Guten Tag!
Rhein-Neckar, 12. März 2011. Facebook, Skype, SchuelerVZ – Jugendliche bewältigen einen GroÃteil ihrer “sozialen Kontakte” über diese Internet-Dienste. Aber wie sieht das typische Verhalten von Jugendlichen im Internet eigentlich genau aus? Unser Praktikant Paul Maaà hat das für uns dokumentiert. Eine Woche lang – 168 Stunden. Insbesondere Eltern dürften sehr daran interessiert sein, was ihre “Kids” im Netz so “anstellen”.
Von Paul MaaÃ
Ich würde von mir selbst behaupten, dass ich ein relativ normaler Jugendlicher bin.
Klar unterscheide ich mich in der Musik, die ich höre (Hip/Hop, Indie Rock, Alternative, Crossover, etc.) von anderen Jugendlichen und wir haben auch nicht alle denselben Filmgeschmack oder Kleidungsstil. Aber in manchen Dingen sind wir uns alle sehr ähnlich. Zum Beispiel, dass wir alle die Schule hassen und dass wir alle das Internet nutzen.
Das Internet ist das Medium der jungen Generation.
Kaum ein Jugendlicher, der nicht wenigsten einmal pro Tag im Internet zugange ist. Aber was machen wir da eigentlich vor den Bildschirmen? Womit verbringen wir die Hälfte unserer Zeit, wenn wir wie wildbesessen auf die Tastatur des PC hämmern?
Um das herauszufinden habe ich einen Selbstreport gemacht. Das Tagebuch einer Woche Internet.
Montag (21.02.2011.):
Nach einem langen Tag in der Schule komme ich erschöpft nach Hause und widme mich erst einmal meinem Laptop. Ich öffne den Browser und logge mich in facebook.com ein. Ich lese fünf neue Nachrichten und beantworte eine Freundschaftsanfrage. Dann werde ich benachrichtigt, dass ich auf einem Foto verlinkt worden bin.
Das Foto ist ein Klassenfoto, das ein Mitschüler hochgeladen hat. Ich sehe schrecklich darauf aus. Verlinken bedeutet, dass mein Name erscheint, wenn man mit der Maus über mein Gesicht auf dem Foto fährt. Per Klick kann man dann auf meine Facebookseite gelangen.
Meine Seite ist sozusagen mein Profil oder meine Akte. Hier kann ich Fotos oder Videos hochladen, Links von anderen Webpages via âcopy and pasteâ oder Statusnachrichten schreiben, die meine Facebookfreunde lesen können wenn sie meine Seite besuchen.
Ich bestimme, was hier steht und wer lesen kann was hier steht – aber nur, wenn ich mich darum kümmere. Viele tun das nicht richtig.
Wenn einer meiner Freunde online ist, wird mir das angezeigt. Momentan sind 65 meiner 244 Freunde online. Ich beginne zu chatten und verabrede mich mit einem Freund. Allerdings im echten Leben.
Zwei Stunden später komme ich von meiner Verabredung zurück und esse zu Abend. Danach habe ich irgendwie noch Lust auf einen Film. Ich widme mich dem Fernsehprogramm. AuÃer einer Schnulze läuft nichts anständiges im Fernseher. Auch auf einen Film in meiner DVD â Sammlung habe ich im Moment keine Lust.
Also fahre ich meinen Laptop hoch und suche eine Internetseite auf, die eine sehr groÃe Filmbibliothek umfasst. Kein Jugendlicher, den ich kenne, besucht diese Seite nicht wenigsten ab und zu.
Die Seite hat eine Filmbibliothek von über 5.000 Filmen. Ein Teil davon ist noch nicht einmal auf DVD erschienen. Manche laufen sogar noch im Kino.
Rechtlich befindet sich die Seite deshalb in einer Grauzone. Die Filme nur zu schauen ist nicht strafbar, Downloads schon, deswegen lasse ich die Finger davon.
