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Montag, 02. September 2013

Nachgefragt: Wie wird aus einer politischen PR-Meldung ein redaktioneller Text in der RNZ?

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Ist das Umtexten einer politischen PR-Meldung tatsächlich geeignet, als redaktioneller Text veröffentlicht zu werden? Oder ist das Betrug am Leser?

Weinheim, 17. November 2011. (red) Nicht nur der Politik, sondern auch den Medien muss man “auf die Finger schauen”, wenn seltsame Dinge passieren. Aktuell erschien in großer Aufmachung am 15. November ein Text in der RNZ, den angeblich der Redakteur Stefan Hagen geschrieben hat. Das Problem: Dieser Text ist mit allen wesentlichen Inhalten und teils wortgleich bereits am 14. November 2011 erschienen – auf der Homepage des CDU-Landtagsabgeordneten Georg Wacker.

Von Hardy Prothmann

Eigentlich sollen die Medien als “vierte Gewalt” ja die Politik kritisch begleiten. Das ist auch gut so. Schlecht wird es, wenn Medien mit der Politik gemeinsame Sache machen.

Am 27. November gibt es eine Volksabstimmung über das Schicksal von Stuttgart 21. Am 15. November erscheint in der Rhein-Neckar-Zeitung ein Text, der jeden Zusammenhang zwischen S21 und dem Ausbau der S-Bahn Rhein-Neckar zurückweist.

Angeblich seien Kritiker widerlegt – es gebe keinen Zusammenhang. S21 habe keinen Einfluss auf die weitere Entwicklung der S-Bahn, so lautet die Botschaft kurz zusammengefasst. Die “Gegenseite” wurde für diesen Text nicht gehört. Ein klarer handwerklicher Fehler.

Mehr als erstaunlich ist, dass dieser angeblich redaktionelle Text bereits einen Tag zuvor erschienen ist. Als Information des CDU-Landtagsabgeordneten Georg Wacker. Und erstaunlich ist, dass tags drauf beispielsweise die CDU Ladenburg ebendiesen Text als “Pressemitteilung” verschickt.

Da kommen Fragen auf: Beispielsweise zur Unabhängigkeit und Überparteilichkeit der Rhein-Neckar-Zeitung. Wie kann es sein, dass ein einseitiger Text, der zudem unwahre Aussagen enthält, es als ein von einem Redakteur gefertigten Artikel in die Rhein-Neckar-Zeitung schafft?

Wir haben versucht, von der Rhein-Neckar-Zeitung Auskunft zu erhalten. Ob wir eine Antwort erhalten ist offen. Aber auch keine Antwort wäre eine Antwort.

Links:

Originalartikel beim CDU-Landtagsabgeordneten Georg Wacker

Artikel in der RNZ

Dokumentation unserer Anfrage:

An die Chefredaktion RNZ

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 15. November 2011 berichtet die RNZ in der Ausgabe 264 auf Seite 9 unter der Überschrift “Verzögerungen Ja – aber nicht wegen S21″ über einen nicht vorhandenen Zusammenhang zwischen S21 und dem Ausbau der S-Bahn Rhein-Neckar.

Der Redakteur Stefan Hagen zitiert darin Herrn Wacker und andere CDU-Mitglieder und beruft sich auf ein Schreiben des Verkehrsministeriums.

Nach unseren Recherchen handelt es sich bei dem angeblich durch Herrn Hagen verfassten Text in allen wesentlichen Teilen um einen Text, der von Herrn Wacker am 14. November, also einen Tag zuvor auf dessen eigener Homepage veröffentlicht worden ist.

Wir haben dazu berichtet:
http://weinheimblog.de/2011/11/16/offener-brief-an-die-cdu-weinheim-unredlich-ist-wer-falsch-zeugnis-ablegt/

Unser Versuch, die Umstände der Entstehung dieses Textes zu erfragen, ist gescheitert. Herr Hagen hat uns telefonisch folgendes mitgeteilt:

“Das ist mein Text, ich habe den verfasst und bearbeitet. Ich bedanke mich herzlich.”

Dann legte Herr Hagen auf.

Wir würden nun gerne wissen, ob es bei der RNZ üblich ist, PR-Texte von politischen Parteien, insbesondere der CDU, inhalts- und auch wortgleich als selbständig verfasste redaktionell-journalistische Leistungen von Redakteuren zu veröffentlichen?

Wenn dem so ist, würden wir gerne in Erfahrung bringen, wie sich das mit einem unabhängigen und objektiven Journalismus verträgt? Sollten Sie keinen überparteilichen und unabhängigen Journalismus betreiben, hat sich die Frage natürlich erübrigt. Dann hätten wir aber gerne eine kurze Bestätigung, dass Sie einen parteiischen und abhängigen Journalismus betreiben und verantworten.

Darüber hinaus möchten wir gerne wissen, ob es vielleicht sogar vorstellbar ist, dass Herr Hagen den Text für Herrn Wacker geschrieben hat und seine Aussage, es handle sich um “seinen” Text somit zutreffend ist. Dann wäre unsere Feststellung, dass es sich nicht um einen Text von Herrn Hagen handelt, natürlich haltlos.

Eventuell war Ihnen nicht bekannt, dass Herr Hagen, unabhängig davon, ob er seinen eigenen Text oder den von Herrn Wacker, umgeschrieben hat. Wenn dem so ist, würde uns interessieren, welche Konsequenzen Sie aus dieser Kenntnis ziehen?

Wären Sie eventuell bereit, sich bei Ihren Lesern zu entschuldigen und einen Text an gleicher Stelle zu veröffentlichen, der die “unglückliche” Genese dieses Propaganda-Stücks erklärt? Vielleicht sogar verbunden mit einer Versicherung, dass Sie alles dafür tun, dass sich solche “unglücklichen” Veröffentlichungen nicht wiederholen?

Wir bedanken uns recht herzlich vorab für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Das Weinheimblog.de

Hardy Prothmann

Offener Brief an die CDU Weinheim: Unredlich ist, wer falsch Zeugnis ablegt

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Der Originalauszug des Schreibens des Verkehrsministeriums. Stuttgart 21 wird in der gesamten Drucksache nicht ein einziges Mal auch nur erwähnt. Der CDU-Landtagsabgeordnete interpretiert daraus eine "Widerlegung der Propanda des Grünen-Abgeordneten Hans-Ulrich Sckerl", die RNZ führt diese Behauptung als Beleg an und die CDU Weinheim beruft sich auf die Zeitung, um unserer Redaktion "Unredlichkeit" vorzuwerfen. Das hat schon fast die Qualität "kommunistischer Kampfpropaganda". Quelle: Drucksache 15/754

 

Weinheim, 16. November 2010. Der Pressesprecher der Weinheimer CDU, Dr. Thomas Ott, hat uns eine “unredliche Berichterstattung” im Zusammenhang mit einem Interview zu Vor- und Nachteilen von Stuttgart 21 für die Region vorgeworfen. Dieser Vorwurf ist unhaltbar und das Gegenteil ist richtig: Nicht wir arbeiten unredlich, sondern die CDU äußert sich unredlich und stützt sich dabei auf eine falsche und unredliche Berichterstattung in der Rhein-Neckar-Zeitung.

Von Hardy Prothmann

Herr Dr. Ott – wir schätzen Sie wie alle anderen Leserinnen und Leser für kritische Kommentare. Wenn Sie allerdings anfangen, dummes Zeugs zu schreiben, bleibt uns nur, Sie zur Besinnung zu rufen. [Weiterlesen...]

In eigener Sache: Schöne Herbstferien – wir renovieren!


Rhein-Neckar, 31. Oktober 2011. (red) Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern schöne Herbstferien! Wir nutzen die “nachrichtenarmen” Tage, um aufzuräumen. Und wir arbeiten an einem neuen Layout. Lassen Sie sich überraschen!

Unsere Berichterstattung setzen wir fort – bedingt durch technische Arbeiten kann diese aber eingeschränkt sein. Wie gewohnt werden Sie trotzdem kritische und hintergründige Artikel lesen können.

Während Zeitungen hier im Raum ihre Abo-Preise mal eben deutlich ohne Gegenleistung erhöhen, investieren wir in unser Produkt. Unsere Berichterstattung ist für Sie kostenfrei – sie ist aber nicht kostenlos. Ganz im Gegenteil.

Deswegen werden wir Sie in naher Zukunft bitten, unsere Arbeit zu honorieren. Freiwillig – so wie Sie können und möchten.

Hardy Prothmann ist freier Journalist und verantwortlich für die Lokalberichterstattung für die "Blogs" in Heddesheim, Hirschberg, Ladenburg, Viernheim, Weinheim und Rhein-Neckar. Sein Team umfasst elf Mitarbeiter, die aktuell, hintergründig, kritisch und unabhängig in Wort und Bild berichten.

Unser neues Layout wird für Sie einfacher zu nutzen sein.

Ganz sicher werden Sie sich umgewöhnen und neu orientieren müssen, aber wir haben lange überlegt und geprüft – es wird zu Ihrem Vorteil sein.

Denn das ist unser Ziel: Zutreffend zu informieren, meinungsstark zu kommentieren und kritisch zu hinterfragen. Wir bieten eine unabhängige, flexible und innovative Berichterstattung. Deswegen wächst unsere Leserschaft zunehmend (täglich mehr als 5.000), während die Monopolzeitungen seit langem Leser verlieren.

Unseren Anzeigenkunden werden wir bessere Möglichkeiten zur Bewerbung ihrer Produkte und Dienstleistungen bieten können. Darüber freuen wir uns sehr, denn diese Einnahmen finanzieren unser Arbeit mit und unsere Kunden vertrauen wie die Leserinnen und Leser unserer engagierten Arbeit.

Wir bitten alle Leserinnen und Leser um entsprechende Aufmerksamkeit. Denn wir wählen auch hier Qualität: Sexanzeigen oder dubiose Kreditvermittler sind vielleicht bei Anzeigenblättern und lokalen Zeitungen “beliebte” Kunden – nicht so bei uns.

Wir achten auch hier auf Qualität. Wir bieten unseren Werbekunden gerne unsere Fläche, weil sie hier ein seriöses Umfeld finden und eine hohe Aufmerksamkeit kritischer Leserinnen und Leser, die sich auch gerne mit Kommentaren “einmischen” – was wir sehr begrüßen.

Sofern Sie Urlaub machen können, wünschen wir beste Erholung. Wir arbeiten derweil an unserem neuen Auftritt und hoffen auf Ihre Meinung. Sie können wie gewohnt kommentieren. Sie können uns anrufen oder per email Ihre Meinung sagen.

Der Umstieg auf das neue Layout wird einige Veränderungen bringen und wir hoffen, dass Sie mit uns zufrieden sind und uns weiterempfehlen. Im Gespräch, in Facebook, per Twitter – wie Sie möchten.

Wenn Sie Verbesserungsvorschläge haben, sind wir “ganz Ohr” – selbstverständlich. Unser “Blogs” leben davon – vom Austausch mit den Leserinnen und Lesern und einer neuen Form von Journalismus. Nicht umsonst gelten wir in der Medienbranche als eines der interessantesten Projekte seit Jahren.

Über 250 Berichte zum “heddesheimblog” als “Prinzip” und seinen Machern in allen Medien, darunter “großen” wie der Süddeutschen, FAZ, Spiegel, Deutschlandradio usw. sind ausreichende Belege für das Potenzial und die überregionale Wertschätzung unserer Lokalberichterstattung.

Darauf sind alle Beteiligten stolz – vor allem auch darauf, dass so viele Leserinnen und Leser mitwirken. Mit Tipps, mit Hinweisen, mit Informationen, mit Kommentaren.

Deswegen bedanken wir uns ganz herzlich dafür und freuen uns auf spannende Zeiten.

Ihr Hardy Prothmann und das Team der “rheinneckarblogs”

Wer hat Angst vorm “weißen Bus”? Falschmeldung verunsichert Eltern – die reale Bedrohung liegt im “Umfeld”


Rhein-Neckar, 26. Oktober 2011. (red) Seit ein paar Tagen “geistert” eine Meldung durch soziale Netzwerke wie Facebook, dass vor Ort ein Mann Kinder anspreche und diese in einen “weißen Bus” locken wolle. Was wie die mögliche Bedrohung von Kindern durch pädophile Kindesentführer klingt, ist eine unwahre Geschichte, ein so genannter “Hoax”. Trotzdem ist die Bedrohung real – allerdings eher durch Männer im unmittelbaren “vertrauensvollen” Umfeld der Kinder.

Von Hardy Prothmann

Egal, wie man es nennt, ob übler Scherz, Kettenbrief, Hoax, “urban legend” – die Geschichten funktionieren immer gleich. Ein Empörungsthema wird gesucht, eine Bedrohung, irgendetwas, das viele Menschen berührt.

So auch die Warnung, man habe vor der Schule einen weißen Bus gesehen, ein Mann spreche Kinder an, die Mama hat gesagt, dass der Junge mitfahren muss, weil der reguläre Bus nicht kommt, etwas passiert ist und so weiter. Obligatorisch ist die Aufforderung, die Nachricht weiter zu verbreiten, “um andere zu warnen”.

Und flugs verbreitet sich das Gerücht – in Zeiten des Internets rasant. Der “weiße Bus” ist mittlerweile in ganz Deutschland vor Schulen gesehen worden. Es gibt mittlerweile dutzende Varianten der Geschichte, deren Botschaft im Kern lautet: “Achtung, pädophiler Kinderschänder hat es auf Dein Kind abgesehen.”

Schutzreflexe

Wer Angst vorm "weißen Bus" hat, sollte sich viel mehr vorm "weißen Talar" fürchten. Quelle: regensburg-digital.de

Der Schutzreflex ist verständlich. Auch ich habe die Meldung gestern gelesen und war sofort aufmerksam. Der Sohn ist mit 17 Jahren “zu groß”, aber da ist ja noch die Tochter, die beschützt werden muss. Als ich die Nachricht zu Ende gelesen hatte, habe ich nach Hinweisen gesucht, bei der Polizei nachgefragt. Weniger, weil ich beunruhigt war, sondern aus einem journalistischen Reflex heraus. Kann das sein? Ist da was dran? Das Ergebnis: Keine Erkenntnisse. Keine Hinweise. Damit war die Sache für mich erledigt.

Da der Bus oder vielmehr die angebliche Geschichte seine Bahnen zieht, braucht es offensichtlich doch eine “offizielle” Entwarnung. Es gibt ihn nicht, den “weißen Bus”.

Den “weißen Bus” gibt es nicht – wohl aber die Angst

Tatsächlich gibt es große Ängste – das eigene Kind in den Fängen pädophiler Verbrecher… Eine Horror-Vorstellung für viele Eltern. Tatsache ist aber, das sexuelle Gewaltverbrechen (mit Todesfolge) seit Jahren rückläufig sind.

