre Erst- und 1,7 Prozent ihre Zweitstimme. Im Jahr 2009 waren erhielt Jan Jaeschke 1,5 Prozent der Erststimmen und die NPD 1,2 Prozent der Zweitstimmen. In diesem Jahr erreichte sie nur noch 1,1 Prozent der Erst- und 1,0 Prozent der Zweitstimmen. Ergebnis, das deutlich über dem Wahlkreisergebnis (0,7/0,7) liegt.

Das gleiche Bild in Hemsbach, wo weder die Stadtverwaltung noch die Gemeinderatsfraktionen auf unsere Anfrage nach einer Stellungnahme zu der Kundgebung am 31. August reagierte: Auch hier liegt die Zustimmung zur NPD deutlich über dem Wahlkreisergebnis. Bei der Wahl 2005 bekam die Partei 2,1 Prozent der Erst- und 1,4 Prozent der Zweitstimmen. 2009 waren es 1,8 Prozent der Erst- und 1,5 Prozent der Zweitstimmen. Bei der Wahl in diesem Jahr holte sie bei beiden Stimmen noch 1,0 Prozent.

Die NPD-Wahlergebnisse in den Wahlkreisen zum Vergleich

Die Stimmanteile für die NPD im Wahlkreis Rhein-Neckar (277) sind seit 2005 gefallen. Vor acht Jahren erreichten sie noch 2,0 Prozent der Erst- und 1,4 Prozent der Zweitstimmen. Bei der Wahl 2009 holten sie 1,9 Prozent der Erst- und 1,3 Prozent der Zweitstimmen. In diesem Jahr lag der Erststimmanteil noch bei 1,4 Prozent. Ihr Zweitstimmenanteil blieb stabil bei 1,3 Prozent.

Deutlichere Verluste gab es im Wahlkreis Heidelberg (274). Hier verlor die NPD seit 2005 50 Prozent der Erst- und 30 Prozent der Zweitstimmen. Wählten 2005 noch 1,4 Prozent der Wähler mit der Erststimme die NPD – 1,0 Prozent waren es bei der Zweitstimme – erreichten sie 2009 noch 1,0 Prozent der Erst- und 0,8 Prozent der Zweitstimmen. In diesem Jahr waren es nur noch 0,7 Prozent bei den Erst- und Zweitstimmen.

Nach verschiedenen Wahlanalysen könnten NPD-Anhänger teils auch der AfD mit deren eurokritischem Kurs ihre Stimme gegeben haben – “Raus aus dem Euro” ist auch ein Slogan der NPD. Die Partei gilt zudem vielen Hardcore-Rechtsradikalen noch als zu “liberal” – die rechte Szene organisiert sich zunehmen in Kameradschaften und anderen lockeren “Bündnissen”. Diese stellen sich nicht zur Wahl und sind statistisch nicht zu erfassen. Der Verfassungsschutz bezeichnet diese Szenen als “gefestigt” – insbesondere im Kraichgau.

Obwohl das Wahlergebnis insgesamt schlecht für die NPD war – sie hat mehr als 0,5 Prozent der Stimmen bundesweit erreicht. Und kommt damit in den Genuss von Steuergeldern, mit denen sich die Verbreitung der rechtsradikalen, menschenverachtenden Botschaften weiter finanzieren lassen.

Anm. d. Red.: Wir haben alle Gemeinden in unserem Berichtsgebiet betrachtet, aber nur die positiv oder negativ auffälligen dargestellt. Die nicht genannten Gemeinden lagen irgendwo dazwischen.

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Kandidaten zur Wahl http://weinheimblog.de/24/kandidaten-zur-wahl/16739.html?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=kandidaten-zur-wahl http://weinheimblog.de/24/kandidaten-zur-wahl/16739.html#respond Tue, 24 Sep 2013 15:12:00 +0000 Redaktion http://weinheimblog.de/?p=16739

Rhein-Neckar, 24. September 2013. (red) In Heidelberg haben wir Dr. Franziska Brantner, Lothar Binding, Sahra Mirow und Jens Brandburg bei der Wahlparty getroffen. Wir dokumentieren Statements, die gegen 21:00 Uhr abgegeben wurden. Dr. Karl A. Lamers feierte mit Parteifreunden im “Reichsapfel” und hat sich Montagnachmittag telefonisch gemeldet.

Dr. Karl A. Lamers (CDU) gewann mit 40,9 Prozent aller Erststimmen das Direktmandat im Wahlkreis Heidelberg. Auch in den Zweitstimmen schnitt die CDU in Heidelberg mit 37,5 Prozent am besten ab:

Das war ein toller Abend, der schönste in meiner 19-jährigen Zeit als Bundestagsabgeordneter. Ich freue mich sehr, dass ich die Menschen so erreichen konnte. Dieses Wahlergebnis ist für mich Ausdruck, dass die Menschen meine Art und Arbeit schätzen und mir ihr Vertrauen geschenkt haben. Der Auftrag ist klar: Ich soll meine Arbeit wie gewohnt fortsetzen. Die Gründe für diesen grandiosen Wahlerfolg sind vielfältig. Die Popularität der Kanzlerin ist ein sehr wichtiger Grund. Die Niederlage der FDP ein anderer.

Die Lage ist jetzt aber nicht ganz einfach. Zuerst müssen Gespräche mit der SPD geführt werden. Gespräche mit den Grünen würde ich nicht ausschließen, aber die SPD ist erster Ansprechpartner. Was gar nicht geht, sind Gespräche über rot-rot-grün. Das wäre ein immenser Vertrauensbruch. Die Kanzlerin hat einen klaren Führungsauftrag erhalten und ein linkes Bündnis würde die eindeutige Wahl der Mehrheit konterkarieren und Deutschland massiv schwächen sowie die Stabilität des Landes gefährden.

Das Ergebnis der AfD habe ich registriert – die haben aber keine politische Bühne und in vier Jahren sieht die Welt anders aus. Ganz klar muss man sich auch mit deren Positionen auseinandersetzen. Wie immer gilt für mich: Respekt vor Andersdenkenden praktiziere ich schon immer.

Lothar Binding (SPD) lag hinter dem CDU-Kandidaten Lamers mehr als 10 Prozentunkte zurück. Nur 30,6 Prozent der Wähler hatten für ihn gestimmt:

Es hat keiner damit gerechnet, dass die FDP aus dem Bundestag fliegt. Das Problem war, dass sich die Regierung in der Koalition nicht einig war und viele Dinge im Koalitionsvertrag nicht umgesetzt hat. Und deshalb haben die traditionellen Kernwähler die FDP nicht mehr gewählt. Jetzt wird die CDU beweisen müssen, was sie alleine regieren kann. Und mit wem sie es eigentlich kann, wenn sie die absolute Mehrheit nicht erreicht.

Ich wage keine Prognose, was nächste Woche passiert. Wir wollen keine große Koalition, schon gar nicht bei diesen Kräfteverhältnissen. Rot-Rot-Grün kann nur über die Inhalte funktionieren. Ich wäre dafür, wenn sich bei der Linken alle auf ihre Stasivergangenheit überprüfen lassen. Eine große Koalition halte ich für ganz schwierig.

Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) musste nur kurz um ihren Platz im Bundestag zittern. Zwar wählten sie 12,3 Prozent der Wähler direkt. Über die Landesliste Baden-Württemberg hat sie ihren Platz aber sicher. Mit 14,9 Prozent lag das Ergebnis für die Grünen in Heidelberg deutlich über dem Bundesergebnis:

Ich bin auf jeden Fall gewählt, auch wenn die AfD gewählt wird. Ich hoffe aber, dass sie draußen bleibt, für ganz Deutschland.

Zu dem grünen Ergebnis klar: Das ist ein schlechtes Ergebnis; fast schon katastrophal. Wir müssen schauen, woran es lag. Wir hatten Gegenwind auf Bundes- und Landesebene aus unserer eigenen Partei, vor Ort haben wir alles gegeben. Im Vergleich zu den anderen Hochburgen haben wir in Heidelberg relativ wenig verloren. Von daher: Mal sehen.

Ich denke, bei uns steht ein Generationenwechsel an. Ich glaube, das war jetzt eine der letzten Reden von Jürgen Trittin. Ich denke, auch für uns steht eine Neuaufstellung und Neuausrichtung an und ich hoffe, dass wir bei Schwarz-Rot eine gute Opposition machen können. Denn bei einer so großen Mehrheit brauchen wir das für unsere Demokratie und dann, was Inhalte und Power betrifft, starke Grüne haben.