Das hat vor allem mit einer erhöhten Aufmerksamkeit zu tun, mit Prävention, mit guter Polizeiarbeit. Der allerschlimmste “Horrorfall”, der sexuelle Missbrauch mit Todesfolge ist die absolute Ausnahme. 2009 hat die “Polizeiliche Kriminalstatistik” (PKS) in Deutschland zwei solcher Fälle “erfasst”, 2010 keinen einzigen.

So erschütternd jedes einzelne Schicksal ist: Statistisch gesehen ist die Bedrohung, gemessen an einer Bevölkerungszahl von rund 80 Millionen Menschen, nicht messbar. In krassem Gegensatz dazu steht die Angst davor.

Missbrauch in der Statistik

Schaut man auf die “kalten” statistischen Daten, fällt vor allem der “sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen” auf. Diese Täter fahren keinen “weißen Bus”, sondern sind meist im alltäglichen “Umfeld” der Kinder zu finden.

Es sind Väter, Brüder, Onkel, Opas, Nachbarn, Mitarbeiter von “Jugendorganisationen”, Vereinsfunktionäre, Kirchen, Ärzte, Sozialarbeiter – eben alle, die “alltäglich” mit Kindern zu tun haben. Die Täter sind meist männlich und im direkten Kontakt mit Kindern. Nicht der “böse Unbekannte”, sondern der “Bekannte” ist die reale, böse Bedrohung.

Das perfide an dieser Bedrohung – es sind Personen, den man eigentlich vertraut. Von denen “man das nicht denkt”.

Hier gehen die Missbrauchszahlen in die tausende. Statistisch gesehen muss man diesen Zahlen misstrauen. Ganz im Gegensatz zu den Zahlen über entführte Kinder, die zu Tode kommen. Die sind sehr exakt.

Die sexuellen Missbrauchsfälle, die durch “bekannte” Personen begangen werden, werden wegen Schamgefühls, Sorgen um die “öffentliche” Stellung häufig nicht angezeigt. Die Dunkelziffer ist nicht zu bemessen, man kann aber davon ausgehen, dass sie sehr hoch ist.

“Jungs” haben es “schwerer”

Nicht nur Frauen wissen das sehr genau. Welche Frau erzählt schon gerne, dass der Opa sie “gestreichelt” oder sie ihre “Unschuld” durch den “Onkel” verloren hat? Kaum eine. Trotzdem gibt es immer mehr Frauen und Mütter, die sich dem Missbrauch stellen und ihn nicht einfach “abtun”.

"Echte" Missbrauchzahlen findet man als statistische Zahlen in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik. Jeder Fall ist erschütternd - die Zahl der Fälle ist aber "gering". Die Dunkelziffer hingegen hoch. Quelle: PKS

 

Für “Jungs” ist das bis heute noch viel schwerer. Als “Mann” einen Missbrauch einzugestehen, ist auch durch “Rollenbilder” sehr viel schwieriger. Mal ganz ehrlich? In wie vielen Köpfen geistert noch der Blödsinn rum, dass “Frauen genommen werden” und “Männer nehmen”? Und was ist dann mit “Männern”, die “(heran)genommen” wurden? Sind das Männer oder nur einfach “Schwuchteln”?

Solche blödsinnigen Rollenbilder machen es pädophilen Tätern einfach. Und die Scham der Opfer, der Familien und der Gesellschaft schützt die Täter zusätzlich. Das ist die Perversion der Perversion.

Als eine der größten “Missbrauchsorganisationen” geriet die katholische Kirche in die Kritik – die Welle der Anzeigen und “Offenbarungen” reißt nicht ab. Und eine “ehrenwerte” Haltung der katholischen Kirche, Missbrauchsfälle konsequent und ohne Kompromisse zu verfolgen, ist nicht zu erkennen. Ganz im Gegenteil – die Vertuschung hat Methode, selbst unter Einsatz juristischer Mittel.

Auch mein Kollege Stefan Aigner aus Regensburg ist so eine Art “Missbrauchsopfer”. Eineinhalb Jahre musste sich der freie Journalist gegen die Diözese Regensburg wehren, die ihn verklagt hatte, weil er in einem Bericht Zahlungen an die Familie eines Missbrauchsopfers als “Schweigegeld” benannt hatte.

Aktuell hat das Oberlandesgericht Hamburg diese Einschätzung bestätigt und Stefan Aigner diese Wortwahl gestattet. Die Prozesskosten von weit über 10.000 Euro waren geeignet, den Journalisten wirtschaftlich zu ruinieren. Vergleichsversuche im Vorfeld hat die Kirche nicht angenommen. Dem Missbrauch folgte der Wille, einen kritischen Journalisten mundtot zu machen – koste es, was es wolle.

Das bekannteste Beispiel für “sexuellen Missbrauch Schutzbefohlener” in unserer Region ist die “Odenwaldschule”. Nach einem Bericht von Spiegel online wurden hier “sexuelle Dienstleister fürs Wochenende eingeteilt.”

“Schulleiter, Kirchenvertreter, Ministerien – alle reden von “Einzelfällen” des sexuellen Missbrauchs an Schulen. Inzwischen sind es ziemlich viele Einzelfälle. Die Schulen haben einen blinden Fleck, die Behörden offenbar einen toten Winkel: Wo ist die staatliche Schulaufsicht, wenn man sie braucht?”,

fragt Spiegel online in einem weiteren Artikel.

Die reale Bedrohung ist nicht der “weiße Bus”, sondern das Umfeld.

Für Eltern und ihre Kinder muss klar sein, dass nicht der “weiße Bus” die echte Bedrohung darstellt – die tatsächliche Bedrohung liegt aber tatsächlich vor Ort im vermeintlich vertrauenswürdigen Umfeld.

Der beste Schutz der Täter ist die Scham, die viele empfinden. Der beste Schutz vor den Tätern und auch nach einer Tat ist die Anzeige und notfalls auch die Öffentlichkeit – damit anderen nicht dasselbe “Schicksal” widerfährt.

Dafür braucht es sicherlich Mut. Mehr, als eine dubiose Meldung weiter zu verbreiten, die nur das Angstthema schürt.

Wer wirklich etwas gegen Missbrauch tun will, darf einen solchen nicht verschweigen. Der Missbrauch darf kein “Tabu”-Thema sein. Und es gibt mittlerweile durch Polizei und Behörden umfangreiche Hilfen.

Auch privat sollte das Thema kein Tabu mehr sein. Hier gilt es, den Opfern Mut zu machen und sie frei von jeder Schuld zu halten.

Wer Opfer eines Missbrauchs geworden ist, hat trotzdem jedes Recht, mit Würde behandelt zu werden. Die Täter sind die Schuldigen. Wenn die Gesellschaft das begreift, wird es weniger Opfer und damit auch weniger Täter geben.

Und irgendwann verschwindet vielleicht auch die übertragene Angst vor “weißen Bussen”.

Das Medienblog pushthebutton.de rangiert unter den 50 Top-Blogs

Heddesheim, 18. September 2011. (red) Der Dienst Virato.de hat die Top-50-Blogs in Deutschland nach dem SMQ-Index veröffentlicht. SMQ- (Social-Media-Quotient) ist die durchschnittliche Social-Media-Verbreitung (Facebook, Twitter) pro Artikel/Blogbeitrag einer Quelle.

“Diese Top 50 zeigen somit deutsche Blogs (oder blogähnliche Websites) an, die sehr beliebt sind und deren Content sehr oft von Usern über soziale Netzwerke geshared wird. Andere bekannte Blogs, die man evtl. auch unter diesen Top 50 erwarten könnte, haben wahrscheinlich einen niedrigeren SMQ, da sie auch Artikel publizieren, die nicht so oft geshared werden und somit den Durchschnitt für die jeweilige Quelle herunterziehen”, schreibt Virato.de.

Das Blog pushthebutton.de des Journalisten Hardy Prothmann liegt deutschlandweit auf Platz 32, eingebettet zwischen dem lawblog.de von Udo Vetter, der dieses Jahr den Grimmepreis gewonnen hat und Ulrike Langer mit medialdigital.de, einer der renommiertesten Medienjournalistinnen in Deutschland. Auf Platz eins liegt der-postillon.com, Platz zwei belegt der Blog von Extra3 (NDR) und Platz drei das Nachrichtenportal gulli.com.

Hardy Prothmann betreibt sein Medienblog seit 2010, früher bei posterous.com, seit Frühjahr 2011 als eigenständiges Blog. Die eingesetzte Software ist WordPress, das angepasste Theme “Magazine Premium” des kanadischen Entwicklers C. Bavota.

Vor allem die medienkritischen Beiträge in Bezug auf Zeitungen werden in der Branche intensiv diskutiert und sich mehrfach von bildblog.de empfohlen worden. Zuletzt sorgte ein Artikel über Leichenbilder des Regionalsenders Rhein-Neckar-Fernsehen für großes Aufsehen.

Hardy Prothmann betreibt in Nordbaden und Südhessen insgesamt sechs Lokalblogs für Städte und Gemeinden sowie das Regionalblog rheinneckarblog.de. Bundesweit findet sein Projekt große Beachtung und ist schon dutzendfach nachgeahmt worden. Im Dezember 2009 wurde er von der größten unabhängigen Fachzeitschrift für Journalisten unter die Top 100 auf Platz 3 in der Kategorie “Regionales” gewählt.

Zusammen mit dem Gmunder Kollegen Peter Posztos (tegernseerstimme.de) gründet er zur Zeit das Unternehmen istlokal.de, das Lokaljournalisten bei ihrer Arbeit unterstützen wird. Die Beratungsgebiete sind Journalismus, Vermarktung, Technik und Recht. Im Netzwerk von istlokal.de befinden sich zur Zeit rund 70 lokale und regionale Internetzeitungen und Blogs, darunter die prenzlauerberg-nachrichten.de, regensburg-digital.de, ruhrbarone.de und pottblog.de.

Auszug aus der Top-50-Liste des Social Media Quotient (SMQ) bei virato.de

 

Faktencheck: RNF zeigte nicht nur einmal Leichenbilder als “Rohmaterial”


Mannheim/Rhein-Neckar, 12. September 2011. (red) Am Freitag haben wir das Rhein-Neckar-Fernsehen kritisiert, weil der- Regionalsender unbearbeitete Aufnahmen von einer Leichenbergung nach einem Unfall auf der A5 im Online-Portal rnf.de veröffentlicht hat. RNF-Projektleiter Ralph Kühnl hat sich umfassend durch Kommentare dazu geäußert und behauptet, es handle sich um einen Fehler. Unsere Recherche zeigt, dass es wohl kein Fehler war. Die Veröffentlichung wurde sogar angekündigt. Und es ist kein Einzelfall.

Von Hardy Prothmann

Am Donnerstag hat der Regionalsender Rhein-Neckar-Fernsehen “Rohmaterial” von fast 12 Minuten Länge im Internet veröffentlicht. Also die Bilder, die ein Kameramann vor Ort nach einem Unfall auf der A5 aufgenommen hat.

In einer Szene, die fast zwei Minuten dauert, sieht man, wie die Bestatter die Leiche eines Unfallopfers in einen Sarg hieven. Der nachrichtliche Aussagegehalt ist gleich Null – kein seriöser Sender würde eine solche Szene in dieser Länge ausstrahlen, wenn überhaupt nur ein “Schnittbild” von ein paar Sekunden Länge.

Wir haben daraufhin einen kritischen Kommentar geschrieben und diesen Vorgang als eine Art Trash-TV bezeichnet – weil es gegen jeden journalistischen Standard verstößt, unbearbeitetes Material, egal, ob Ton, Text oder (Bewegt-)Bild zu veröffentlichen.

Erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Darstellung

Für den Sender hat Projektleiter Ralph Kühnl den Vorgang umfangreich kommentiert (siehe Kommentare hier am Ende des Artikels) und hat uns wiederum vorgeworfen, wir hätten unzureichend journalistisch gearbeitet – eine einfache Rückfrage hätte die Vermutung entkräftet, dass das Rhein-Neckar-Fernsehen das “rohe” Material absichtlich ins Netz gestellt hätte. Es liege ein Fehler vor. Ein nicht-redaktioneller Mitarbeiter habe eine “Nummer” vertauscht, dadurch sei das Material ohne Absicht veröffentlicht worden und zudem nur für rund 2,5 Stunden sichtbar gewesen.

Wir haben erhebliche Zweifel an dieser Darstellung, denn die von uns recherchierten Fakten ergeben ein anderes Bild.

Rekonstruktion des Ablaufs:

Wir schildern den Ablauf, soweit wir diesen rekonstruieren können:

Am 08. September kommt es gegen 05:00 Uhr auf der A5 zu einem Unfall (siehe Bericht auf unserem Rheinneckarblog.de). Irgendwann später treffen Reporter ein. Auch das RNF ist vor Ort und macht Aufnahmen. Der Kameramann kehrt in den Sender nach Mannheim zurück und überspielt die Aufnahmen von der Kamera ins Redaktionssystem.

Am 08. September 2011 “sendet” RNF eine erste Meldung auf Facebook:

Erste Hinweis auf das "Rohmaterial" auf der Facebook-Seite vom RNF.

Ein knappe Stunde später schreibt Ralph Kühnl selbst, erkennbar am Kürzel ^rk, einen Beitrag, mit dem Hinweis:

“Die Fakten vom Unfall-  auf der A5 haben wir bereits auf rnf.de gestellt.”

"Fakten zum Unfall"?

Die “Fakten” zum Unfall also. Was meint er damit wohl? Hat er nichts von den “ersten Bildern bei rnf.de” gewusst? Soll man ihm das glauben?

Hatte die Redaktion keine Kenntnis von dem Rohmaterial?

Um 12:46 Uhr schreibt Andreas Etzold, wie Kühnl “Projektleiter” und zudem Jugendschutzbeauftragter (sic!) einen Hinweis auf den “Sendebeitrag”, der in der Abendsendung ausgestrahlt werden soll. Hat auch er übersehen, dass das Rohmaterial online auch für Kinder und Jugendliche (es ist Ferienzeit) einsehbar ist?

Ralph Kühnel kommentiert später unseren Bericht, am 10. September 2011 um 00:30 Uhr:

“Das Material, das im obigen Artikel beschrieben ist, stand am Donnerstag Morgen für ca. zweieinhalb Stunden auf der Startseite von rnf.de. Das hätte nicht passieren dürfen.”

Diese Information konnten wir nicht überprüfen. Denn wir erfahren erst am Abend des 08. September 2011 durch einen Hinweis vom “Rohmaterial”, klicken auf den Link und sehen uns das Material an.