Ich glaube nicht, dass Schwarz-Grün eine Option ist. Ich glaube, das Realistische ist eine große Koalition. Ohne Steinbrück, dafür mit Steinmeier und Gabriel. In Hessen ist Schwarz-Grün komplett ausgeschlossen. Der Bouffier ist ein CDU-ler von vorvorgestern. Da wird Schwarz-Grün sehr schwer. Rot-Rot-Grün wird in Hessen auch nicht kommen. Die Grünen haben das nie ausgeschlossen. Ich glaube, dass es an der SPD hängen wird. Wir haben eine klare Präferenz und die ist Rot-Grün.

Sahra Mihrow (Die Linke) wollten nur 4,1 Prozent der Wähler per Direktmandat in den Bundestag schicken. Nur 5,7 Prozent gaben der Linken ihre Zweitstimme:

Wir haben uns natürlich ein zweistelliges Ergebnis erhofft. Wir sind jetzt drittstärkste Fraktion. Das ist schon ziemlich gut.

Ich fand es wahrscheinlich, dass die FDP scheitert, denn viele, die mit der Politik von Schwarz-Gelb nicht einverstanden waren, haben das der FDP zugeschrieben. Politische Unzufriedenheit merkt man leider an dem starken Ergebnis für die AfD: 4,9 Prozent! Das ist haarscharf.

Die Linke ist im hessischen Landtag eingezogen. Das ist ein großer Erfolg für uns. Jetzt müssen wir zeigen, wie es weitergeht. Jetzt liegt eine rot-rot-grüne Mehrheit vor, ob und wie das genutzt wird, wird sich zeigen. In einer großen Koalition wird es der SPD nicht möglich sein, Akzente zu setzen. Ein möglicher Kurswechsel ist absolut illusorisch. Schwarz-Grün würde ich den Grünen nicht empfehlen.

Die Linke hat von vornherein gesagt, dass eine rot-rot-grüne Koalition möglich ist, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Laut dem Wahlprogramm sind die erfüllt. Die Linke hat eine interne Regelung, dass die Stasi-Vergangenheit der Mitglieder angegeben werden muss. Die gibt es in unserer Fraktion nicht. Das ist also kein Ausschlussgrund.

Jens Brandenburg (FDP) war Direktkandidat im Wahlkreis Rhein-Neckar. In Heidelberg vertrat er den eigentlichen Direktkandidaten Dirk Niebel, der 3,1 Prozent der Erststimmen holte. Im Wahlkreis Rhein-Neckar stimmten nur 2,6 Prozent für Herrn Brandenburg. Immerhin 6,5 Prozent der Wähler gaben dort der FDP ihre Zweitstimme – in Heidelberg waren 7,0 Prozent.

Das ist ein grottiges Ergebnis. Das hat niemand erwartet. Eine absolute Mehrheit für die Union halte ich für fatal. Gerade für Deutschland wäre es sehr schwierig, wenn eine Partei alleine den Kurs bestimmen kann – gerade in der EU-Politik.

Wir sind an dem Ergebnis auch mit schuldig. Wir haben in den ersten beiden Jahren einen schlechten Start in der Regierung hingelegt. Da gab es auch viele Personalstreitigkeiten. Bei den Bürgerrechtsthemen mit der Aussetzung der Wehrpflicht, der Vorratsdatenspeicherung und der Internetzensur haben wir uns gegen die Union durchgesetzt. Trotzdem ist es uns nicht gelungen, unsere Wählergruppen zu erreichen. Ab morgen müssen wir daraus Konsequenzen für die nächsten Jahre ziehen. Ich sehe für die FDP das Potential, in vier Jahren wieder im Bundestag gewählt zu werden. Wir sind die einzige Partei im Spektrum, die marktwirtschaftlich orientiert, gesellschaftspolitisch sehr liberal ist und für Bürgerrechte und gesellschaftliche Freiheit steht.

Bei Schwarz-Grün kommt es darauf an, wer bei den Grünen das Sagen hat. Angela Merkel und Jürgen Trittin kann ich mir nicht vorstellen, aber andere Grüne schon. Frau Merkel ist inhaltlich sehr flexibel. Mein Tip ist eine große Koalition. Zumindest bei der Sitzverteilung im Bundestag hat die SPD das Recht auf Rot-Rot-Grün. Aber nachdem jeder SPD-Spitzenpolitiker gesagt hat, nicht mit der Linken zu koalieren, wird diee SPD das nicht machen. Das wäre sonst ein massiver Vertrauensverlust bei den Wählern. Von daher rechne ich mit einer großen Koalition, die den minimalen Kompromiss durchsetzen, aber nicht viel bewegen wird.

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Engagement gegen Nazis – aber auch Ignoranz und Lethargie http://weinheimblog.de/01/engagement-gegen-nazis-aber-auch-ignoranz-und-lethargie/16353.html?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=engagement-gegen-nazis-aber-auch-ignoranz-und-lethargie http://weinheimblog.de/01/engagement-gegen-nazis-aber-auch-ignoranz-und-lethargie/16353.html#respond Sat, 31 Aug 2013 23:49:00 +0000 Redaktion http://weinheimblog.de/?p=16353

Laut, aber friedlich demonstrierten die Menschen gegen die NPD auf Wahlkampftour – bis auf Angelbachtal und Rauenberg, wo die Rechtsextremen auf keinen Widerstand durch Gegendemonstranten gestoßen sind. In Weinheim hingegen sogar erreichten sie noch nicht mal den angemeldeten Platz bei der “Reiterin”.

 

Ladenburg/Weinheim/Hemsbach/Rhein-Neckar, 01. September 2013. (red/ld/zef/pro/local4u) Es herrscht Wahlkampf in Deutschland – auch für die rechtsextreme NPD. In sechs Gemeinden des Rhein-Neckar-Kreises hielt die verfassungsfeindliche Partei am Samstag Kundgebungen ab: In Rauenberg, Angelbachtal, Schwetzingen, Ladenburg, Weinheim und Hemsbach. Zwischen 100 und 150 Menschen stellten sich jeweils in Schwetzingen, Ladenburg und Weinheim mit Demonstrationen gegen die rechtsextreme Partei. In Rauenberg, Angelbachtal und Hemsbach waren keine Gegendemonstrationen angemeldet. In Hemsbach kamen trotz “Lethargie” wenigstens knapp 60 Anwohner und Passanten zu einer spontanen Gegenkundgebung zusammen.

Bericht: Lydia Dartsch, Ziad-Emanuel Farag, Hardy Prothmann

 

Der Weinheimer Jan Jaeschke (rechts), Kreisvorsitzender der NPD Rhein-Neckar und Mitglied des Landesvorstands Baden-Württemberg, “kämpft” schier unermüdlich für das rechtsextreme Gedankengut.

 

Auf Gegendemonstranten stieß die NPD erst in Schwetzingen. Zuvor waren knapp 30 Mitglieder der rechtsextremen Partei in Angelbachtal und Rauenberg ohne Widerstand aus der Bevölkerung oder durch demokratische Parteien aufgetreten.

Keine Zwischenfälle wegen guter Polizeiarbeit

Die Einsatzleitung bei allen Auftritten der NPD hatte die Polizeidirektion Heidelberg unter Einsatzleiter Christian Zacherle – auch in Ladenburg, wo eigentlich das Polizeipräsidium Mannheim zuständig ist. Das sei einfacher für die Einsatzkoordinierung, sagte Frank Hartmannsgruber, Leiter des Polizeireviers Ladenburg.

In Schwetzingen waren rund 100 Bürgerinnen und Bürger zum Schlossplatz gekommen, um sich gegen die verfassungsfeindliche Organisation zu stellen, gegen die demnächst ein Verbotsverfahren laufen soll.

Alles blieb friedlich. Die Polizei nahm eine Strafanzeige wegen Körperverletzung auf: Eine verbale Auseinandersetzung zwischen zwei Vertetern der jeweils gegnerischen Seite hatte sich zu einer “Schubserei” entwickelt, sagte Tobias Keilbach, Pressesprecher der Polizei Heidelberg.

Gut 120 NPD-Gegner friedlich in Ladenburg

In Ladenburg hatte die NPD ihre Kundgebung zwischen 14:30 und 16:00 Uhr auf dem Carl-Benz-Platz angekündigt. Hier erschienen nur noch sieben Rechtsextreme, unter ihnen der Weinheimer NPD-Kreisvorstand Jan Jaeschke.

Der Weinheimer Jaeschke ist eine treibende Kraft der Rechtsextremen – kaum eine Veranstaltung in den vergangenen Jahren, die er nicht mitorganisiert hat und selbst anwesend ist. Ein überzeugter Rechtsradikaler, der die Splitter-Partei “etablieren” will und sich nicht scheut, meistens mutterseelenalleine irgendwo rumzustehen und sein “Recht auf Meinungsfreiheit” wahrzunehmen. Jaeschke, Anfang 20, vom Erscheinugnsbild eher “weich und pumelig” und deswegen auf den ersten Blick nicht “ernstzunehmen”, ist ein politisch überzeugter Hardcore-Nazi mit Ambitionen auf “höhere Weihen”.

Bereits für 14:00 Uhr hatte DGB-Ortsvorsitzender Bernd Schuhmacher eine Gegendemonstration in unmittelbarer Nähe am Wasserturm angekündigt. Bürgermeister Rainer Ziegler wollte zwar die Veranstaltung “ignorieren”, war aber als Vertreter der Ortspolizeibehörde anwesend. Bürgermeister Ziegler, der eigentlich die NPD im eigenen Ort ignorieren wollte, sagte:

Ich sehne den Tag herbei, da die NPD verboten wird. Wir sind eine weltoffene, tolerante Stadt. Dieses Gedankengut hat hier keinen Platz.

Noch am Donnerstagvormittag hatten er und der Sprecher des Bündnisses “Wir gegen Rechts”, der evangelische Pfarrer Markus Wittig, verkündet, dass es keine Gegendemonstration geben werde – entgegen der Meinung vieler anderer Bündnismitglieder wie Bernd Schuhmacher (Deutscher Gewerkschaftsbund), der die Gegendemonstration organisiert hatte. Beide sagten uns, diese Differenzen müssten “intern” im Bündnis “Wir gegen rechts” aufgearbeitet werden.

Gut 120 Gegendemonstranten waren nach Ladenburg gekommen. Darunter Mitglieder des DGB, der SPD, der Grünen sowie der Mannheimer Landtagsabgeordnete Wolfgang Raufelder (Grüne).

Auch rund 20 Antifa-Aktivisten demonstrierten mit. Sie störten mit Tröten, Trillerpfeifen und lauten Rufen wie “Nazis raus!” die NPD-Kundgebung. Von den Reden der NPD-Mitglieder konnte bis auf wenige Passagen kaum etwas verstanden werden. Diffamiert wurden speziell Claudia Roth und Angela Merkel. Die Rechtsextremen bezeichneten weiter Homosexualität als “abartig” – ein Hetzbegriff der Nationalsozialisten unter Hitler, um andere zu entwürdigen.

 

Rund 120 Bürgerinnen und Bürger demonstrierten friedlich in Ladenburg. Bürgermeister Rainer Ziegler (SPD) (links im Anzug) hatte am Mittwoch noch zu “Ignoranz gegenüber der NPD” aufgerufen. Als Chef der Ortspolizeibehörde stand er nach seiner “Ansage” konsequent abseits der Demonstranten – obwohl er sich eigentlich gerne unters Volk mischt. Der DGB-Ortsverband hatte stattdessen die Gegendemo organisiert – mit Unterstützung der Grünen und der SPD.

 

Insgesamt blieb es jedoch dank der konsequenten Kontrolle durch die Polizei friedlich. Nur einen Moment lang wurde es brenzlig: Die NPD-Mitglieder wandten sich von den Gegendemonstranten ab und sprachen in Richtung Carl-Benz-Platz. Daraufhin lief der Großteil der Demonstranten in diese Richtung. Hier gab es keine Pufferzone zwischen den Rechten und den Gegendemonstranten.

Die Polizei rief über Lautsprecher dazu auf, wieder auf Position am Wasserturm zurückzukehren. Erst als die Polizei es zur Auflage machte, dass die NPD-Mitglieder wieder in Richtung Wasserturm sprechen, leisteten die auf dem Carl-Benz-Platz versammelten Gegendemonstranten den Anweisungen Folge. Zu Anzeigen oder Festnahmen kam es nicht.

Um 16:00 Uhr packten die Rechtsextremen ein, unter dem Jubel der NPD-Gegner. Diese hatten in den letzten Sekunden der genehmigten Kundgebungszeit einen Countdown gestartet. Die NPD-Mitglieder fuhren mit Polizeieskorte weiter nach Weinheim.

NPD kann nicht bei Weinheimer Reiterin demonstrieren

Von 16:30 bis 17:30 Uhr war ihre Demonstration an der Reiterin in der Fußgängerzone angemeldet. Bis dorthin kamen sie aber nicht. Rund 150 Gegendemonstranten hatten den Platz schon davor besetzt. Die NPD-”Truppe” mussten auf die Ecke Dürrestraße/Hauptstraße ausweichen. Auch hier machten die Demonstranten mit Trillerpfeifen, Rufen und Tröten viel Lärm gegen die rechten Parolen – und schafften es auch, dass man die Reden überwiegend aktustisch nicht verstehen konnte.

 

Kein Platz für Nazis: Rund 150 Menschen demonstrierten in Weinheim gegen die NPD.

 

Stadträtin Elisabeth Kramer (Grüne) hatte die Gegendemonstration angemeldet und mobilisiert. Europaabgeordnete und Bundestagskandidatin Dr. Franziska Brantner (Grüne) war ebenso vor Ort wie der Bundestagsabgeordnete Lothar Binding (SPD), Landtagsabgeordneter Hans-Ulrich Sckerl (Grüne) und die CDU-Stadträtin Susanne Tröscher sowie CDU-Stadtverbandschef Roger Schäfer. Lothar Binding sprach sich uns gegenüber für ein NPD-Verbot aus. Er sagte:

Es kann nicht sein, dass eine Partei, die die Demokratie abschaffen will, den Wahlkampf aus Steuergeldern finanziert bekommt.

Auch die Bundestagskandidatin der Grünen, Franziska Brantner, fand deutliche Worte:

Viele Menschen haben der Provokation der Nazis heute die Rote Karte gezeigt. Wir wollen keine NPD in Parlamenten. Rassismus hat in unserer weltoffenen Region keinen Platz. Keine Toleranz für Intoleranz.

Pünktlich um 17:30 Uhr packte die NPD in Weinheim ein und zog unter dem Jubel der Gegendemonstranten weiter nach Hemsbach. Zu Vorfällen kam es in Weinheim nicht.

Knapp 60 spontane Gegendemonstranten in Hemsbach

In Hemsbach hielten dieselben sieben NPD-Mitglieder ihre Kundgebung an der Ecke Tilsiter Straße/Thomastraße ab. Zwischen 18:00 und 19:00 Uhr war die Kundgebung angemeldet. Eine Gegendemonstration seitens der Gemeinderatsfraktionen oder der Stadt war nicht angemeldet worden. Uns wurde mitgeteilt, dass dies “urlaubsbedingt” überraschend kam und nicht möglich war.

 

Eine spontane Gegendemo der Anwohner kam auf bis zu 60 Teilnehmer.

 

Dennoch hatten sich anfangs gut 30 Anwohner und Passanten spontan vor der Kundgebung der Rechtsextremen versammelt und machten Lärm mit Rufen, Tröten und Trillerpfeifen. Sie riefen: “Nazis raus!” und “NPD. Neue Politur. Alte braune Nazidiktatur!”

Die spontane Versammlung wuchs dann auf knapp 60 Teilnehmer an. Gegen die Reden der NPD-Mitglieder kamen die hier nicht organisierten Gegendemonstranten aber kaum an.

Hemsbacher Lethargie gegenüber der NPD

Einige Anwohner hätten sich angesichts der vielen Wohnhäuser im näheren Umfeld mehr spontane Gegendemonstranten gewünscht. Ein Mann sagte uns:

Ich hätte mit mehr gerechnet. Hier wohnen so viele Menschen drum herum, die die Kundgebung hier mitkriegen. Warum sind die nicht alle hergekommen?

Eine andere sagte, die Regierung solle die NPD verbieten lassen, sonst dürften “die” demonstrieren, wie alle anderen auch. Es würde ein “riesen Aufwand” für viel Steuergeld betrieben für die paar “Hanseln”. Ihren Namen wollte sie nicht sagen. Sie fürchte sich vor Ärger.

Ein Mann, der vorher in Weinheim gegen die NPD demonstriert hatte, sagte, die Hemsbacher sähen keine Notwendigkeit zu demonstrieren. Es herrsche eine gewisse Lethargie gegenüber der NPD, keine Sympathie.

Auch in Hemsbach blieb es friedlich. Lediglich eine Beleidigung wurde bei Einsatzleiter Christian Zacherlele seitens der NPD angezeigt: Einer der Demonstranten hatte eines der beiden weiblichen NPD-Mitglieder als “Dumme Kuh!” bezeichnet.