Die Bilder sprechen eine deutliche Sprache: Redaktionell unbearbeitetes Material wird uns gezeigt – wir sehen die Leichenszenen, prüfen die Erreichbarkeit und gehen von der Homepage auf das Videoportal bei rnf.de und können den Beitrag dort aufrufen. Wir leeren den Cache unseres Computer und machen den Versuch an einem zweiten Computer – tatsächlich lässt sich der Beitrag hier wie dort abrufen.

Stellt sich eine Recherchefrage wie Herr Kühnl das einfordert? Und ob wir gegen 21:00 Uhr abends noch jemandem im Sender erreicht hätten, wissen wir nicht. Wir meinen nicht, dass eine “Recherche” notwendig ist – der Vorgang ist eindeutig, wir stellen diesen dar und ordnen ihn als das ein, was er ist, skandalös. Am 9. September 2011, um 00:21 Uhr geht unser Text online.

Unser Artikel zu den “Leichenbildern” bei RNF findet immer mehr Interesse

Am folgenden Tag wird unser Beitrag von Bildblog.de verlinkt - die Zugriffe steigen rasant an. Bundesweit lesen medieninteressierte Menschen unseren Artikel. Am Vormittag ist das “Rohmaterial” immer noch bei rnf.de zu finden, auch am Nachmittag. Wir wundern uns über die Kaltblütigkeit des Senders. Später bestätigen uns Leserinnen und Leser, dass der Film auch noch am frühen Freitagabend an diesem 09. September zu sehen war, ein Leser sah ihn auf seinem Handy.

Am 10. September, um 12:02 Uhr kommentiert Herr Kühnl: “Hätten wir, wie uns in dem Hauptartikel vorgeworfen wird, mit dem langen Video einen Effekt erzielen wollen, dann hätten wir es entsprechend promoted und es nicht im Video-Portal versteckt. Dann hätten wir vielleicht in Hauptsendung “RNF Life-€ in der Moderation gesagt: “Wenn Sie mehr spektakuläre Bilder von dem Unfall bei Heppenheim sehen wollen, dann klicken Sie jetzt ins Video-Portal auf rnf.de. Dort haben wir den gesamten Rohschnitt für Sie hinterlegt.-€ Das haben wir aber nicht.”

RNF weist Sensationslust zurück

Anscheinend weiß Herr Kühnl nicht mehr, was er selbst noch vor Fertigstellung des “Sendebeitrags” in Facebook gepostet hat: “Die Fakten zum Unfall haben wir bereits auf rnf.de gestellt. ^rk”

Herr Kühnl erklärt weiter irgendwas von “im Cache-Speicher” und anderes Zeugs. Tatsache ist, dass wir und alle unsere Kontakte den Film nicht bei youtube oder über Google gesehen haben, sondern direkt über die rnf.de-Seite.

Es entwickelt sich eine lange Debatte mit vielen Kommentaren zu unserem Artikel.

Behauptungen werden aufgestellt

Darin behauptet Ralph Kühnl erst einen technischen Fehler, dann soll ein “nicht-redaktioneller Mitarbeiter” im Übereifer das “Rohmaterial” online gestellt haben. Sehr schnell versucht sich Herr Kühnl darin, unsere Arbeit zu kritisieren, um vom eigentlichen Thema, dem skandalösen Zur-Schau-Stellung eines Unfalltoten abzulenken.

Auch auf direkten Weg nimmt er Kontakt zu uns auf und teilt uns mit, dass ein Mitarbeiter den Fehler gemacht hat. Die sehr lange email, in der es auch um andere Dinge geht, sollen wir aber “vertraulich” behandeln.

Wir sichern keine Vertraulichkeit zu, beantworten die email und damit war der Fall für uns erledigt.

Am folgenden Tag, den 11. September 2011, erhebt Herr Kühnl wieder massive Vorwürfe gegen unsere Arbeit. Wir antworten entsprechend.

Rohes Material: Beiträge mit “(no comment)” sind Originalaufnahmen

Dann surfen wir nochmals auf der Seite von rnf.de, um eine Information zu überprüfen.

Wir trauen unseren Augen nicht. Im Videoportal von rnf.de stehen zwei weitere Beiträge direkt untereinander, wieder ist einer mit “(no comment)” gekennzeichnet. Der erste Beitrag ist ein Sendebeitrag vom 07. September 2011, wenn auch durch Amateurvideoaufnahmen von schlechter Qualität.

Für jeden Geschmack etwas: Sendebeitrag und "Rohmaterial" stehen untereinander.

Der zweite Film zeigt wiederum in der Länge von 01:34 Minuten nichts anderes als Bestatter, die in ein Haus gehen, mit der Leiche wieder herauskommen, diese verfrachten und davonfahren. Man hört vermutlich den Kameramann, der vermutlich telefoniert, als die Leiche aus dem Haus getragen wird: “Moment, jetzt kommen sie gerade. Ich kann nicht.”

“Moment, jetzt kommen sie gerade. Ich kann nicht.”

Angeblich dient dieses “Rohmaterial” als Angebot an andere Sender, die dem Rhein-Neckar-Fernsehen die Bilder abkaufen können. Tatsächlich verwendet das RNF im Beitrag zu dem tödlichen Schusswechsel im Mannheimer Stadtteil Neckarau selbst gerade mal zehn Sekunden. Und auch diese wohl entweder in Ermangelung anderen Bildmaterials oder eben in vollem Bewusstsein, so etwas der Öffentlichkeit zeigen zu wollen. Beides ist journalistisch eine Bankrotterklärung.

(Siehe unseren Beitrag dazu hier.)

Klicken Sie auf das Bild, um den Film zu sehen.

Angeblich kann man dieses “Rohmaterial” nicht sehen – vermutlich, folgt man Herrn Kühnl, hat der “nicht-redaktionelle Mitarbeiter” auch hier eine “Zahl verwechselt”. Eventuell hat sich auch dieser Beitrag in irgendeinem “Cache” (Zwischenspeicher) verfangen und ist nun in den unendlichen Untiefen des Internet noch erreichbar. Ob Herrn Kühnl wohl noch eine andere Erklärung einfällt?

Für unseren Geschmack ist das ein wenig viel “angeblich, vermutlich, eventuell”.

“Das versendet sich.” – Aber nicht mehr in Zeiten des Internet

Früher, also vor dem Internet, sagten TV- und Radio-Journalisten bei solchen “Fehlern”: “Das versendet sich.” Man rechnete damit, dass nur wenige Menschen einen Beitrag speichern konnten, am nächsten Tag neue Themen das Interesse bestimmten und man somit fein raus war, weil die fehlerbehaftete Arbeit vergessen wurde.

Das Internet bietet aber gute Kontrollmöglichkeiten. Und die werden Herrn Kühnl und seinen Aussagen nun zum Verhängnis – denn durch unsere Recherche gibt es begründete Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Behauptungen.

Mal untertellt, dass der Sender diese Beiträge nicht absichtlich veröffentlicht, dann ist es ein Schlamperladen, dem zu viele Fehler passieren. Tatsächlich muss man davon ausgehen, dass es absichtlich “passiert” – wieso sonst würden die Redakteure “Bilder und Fakten” anpreisen, bevor der Sendebeitrag fertig ist?

Wir werden den Sender wiederum nicht dazu befragen – wir sparen uns die Mühe, denn wir gehen davon aus, dass wir keine vertrauenswürdigen Antworten erhalten.

Die Verwendung der Leichenbilder im Beitrag über die Schießerei in Neckarau zeigt, dass der Sender selbst keine Skrupel hat, solches “Material” zu verwenden und auch im Fernsehen in ungebührlicher Länge über die absolut notwendige “Dokumentation” hinaus zu zeigen. Einen Nachrichtenwert haben solche Bilder nicht. In der länge auch keinen dokumentarischen. Sie dienen einzig und allein dazu, die Sensationsgier zu stillen.

Bedauerlich ist, dass das Rhein-Neckar-Fernsehen vermutlich davon ausgeht, dass dessen Zuschauerinnen und Zuschauer solche Bilder sehen wollen.

Was das Rhein-Neckar-Fernsehen vom eigenen Publikum denkt – darüber kann sich jeder selbst seine Meinung bilden.

 

Das Rhein-Neckar-Fernsehen zeigt ungeschnittene Opferbilder und diskreditiert sich damit zum Trash-TV


Fast zwei Minuten lang zeigt das Rhein-Neckar-Fernsehen, wie Bestatter einen Sarg bereitstellen, die Leiche des Opfers hineinwuchten, den Sarg schließen und Rausstehendes reinstopfen. Muss das sein? Quelle: RNF

Mannheim/Heppenheim/Rhein-Neckar, 09. September 2011. (red) Ein schwerer Unfall auf der A5 bei Heppenheim fordert ein Todesopfer. Medien berichten. Die Öffentlichkeit will wissen, was passiert. Das Rhein-Neckar-Fernsehen (RNF) zeigt fast zwölf Minuten lang ungeschnittenes Videomaterial – darunter fast zwei Minuten die Leiche, die von Bestattern in einen Sarg gewuchtet wird. Ist das noch “Journalismus” oder nur noch voyeuristischer Trash? Die Frage muss man nicht stellen – wer so verantwortungslos handelt, hat mit verantwortlichem Journalismus längst nichts mehr zu tun. Noch nicht einmal der Anschein wird noch gewahrt. Man hält ohne Sinn und Verstand drauf und hofft auf “Quote”.

Ergänzung:

Der RNF-Mitarbeiter Ralph Kühnl hat gegenüber unserer Redaktion den Vorgang folgendermaßen erklärt: “Mit dem Einstellen des Rohschnitts ins Netz ist einem nicht-redaktionellen Mitarbeiter der Gaul durchgegangen. Darüber gab es hier im Sender bereits gestern Diskussionen, die sicherlich dazu führen, dass ein solcher Fall nicht mehr eintritt.” Weiter hat Herr Kühnl erklärt, man habe nach Kenntnis des Fehlers das “Rohmaterial” um einen ausführlichen Text ergänzt und damit bestätigt, dass die Redaktion auch nach Kenntnis der Veröffentlichung das Rohmaterial nicht sofort gelöscht hat. Es bleibt jedem selbst überlassen, welche Meinung man sich aus diesen Informationen bilden mag.
Der Sender hat mittlerweile (wie von uns vorgeschlagen, siehe Kommentar 10. September 2011 um 16:56 Uhr) eine Entschuldigung unter dem Sendebeitrag veröffentlicht.
In den Kommentaren finden Sie weitere Informationen.

Von Hardy Prothmann

Als ich die Bilder vom Unfall auf der A5 vom Donnerstag auf dem Internet-Portal von RNF sehe, bin ich fassungslos. Nicht darüber, dass ich eine Leiche sehe. Mein Beruf bringt es mit sich, dass ich viel Leid sehe, Zerstörung und auch den Tod sehen muss. Hinschauen muss. Auch Polizisten, Ärzte, Sanitäter, Feuerwehrleute, Gutachter sind damit leider immer wieder konfrontiert.

Aber wir arbeiten professionell, jeder tut, was er tun muss. Und als Journalist berichtet man für die Öffentlichkeit darüber, was passiert ist. Aber als verantwortlicher Journalist achtet man darauf, zwischen dem öffentlichen und dem privaten Interesse zu unterscheiden.

Es ist absolut zulässig, in Bild, Ton oder Schrift über Opfer zu berichten. Es ist aber geboten, dies im Zweifel mit dem gebührenden Abstand zu tun. Auch wir haben über den Unfall auf der A5 berichtet, bei dem ein Mann ums Leben gekommen ist. Auch auf unseren Bildern sieht man, dass eine Leiche am Boden liegt und von einem Tuch abgedeckt wird. Unser Bilder sind aus der Distanz aufgenommen und dokumentieren den tragischen Unfall, das “Ereignis”.

Die Bewegtbilder, die beim RNF zu sehen sind, zeigen, wie Bestatter einen Sarg herbeitragen und das Opfer versuchen, ihn dahin zu hieven. Das klappt nicht beim ersten Mal. Der Leichnam stößt an den Sarg, die Anstrengung der Bestatter ist deutlich zu sehen. Als es endlich gelingt, die Leiche in den Sarg zu hieven, lässt sich der Deckel nicht schließen. Der Leichensack wird reingestopft. Die Männer transportieren Sarg und Leiche ab.

Man könnte nun aus Sicht des RNF argumentieren: “Wir zeigen, wie es ist.” Aber ist das ein Argument? Was ist mit der Würde des Toten? Was mit den Gefühlen der Familie?

“Vollkommen egal”, könnte man als Hardcore-Dokumentarfilmer sagen: “Wir zeigen, wie es ist.”

Zeigen, was man vor die Linse bekommt. Was sagt dieses Bild aus? Quelle: RNF

Aber auch die härtesten Hardcore-Dokumentarfilmer stellen sich immer die Frage, ob das, was sie zeigen, gezeigt werden “muss”. Was ist der Erkenntnisgewinn? Was tragen die Bilder zur Aufklärung der Öffentlichkeit bei? Warum sind sie wichtig? Tragen sie zur Förderung der Meinungsfreiheit bei?

Die Bilder des RNF sind erschütternd. Sie zeigen, dass der Sender überhaupt keinen Wert auf journalistische Selbstkontrolle legt. Hier wird nur Voyeurismus bedient, irgendwelche redaktionell-journalistische Gedanken oder auch nur ein Rest von Anstand sind auch im Ansatz nicht zu erkennen.

Das ist Trash-TV in Reinkultur – mit der Kamera auf alles draufhalten, was die Häarchen auf den Armen aufstellen lässt. Klar – RNF ist ein dröger Provinzsender, der eher nicht durch guten, kritischen Journalismus auffällt. Aber mit diesem Film zeigt der Sender eine Verantwortungslosigkeit, die die zuständige Lizenzbehörde auf den Plan rufen muss.

Selbst die Spritze muss groß im Bild erscheinen - warum? Quelle: RNF

Auch Privatsender haben Standards der Berichterstattung zu erfüllen und müssen die Lizenz verlieren, wenn sie diese nicht einhalten. Ein Privatsender, der ungeschnittenes Videomaterial über eine menschliche Tragödie über zwölf Minuten Länge einfach so ins Internet stellt, ist dafür ein Kandidat.

Ob Herr Bert Siegelmann die Größe hat, sich im regulären Programm für diese Verfehlung zu entschuldigen und dafür zu sorgen, dass der Sender journalistische Standards einzuhalten, darf getrost bezweifelt werden.

Muss man die Arbeit der Bestatter in voller Länge zeigen? Quelle: RNF

Einen später zusammen geschnittenen “Beitrag” spricht der lispelnde Senderchef selbst ein – wieder sind Bilder zu sehen, die man nicht zeigen muss, außer, wenn man es “nötig” hat.