Um Punkt 19:00 Uhr packten die NPD-Mitglieder zusammen und fuhren weg. Eine Nachveranstaltung im “Schwarzen Ochsen” in Sulzbach es nicht angemeldet worden, sagte uns Einsatzleiter Christian Zacherle:

Die haben jetzt auch genug und wollen nach Hause, haben sie mir gesagt.

Anm. d. Red.: Die Redaktion bedankt sich ganz herzlich für die vielen Hinweisgeber per email, Facebook und Twitter. Das Engagement vieler engagierter Leser/innen trägt häufig maßgeblich zu unserer kritischen Berichterstattung bei – auch Hinweise auf Fehler. Danke dafür! Das ist nicht “selbstverständlich”.

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So bleibt die Partnerschaft immer jung http://weinheimblog.de/23/so-bleibt-die-partnerschaft-immer-jung-3/15826.html?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=so-bleibt-die-partnerschaft-immer-jung-3 http://weinheimblog.de/23/so-bleibt-die-partnerschaft-immer-jung-3/15826.html#respond Tue, 23 Jul 2013 16:13:03 +0000 Alina Eisenhardt http://istlokal-medien.de/weinheimblog/?p=15826

Seit 1986 gibt es offizielle Jugendbegegnungen zwischen den beiden Städten Ramat Gan und Weinheim. Foto: Stadt Weinheim

Weinheim, 23. Juli 2013. (red/pm) Er ist ein wichtiges Kapitel Völkerverständigung und ein Jungbrunnen für die Städtepartnerschaft: Der regelmäßige Austausch von Jugendlichen aus Weinheim und der israelischen Partnerstadt Ramat Gan. Im Moment hält sich wieder einmal eine Gruppe von Jugendlichen in Weinheim auf. Der Stadtjugendring organisiert wie immer den Aufenthalt, der außerdem eng von den beiden Weinheimer Gymnasien begleitet wird.

Information der Stadt Weinheim:

“Oberbürgermeister Heiner Bernhard hat die israelischen Gäste im Großen Sitzungssaal des Rathauses jetzt ebenso begrüßt wie ihre Weinheimer Gastgeber sowie die betreuenden Lehrkräfte des Werner-Heisenberg-Gymnasium und der Dietrich-Bonhoeffer-Schule. Zwei Woche lang wohnen die Jugendlichen aus Ramat Gan in Weinheimer Gastfamilien – es ist der 26. Austausch in Folge und damit einer der nachhaltigsten in ganz Deutschland.

Mit dem Stadtjugendringsvorsitzenden Wolfgang Metzeltin, dem Partnerschaftsbegründer Albrecht Lohrbächer und Lehrer Joachim Gund waren auch Männer der ersten Stunde beim Empfang dabei. In seiner Begrüßung erinnerte der OB an die Ursprünge der Begegnungen zwischen Ramat Gan und Weinheim, die in den 80er Jahren liegen.

Seit 1986 gibt es offizielle Jugendbegegnungen zwischen den beiden Städten. In diesen 26 Jahren lernten sich bei über 40 gegenseitigen Besuchen etwa 900 Jugendliche kennen. Damit gehört Weinheim bundesweit zu den engagiertesten Kommunen beim Thema deutsch-israelische Völkerverständigung, wie auch Wolfgang Metzeltin als Vorsitzender des Stadtjugendrings bestätigte.

Die Begegnungen waren auch die Keimzelle für die offizielle Städtepartnerschaft, die seit 1999 besteht. Auch der Freundeskreis Ramat Gan unterstützt den Austausch. Der Stadtjugendring organisiert den Aufenthalt, sucht und findet jeweils die Mischung zwischen Gedenken, historischer Aufarbeitung und Vergnügen. Auch diesmal steht ein Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Natzweiler-Struthof bei Straßburg mit anschließendem Gespräch auf dem Programm, ebenso wie Besuche in Heidelberg, Worms oder des Europaparks in Rust.”

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“Wer einen Plan B hat, verfolgt Plan A nicht konsequent genug” http://weinheimblog.de/18/wer-einen-plan-b-hat-verfolgt-plan-a-nicht-konsequent-genug/14993.html?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=wer-einen-plan-b-hat-verfolgt-plan-a-nicht-konsequent-genug http://weinheimblog.de/18/wer-einen-plan-b-hat-verfolgt-plan-a-nicht-konsequent-genug/14993.html#respond Tue, 18 Jun 2013 08:16:00 +0000 Redaktion http://weinheimblog.de/?p=14993

Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP): “Die FDP kommt sicher in den nächsten Bundestag.” Foto: Photothek.net

 

Heidelberg/Rhein-Neckar, 18. Juni 2013. (red/pro/ld) Der Heidelberger FDP-Bundestagsabgeordnete Dirk Niebel ist Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der Bundesregierung und Spitzenkandidat auf der FDP-Landesliste. Die Umfragewerte seiner Partei liegen derzeit zwischen vier und sechs Prozent. Im Interview zeigte sich der Kandidat sicher, dass er auch in der nächsten Legislaturperiode Minister wird.

Anm. d. Red.: Im Vorfeld der Bundestagswahl interviewen wir Kandidaten demokratischer Parteien, die voraussichtlich eine Wahlchance haben. Alle Interviews finden Sie unter dem Schlagwort (Ende des Artikels) “Bundestagswahl 2013″.

Interview Hardy Prothmann und Lydia Dartsch

Die FDP steht in den Umfragen ja gerade nicht so gut da. Die Werte schwanken zwischen vier und sechs Prozent. Um in den Bundestag einzuziehen braucht die FDP mindestens fünf Prozent. Wie hoch sehen Sie Ihre Chancen, wieder in den Bundestag gewählt zu werden?

Dirk Niebel: Die FDP kommt sicher in den nächsten Bundestag und hat gute Chancen, die bürgerliche Koalition fortzusetzen. Bei den letzten Landtagswahlen lagen die Umfragen und das tatsächliche Abschneiden der FDP weit auseinander. Deutschland steht gut da. Das ist nicht nur, aber auch ein Verdienst der FDP in der Bundesregierung. Das werden die Bürger bei ihrer Wahlentscheidung berücksichtigen.

Was werden Sie beruflich machen, falls es die FDP nicht schafft?

Niebel: Wer einen Plan B hat, verfolgt Plan A – Wiedereinzug in den Bundestag – nicht konsequent genug.

“Das war harte Kärrnerarbeit.”

Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben Sie in Ihrer Amtszeit umstrukturiert. Wie haben Sie Ihr Amt geformt?

Niebel: Wir haben die verschiedenen Durchführungsorganisationen zur Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit fusioniert, damit Doppelstrukturen abgebaut und so die Effizienz erhöht. Das Ministerium haben wir im Zuge dessen völlig neu aufgestellt: Vor allem haben wir dafür gesorgt, dass das BMZ endlich die Lenkung über die vom Steuerzahler finanzierte Entwicklungszusammenarbeit wieder übernimmt – und nicht die durchführenden Organisationen. Das war harte Kärrnerarbeit – aber dringend notwendig. Diese Erfolge erkennen auch meine politischen Mitbewerber an.

Wie kommt es dazu, dass in Ihrem Ministerium so viele Beschäftigte FDP-Mitglieder sind?

Niebel: Die Parteizugehörigkeit der Beschäftigten wurde und wird nicht abgefragt. Die Personalauswahl erfolgt streng nach Eignung, Leistung und Befähigung.

Eignung, Leistung und Befähigung vs. Falschmünzer?

Wie profitiert Ihr Ministerium von den FDP-Mitgliedern, die dort eingestellt worden sind?

Niebel: Wie gesagt, die Personalauswahl richtet sich ausschließlich nach Eignung, Leistung und Befähigung. Wer in dem Personalauswahlprozess bei diesen Kriterien besser abschneidet als andere Mitbewerber, kann sicher einen Leistungsbeitrag für die Arbeit des BMZ erbringen – ganz unabhängig von politischen Präferenzen.

Warum wiederholen sich die Vorwürfe der Seilschaften bei Ihnen regelmäßig?

Niebel: Werden Vorwürfe nur oft genug wiederholt, werden sie für einige Leute zu Quasi-Wahrheiten, selbst wenn sie, wie in diesem Fall, objektiv falsch sind. Diesen Mechanismus nutzen die politischen Falschmünzer aus der Opposition. Außerdem wird heute mehr gegoogelt und abgeschrieben, statt solide zu recherchieren.

Es heißt, sie seien für eine Umstrukturierung der Bundesagentur für Arbeit. Streben Sie dafür den Posten als Arbeitsminister an?

Niebel: Ich will die Erfolge meiner ersten Legislaturperiode als Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in einer weiteren Amtszeit unumkehrbar machen und neue Akzente setzen.

Sie sind als Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit sicher sehr eingespannt in Themen, die vor allem das Ausland betreffen. Sie waren gerade in afrikanischen Staaten unterwegs. Was haben Sie dort gemacht?

Niebel: Ich war gerade in Uganda und Ruanda, zwei Länder, die enorme Entwicklungsfortschritte erreicht haben. Vor Ort besuche ich Projekte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und bespreche mit Beteiligten, Politikern und Vertretern der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft, was gut läuft, wo es hakt und wie wir gemeinsam noch mehr Wirkung erzielen können. Gerade in Ländern, deren tatsächliche Menschenrechtslage nicht den internationalen Abmachungen entspricht, sind meine Gespräche vor Ort sehr nützlich.

Lebensperspektiven verbessern

Welche Themen bewegen die Menschen dort?

Niebel: Ich bin Menschen in Flüchtlingslagern begegnet, die nicht wissen, wie sie die nächsten Wochen überstehen sollen. Da geht es um schiere Existenznot. Die meisten Menschen jedoch wissen, was die nähere Zukunft bringt. Sie wollen ihre eigenen Lebensperspektiven und die ihrer Familie verbessern: gute Ernährung, gute Bildung, Gesundheit und ein ausreichendes Einkommen.

Gibt es Themen, die die Menschen in Afrika wie in Heidelberg-Weinheim gleichermaßen beschäftigen?

Niebel: Im Prinzip beschäftigen sich die Menschen mit dem gleichen Thema – den Lebensperspektiven. Allerdings geschieht das hier natürlich auf einem anderen Niveau.

Haben Sie sich ein Andenken mitgebracht?

Niebel: Mir geht es nicht um Gegenstände. Was ich mitnehme, sind die Beziehungen zu den Menschen. Das ist der größte Schatz, den es gibt.

Der Konflikt in Syrien scheint sich in einen Flächenbrand in der Region zu entwickeln. Deutschland greift entsprechend der EU-Politik nicht ein. Wie bewerten Sie die Lage im Augenblick dort?

Niebel: Ich sehe die Gefahr eines Religions- und Konfessionskrieges – und einer humanitären Tragödie in der gesamten Region. Klar ist, dass gegenwärtig zu viele Konfliktparteien keine politische Lösung wollen, sondern auf eine militärische Entscheidung setzen. Es ist bitter, dass China und Russland im UN-Sicherheitsrat mehr Druck auf die Konfliktparteien durch die internationale Gemeinschaft blockieren.

Was wird von Seiten Ihres Ministeriums unternommen, um den Menschen im Land zu helfen?

Niebel: Die Bundesregierung hat bisher 139 Millionen Euro aus den Etats des Auswärtigen Amts und des Entwicklungsministeriums eingesetzt, um die Lebenssituation der Menschen in und aus Syrien zu verbessern. Wir stärken zivilgesellschaftliche Strukturen auch in Nachbarstaaten, die Flüchtlinge aufnehmen. Im Osten der Türkei bauen wir mit Malteser International eine mobile Krankenstation, die nach Syrien verlegt werden kann. In Jordanien und dem Libanon verbessern wir die Versorgung mit Medikamenten und Wasser. Auch in Syrien selbst ermöglichen wir gemeinsam mit der Welthungerhilfe notleidenden Kindern wieder den Schulbesuch. Außerdem unterstützen wir humanitäre Organisationen wie das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen.

Wahlziel: Bestes Ergebnis in Baden-Württemberg

Sie wollen in Baden-Württemberg für die FDP das beste Wahlergebnis in der FDP-Geschichte erzielen. Wie präsent können Sie da noch in Ihrem eigentlichen Wahlkreis Heidelberg-Weinheim sein?

Niebel: Ich möchte, dass die FDP in Baden-Württemberg das beste prozentuale Ergebnis in Deutschland bekommt. Die Verpflichtungen aus dem Ministeramt, meine Spitzenkandidatur in Baden-Württemberg und meine Rolle als Wahlkreisabgeordneter für Heidelberg bedeuten einen ständigen Spagat. Mir gelingt es aber, regelmäßig in den Wahlkreis zu kommen, mit den Menschen zu sprechen und über meine Netzwerke ein Gespür für die Herausforderungen in der Stadt zu erhalten.

Was denken Sie, wo den Menschen in den Gemeinden am meisten der Schuh drückt?

Niebel: Ich denke insgesamt betrachtet geht es den Menschen hier sehr gut. Wir haben in Deutschland gegenwärtig so viele Beschäftigte wie noch nie. Die öffentlichen Haushalte sind durch die gestiegenen Steuereinnahmen spürbar entlastet worden. Dies gilt nicht nur für den Bund, sondern auch für die Kommunen.

Eine große Herausforderung für die gesamte Metropolregion ist der Abzug der US-Streitkräfte und die damit verbundene Frage der Nachnutzung ihrer Liegenschaften. Hier wird es darum gehen, tragfähige und nachhaltige Lösungen zu finden, um ganze Siedlungen zu lebendigen Teilen der Städte und Gemeinden zu machen. Diese Herausforderung treibt viele Bürgerinnen und Bürger um.

Wie können Sie in der kommenden Legislaturperiode diese Probleme lösen?

Niebel: Wir werden im Bund weiterhin die richtigen Weichen für Wachstum und Beschäftigung stellen und damit indirekt auch den Kommunen die nötigen finanziellen Spielräume zur Bewältigung ihrer Herausforderungen ermöglichen.

“Es darf keine Einheitsbildung geben.”

Was halten Sie von Gemeinschaftsschulen?

Niebel: Als Liberaler bin ich für den Erhalt einer vielfältigen Schullandschaft, die jedem Kind ein seinen Begabungen angemessenes Angebot macht. Die Gemeinschaftsschule kann dabei ein Angebot unter vielen sein. Da es keine Einheitskinder gibt, darf es auch keine Einheitsbildung geben. Die finanzielle Bevorzugung des grün-roten Lieblingskindes Gemeinschaftsschule zu Lasten aller anderen Schularten ist daher nicht hinnehmbar.

Zur Person

Dirk Niebel wurde am 29. März als Sohn einer Hauswirtschaftslehrerin und eines Rugby-Spielers und Wirtschaftswissenschaftlers in Hamburg geboren. Der Vater verließ Herrn Niebels Mutter und seinen Sohn, als dieser fünf Jahre alt war.

Die Schule schloss er zuerst mit der Mittleren Reife ab und holte anschließend die Fachhochschulreife nach. Danach lebte er ein Jahr lang im Kibbuz Kfar Giladi in Israel. Vor seinem Studium des Verwaltungswesens diente er als Fallschirmjäger und Berufssoldat in der Bundeswehr. 2008 wurde er zum Hauptmann befördert. Von 1993 bis 1998 arbeitete er als Arbeitsvermittler in der jetzigen Bundesagentur für Arbeit in Sinsheim angestellt. In dieser Zeit – bis 1996 – war er ehrenamtlicher Richter am Landgericht Heidelberg.

Seine politische Karriere begann Dirk Niebel 1977 bei der Jungen Union, der Jugendorganisation der CDU, der er 1979 beitrat. Nach seinem Austritt aus beiden Organisationen im Jahr 1981, trat er 1990 der FDP bei und war Gründungsmitglied des Kreisverbands Heidelberg der Jungen Liberalen. Seit 1998 ist er Mitglied des Bundestages und war von 2004 bis 2005 Stadtrat in Heidelberg. Von 2005 bis 2009 war er Generalsekretär der FDP und ist seit der vergangenen Bundestagswahl 2009 Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unter der Regierung von Angela Merkel.

Außerdem ist Dirk Niebel seit 1996 ehrenamtlicher Beisitzer des Ausschusses für Kriegsdienstverweigerung beim Kreiswehrersatzamt Karlsruhe, seit 2000 Vorstandsmitglied der Deutschen-Atlantischen Gesellschaft und Schirmherr des Deutschen Rugby-Verbandes. Er war bis 2004 Kurator am Max-Planck-Institut für Kernphysik, Mitglied des Kuratoriums der Friedrich-Naumann-Stiftung bis 2009 sowie bis 2010 Vizepräsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.

Dirk Niebel ist verheiratet und hat drei Söhne.