Was das RNF hier zeigt, macht mich fassungslos. Als Mensch. Als Journalist macht es mich wütend, weil diese miese Form von “Journalismus (No comment)” auch mich und andere Kollegen beschädigt, die ihren Beruf mit der gebotenen Verantwortung ausüben.

Mir geht es wie jedem anständigen Menschen. Für eine solche “Arbeit” empfinde ich nur Verachtung – die einzig richtige Reaktion, weil man keine Spur von Achtung bei diesem “Bericht” des RNF feststellen kann.

Es ist beschämend, wie das RNF im Wunsch nach Aufmerksamkeit jegliche Selbstkontrolle verliert. Tatsächlich habe ich kein Mitleid mit diesen “Kollegen” – die müssen selbst in den Spiegel schauen und man darf nur hoffen, dass sie bei dem, was sie sehen, eventuell noch eine Spur von Scham empfinden.

Zeitungsstreik: Journalismus heißt, Fragen zu stellen

Heddesheim/Mannheim/Stuttgart, 03. August 2011. Die streikenden Redakteure beim MM stehen unter Druck – einerseits durch die Forderungen der Verleger. Aber ganz immens auch, weil das Produkt Zeitung nicht mehr ankommt. 1.500 Abos hat der MM im zweiten Quartal verloren. Die Auflage ist im Sinkflug. Auch das Anzeigengeschäft leidet. Der Vertrauensverlust der Leserinnen und Leser ist enorm. Angeblich streiken die Redakteure für “Qualität” und fordern “Solidarität”. Man muss fragen, was sie damit meinen.

Von Hardy Prothmann

Dass ich insbesondere den Mannheimer Morgen massiv kritisiere, ist bekannt. Würde ich in Stuttgart, in Mosbach, in Heidelberg, in Karlsruhe, in Bruschal, in Ludwigshafen oder Neustadt an der Bergstraße leben, würde ich mir andere Zeitungen kritisch anschauen.

Vermutlich würde ich im Sinne der Leserinnen und Leser meiner Blogs auch an anderen Orten und damit Verbreitungsgebieten von Monopol-Zeitungen viel Kritik an der Berichterstattung üben können. Denn der Lokaljournalismus befindet sich in einer tiefen Krise.

Tatsächlich kann ich aber am besten die Zeitungen beurteilen, deren Nachrichten ich durch eigene Recherchen überprüfen kann. Das sind der Mannheimer Morgen, die Weinheimer Nachrichten und die Rhein-Neckar-Zeitung. Und alle kommen oft nicht gut weg, wobei klar gesagt werden muss, dass der MM besonders problematisch ist.

Meine Kritik an der Zeitung ist massiv, aber sie ist auch begründet.

Aktuell haben streikende MM-Redakteure Kommentare gelöscht – denn Kritik oder andere als “gewogene” Nachrichten sind nicht erwünscht. So einfach kommen die streikenden Redakteure nicht davon. Sie können nicht so tun, als ob sie kritisch wären und gleichzeitig Informationen löschen oder ignorieren.

Sie fordern Solidarität, schließen aber nicht gewünschte Meinungen aus. Das geht so nicht.

Wer für Meinungsfreiheit und Qualität der Berichterstattung vorgeblich eintritt, muss selbst auch aushalten können, sich der Kritik stellen und transparent informieren.

Über verschiedene Kontakte erhalte ich abenteuerlichste Informationen, was die MM-Redakteure von meiner inhaltlichen Kritik halten. Auf einen anonymen Kommentar habe ich dem Dumpfsinn entsprechend, aber trotzdem umfangreich geantwortet.

Die in dem anonymen Kommentar äußerst dumm unterstellten “Motive” sind hanebüchen.

Ich habe mich deshalb in einem Kommentar auf Facebook an einen Redakteur gewandt, von dem ich eine hohe Meinung habe und davon ausgehe, dass er sich Fragen und Kritik stellt.

Es ist der Versuch eines Dialogs. Sicher nicht ohne Provokation. Aber mit der Möglichkeit zu Antworten, die die Zeitung und alle MM-Redakteure den Leserinnen und Lesern lange und längst schuldig sind.

Der Redakteur wurde von mir ausgewählt, weil ich vor zwanzig Jahren gut mit ihm zusammen gearbeitet habe und ich seine damals kritische Haltung schätzte. Und er ist aktiv am Streik beteiligt. Man kann ihn auf Fotos sehen und er postet auf Facebook.

Seit siebzehn Jahren haben wir nichts mehr miteinander zu tun. Wie gesagt, es ist ein Experiment – ich weiß nicht, wie der Mann heute “tickt”, aber ich habe Hoffnung.

Denn eigentlich würde ich mir wünschen, dass der MM eine stärkere Konkurrenz bietet, eine größere Herausforderung.

Der MM und meine Blogs haben eine Schnittmenge – also Menschen, die sowohl die Zeitung lesen, als auch die von mir verantworteten Blogs. Die Leserinnen und Leser, die nur meine Blogs lesen, wissen nicht, was in der Zeitung berichtet wird und umgekehrt.

Ich habe überhaupt keine Probleme, auf gute Stories im MM zu verweisen – sie müssen aber gut sein. Dann würde ich sogar empfehlen, die Zeitung zumindest tagesaktuell zu kaufen. Dafür muss ich aber überzeugt sein, dass sich das für meine Leserinnen und Leser lohnt.

Hier sind die Fragen. Der Name ist unkenntlich gemacht, weil er nicht viel zur Sache tut. Jeder mit Facebook-Zugang wird ihn schnell recherchieren können, was vollkommen O.K. ist, da er ja unter Klarnamen öffentlich sichtbar dort schreibt.

Vielleicht ist das ein Ansatz, um einen Austausch über “qualitativen Journalismus” in Gang zu bringen. Vielleicht auch nicht.

Viele Fragen - ob es Antworten geben wird?

Ergänzung

Heute hat Thorsten Hof reagiert. Er schreibt folgendes:

Facebook informiert per email über einen Kommentar - weil die streikenden MM-Redakteure sich abschotten, ist eine direkte Antwort nicht möglich.

Ich hätte ja gerne darauf reagiert. Da aber mittlerweile nicht nur für meinen Hardy Prothmann-Account der Zugang zur “Streikmorgen”-Seite gesperrt ist, sondern die Pinnwand für alle “Nicht-Freunde” gesperrt wurde, kann ich leider nicht auf Facebook darauf reagieren.

Die “Vorgeschichte”, die Herr Hof anspricht, meint den Kommentar “Das Drama der journalistischen Prostitution”, den ich im Februar 2010 auf dem http://heddesheimblog.de veröffentlicht habe. Thema des Textes war die Kritik an einer dauerhaft unkritischen, gefälligen Berichterstattung durch die Redakteurin Anja Görlitz.

Gegen diesen Text ist Frau Görlitz juristisch vorgegangen. Insgesamt habe ich rund 5.000 Euro Anwalts- und Gerichtskosten bezahlen müssen. Ein Versuch der “gütlichen” Regelung wurde nicht unternommen.

Der Anwalt von Frau Görlitz wollte zudem ein Ordnungsgeld von 3.000 Euro gegen mich durchsetzen, das Gericht hat das zurückgewiesen und ein Ordnungsgeld von 300 Euro verhängt.

Der Hintergrund: Zunächst wurde ich über meine Privatadresse abgemahnt. Die weitere Post ging aber an mein Mannheimer Büro, dass ich damals für mehrere Wochen nicht besucht hatte. Daher hatte ich sämtliche Einspruchfristen verpasst und mich entschieden, aus Kostengründen die mittlerweile erlassene Einstweilige Verfügung zu akzeptieren. Der Anwalt von Frau Görlitz hat das Maximum an Gebühren angesetzt und der Versuch mit dem Ordnungsgeld zeigen eindeutig, dass es weniger um die “Ehre” ging als darum, einen wirtschaftlichen Maximalschaden zu erzielen.

Interessant ist die Haltung von Herr Hof schon: Ein einziger Text vor eineinhalb Jahren ist ihm Grund genug, die Haltung der MM-Redakteure zu rechtfertigen. Das zeigt sehr schön den Korpsgeist dieser Bagage (danke für den Hinweis auf den Tippfehler, ist korrigiert).

Statt mit eigenen Leistungen zu glänzen, sucht man Tippfehler, baggert den Graben aus und erhöht den Schutzwall auf Facebook. Auch nicht schlecht. ;-)

 

Zeitungsstreik: Solidarität? Wieso, weshalb, warum?

Heddesheim/Mannheim/Stuttgart, 03. August 2011. Die streikenden Zeitungsredakteure fordern Solidarität ein. Denn ihnen drohen Lohnkürzungen und schlechtere Arbeitsbedingungen. Doch ist deren “Empörung” wirklich nachvollziehbar? Haben sie sich “Solidarität” verdient?

Von Hardy Prothmann

Es gibt sie noch, die sehr guten Redakteure. Vereinzelt. Aber deren Einfluss ist gering. Sie haben schon längst keine Lobby mehr und im Zweifel finden die, die kritisch berichten und die Folgen tragen müssen, keine Solidarität bei den “Kollegen”. Der Gesamtzustand der Branche ist desolat.

Ob der Kommentar jemals frei geschaltet wird? Knapp acht Stunden nach dem Erstellen auf der MM-Streikseite wartet er immer noch auf "Freischaltung".

Es gibt genau eine Perspektive, unter der man die Empörung der streikenden Zeitungsredakteure verstehen kann: Noch verdienen die meisten Verlage satte Renditen, häufig im zweistelligen Bereich. Wenn die Arbeitgeber vor diesem Hintergrund bis zu 25 Prozent unter dem bisherigen Tarif Berufsanfänger beschäftigen wollen, dann ist das skandalös und grob sittenwidrig. Damit endet die eine Perspektive.

Honorardumping ist der Normalzustand

Die anderen sehen so aus:

Skandalöse “Auftragsverhältnisse” sind der “Normalzustand”, mit dem man die Einkommensituation von vielen freien Journalisten oder “Mitarbeitern” beschreiben kann.

Deswegen hat es sich auch schon mit meiner Solidarität gegenüber den Zeitungsredakteuren. Ich werfe den meisten von ihnen Kumpanei, Mittäterschaft, Honorar-Dumping, Untertanentum, Eitelkeit, Überheblichkeit, Weltentrücktheit und Respektlosigkeit vor. Sie sind Teil eines mafiosen Systems und haben solange still gehalten, solange sie ihren Teil der Beute abbekommen haben. Jetzt sind sie im Streik, weil ihnen ihr “Anteil” zu klein scheint.

Und ich weiß, wovon ich rede. Denn ich bin seit 20 Jahren freier Journalist und meine “Abnehmer” waren über 18 Jahre lang Redakteure. Mit vielen davon habe ich sehr gut zusammengearbeitet. Früher. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Zusammenarbeit wurde immer schwieriger – nicht unbedingt, aber auch inhaltlich. Vor allem aber wirtschaftlich.

HorrorHonorargeschichten

1994 bin ich nach drei Jahren mit meinem Universitätsabschluss vom lokalen in den überregionalen Journalismus gewechselt. Denn nur dort waren einigermaßen gute Honorare zu erwirtschaften.

Was ich niemals erlebt habe, war ein “Bonus” für eine außergewöhnlich gute Arbeit, der mir einfach angeboten oder überwiesen worden wäre. Was ich ab und an erleben durfte, waren ein klein wenig höhere Honorare, wenn ich diese mit guten Argumenten nachgefordert hatte. Was ich meistens erlebt habe, waren “Honorare” die ihrem Namen keine Ehre machten. Die Zeilen- oder Beitragshonorare waren niemals üppig, selten gut, oft “gingen sie grad so”, meist waren sie nicht akzeptabel. Jedenfalls, wenn man davon leben wollte.

Beim Mannheimer Morgen habe ich 55 Pfenning (27 Cent) die Zeile “verdient”. Brutto. Ein mittlerer zweispaltiger Bericht mit 80 Zeilen ergab demnach 44 Deutsche Mark. Rechnete man im Schnitt eine Stunde Wegstrecke, 1,5 Stunden Schreiben, 1,5 Stunden vor Ort, eine Stunden Vor- und Nachbereitung, kam man auf einen Stundenlohn von 8,80 Deutsche Mark.

In den drei Jahren beim MM habe ich rund 1.000 Artikel geschrieben. Ich war als “freier Mitarbeiter” damit ganz gut “im Geschäft”. Einwandfreie Qualität wurde selbstredend immer erwartet. Alle Artikel wurden veröffentlicht. Manchmal waren 100 Zeilen bestellt, 70 wurden abgedruckt und nur 70 wurden zunächst bezahlt. Weil ich gut war und gebraucht wurde, hatte meine Intervention Erfolg – ich bekam die bestellten und abgelieferten Zeilen bezahlt, sollte dazu aber gegenüber anderen Mitarbeitern stillschweigen.

In diesen drei Jahren ist es mir in einem einzigen Monat gelungen, 1.700 Deutsche Mark zusammenzuschreiben. Der Grund: Viele Redakteure waren in Urlaub, also gab es mehr als sonst zu tun und es gab ein paar spannende Themen und viele Vereinsfeste. Damals war ich 25 Jahre alt. Im Schnitt habe ich rund 800 Mark mit meinem freien Journalismus verdient. Brutto.

“Das Thema kriegen wir nicht durch.”

Davon musste ich ein Auto unterhalten, ein Büro, Computer, Telefon. Irgendeine “Kostenpauschale” stand nicht zur Disposition. Ein paar Redakteure bestellten ab und an zehn Zeilen mehr als sie für den Abdruck vorgesehen hatten. Die 5,5 Mark waren sowas wie ein “Anerkennung”, weil ich immer einsatzbereit war.

Termine kamen aus der Redaktion, die meisten Themenvorschläge von mir. Meist wurden sie angenommen, aber immer wieder hörte ich den Satz: “Das Thema kriegen wir nicht durch.”

Ab 1994 änderten sich meine Verhältnisse mit einem Artikel für Die Zeit. Dort erhielt ich 2,8 Mark die Zeile und sogar ein Fotohonorar von 150 Euro. Zusammen waren das für einen “Job” 430 Euro. Das war sensationell. Fortan konzentrierte ich mich auf größere Zeitungen, Wochenzeitungen, Magazine sowie überwiegend den ARD-Hörfunk, der am längsten ganz gut bezahlte und auch heute noch akzeptable Honorare bietet.

Und ich habe oft “Angebote” ausgeschlagen, die immer wieder angefragt wurden, weil ich den “Markt” nicht kaputt machen wollte. Unter 350 Mark habe ich keine Magazinseite geschrieben. Niemals unter einer Mark eine Zeile (außer für die taz, die 70 Pfenning die Zeile zahlte).

Dazu habe ich an Zeitschriftenentwicklungen mitgewirkt, das brachte am meisten Geld, Redaktionsvertretungen gemacht, Vorträge und Seminare gehalten.

Um auf das Einstiegsgehalt eines Zeitungsredakteurs von damals rund 4.000 Mark Brutto zu kommen, musste ich rund 6.000 Mark verdienen und zusätzlich Geld für die “Infrastruktur” wie Auto, Telekommunikation, Computer, Kamera. Manchmal hat das funktioniert, manchmal nicht.

Nochmal zur Verdeutlichung: Bei 55 Pfenning pro Zeile und 150 Zeilen täglich wäre ich bei einer 5-Tage-Woche auf 1.650 Mark gekommen. Rechnet man noch sechs Wochen Urlaub ein, wären rund 1.440 Mark brutto geblieben. Krank durfte man nicht werden, Nein sagen auch nicht. Und es gab damals Zeitungen, die nur 25 Pfenning pro Zeile zahlten.

Durch meinen Wechsel in die “höhere Honorarliga” war ich in der glücklichen Lage, nicht jeden Mist machen zu müssen, sondern mir Themen und Aufträge aussuchen zu können.

Die meisten Kollegen versuchten, irgendwie eine Festanstellung zu bekommen. Nicht, um journalistisch interessanter arbeiten zu können, sondern um versorgt zu sein.

Doch die “Töpfe” für “Honorare” wurden zunehmend geringer. Viele Kollegen klagten nur noch, schlugen sich mehr schlecht als recht durch, auch ich hatte Einbußen, aber es ging noch ganz gut.

FAZ: 70 Cent pro Zeile sind “normal”

Als ich 2003 einen exklusiven Text mit einem enormen Rechercheaufwand geschrieben hatte, bekam ich 70 Euro überwiesen. Für einen 100-zeiligen Artikel. Also 70 Cent pro Zeile. Ich habe mich daraufhin beim Herausgeber Schirrmacher beschwert, der mir zurückgeschrieben hat, dass dies einem “durchaus üblichen Honorar” entspräche, ich aber eine Nachzahlung von 90 Euro erhielte. Eine weitere Zusammenarbeit war nicht mehr gewünscht.

Als ich 2004 zufällig zum Tsunami auf der thailändischen Insel Phuket war, berichtete ich 18 Tage lang für mehrere deutsche Medien. Darunter Spiegel, Spiegel Online, Spiegel TV, Focus, Handelsblatt, Zeit, tagesspiegel, Berliner Morgenpost, Welt, SWR und noch ein paar andere. In knapp drei Wochen habe ich rund 15.000 Euro Umsatz gemacht.

Ich war 16-20 Stunden im Einsatz, habe am Tag nach der Katastrophe 600 Leichen gezählt, um die Zahl der Opfer abschätzen zu können, habe unter anderem eine Reportage über die Arbeit der DVI-Teams (Desaster Victims Identification) geschrieben, Tage im Krankenhaus verbracht und über das Leid und die Hoffnung berichtet.

5.000 Euro die Woche? Kein schlechtes “Honorar”. Doch zu welchem Preis? Für welchen Einsatz? Hätte ich ein “psychologisches” Problem bekommen, einen Unfall erlitten – wer hätte für mich gesorgt? Es gibt für freie Journalisten selten eine Kostenerstattung und so gut wie nie eine Absicherung durch die “Auftraggeber”. Aber es gibt noch Jobs für alle die, die “gut” verdienen wollen – überall da, wo es gefährlich ist. Denn da gehen die Redakteure nicht hin.

Tagessätze von unter 250 Euro habe ich niemals akzeptiert. Mein Normalsatz waren 350 Euro. Heutzutage sind 75 Euro kein Ausnahmefall.

Lokalberichterstattung ist Ausbeutung auf höchstem Niveau

Im “Lokalen” sieht es am bittersten aus. Da bleiben für Freie meist nur die “Krumen”. Feste und Vereine. Eben alles das, wofür sich die Redakteure meist zu schade sind. Plus Abend- und Wochenendtermine, weil die meisten Redakteure dann frei haben. Häufig sind das Rentner, die nicht unbedingt dazu verdienen müssen oder Hausfrauen. Oder ehemalige Praktikanten wie ich, die dann für Hungerlöhne Zeilen schinden und anfangen, irgendwas blumig zu erdichten.

Zeitungsredakteure geben das in Auftrag, nehmen es ab und veröffentlichen diesen Schund. Diese Bratwurstberichterstattung über Wettergötter, allgemeine Zufriedenheit, kühlen Gerstensaft und leckere Bratwürste. Sie suchen die Nähe der “Mächtigen” und schreiben den meisten nach dem Maul – außer, der Herr Verleger oder der Chefredakteur haben jemand “auf dem Kieker” – der wird dann “runtergeschrieben”. Ansonsten dient man sich an.

Redakteure bilden den unsolidarischst-vorstellbaren Haufen

Es gibt keinen unsolidarischeren Haufen als diese Zeitungsredakteure, die sich einen Dreck drum scheren, wie es “ihren” freien Mitarbeitern geht. Meist erlebt man Arrogantlinge, die vor Selbstüberheblichkeit kaum noch laufen können und mit ihrer Schere im Kopf ständig bemüht sind, keinen Ärger zu bekommen, statt “Anwalt des Lesers” zu sein und “Missstände aufzudecken”. Sie halten sich für “unabhängig” – wie wenig sie das sind, zeigt ihr Streik.

Redakteure, die es genießen, hoffiert zu werden, die selbstverständlich immer ihre “Extra-Wurst” einfordern, sich auf Reisen einladen lassen, sich beschenken lassen und “Presserabatte” einfordern. Und ihr Salär gerne mal mit einer “Moderation” aufarbeiten und gar nicht so selten in ihrer Freizeit “Berichte” für Unternehmen oder Politiker schreiben, die sie als “Pressemitteilung” dieser Unternehmen oder Politiker dann als “Grundlage” für ihre “journalistischen Berichte” verwenden.

Sie agieren dabei genauso, wie viele Chefredakteure und Redaktionsleiter, die in teure Hotels zu wichtigen Konferenzen eingeladen werden, wo Unternehmen, Politiker, Verbände und Lobbyisten dann “Themenstrecken” und Anzeigenbuchungen aushandeln. Und vor allem, über was nicht berichtet wird.

Man kann vermuten, dass einige Redakteure bei Tageszeitungen journalistisch auch einfach zu inkompetent sind, um dieses Zusammenhänge verstehen zu wollen, geschweige denn zu sehen. Man liegt aber auch richtig, wenn man annimmt, dass viele dies schweigend zur Kenntnis nehmen und wissen, was sie und was sie nicht zu berichten haben.

Transparenz über die Hintergründe ihrer Arbeit findet man von den Redakteuren in den Zeitungen so gut wie niemals.

Und diese Leute fordern nun Solidarität. Also einen Zusammenhalt, eine Haltung?

Arrogante Verlogenheit

Wer sich und andere über Jahrzehnte selbst belügt, kann wahrscheinlich die eigene Verlogenheit irgendwann nicht mehr erkennen.

Mit dem Blick von außen sehe ich aber keinen Grund, mich mit diesen Leuten zu solidarisieren, von denen ich und die allermeisten freien Journalisten in Deutschland niemals “Solidarität” erfahren haben.

Und wenn Leserinnen und Leser wüssten, wie respektlos und despektierlich sich “Redakteure” oft über ihre Kunden auslassen – sie wären entsetzt. “Die da draußen” sind für viele Redakteure einfach nur dumme Leute. Solange es kaum eine Möglichkeit gab, die “Kontrolleure” zu kontrollieren, mussten die Leute “glauben, was in der Zeitung steht”.

Das Internet hat das verändert – heute gibt es so viele Quellen und so viele Möglichkeiten sich per email, Facebook oder anderen Medien zu informieren und auszutauschen. Und es gibt viele Redakteure, die ihre Verachtungshorizont auf das Internet ausgeweitet haben, wo man angeblich “nur Dreck findet”. Und es gibt nicht wenige, die stolz darauf sind, dass sie das Internet nicht benutzen.

Darin unterscheiden sie sich nicht von denen, gegen die sie gerade streiken – die Verleger als Arbeitsgeber.

Nachtrag:
Alle Redakteure, mit denen ich gut zusammengearbeitet habe und dies weiterhin tue, schließe ich selbstverständlich aus und hoffe, dass sie ihren schweren Stand weiter halten können.

Zur Sache: Die “unselige” Berichterstattung im Mannheimer Morgen


Schere, Kluft, Arm, Reich - wichtiges Thema. Beim "MM" von "außen besetzt". Quelle: MM

Mannheim/Rhein-Neckar, 20. Juli 2011. (red) Die Entwicklung ist dramatisch – sowohl für Beschäftige mit niedrigen Einkommen als auch für Abonnenten des Mannheimer Morgen. In der heutigen Ausgabe benennt die Zeitung “Geringverdiener zu Verlierern”, berichtet weiter auf Seite 5 unter “Wirtschaft” zu “Kluft zwischen Arm und Reich wächst” und kommentiert die “unselige Schere”. Dahinter steckt sehr viel “Unseligkeit”. Auch eine journalistische. Und einen nicht vorhandene Transparenz.

Von Hardy Prothmann

Der MM “berichtet” also und “kommentiert” – so scheint es zumindest.

Tatsächlich steht auf Seite 1 ein Text von “unserem Korrespondenten” Wolfgang Mulke. Der kommentiert auch auf Seite 5. Dort steht ein weiterer Bericht “von dpa-Korrespondenten (sic!) Bernd Röder”.

Diese Berichterstattung ist keine eigene, redaktionelle Leistung des Mannheimer Morgens. Sie ist eingekauft. Von der Agentur “die-korrespondenten.de“, bei der Wolfgang Mulke arbeitet und bei dpa, der Deutschen Presse-Agentur.

“Dein”, “Mein”, “Unser” – der “MM” ist für “uns” alle da – oder doch nicht?

Mal abgesehen von dem Grammatik-Fehler bei Herrn Röder… – ist Herr Mulke tatsächlich “unser Korrespondent”, wie der MM das behauptet? Tatsächlich arbeiten “die-korrespondenten.de” für viele Zeitungen. Ebenso wie dpa.

Das geht auch in Ordnung.

Wer sich diese Dienstleistung als “unser”, sprich “eigene” aneignet, ist aber nicht wirklich ehrlich gegenüber den Leserinnen und Lesern.

Denn es ist keine eigene, redaktionell-journalistische Leistung der Zeitung. Beim Gemüsehändler würden man unter “unser Anbau” erwarten, dass der Apfel auch aus “unserem” Garten kommt. Bei der Zeitung ist das “abstrakter”.

Es scheint, als informierten Korrespondenten exklusiv für die Zeitung. Tatsächlich ist der MM nur eine von vielen Zeitungen, die tagtäglich bei Dienstleistern Informationen einkaufen und diese verbreiten. “Unser Korrespondent” ist aber eine gewagte Behauptung. Denn “unser” signalisiert “Exklusivität”. Tatsächlich ist das meistens nicht so.

Das aktuelle Thema beschäftigt sich mit der “Lohnschere” und Wolfgang Mulke schreibt einen wirklich guten Kommentar. Kritisch, auf den Punkt. Immer mehr Menschen werden in Billigjobs gedrängt: “Sie sind trotz Arbeit arm dran.” Der Satz beschreibt Lebensschicksale.

Wir haben schon “gestern” darüber berichtet – schneller und mit eigener Recherche:
http://rheinneckarblog.de/2011/07/19/diw-kaufkraft-sinkt-wer-wenig-hatt-hat-noch-weniger/

“Lebensschicksale” werden vermutlich auch bei der Zeitung Mannheimer Morgen beschrieben, ohne dass sie benannt werden:

“Denn immer mehr Beschäftige bekommen nur schlecht bezahlte Stellen”,

ist eine treffende Analyse und dürfte auf alle Zeitungsausträger und viele “freie Mitarbeiter” der Zeitung zutreffen.”

“Lebenschicksale” – schlecht, schlechter, noch schlechter bezahlt gilt vor allem für “freie Mitarbeiter”. Von Zeitungen.

In den vergangenen Wochen haben ver.di und der Deutsche Journalistenverband zu Streiks aufgerufen – Zeitungsabonnenten haben das an den “dünnen” Ausgaben festgestellt.

Denn die deutschen Zeitungsverleger wollen nicht nur keine “Lohnanpassungen” vornehmen – nein, ganz im Gegenteil, sie wollen teils bis zu 25 Prozent weniger für Berufsanfänger zahlen. Sie sind aktiver Teil des Systems, dass Menschen Arbeit gibt, die trotz Beschäftigung “arm dran sind”.

Gleichzeitig wollen diese Verleger eine Leistungsschutzabgabe erstreiten, eine Art Lizenzgebühr, die alle Teile der Wirtschaft, der Verwaltung, insgesamt die gesamte Öffentlichkeit trifft: Sobald jemand eine “Zeitung” zitiert, soll Geld fließen. An die Verleger. Das ist zwar sehr vereinfacht dargestellt, aber im Prinzip das, was sich die Verleger wünschen. Dieser “Leistungsschutz” kommt aber niemals bei den “Urhebern” an, also den Schreibern, sondern bei den “Verbreitern”, also den Verlegern.

Die allermeisten Lokalzeitungen zahlen Zeilenhonorare, die jenseits von “Gut und Böse” sind, wenn man das Geld auf “Mindestlohn pro Stunde” umrechnet. Wer auf sechs Euro pro Stunde kommt, kann sich glücklich schätzen. Fotografen sollen beim MM beispielsweise für Fotos für die Online-Galerien genau nichts erhalten. Das ist eine “Service-Leistung”, die erwartet wird. Wer der nicht nachkommt, muss damit rechnen, dass “bezahlte Jobs” weniger werden.

Große Teile der Zeitung sind mittlerweile “Discount-Ware”. Irgendwo hergestellt und massenhaft verbreitet – die Leserinnen und Leser können diese “Nachrichten” umsonst und zuhauf überall im Internet finden. Selbst scheinbar “exklusive” Themen sind nichts weiter als “zugeschickt” verbreitete Informationen von Ämtern, Vereinen oder Firmen.

Trotzdem gibt es immer noch genug gutgläubige “Abonennten”, die für “Exklusivität” zwanzig bis dreißig Euro pro Monat zahlen. Wer sich “kundig” macht, stellt den Preis in Frage.

Zeitung heute? Sowas wie ein “Ein-Euro-Shop”.