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“Kluge Politik nicht für die Region allein” http://weinheimblog.de/05/kluge-politik-nicht-fur-die-region-allein/14862.html?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=kluge-politik-nicht-fur-die-region-allein http://weinheimblog.de/05/kluge-politik-nicht-fur-die-region-allein/14862.html#respond Wed, 05 Jun 2013 07:49:00 +0000 Redaktion http://weinheimblog.de/?p=14862

Lothar Binding ist seit 1998 Mitglied des Bundestages. Der gelernte Starkstromtechniker und studierter Physiker ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Er engagiert sich in vielen Vereinen rund um Heidelberg und betreibt gemeinsam mit seiner Frau ein Jugendferienhaus.

 

Heidelberg/Weinheim, 04. Juni 2013. (red/ld) Von dem Streik der Straßenbahn- und Busfahrer bekam Lothar Binding nicht viel mit. Trotzdem setzt er sich im Bundestag für den Mindestlohn und gegen prekäre Arbeitsverträge ein, die regelmäßig neu befristet werden. In der Region sei das zwar kein so drängendes Problem. Aber kluge Politik mache man ohnehin nicht mit regionalen Themen. Stattdessen projiziere man die eigenen Themen auf andere Regionen und hole sich so Unterstützung für sein Vorhaben. Das funktioniere kluge Politik, findet Lothar Binding, der im Herbst wieder für die SPD in den Bundestag einziehen  will.

Anm. d. Red.: Im Vorfeld der Bundestagswahl interviewen wir Kandidaten demokratischer Parteien, die voraussichtlich eine Wahlchance haben. Alle Interviews finden Sie unter dem Schlagwort (Ende des Artikels) “Bundestagswahl 2013″. Das nächste Interview wird mit Frau Dr. Birgit Reinemund (FDP) sein.

Intverview: Lydia Dartsch

Herr Binding, wie sind Sie in den letzten Wochen mit den Streiks der RNV-Beschäftigten umgegangen?

Lothar Binding: Politisch unterstütze ich die Arbeitnehmer, persönlich habe ich von den Streiks nicht viel mitbekommen. Wenn ich in Heidelberg bin, fahre ich meistens mit dem Rad, in die Gemeinden im Wahlkreis meistens mit dem Auto.

Wie lange fahren Sie mit dem Rad hier in Ihr Büro?

Binding: Das dauert keine zehn Minuten.

Wie setzen Sie sich als Bundestagsabgeordneter für die Region ein?

Binding: Das ist eine schwierige Frage, weil es in der Region natürlich spezielle Interessen gibt, die in Berlin zunächst keine Mehrheit finden. Deshalb ist die Formel „Ich kämpfe für meine Region“ das Dümmste, was man sagen kann.

Kluge Politik identifiziert Probleme bundesweit

Das müssen Sie mir erklären.

Binding: Wenn Sie als Hamburger Abgeordnete in Berlin für Ihren Wahlkreis kämpfen, interessiert mich das doch als Abgeordneter für Heidelberg nur begrenzt. Da interessieren mich die Themen in Heidelberg, Weinheim, Ladenburg….

Mit der Folge, dass sich alle Abgeordneten nur um die eigenen Wahlkreise kümmern. Dann ließen sich im Bundestag kaum Mehrheiten finden?

Binding: Genau. Kluge Politik ist es, die Probleme bundesweit zu identifizieren, zu bündeln und sie so abzubilden, dass ich das Problem angehen kann, das ich eigentlich lösen will: Nämlich das Problem vor Ort.

Sie meinen, dass man sichtbar macht, dass andere Abgeordnete mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben?

Binding: So nimmt man die Anderen ernst. Wenn man als Provinzpolitiker, als Kirchturmpolitiker auftritt, kommt man nicht weit.

Nennen Sie doch mal ein Beispiel.

Binding: Nehmen wir die Lärmbelastung durch den Güterverkehr in Weinheim. Dort ist ein Lärmsanierungsprojekt offensichtlich nicht abgeschlossen – die Bahn behauptet aber das Gegenteil. Nun gilt es, andere Städte und Gemeinden, andere Wahlkreise zu finden, deren Bürger auch unter Lärm allgemein, oder in Folge unfertiger Sanierungsprojekte, leiden. Sind solche Wahlkreise gefunden, gilt es, mit den Kolleginnen und Kollegen in Berlin zu sprechen und wenn möglich einen gemeinsamen Antrag, ein Gesetz, bestenfalls sogar parteiübergreifend, auf den Weg zu bringen. Wenn es gut läuft, formuliert man den ersten Entwurf selbst, verzichtet aber auf die Urheberschaft, denn das mildert den Wettbewerb um die Urheberschaft im Parlament.

Dort helfen, wo es Aussicht auf Erfolg gibt

Läuft das immer so?

Binding: Es gibt auch den umgekehrten Fall: Nehmen wir die Autobahnanschlüsse an die A5. Einzelne Gemeinden wollten einen eigenen Anschluss. Das war verständlich, widersprach aber allen Regeln bzw. Rechtsnormen für Autobahnen: Wenn die Anschlussstellen zu dicht sind, erhöht sich die Unfallgefahr, der Verkehrsfluss wird beeinträchtigt. Dann muss man einer Gemeinde auch sagen, dass dieses Projekt keine Aussicht auf Erfolg haben wird und es sich nicht lohnt, in diese Richtung weiter zu investieren.

Warum?

Binding: Ich helfe gern dort, wo eine kleine Chance auf Erfolg besteht. Aber wo gar keine Chance besteht, darf man keine Lösungsversuche simulieren, sondern offen sagen, dass es nicht klappt.

Also ist das auch ehrliche Politik?

Binding: Unehrlichkeit in solchen Fällen holt einen oft schon nach ein paar Wochen oder Monaten wieder ein. Wenn man dann an der Regierung ist, sagen die Leute: “Jetzt mach mal!” Und dann hat man ein kurzes Hemd.

Chancengerechtigkeit ist wichtig

Etwas, das mir aufgefallen ist, sind die Meldungen über niedrige Arbeitslosenzahlen und -quoten. Aber gleichzeitig wird ein Armutsbericht veröffentlicht, in dem erklärt wird, dass immer mehr Menschen knapp über oder sogar unter der Armutsgrenze leben, trotz Job. Wie lässt sich diese Diskrepanz erklären?

Binding: Ein Problem der Verteilung ist, dass wir keine Chancengerechtigkeit haben. Da geht es nicht darum, dass jeder gleich viel verdient oder die gleiche Bildung hat. Es geht darum, jemandem eine gute Schule zu verwehren, nur weil derjenige oder dessen Eltern nicht genug Geld haben. Das geht nicht.

Das ist das eine Problem.

Binding: Und das pflanzt sich bis dahin fort, dass wir eine unanständige Verteilung des Einkommens und des Vermögensverteilung in Deutschland haben.

Eine unanständige Vermögensverteilung?

Binding: Wir haben 10 Billionen Euro unverschuldetes Privatvermögen und davon gehören 2,5 Billionen Euro nur 0,1 Prozent der Menschen, 60 % wurden geerbt. Das ist total ungerecht. Ein anderes Beispiel ist das Durchschnittseinkommen: Das liegt bei 30.000 Euro im Jahr. Das ist nicht viel, aber viele haben viel weniger. Und dann gibt es Leute, die verdienen 48.000 Euro am Tag. Viele müssen mit 600 Euro im Monat klar kommen.

Womit hängt das zusammen?

Binding: Das hängt vor allem mit der Art der Beschäftigung ab. Sie erwähnten den Armutsbericht und die Aufstockungsproblematik. Gerade im unteren Bereich arbeiten viele Menschen in prekärer Beschäftigung, also mit Arbeitsverträgen, die befristet sind, in geringfügiger Beschäftigung, in Zeit- und Leiharbeit. Da ist z.B. ein Problem die sachgrundlose Befristung für die Höchstdauer von zwei Jahren.

Die “sachgrundlose Befristung” abschaffen

Ein Instrument, das Rot-Grün ermöglicht hatte.

Binding: Ja. Wir waren damals davon ausgegangen, dass Unternehmen viele Leute fest anstellen, wenn sie mit jemandem zufrieden sind, der vorher zwei Jahre befristet dort gearbeitet hat. Klebe-Effekt nennen wir das.

Die Rechnung ist aber nicht aufgegangen.

Binding: Das hat am Anfang ganz gut funktioniert, aber nach einigen Jahren hat es sich dann so entwickelt, dass die Unternehmen jemanden für zwei Jahre einstellen, demjenigen danach kündigen und einen Neuen zwei Jahre einstellen, um dauerhaft diese Befristung zu haben und immer wieder neue Leute einstellen, und das dann auch noch zu anderen Löhnen, als den fest angestellten Mitarbeitern gezahlt werden, die schon im Betrieb sind.