Kein Wunder, dass immer mehr Abonnenten kündigen – “Qualitätsjournalismus” wird schon lange nicht mehr geboten.

Stopp. Der Kommentar von Wolfgang Mulke ist guter Qualitätsjournalismus. Er benennt Fehlentwicklungen. Prangert an.

Leider fehlt es an der Transparenz in der eigenen Zeitung, was man Herrn Mulke nicht vorwerfen kann. Soll er etwa thematisieren, wie es um die “Niedriglohnpolitik” des MM bestellt ist? Und sich Ärger einhandeln und nicht mehr “gebucht” werden? Auch Herr Mulke muss sein Geschäft machen.

Ich selbst war auch mal “freier Mitarbeiter” des Mannheimer Morgen. Von 1991-1994. Damals habe ich für 55 Pfenning “die Zeile” geschrieben. In einem Monat habe ich mal rund 1.400 Mark “verdient”. Im “Schnitt” bedeutete das pro Tag ein bis zwei “Artikel”. Rund eine Stunde hin und zurück zum Termin. Ein bis drei Stunden vor Ort. Eine Stunde Vorbereitung. Ein Stunde Schreiben. Oder vielleicht-  mehr. Zwei, drei, vier Stunden, Gespräche, Telefonate, Treffen – wenn mir das “Thema” wichtig war.

Und die “Themen” waren wichtig – zumindest mir. Und den Menschen, die “betroffen” waren.

Einige Texte waren nur 40-Zeiler. Einige länger, vielleicht 120-Zeiler (drei bis vier Spalten-Texte). Mit echter “Recherche”, viel Aufwand, stundenlangen Gesprächen. Terminen. Die Arbeit war sehr aufwändig, hat aber “Spaß” gemacht.

Wenn es “gut” lief, waren das also vier Stunden für 25 Mark oder rund sechs Mark die Stunde. Wenn es schlecht lief, waren es sechs oder mehr Stunden. Also nur vier Mark die Stunde. Das war 1994.

“Berechenbare Information?” – Klar, auf dem Niveau von 55 Pfenning. Pro Zeile.

Oft haute die “Rechnung” auch nicht hin. Dann war es “Berufsethos”. Ruhm und Ehre. Wichtiger als Geld.

Wenn man das “System” kapiert oder “im Stoff stand”, konnte man die “Stunde Vorbereitung streichen” und wenn man clever war, “hin und zurück” mit möglichst vielen Terminen verbinden – was meistens Wochend- und Abendtermine beinhaltete.

Und wenn man “noch besser” verstanden hatte, “dichtete” man irgendwelchen Blödsinn, Hauptsache, alle waren zufrieden, es war ein tolles Ereignis, es war schön und nochmal, alle waren zufrieden. Um der “Erwartung” der Redaktionsleitung zu genügen, aber auch, um wenigstens ein bisschen anständig zu verdienen, schreibt man dann halt solchen Mist.

Die Verlage haben in dieser Zeit zweistellige Umsatzrenditen geschrieben.

Am 20. Juli 2011 lese ich im Mannheimer Morgen einen Kommentar über die “unselige Schere”. Der Kommentar trifft den Punkt. Er ist kritisch und korrekt. Er beschreibt Lebensschicksale. Der Journalist Wolfgang Mulke hat einen korrekten Job gemacht.

Gibt es eigentlich keine Journalisten beim MM, die genauso hätten schreiben können? Das ist meine Frage. Wieso ist die Redaktion nicht in der Lage, das Thema zu berichten und zu lokalisieren?

Schupsen die “Redakteure” nur noch Bratwurstfeste und gute Stimmungen oder haben sie noch irgendeinen Funken Ehrgeiz in sich, wirklich gute Journalisten zu sein?

Eine der härtesten “Branchen” in Sachen “Mindestlöhne” ist der Journalismus.

Oder ist es die Schockstarre, dass sie Teil des Systems sind und niemals ehrlich über Mindestlöhne, Ausbeutung und unhaltbare Zustände über andere berichten können, ohne sich selbst zu meinen?

Mir tun die “Kollegen” wirklich leid, aber ich habe kein Mitleid mit ihnen.

Ich kann jeden verstehen, der seinen “Vorteil” retten will, aber ich verachte auch jeden, der sich dabei noch “Journalist” nennt und so tut, als sei er im Auftrag der “Öffentlichkeit” unterwegs.

Der MM ist Teil dieser Ausbeuter-Wirtschaft, die Menschen “Arbeit gibt, mit der sie arm dran sind”. Das muss man sagen. Das muss man aufschreiben.

Aber das wird man niemals in dieser Zeitung lesen.

Schaffen statt streiken: Wie Journalisten der Zeitungskrise entkommen können


Mannheim/Rhein-Neckar, 28. Juni 2011. (red) Kürzungen, Arbeitsverdichtungen, Entlassungen – das sind die Schlagwörter, die seit vielen Jahren die Redaktionen deutscher Zeitungsverlage bestimmen. Die Arbeit wird immer unerträglicher, das Produkt Zeitung immer banaler. Aktuell wird gestreikt, nicht für “mehr”, sondern für “nicht noch weniger”. Dabei ist Journalismus ein schöner Beruf, einer, den die meisten aus Leidenschaft ergriffen haben – ohne Idee, dass diese Entscheidung heute “Leiden schafft”. Doch es gibt einen Ausweg: Unternehmerjournalismus.

Von Hardy Prothmann

Ganz ehrlich liebe Redakteure? Wenn ich lese, dass ein Berufseinsteiger mit 3.200 Euro brutto beginnt und nach zehn Jahren bei 4.500 Euro brutto liegt und dann je nach Stellung in der Redaktion noch ein paar tausender drauf gepackt bekommt, kriege ich Tränen in den Augen. Denn nach 20 Berufsjahren bin ich weit entfernt von solchen Gehältern im Vergleich zu einem Zeitungsredakteur. Aber es wird besser.

Ehrlich, transparent, leidenschaftlich

Krise? Na und? Nutzt Eure Chance, sagt Hardy Prothmann Bild: sap

Und ich bin mein eigener Chef, entscheide selbst über die Themen, bin ehrlich und transparent sein und “eine Schere im Kopf” gibt es nicht. Unsere Texte sind so lang wie sie sein müssen und nicht auf eine feste Zeilenzahl begrenzt. Wir können mit allen Informationen “spielen” – also experimentieren, wie wir mit unseren Informationen die Menschen am besten erreichen.

Wir sind in engem Kontakt mit unseren Lesern und das macht unsere Angebote aktueller, hintergründiger und einfach besser als die unkritische Lobhudel- und Bratwurstberichterstattung, die man täglich in der Zeitung findet.

Ich habe beim Mannheimer Morgen als freier Mitarbeiter angefangen, habe für einen Hungerlohn von damals 55 Pfenning (27 Cent) die Zeile geschrieben und ab 1994 für einigermaßen ordentliche Honorare für alle möglichen größeren Medien in ganz Deutschland, habe Hörfunk und Fernsehen gemacht. Ich bin Journalist, mein Schwerpunkt war Print.

Das Blog kommt

Seit nunmehr zwei Jahren baue ich mit einem kleinen Team eine Redaktion auf, deren Angebot sich etabliert hat und ein fester Begriff geworden ist: “Das Blog kommt”, sagen die Leute. Oder: “Hab ich im Blog gelesen.”

Mein kleines Team dreht der “großen Zeitung” häufig eine Nase – obwohl wir vom Gesamtumfang nicht mithalten können. Das wollen wir auch gar nicht. Den kompletten Mantel (also Politik, Wirtschaft, Sport) kann man besser und aktueller bei Nachrichtenportalen wie Spiegel Online oder Sueddeutsche.de oder, oder, oder lesen.

Aktuell, exklusiv, investigativ

Im Lokalen sind wir aber inhaltlich schon fast gleichwertig im Umfang und häufig investigativer, aktueller und exklusiver – wir verzichten auf viele Gefälligkeitsnachrichten, die eine Zeitung aus lauter Verzweiflung veröffentlicht, um die Seiten zu füllen. Das hat mit Journalismus schon lange nichts mehr zu tun.

Unsere Geschichten sind dann fertig, wenn sie fertig sind und nicht, wenn der Andruck beginnt.

Was noch aussteht, ist der wirtschaftliche Erfolg – unser Teammitglieder arbeiten für kleines Geld, aber mit großer Leidenschaft für die “Blogs”. Unser Ziel ist natürlich, anständig zu bezahlen – wir können uns aber nicht auf 60 Jahre Lizenzmonopol und Jahrzehnte fettester Gewinne stützen, sondern müssen uns bescheiden zeigen und den Gürtel eng halten. Und von 35 Stunden können wir nur träumen.

Unternehmerjournalismus

Aber wir sind frei. Wir können über alles und jeden berichten, sofern das für die Öffentlichkeit interessant ist. Wir können richtigen, echten, leidenschaftlichen Journalismus machen.

Überlegt es Euch gut – die Verleger werden Euch zu Tode sparen. Das wisst Ihr. Die Fotografen sind schon am Rande Ihrer Möglichkeiten – Euch wird in den nächsten Jahren dasselbe passieren. Ihr werdet ausgegliedert und müsst die Brocken fressen, die man Euch hinwirft.

Die Alternative ist, selbst Unternehmer zu werden und endlich wieder die journalistische Leidenschaft zu spüren. Echte Stories zu machen, genau hinzuschauen, kritisch zu berichten und meinungsstark zu kommentieren. Eben die vierte Säule unserer Gesellschaft sein. Das wichtige demokratische Gut der Meinungsfreiheit zu befördern.

Verhandelt Abfindungen und gründet Eure eigene Redaktion – gerne mit uns zusammen. Ihr müsst ein bis drei Jahre durchhalten, dann werden die Geschäfte laufen. Wenn viele mitmachen, geht es schneller.

Ihr seid kompetent, kennt Euch aus, habt viele Kontakte und das ist ein wunderbares Kapital, dass Ihr selbst nutzen könnt, statt Euch von Verlagsmanagern ausnehmen zu lassen.

Wer sich jetzt dazu entscheidet, braucht sicherlich Mut. Aber es wird die richtige Entscheidung sein, denn spätestens in fünf bis zehn Jahren habt Ihr nichts mehr zu entscheiden. Dann werdet Ihr sicher entlassen.

Andere, vielleicht ich, vielleicht jemand anders, werden es bis dahin geschafft haben, eigene Redaktionen aufzubauen und sie werden Ihre eigenen Chefs sein und Leute beschäftigen. Entlassene Redakteure, die bis zuletzt auf die Zeitung statt auf die Information übers Internet gesetzt haben, werden garantiert nicht gebraucht werden.

Nutzt Euer Kapital, bevor es wertlos ist

Denn bis dahin kennen sich die neuen Redaktionen auch aus, haben Kontakte und berichten kompetent – Ihr könnt nichts bieten, was die neue Generation nicht schon hat. Und es werden leidenschaftlicher Macher sein, die mit gefeuerten Angestellten nichts anfangen können. Dann seid Ihr raus aus dem Geschäft.

Schaut Euch an, wie die WAZ vor kurzem 300 Leute entlassen hat, schaut Euch die Kürzungen bei der Süddeutschen an, bei Focus und das elende Schicksal der Frankfurter Rundschau.

Große Chancen gib es aber im Lokalen – da, wo die Menschen leben und jede Geschichte wirklich exklusiv sein kann. Hier ist professioneller Journalismus gefragt, der sich aber gerne neu erfindet, der Teil der Gesellschaft ist, der für die Menschen da ist.

Willkommen sind leidenschaftliche Journalisten – ob vom MM, der Rhein-Neckar-Zeitung, der Rheinpfalz, der Stuttgarter Zeitung oder woher auch immer. Redaktionelle Strukturen sind vorhanden, die Themen liegern auf der Straße – im nächsten Schritt wird es darum gehen, ausreichende bis gute Umsätze zu generieren. Wenn man sich Aufgaben teilen kann, wird dies schnell möglich sein.

Wer sich dafür interessiert, kann gerne vertraulich Kontakt mit uns aufnehmen und die Chancen und Risiken erfragen. Noch habt Ihr die Möglichkeit, selbst zu entscheiden. Nutzt sie. Aber bald.

Vergurkte Berichterstattung – Panikmache made by “Qualitätsjournalismus”


Mannheim/Weinheim/Heidelberg/Rhein-Neckar, 28. Mai 2011. (red) Die Erregung über Erreger hat zwei Ursachen – einerseits ein Qualitätsproblem bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln. Andererseits ein Qualitätsproblem bei der Erzeugung von Nachrichten. Die Verbraucher sind verunsichert – als Konsumenten von Nahrungsmitteln. Dabei sollten sie als Konsumenten von Informationen viel vorsichtiger sein. Während man dem Darmkeim auf der Spur ist und erkrankte Patienten behandelt, zeigt sich, dass der Journalismus als Massenprodukt chronisch krank ist und vielleicht auch chronisch krank macht.

Von Hardy Prothmann

Bildblog.de listet die millionenfach gelesenen falschen Schlagzeilen auf. Quelle: bildblog.de

Viele Spiegel-Leser fangen hinten an: “Dem Rücken die Stirn bieten” (Öffentlicher Anzeiger Bad Kreuznach), “Ehrliche Personen gesucht, auch Akademiker” (Kleinanzeige Rheinpfalz), “Senioren sind mit 35 noch sehr rüstig” (Rhein-Zeitung) und andere Kuriositäten gibt es im “Hohlspiegel” zu lesen. Die Patzer, ob im Redaktionellen oder im Anzeigenteil sind teils wirklich amüsant bis saukomisch.

Gar nicht amüsiert sind die Verbraucher über kontaminiertes Gemüse, das beim Verzehr zur Infektion mit dem EHEC-Keim führen kann, woraus sich ein lebensbedrohliches hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) ergeben kann.

Ebenfalls nicht amüsiert, sondern stinksauer sind Landwirte und Handel.

Kaninchen, Kommunalpolitik, Killerkeime

In den meisten Redaktionen arbeiten keine kenntnisreichen Mediziner, die alles über EHEC und HUS wissen. Vor allem in Lokal- und Regionalmedien arbeiten überwiegend Journalisten, die von der Kaninchenzüchterschau bis zur Kommunalpolitik über alle möglichen Themen berichten müssen. Sie sind aber meist auch keine kenntnisreichen Kaninchenzüchter oder Kommunalpolitiker.

Das müssen sie auch nicht sein. Die einfache Lösung, um die Welt zu verstehen, ist der gesunde Menschenverstand. Und den kann man durch Recherche erweitern, wenn es um Spezialwissen geht. Eine einfache Regel lautet: Informationen immer durch eine zweite Quelle überprüfen.

Die Weinheimer Nachrichten warnen vor Salat und Tomaten "aus" Norddeutschland - wer warnt die Leser vor falschen Informationen? Quelle: WNOZ

Es gibt aber noch eine andere Lösung und die führt zum Dauerdünnpfiff vieler Redaktionen: Man lässt das mit dem überprüfen weg und verlässt sich lieber auf andere. Im “großen” Teil der Zeitung, also Politik, Wirtschaft und Sport werden Informationen der Nachrichtenagenturen ungeprüft übernommen. Der Glaube an die Korrektheit dieser Informationen ist immer noch sehr hoch. Dazu kommen Zeit- und Arbeitsdruck – eine Überprüfungsrecherche findet nicht mehr statt.

Krankheitsverlauf einer Meldung

Am Mittwochabend, den 25. Mai 2011, schickt die Deutsche Presseagentur eine Meldung zu EHEC an die Redaktionen. Diese Meldung wird am nächsten Tag landauf, landab in millionenfach verteilten Zeitungen stehen. Darin werden die Experten vom Robert-Koch-Institut (RPI) (angeblich) zitiert:

“Vorsorglich sollte man auf rohe Tomaten, Salatgurken und Blattsalate aus Norddeutschland komplett verzichten.”

Tatsächlich ist das Zitat falsch. Nicht vor dem Verzehr von Gemüse “aus Norddeutschland”, sondern vor dem Verzehr “in Norddeutschland” wurde in der Pressemitteilung des RKI gewarnt:

(…) empfehlen RKI und BfR über die üblichen Hygieneregeln im Umgang mit Obst und Gemüse hinaus, vorsorglich bis auf weiteres Tomaten, Salatgurken und Blattsalate insbesondere in Norddeutschland nicht roh zu verzehren.

Millionenfach verbreitete "Dünnpfiff"-Meldung - auch der MM warnt vor Gemüse "aus" Norddeutschland. Quelle: MM

Die Worte “in” und “aus” sind klein. Man könnte jetzt sagen: “Darum so ein Aufheben zu machen, ist doch dibbelschisserig.” Tatsächlich ist der vom Mediensystem erzeugte Schaden aber maximal. Verbraucher in ganz Deutschland sind verunsichert und die deutsche Landwirtschaft sowie der Handel haben einen massiven ökonomischen Schaden, weil Tomaten, Salat und Gurken kaum noch gekauft werden. Diese Produkte sind frisch und verderblich – was nicht verkauft wurde, muss entsorgt werden.

Vergurkte Berichterstattung

Auch in der Metropolregion veröffentlichen Mannheimer Morgen, Weinheimer Nachrichten und Rhein-Neckar-Zeitung die verseuchte inhaltlich falsche dpa-Meldung ohne Qualitätskontrolle. Dabei wäre die denkbar einfach: Ein Klick auf Robert-Koch-Institut führt direkt zur Quelle.

Doch dafür muss man wachsam sein und Informationen aufmerksam “verarbeiten”. Bei einem Redakteur muss die Alarmglocke anspringen, wenn er “rohe Tomaten, Salatgurken und Blattsalate aus Norddeutschland” liest. Kann das sein? Denn die Konsequenz ist weitreichend. Dieses Gemüse wird sich nicht mehr verkaufen lassen. Auch andernorts wird sich Gemüse nicht mehr verkaufen lassen, wenn nicht klipp und klar feststeht “woher” dieses stammt.

Kaum Herkunftsnachweise – kaum Kennzeichnungen

Leider nutzen viele Menschen das “geistige Nahrungsmittel” Zeitung nicht mit derselben Aufmerksamkeit. Sie würden dann nämlich viel häufiger fragen, “woher” die Informationen stammen, die ihnen da vorgesetzt werden.

Aufmerksame Leser wissen längst, dass große Teile im “großen Teil” der Zeitung nicht gegenrecherchierte Agentur- oder PR-Meldungen sind. Und selbst wenn es eigenständig verfasste Artikel sind, gibt es häufig nur eine Quelle und die ist ebenfalls häufig auch noch tendenziös.

Auch die Lokal- und Regionalteile der Zeitungen sind voll von Informationen unbekannter Herkunft. Oft werden sie gar nicht angegeben oder verschleiert. Das Kürzel “zg” beispielsweise steht für “zugeschickt”.

Zeitungsartikel als “C”-Ware

Was die Zeitungen gerne als “1A-Ware” verkaufen, ist in wirklich nur “B”- oder “C”-Ware, ein wenig umverpackt und aufgehübscht, aber im Kern einfach nur ein Massenprodukt nicht lokaler oder regionaler Herkunft. Die Zeitungen können diese Agenturmeldungen billiger einkaufen, als wenn sie selbst Redakteure recherchieren ließen oder sogar ganz umsonst, wenn sie Pressemitteilungen veröffentlichen. Oder sogar noch etwas verdienen, wenn sie als Artikel getarnte “PR-”Meldungen abdrucken.

Teuer bezahlen muss das der Kunde.

Die medienkritische und immer wieder lesenswerte Internetseite “Bildblog” berichtete, dass die dpa und andere Agenturen klammheimlich in weiteren Meldungen das Wort “aus” durch die korrekte Zitierung “in” ersetzt haben. Ein deutlicher Hinweis an die Leserinnen und Leser fehlt im Mannheimer Morgen, in den Weinheimer Nachrichten und der Rhein-Neckar-Zeitung sowie vermutlich in allen deutschen Zeitungen.

Denn im “Fehler unterstellen” sind deutsche Medien führend – im Fehler eingestehen sind sie Schlusslicht. Qualität geht anders. Doch vor einer Darmspiegelung hat das System Angst – man spürt die Geschwüre und will gar nicht genau wissen, wie schlimm es um den Patienten Zeitung schon steht.

Der Gurkenskandal wird vorübergehen, der mediale Dünnpfiff wird bleiben. Die Ansteckungsgefahr innerhalb des Mediensystems ist enorm hoch.

Die RNZ berichtet am 26. Mai 2011 die falsche Information "aus Norddeutschland". Quelle: RNZ

Einen Tag später heißt es korrekt "in" - eine Klarstellung an die Leser fehlt. Quelle: RNZ

In eigener Sache: Berichte über unsere blogs

Guten Tag!

Rhein-Neckar, 18. Mai 2011. (Aktualisiert) heddesheimblog, hirschbergblog, ladenburgblog, weinheimblog, rheinneckarblog, viernheimblog sind lokal-journalistische Informationsplattformen im Internet. Weder der Journalismus, noch das Internet sind neu. Neu ist die Kombination von kritischem Lokaljournalismus im “weltweiten Netz”. Dazu gibt es viele Meinungen. Was andere über uns und unseren Journalismus denken – lesen Sie hier. Wir aktualisieren diese Liste seit November 2009 fortlaufend.

sueddeutsche.de interviewt Hardy Prothmann.

Der Anspruch ist ein einfacher: Bester Journalismus fürs Lokale. Seit Mai 2009 berichtet das heddesheimblog über Heddesheim und manchmal über die Gemeindegrenzen hinaus. Seit Dezember 2009 gibt es das hirschbergblog, seit Februar 2010 das ladenburgblog, seit November 2010 das weinheimblog, seit Januar 2011 das rheinneckarblog, seit April 2011 das viernheimblog.

Vorbildfunktion.

Diese Arbeit hat die Aufmerksamkeit vieler Journalisten und Medienmacher überall in der Republik auf sich gezogen.

Warum? Ganz einfach.

Obwohl der größte Teil des Journalismus in Deutschland im Lokalen stattfindet, gilt der Lokaljournalismus als qualitativ minderwertig. Kein Wunder, ruhen sich doch die meist monopolistischen Lokalzeitungen auf ihrer konkurrenzlosen Position aus.

Lokal = spannend.

Unsere Redaktion hält dagegen und beweist seit nunmehr zwei Jahren, dass lokale Themen spannende Themen sind. Lokale Berichterstattung ist eine Herausforderung – die viele Zeitungen seit Jahren nicht mehr annehmen – Radio und Fernsehen schon gar nicht.

Unsere Blogs genießen eine hohe Aufmerksamkeit bei den Leserinnen und Lesern – weil sie seriösen, kritischen und meinungsstarken Journalismus bieten. Weil wir recherchieren und nachhaken – die Bratwurstberichterstattung überlassen wir anderen.

Wir sind davon überzeugt, dass es wichtig ist, das kommunale “Zeitgeschehen” abzubilden. Überall auf der Welt leben die Menschen lokal – die Nachrichten über das lokale Leben sind der exklusivste Inhalt vor Ort.

Lokal = exklusiv.

Wir berichten auch über große Themen der Republik, wir holen diese aber ins Lokale. Wir sind im engen Kontakt mit unseren LeserInnen – ganz persönlich aber auch über neue “Social Media”-Plattformen wie Twitter und Facebook oder Wer-kennt-wen.

“Wir” sind eine kleine Redaktion mit freien Mitarbeiter, die alle eins verbindet – hohes Engagement.

Über die Kommentarfunktion bringen sich die LeserInnen zudem ein und bereichern (meistens) die Berichterstattung. Aktiver Austausch von Fakten, Argumenten und Meinungen ist wichtig für das Zusammenleben in der Gemeinde.

Finanziert wird unsere Arbeit durch Werbung und die Beratung von Firmen und Institutionen zum Einsatz von Blogs und “Social Media” – modernes Marketing ist längst mehr als die langweilige, teure und passive Zeitungsanzeige. Während Print kontinuierlich verliert, gewinnt das Internet rasant. Immer mehr Menschen lesen und informieren sich online – alle Markstudien belegen diese Tatsache.

dctp-Journalist Philip Banse interviewt Hardy Prothmann.

Unsere Blogs bieten also aktiven Journalismus. Und die Arbeit der Redaktion ist transparent.

Seit Anfang Mai 2011 haben wir uns mit anderen Internet-Zeitungen deutschlandweit zusammengeschlossen: istlokal.de ist ein Netzwerk von lokalen Internetmedien, die sich gegenseitig unterstützen. Zu: Journalismus, Vermarktung, Technik und Recht. Rund 50 Angebote machen derzeit mit.

Kritik = konstruktiv.

Unsere kritische Haltung gefällt nicht jedem – weil viele durch die unkritische Berichterstattung der “etablierten” Medien nicht mehr mit Kritik umgehen können.

Kritik bedeutet aus unserer Sicht nicht, dass wir “jemanden schlecht machen”, sondern dass wir aufzeigen, wo es “nicht gut läuft”, wo etwas zu verbessern ist.

Kritik heißt, sich mit einer Sache oder Personen auseinanderzusetzen und kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Falsche Rücksichtnahmen sind in unseren Augen die Garantie dafür, dass sich nichts verändert.

Wir “kritisieren” aber auch immer gerne “positiv”, wenn es “gute” Nachrichten zu berichten gibt.

Zukunft des Lokaljournalismus.

Deswegen orientieren sich viele andere Journalisten und Redaktionen bereits an unserer Arbeit – die lokale Berichterstattung im Internet gilt vielen als die Zukunft des Lokaljournalismus.

Hardy Prothmann, verantwortlicher Journalist für diese neue Form des Lokaljournalismus, ist gern gesehener Gast bei Medientagungen. Ob beim Frankfurter Tag des Onlinejournalismus auf Einladung der Evangelischen Kirche Deutschland und des Hessischen Rundfunks, beim katholischen ifp (Institut zur Förderung publizistischen Nachwuches e.V.) oder bei der Hochschule Darmstadt-Dieburg, um nur drei Beispiele zu nennen.

Diese Zukunft machen wir schon heute. Nachfolgend lesen Sie Artikel, Interviews, Beiträge von anderen Medien über unsere Blogs.
Neueste Beiträte wie üblich oben.

Porträt bei evangelisch.de

Einen schönen Tag wünscht
Die Redaktion heddesheimblog, hirschbergblog, ladenburgblog

Plagiator-Formel: Dreist, dreister, Journalist – wie Tageszeitungen tagtäglich “bescheißen”


Guten Tag!

Rhein-Neckar, 13. April 2011. (red) Wenn Tageszeitungen über die Plagiatsaffären “zu Guttenberg” und aktuell Koch-Mehrin berichten, sollten sie allergrößte Zurückhaltung üben. Denn gerade Zeitungsredaktionen plagieren täglich in großem Umfang. Das Schmücken mit “fremden Federn” gehört zum Tagesgeschäft. Ein Unrechtsbewusstsein darf als “nicht-vorhanden” bewertet werden.

Von Hardy Prothmann

Dem Betrüger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist zu recht die Doktorwürde aberkannt worden. Er hat schamlos und vermutlich vorsätzlich fremdes geistiges Eigentum anderer Autoren als sein eigenes ausgegeben.

Aktuell steht die FDP-Spitzenpolitikerin Silvana Koch-Mehrin in der Kritik. Auch sie soll sich bei anderen “bedient” haben. Die Plattrom “Vroniblog Wiki” hat schon auf 32 von 207 Seiten ihrer Doktorarbeit Plagiate entdeckt. Auch Veronica Saß, Tochter von Edmund Stoiber, soll gnadenlos abgeschrieben haben. Und man kann davon ausgehen, dass weitere prominente Namen folgen werden.

Die größten und systematischen Plagiatoren sind die Tageszeitungen

Bei der Suche nach “skrupellosen Abkupferern” wird übersehen, dass täglich massenhaft Plagiate “unters Volk” gebracht werden – durch Tageszeitungen. Denn die allermeisten Redakteure und freien Mitarbeiter haben überhaupt keine Probleme damit, fremde Texte als ihre eigenen auszugeben.

Ein Beispiel gefällig? Heute haben die Weinheimer Nachrichten einen sehr umfangreichen Text auf Seite 11 veröffentlicht: “Wer versiegelt, der zahlt künftig mehr.” Es handelt sich dabei zu fast 100 Prozent um eine Pressemitteilung der Stadt Weinheim, die kostenfrei zur Verfügung gestellt worden ist. Zwar steht am Anfang des Artikels, dass die Verwaltung etwas “mitgeteilt” hat und auch am Ende steht: “…heißt es abschließend in der Pressemitteilung.”

Tagtägliches Plagiieren: Die Weinheimer Nachrichten übernehmen mehr oder weniger 1:1 Pressemitteilungen, ohne diese korrekt als solche auszuzeichnen. Klicken Sie auf die Grafik, um den gesamten Text als PDF anzuzeigen.

Reichen diese “Hinweise” aber aus, um klar zu erkennen, dass er komplette Text eine Pressemitteilung ist? Weder ein Durchschnittsleser noch ein Textprofi kann unmissverständlich erkennen, wer der wahre Urheber ist.