Was wollen Sie dagegen machen?

Binding: Wir wollen die sachgrundlose Befristung abschaffen.

Tarife nicht unter Mindestlohnniveau

Welche Rolle spielt denn die Leiharbeit in der Verteilungsfrage?

Binding: Wir haben die Leiharbeit eingeführt unter der Vorgabe, dass geliehene Arbeiter das gleiche verdienen, wie die im Unternehmen angestellten.

Eigentlich ganz einfach.

Binding: Dann meldeten sich die Gewerkschaften zu Wort und sagten, wir würden uns in Tarifautonomie einmischen. Wenn die Leiharbeitsfirma einen Tarifvertrag hat, kann der geliehene Arbeitnehmer ja nicht nach dem Tarifvertrag des Unternehmens bezahlt werden, an das er ausgeliehen wurde. Deshalb haben wir das so geändert, dass das Prinzip Equal Pay nur dann greift, wenn kein eigener Tarifvertrag in der Verleihfirma vorhanden ist.

Das leuchtet ein, dass man nicht anders bezahlt wird, als im Tarifvertrag vereinbart.

Binding: Dann gab es aber sogenannte christliche Gewerkschaften – die wurden sogar neu gegründet – und sie haben Tarifverträge gemacht, die unter den Tarifen der Firmen lagen, an die sie ihre Arbeiter verliehen haben: Richtig unanständige Dumpinglöhne.

Ist ja interessant.

Binding: Dieses System wollen wir abschaffen und außerdem einen Mindestlohn einführen, damit die Schere zwischen Arm und Reich wenigstens hier nicht noch weiter aufgeht.

Könnte das nicht auch dazu führen, dass die Leiharbeitsfirmen ihre Angestellten per se nur noch zum Mindestlohn einstellen?

Binding: Das wäre immerhin mehr als heute. Das Tarifrecht würde weiter gelten, aber die Diskrepanzen würden ganz anders aussehen, weil der Trieb dieser christlichen Gewerkschaften, das Tarifvertragsrecht zu benutzen, bei 8,50 Euro Mindestlohn weniger attraktiv ist als bei 4,50 Euro.

Warum braucht man denn überhaupt erst einen Mindestlohn? Können die Unternehmen das nicht von sich aus bezahlen? Sind die Preise zu niedrig?

Binding: Der Zusammenhang zwischen Preisen und Löhnen lässt sich nicht an dieser relativ kleinen Gruppe allein festmachen. Aber wenn ich unanständig niedrige Löhne bezahle, können die Leute faire Preise nicht bezahlen.

Das klingt ja nach einer vernünftigen Lösung des Problems.

Binding: Im Moment wird vielen Arbeitnehmern so wenig gezahlt, dass sie aufs Sozialamt gehen und Geld dazu bekommen. Warum soll der Staat – also alle anderen Bürger – einem Arbeitgeber, der so unanständig niedrige Löhne zahlt, diese Unanständigkeit auch noch vergüten?

Der Steuerzahler subventioniert also Dumpinglöhne?

Binding: In Wahrheit subventioniert man einen Arbeitgeber, dessen Geschäftsmodell nur funktioniert, wenn er Löhne zahlt, von denen man nicht leben kann. Diese Geschäftsmodelle sind falsch. Da geht es nur um kurzfristige Gewinnmaximierung.

Wenn Leiharbeitsfirmen durch dem Mindestlohn kein Geschäft mehr machen könnten, würden mehr Menschen arbeitslos?

Binding: Wenn Arbeit gebraucht wird, die der Leiharbeiter gemacht hat, müssen die Arbeitskräfte nicht ausgeliehen werden. Dann werden sie eingestellt.

Warum werden Arbeitnehmer überhaupt ausgeliehen und nicht gleich eingestellt, wenn ihre Arbeit doch gebraucht wird? 

Binding: Das hat Flexibilitätsgründe, zum Beispiel um Leistungsspitzen abzufedern. Es ist ja teilweise eine legitime Angelegenheit und es gibt auch Leiharbeiter, die gerne eine Zeit lang hier und eine Zeit lang woanders arbeiten.

Werden die denn weiter bezahlt, wenn sie mal nicht verliehen werden können?

Binding: Klar. Die sind ja fest angestellt und Fehlzeiten in der Ausleihe müssen in der kalkulatorischen Grundlage der Leihfirmen einbezogen sein.

Soziale Unsicherheit macht keine Lust auf Familie

Was ist denn mit Arbeitnehmern, die mehrere Jahre an eine Firma ausgeliehen werden?

Binding: Bei fairer Bezahlung ist das kein Problem. Ich bin ja Elektriker und Kollegen haben lange als Angestellte von Siemens im VW-Werk gearbeitet und bei Siemens sogar mehr verdient, als sie bei VW verdient hätten.

Sind niedrige Löhne und befristete Arbeitsverträge ein wesentlicher Grund für den demografischen Wandel – sprich, verhindert das Nachwuchs?

Binding: Bei solcher Unsicherheit ist die Lust, eine Wohnung zu mieten, zu heiraten und Kinder zu planen natürlich geringer. Viele, auch jene, die gern Kinder hätten, wollen nicht auch noch Dritte in diese Unsicherheit hinein bringen. Auch deshalb bin ich für versicherungspflichtige und dauerhafte und fair bezahlte Beschäftigung.

Da fallen Mini-Jobs ja nicht drunter.

Binding: Ich bin eigentlich gegen Mini-Jobs und Midi-Jobs. Die CDU-Regierung hat das sogar noch ausgeweitet auf 450 Euro Mini-Jobs.

Mini-Jobs einschränken

Das ist doch eigentlich nicht schlecht als Zuverdienst.

Binding: Als es früher noch 630-DM-Jobs waren, war das eine ganz gute Idee: Die Studierenden oder die Hausfrauen und Hausmänner konnten sich ein Zubrot verdienen. Aber plötzlich haben die Unternehmen angefangen, reguläre Arbeit in Mini-Jobs umzuwandeln, nur um etwas flexible zu sein und einige Sozialabgaben zu sparen. So war das aber nicht gedacht.

Wie wollen Sie das eindämmen?

Binding: Man muss die Grenze zum versicherungspflichtigen Job vielleicht auf 300 Euro senken, damit es sich solche Umwandlungen nicht mehr lohnen. Wir beobachten, dass mehr Menschen in die Schwarzarbeit gehen, weil sie neben ihrem 450-Euro-Job keinen weiteren haben dürfen.  Die würden nie etwas Illegales machen, wären sie regulär beschäftigt.

Kennen Sie das aus eigenen Erfahrungen?

Binding: Ja. Meine Frau und ich haben jemanden gesucht, der uns samstags im Haushalt hilft. Von den 14 Menschen, die sich beworben haben, wollte es eine Person legal machen.

Das kommt für Sie als Abgeordneter nicht in Frage.

Binding: Ich habe den Bewerbern auch gesagt, dass ich Abgeordneter bin, dass illegale Beschäftigung aber auch grundsätzlich nicht gehe. Plötzlich war das denen total peinlich.

Aber 300 Euro als Grenze ist keine Lösung. Als Student hätte man damit Probleme, über die Runden zu kommen.

Binding: Diese Grenze könnte man vom Status abhängig machen. Vieles ließe sich ja mit einem Studentenausweis schnell klären. Es soll ja auch nur ein Zuverdienst sein.

Was, wenn die Arbeitgeber auch dieses Mittel ausnutzen und viele 300-Euro-Jobs schaffen?

Binding: Missbrauch wird sich leider nicht vollständig verhindern lassen, aber irgendwann ist der Aufwand so hoch, dass sich das nicht mehr lohnt. Das müsste man abwarten und dann nach einer gewissen Zeit überprüfen.

“Bei der Energieversorgung setze ich auf dezentrale Anlagen”

Ein heiß diskutiertes Thema gerade in Weinheim und Umgebung sind Windkraftanlagen, die dort gebaut werden sollen. Ein sehr großer Teil der Stromversorgung lässt sich ja bereits aus erneuerbaren Quellen gewinnen, nur die Stromnetze sind noch nicht dafür vorhanden. Was ist Ihre Haltung dazu?

Binding: Wir können schon heute über 25 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien gewinnen. Die Kapazitäten sind sogar ein bisschen höher, gerade mit den Offshore-Windanlagen – aber noch nicht alle Leitungen sind dafür schon vorhanden. Die Energiewende hat unter dem ganzen Hin und Her der Regierung Merkel gelitten.

Hat man das nicht absehen können, dass das Netz ausgebaut werden muss?

Binding: Die Regierung wollte ursprünglich die Atomkraft stärken und hat die Verträge mit der Industrie, die unter Rot-Grün geschlossen worden sind, gekündigt. Mit dem Ausstieg hat sie die neuen Verträge wieder gekündigt. Alle mussten sich neu einstellen. Durch dieses Hin und her hat man enorm viel Zeit und Geld verloren.

Wie lange würde es dauern, das Stromnetz zu modernisieren, dass die Kapazitäten auch ausgeschöpft werden können?

Binding: Das Ausstiegs-Szenario sieht vor, 2022 auf Atomstrom verzichten zu können. Ohne das Hin und Her hätte man schon Leitungen legen können und wäre ein Stück weiter. Allerdings setze ich grundsätzlich eher auf dezentrale Anlagen. Damit könnte man viel besser auf die unterschiedlichen Formen der Sonnenenergie zurückgreifen: Auf Wind, Wasser, Geothermie oder Photovoltaik. Andere Formen sind Gezeitenkraftwerke, Bioenergie oder Speicherkraft durch Pump-Anlagen im Gebirge, auch im Mittelgebirge.

Was ist denn mit den Windkraftanlagen, die in Weinheim gebaut werden sollen?

Binding: Ich möchte mich nicht auf einen Standort festlegen, weil es ja so viele Energieformen gibt. Was in der einen Region nicht geht, geht vielleicht woanders. Man könnte in Weinheim mehr Geothermie-Anlagen bauen. Es gibt dort ja schon eine. Aber auch die Photovoltaik und andere Möglichkeiten sind noch lange nicht ausgereizt.

Und mit dezentralen Strukturen bräuchte man keine dicken Stromleitungen und würde den Strom dort verwenden, wo er hergestellt wird?

Binding: Ja. Außerdem ist dies natürlich eine Entmachtung der Konzerne. Die wollen Großanlagen, weil sie für ihre großtechnischen Produktionsstrukturen günstiger sind. Ob das für den Verbraucher und die Gesellschaft günstiger ist, müssen wir noch sehen, weil am Ende alle alles bezahlen: Die Managergehälter des Konzerns, ihre Spekulationen und eben auch die dicke Leitung, die wir dann gar nicht mehr bräuchten.

Die Verbraucher bezahlen auch die EEG-Umlage, von der viele Unternehmen befreit sind, wie beispielsweise die RNV in Mannheim. Deren Umlage bezahlen die Verbraucher ja auch wieder mit, oder?

Binding: Stimmt. Die schwarz-gelbe Regierung hat sehr viel mehr Betriebe in die Ausnahme genommen als nötig. Wir haben damals hauptsächlich Energieintensive Betriebe, z.B. Aluminiumproduzenten von der Umlage befreit, weil Aluminium sehr viel Energie braucht: In Anführungsstriche: „95 Prozent Strom, 5 Prozent Bauxit“. Wenn man den Strom zu teuer macht, kann man international nicht mehr konkurrieren. Wenn man aber alle möglichen Firmen von der EEG-Umlage befreit, als so genannte „Energieintensive Betriebe“, muss eine immer kleinere Gruppe einen immer größeren Teil der gleichen Kosten bezahlen.

“Die wichtigsten Themen sind gute Bildung, Arbeit und Energieversorgung”

Angenommen, die SPD kann sich im Herbst wieder an einer Regierung beteiligen, die Umfragen sehen da ja gerade nicht so gut aus …

Binding: Umfragen schaue ich nicht an. Das macht nur nervös und Umfragen haben mit dem Ergebnis am Wahlabend nicht viel zu tun.

Was sind denn Ihre Vorhaben für die nächste Legislaturperiode?

Binding: Da könnte ich Ihnen jetzt unser Wahlprogramm von 80 Seiten vortragen.

Das könnten Sie tun.

Binding: Für mich sind die wichtigsten Themen die sozialen Fragen. Da geht es um Bildung, gute Arbeit und Energieversorgung.

Wie hängt das zusammen?

Binding: Wir brauchen ein neues wirtschaftliches Standbein, und das sehe ich in der Entwicklung innovativer Energien. Wenn wir neue Technologien dafür entwickeln und uns auf die Sonne konzentrieren, sind wir für die nächsten 20-30 Jahre auf dem Weltmarkt gut aufgestellt. Dafür müssen wir weg von prekärer Beschäftigung und die Bildung verstärken.

“Ich bin in der Schule aussortiert worden”

Welchen Stellenwert haben da Gemeinschaftsschulen?

Binding: Einen großen: Die Leute, die heute chancenlos sind, sind es deshalb, weil sie in einer punktuellen Auslese einfach nicht gut waren in bestimmten Fächern. Wie ich zum Beispiel.

Sie kennen das aus eigener Erfahrung?

Binding: Ich bin in der vierten, fünften Klasse aussortiert worden, weil ich in Deutsch schlecht war. Ich bin dann neun Jahre auf der Volksschule geblieben, habe erst nach der Lehre später meine Mittlere Reife nachgemacht, dann das Abitur und anschließend Mathematik, Physik und Philosophie studiert. Meine Volksschullehrer, von denen ich heute weiß, dass sie oft keine gute Lehrer waren, haben das damals nicht erkannt, dass jemand mehr kann, als in einem Moment sichtbar, in dem er mit zehn Jahren noch sehr verspielt ist. Wenn man diese – oft auch soziale – Auslese abschaffen will, ist die Gemeinschaftsschule genau richtig, weil sie länger gemeinsames Lernen organisiert, den Frontalunterricht abschafft, Gruppenarbeit ermöglicht und eine völlig neue Form der Betreuung erfordert.

Viele Menschen haben ja große Angst vor dieser neuen Unterrichtsform.

Binding: Viele Realschullehrer argumentieren, ihr Arbeitsplatz würde entwertet. Die CDU hetzt viel herum gegen die Gemeinschaftsschule. Lehrer haben Angst vor der Veränderung. Das ist ganz klar. Aber da müssen wir alle Bevölkerungsgruppen mit einbeziehen. Und was wäre das für ein Zeichen, wenn große Teile der Gesellschaft nicht mehr über die Flexibilität verfügen würde, zukunftsfähige Veränderungen zu gestalten.

Führen Sie dahingehend auch Gespräche auf kommunaler Ebene?

Binding: Mit Bürgermeistern, ich bin auch regelmäßig an Schulen im Wahlkreis, besuche Vereine und Unternehmen – alle gesellschaftlichen Gruppen müssen oder sollten sich in solche Veränderungsprozesse einmischen.

 

Zur Person:

Lothar Binding ist am 01. April 1950 in Sandershausen bei Kassel geboren und zur Schule gegangen. Er absolvierte dort eine Lehre zum Starkstrom-Elektriker und gelangte über den zweiten Bildungsweg zum Studium der Physik, Mathematik und Philosophie in Tübingen und Heidelberg. Seit 1966 ist er Mitglied der SPD, war Vorsitzender des Kreisverbands Heidelberg, Mitglied des Heidelberger Gemeinderats. Seit 1998 ist er Mitglied des Bundestags. Dort ist er Sprecher der Arbeitsgruppe Finanzen, Mitglied der Arbeitsgruppe Kommunalpolitik und stellvertretender Sprecher der Landesgruppe Baden-Württemberg. Er ist Mitglied im Finanzausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie im Haushalts- und im Rechtsausschuss.

Zudem ist er seit 2009 Vorsitzender des Heidelberger Mietervereins. Er ist außerdem Mitglied bei der Arbeiterwohlfahrt, Die Brücke – Hilfe für Obdachlose in Schwetzingen, Eurosolar – Europäische Sonnenenergie-Vereinigung, dem Förderverein Kulturhaus Karlstorbahnhof, der Gesellschaft für Informatik e.V., dem Dritte Welt e.V. – Dossenheim, ISOC – Internet Society, dem Kulturfenster – Soziokulturelle Kinder- & Jugendarbeit. Er ist Mitglied in der Gewerkschaft Verdi, des Stadtteilvereins Heidelberg-Weststadt, des VCD – Verkehrsclub Deutschland, der VHS – Volkshochschule Heidelberg, dem Werkstatt e.V. – Beschäftigung für Langzeitarbeitslose sowie der Wohnhilfe Heidelberg e.V.

Lothar Binding ist verheirtatet und hat zwei erwachsene Kinder. Gemeinsam mit seiner Frau betreibt er ein Jugendferienhaus, das sie zusammen führen.

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