Kennzeichnungspflicht? Fehlanzeige!

Urheber ist in diesem Fall der Pressesprecher der Stadt Weinheim, Roland Kern – ein gelernter Journalist, der sehr fleißig und kompetent über die Aktivitäten der Stadtverwaltung und das Geschehen in der Stadt schreibt. Das ist sein Job und den macht er hervorragend.

Das kann man von der Redaktion der Weinheimer Nachrichten nicht behaupten. Nicht nur heute, sondern ständig druckt das Blatt die Texte aus der Feder von Roland Kern oder anderen Urheber mehr oder weniger 1:1 ab. Das allein ist noch nicht “ehrenrührig”, wohl aber das Fehlen einer korrekten Quellenangabe.

Der Pressekodex des Deutschen Presserats verlangt unmissverständlich, Ziffer 1, Richtlinie 1.3:

Pressemitteilungen müssen als solche gekennzeichnet werden, wenn sie ohne Bearbeitung durch die Redaktion veröffentlicht werden.

Warum steht nicht einfach am Anfang oder Ende des Textes: “Pressemitteilung der Stadt Weinheim”? Ganz einfach, weil die Redaktion so tut, als handle es sich um einen redaktionellen Text. Denn schließlich zahlt der Abonnent nicht für abgedruckte Pressemitteilungen, sondern für eigene redaktionelle Inhalte. Die Art und Weise, wie die Weinheimer Nachrichten eine vermeintliche “Kennzeichnung” vornehmen, darf eindeutig als unzureichend bezeichnet werden.

Blaue Markierungen sind Streichungen, grüne Einfügungen - mit minimalsten Bearbeitungen "eignen sich Redaktionen" Texte an und veröffentlichen sie als redaktionell-journalistische Leistung.

Korrekt kennzeichnen heißt glaubwürdig sein

Auch wir veröffentlichen Pressemeldungen der Stadt Weinheim, die von Roland Kern geschrieben worden sind. Im Unterschied zu den Weinheimer Nachrichten kennzeichnen wir die Texte aber korrekt und unmissverständlich und täuschen den Lesern nicht eine redaktionell-journalistische Leistung vor.

Im Vorspann findet sich bei uns ein Kürzel “pm” – das steht ausweislich unseres Impressums für “Pressemitteilung”. Weiter stellen wir Übernahmen in voller Länge eine unmissverständliche Zusatzinformatoin voran: Entweder steht “Pressemitteilung von…” oder “Information von…” vor einem solchen Artikel.

Manchmal veröffentlichen wir auch Texte unter dem Namen des jeweiligen Autoren. “Von Roland Kern”, steht dann vor dem Text und am Ende des Artikels informieren wir die Leserinnen und Leser darüber, wer der Autor ist. “Roland Kern ist Journalist und Pressesprecher der Stadt Weinheim”, steht dann da.

Warum wir das tun? Der erste Grund heißt Ehrlichkeit. Wir geben nicht etwas als unsere Leistung aus, was nicht unsere Leistung ist. Der zweite Grund: Durch die Nennung der Quelle wird deutlich, welche Interessen hier veröffentlicht werden. Der dritte Grund ist Anerkennung: Wir nennen selbstverständlich den geistigen Urheber. Der vierte Grund ist ein gesundes Misstrauen: Wir übermitteln eine fremde Botschaft in Treu und Glauben – sollte ein Fehler oder gar eine Täuschung vorliegen, ist der Urheber klar benannt.

So wie der MM-Redakteur Hans-Jürgen Emmerich “arbeiten” viele: Eine Pressemitteilung wird ein wenig umgestellt und umformuliert und schwubsdiwups wird daraus ein “Redakteursbericht”. Quelle: MM

“zg” ist ein Vielschreiber

Die Weinheimer Nachrichten stehen mit dieser Plagiatspraxis nicht alleine da. Besonders dreist sind auch Mitarbeiter des Mannheimer Morgens. Hier werden “umformulierte” Pressemitteilungen gerne mal als “Redakteursbericht” veröffentlicht (siehe dazu: “Ist der Mannheimer Morgen ein Sanierungsfall?“)

Einer der fleißigsten “Mitarbeiter” des Mannheimer Morgens ist ein Autor, der das Kürzel “zg” benutzt. Das sieht auf den ersten Blick aus wie ein Autorenkürzel, steht aber schlicht und ergreifend für “zugeschickt”. Das heißt, jeder dieser “zg”-Texte ist keine redaktionell-journalistische Leistung, sondern nur eine Textübernahme. Nirgendwo weist die Zeitung darauf hin, welche Art von Urheber sich hinter “zg” verbirgt. Andere Zeitungen verwenden andere Kürzel.

Patchwork-Journalismus – Copy&Paste ist Alltagsgeschäft

Gerne werden auch “Agenturberichte” zusammengefasst. Das heißt, der Journalist bedient sich mehrerer “Quellen” von Agenturtexten, kopiert die Inhalte irgendwie zu einem Patchwork-Artikel zusammen und schreibt seinen eigenen Namen über den Text. Als “ehrlich” kann schon gelten, wer wenigstens “Mit Material von…” ans Ende des Artikels schreibt. Welche Teile der Texte aus welchem “Material” stammen, ob es 10 oder 90 Prozent des Inhalts sind, ist für den Leser nicht erkennbar. Häufig wird die Nennung des “Materials” auch gerne mal vergessen.

Und es sind alle Ressorts betroffen: Politik, Wirtschaft, Sport, Lokales, Kultur. Nicht nur Profis können Plagiate relativ leicht erkennen, wenn man auf folgendes achtet: Je weniger Quellen explizit genannt sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Text in Teilen oder komplett plagiiert wurde. So einfach ist das. Denn seriöse Journalisten achten sehr sorgfältig darauf, die Quellen zu benennen.

“Beispiele für Plagiate in Wissenschaft und Medien gibt es viele”, schreiben die Soziologen der Uni Bielefeld, Sebastian Sattler und Floris van Veen, in ihrem Text “Veröffentliche oder stirb” für die Medienfachzeitschrift “Message”:

“Auffallend rar hingegen ist die Forschung zum Textklau im Journalismus. Das verwundert, führt man sich den Schaden vor Augen: Leser werden nicht authentisch und transparent informiert, aber trotzdem zur Kasse gebeten.”

Textklau ist kaum erforscht – kein Wunder

Die Forscher wundern sich, dass es kaum Forschung zu dem Thema “Textklau im Journalismus” gibt. Das aber ist nicht verwunderlich, wenn man weiß, dass viele Medien-Professuren eng mit Medien-Verbänden und -Verlagen verbunden sind. Wer also sollte an einem solchen Forschungsvorhaben interessiert sein? Oder anders gefragt: Wer würde ein niederschmetterndes Ergebnis veröffentlichen? Die, die es selbst betrifft? Wohl kaum.

Die Forscher folgern, dass dies der Glaubwürdigkeit von Journalismus schadet. Umgekehrt gilt: Der Ehrliche ist der dumme. Wer dreist kopiert und abschreibt ist vermeintlich erfolgreicher, als derjenige, der sich nicht mit fremden Federn schmückt. Und da eine Krähe der anderen kein Auge aushakt, wird diese Praxis des institutionalisierten Textklaus schaarenweise und vollständig unverschämt betrieben.

Plagiat = Raub der Seele

So werden tagtäglich in Deutschland Zeitungen und andere Medien von “Journalisten” gefüllt und von Redakteuren verantwortet, die entweder nie einen Funken Berufsehre in sich hatten oder diese im Lauf der Zeit “verloren” haben. Ganz im Gegenteil handelt es sich um Banditen, um Räuber, wie sich anhand der Definition von “Plagiat” bei Wikipedia nachlesen lässt:

Ein Plagiat (von lat. plagium, „Menschenraub”, „Raub der Seele“[1]) ist die Vorlage fremden geistigen Eigentums bzw. eines fremden Werkes als eigenes Werk oder als Teil eines eigenen Werkes. Dies kann sich auf eine wortwörtliche Übernahme, eine Bearbeitung, oder auch die Darstellung von Ideen oder Argumenten beziehen.

Anmerkung:
Zurück zur “Wissenschaft”: Die Arbeit an diesem Text wurde kurz von 15:00 Uhr begonnen. Zu diesem Zeitpunkt waren 32 mögliche Plagiatsstellen in der Arbeit von Frau Koch-Mehrin martkiert worden. Um 17:30 Uhr fanden sich bereits 37 Stellen. Und es gibt eine Meldung, dass nun auch die Staatsanwaltschaft Heidelberg in der Sache ermittelt. ;-)

“Terror im Namen der Tiere”: Peta verlangt Unterlassungserklärung – Streitwert 10.000 Euro


Guten Tag!

Ladenburg, 12. April 2011. (red) Geht es absurder? Die selbsternannte “Tierschutzorganisation” verlangt von unserer Redaktion eine “strafbewehrte Unterlassungserklärung” mit einem Streitwert von 10.000 Euro. Unser “Verbrechen”: Wir haben einen Link auf eine allgemein zugängliche Seite im Internet gesetzt. Als Dokumentation der Berichterstattung einer großen norddeutschen Tageszeitung. Keine unserer eigenen Aussagen wurde angegriffen – nur der Hinweis auf “zwei” von sehr vielen Sätzen hinter dem Link auf die Berichte in einer Zeitung. Wer nun denkt, dass der “Terror im Namen der Tiere” eine gute Überschrift war, bildet sich eine eigene Meinung.

Von Hardy Prothmann

Unser Artikel über die selbsternannte Tierschutzorganisation “Peta” hat möglicherweise juristische Folgen.

Der Streitwert wird von der Gegenseite auf 10.000 Euro festgelegt. Unterzeichnet von einem “Dr. Haferbeck”.

Wir haben in einem Artikel über “Peta” exakt diesen Satz geschrieben: “Die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) schrieb 2009 auf einer Themenseite über “Terror im Namen der Tiere.”

Auf diese “Themenseite” haben wir einen Link gesetzt (auf “Terror im Namen der Tiere”). Als “Beleg” für die Aussage, dass die HAZ diese Themenseite veröffentlicht hat. Diese Themenseite ist bei einem Internetdienst als Kopie gespeichert und für jeden Internetnutzer auffindbar, der als Suchbegriff in Google: “Terror im Namen der Tiere” eingibt ( wir haben keinen Einfluss darauf, auf welchen Treffer die Leserinnen und Leser klicken…).

Aggressive Reaktion.

Unser Artikel wurde am 08. April 2011, um 11:33 Uhr, veröffentlicht.

Am 08. April 2011, ging um 17:03 Uhr per Fax die dreiseitige Abmahnung bei uns ein, die über das Wochenende bis Montag, den 11. April 2011, 12 Uhr die Abgabe einer “strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung” bei einem Streitwert von 10.000 einfordert, weil wir uns angeblich einen “Inhalt zu eigen” gemacht haben sollen.

Klick öffnet die Abmahnung.

 

Wir stellen fest, dass wir uns weder einen Inhalt zu eigen gemacht haben noch eine Tatsachenbehauptung aufgestellt haben, bis auf die Aussage, dass die HAZ eine Themenseite veröffentlicht hat.

Und wir sind als Redaktion extrem irritiert darüber, dass eine “Tierschutzorganisation”, die sich angeblich für etwas gutes einsetzt, in dieser aggressiven Art und Weise reagiert.

Terror im Namen der Tiere.

Leider haben wir den Eindruck, dass der von der HAZ für die Themenseite gewählte Titel “Terror im Namen der Tiere” nicht ohne Bedeutung ist.

Wir haben nach Kenntnisnahme der “Abmahnung”, die im übrigen jeden, der einfach nur einen Link gesetzt hätte, nach dem Motto: “Guck mal, hier steht was”, den Link sofort entfernt. Nicht, weil wir überzeugt sind, dass mir das müssen, sondern nur, weil wir keinen unnötigen juristischen Streit suchen.

Streit sucht offensichtlich Peta. Die Kampagnenmanagerin Nadja Kutscher hat sich Namen und Telefonnummer der Redaktion im Telefongespräch notiert. Ein Anruf mit einem Hinweis auf den “problematischen” Link und die rechtlichen Hintergründe hätte genügt, um den Link durch uns entfernen zu lassen.

Leider bleibt der Eindruck, dass eine solch “verbindliche Einigung” nicht im Interesse von Peta ist. Leider verfestigt sich der Eindruck, dass es in der Sache um den “Terror im Namen der Tiere” geht. Einem Terror, der eine saubere journalistische Arbeit und die Äußerungen von grundgesetzlich garantierter Meinungsfreiheit missachtet.

Ein Link – mehr nicht.

Im vorliegenden Fall haben wir uns aus allgemein zugänglichen Quellen – so steht es im Grundgesetz – informiert. Und es war keinerlei inhaltliche Aussage mit der Verlinkung verbunden, sondern nur eine Dokumentation auf eine veröffentlichte Quelle.

Für den Autoren und für die Redaktion war zu keiner Zeit ersichtlich, dass eine solche Verlinkung “strafbewehrt” sein könnte.

Peta hat zu keinem Zeitpunkt eine “gütliche Einigung” angestrebt, sondern sofort zum “rechtsstaatlich zulässigen”, aber tatsächlich aus unserer Sicht eher “einschüchternden Mittel” der Prozessandrohung gegriffen.

Ob Peta nun den “Terror” weitertreibt und klagt, weil wir die (absichtlich zu kurz gesetzte) Frist in der absurden Sache nicht einhalten konnten oder Ruhe gibt?

Wofür steht Peta? Hauptsache radikal?

Wer weiß? Peta hat einen radikalen Ruf und fühlt sich vielleicht gezwungen, diesen zu “rechtfertigen”.

Wir stehen zu unserer eigenen Berichterstattung und werden diese verteidigen. Denn wir sind überzeugt davon, dass diese “Abmahnung” in keinster Weise irgendetwas mit “Tierschutz” zu tun hat, sondern ausschließlich darauf ausgerichtet ist, die Meinungsfreiheit gezielt und gewollt zu beschädigen.

Und solchen “terroristischen” Zielen, egal wer sie vertritt, werden unsere Leserinnen und Leser entgegentreten.

Von Peta erwarten wir ein Schreiben, dass die Abmahnungsforderung nach der Löschung des Links offiziell zurückzieht und vielleicht auch eine Entschuldigung beinhaltet und die Einsicht, dass man gerne für die “gute Sache” kämpfen darf, aber dabei, bitte schön, “gut” sein sollte.

Alles andere wäre unerträglich.

Links:

Dokumentation der Abmahnung.
Organisation Peta geht immer militanter gegen missliebige „Tiernutzer“ vor
Peta: Vorrang für Hunde und Heuschrecken