Ich überlege kurz, welchen Film ich schauen soll und entscheide mich für Reservoir Dogs, einen meiner Lieblingsfilme (FSK: 18). Ich weiÃ, das dass urheberrechtlich gesehen nicht ganz in Ordnung ist. AuÃerdem sind auch nicht alle Filme, die ich auf diese Weise schon gesehen habe unbedingt für mein Alter geeignet.
Aber durch das Internet bringen Altersbeschränkungen für meine Generation nichts mehr. Ob das ein Vorteil oder ein Nachteil ist, sollte jeder selbst für sich entscheiden. Ich jedenfalls bereue es, manche Filme geschaut zu haben, die ich heute nicht mehr schauen würde.
Dienstag (22.02.2011):
Ich habe heute erst zur 3. Stunde Unterricht und schaue noch einige Musikvideos auf www.youtube.de.
Nach der Schule gehe ich noch kurz in Facebook online und chatte ein wenig. Den Rest des Tages verbringe ich ohne Internet.
Mittwoch(23.02.2011):
Wenn man mit meinem Browser einen neuen Tab öffnet, enthält dieser Verlinkungen zu den acht Seiten, die ich am häufigsten besuche. Bei mir ist die am meisten besuchte Seite Facebook.
Und auch international ist Facebook nach Google die Seite mit den meisten Aufrufen. So ist es nicht verwunderlich, dass ich beinahe jeden Tag in Facebook âonâ bin. Ich pflege meine sozialen Kontakte zu einem groÃen Teil online. AuÃerhalb des Internets kommuniziere ich nur noch mit meinen Freunden, wenn ich mich persönlich mit ihnen treffe.
Donnerstag (24.02.2011.):
Heute Nacht bin ich mit einem Freund verabredet. Ich habe morgen erst später Schule. Wir haben halb zwölf als Uhrzeit ausgemacht.
Aber nicht, weil wir um die Häuser ziehen wollen. Ganz im Gegenteil, wir bleiben jeder schön zu hause und treffen uns im Internet. Denn mein Freund Basil ist wegen eines Schüleraustauschs ein halbes Jahr in Kolumbien. Wegen der Zeitverschiebung kann ich nur um diese Uhrzeit direkt mit ihm kommunizieren.
Die Webcam-Chat-Seite Skype ist unser Kontaktmedium.
Wir können uns mit Mikrofon über Webcam unterhalten. Das ist fast so, als säÃe er direkt vor mir.
Nur, dass sein Gesicht ziemlich verpixelt ist. Aber man sollte keine zu hohen Ansprüche an das kolumbianische Internet stellen, ein längeres Gespräch ist eh oft ein Kampf.
Trotzdem bin ich froh darüber und das ist ein Beispiel dafür, dass es dann und wann doch nützlich ist, sich per Kamera über Computer zu treffen. Auch wenn das manche konservative Menschen oft nicht verstehen können.
Freitag (25.02.2011.):
Unsere Deutschlehrerin hat uns aufgetragen etwas über Goethe zu recherchieren. Nach fünf Minuten auf der Seite Wikipedia habe ich einen groben Ãberblick über die wichtigsten Daten zu Johann Wolfgang von Goethe.
Für den Abend bin ich auf eine Hausparty von einem guten Bekannten eingeladen. Ich kenne die Adresse, doch da ich noch nie dort gewesen bin, weià ich nicht genau, wie ich hinkomme.
Dank Google Maps und rnv-online.de weià ich, mit welcher Bahn ich fahren muss und wohin ich von der nächstgelegenen Haltestelle laufen soll.
Samstag(26.02.2011.):
Ich würde mich selbst als Hip/Hop Fan bezeichnen. Deswegen bin ich auch ca. einmal in der Woche auf juice.de, der Internetseite einer Szenezeitschrift.
Hier werde ich über alles zum Thema Hip-Hop/Rap informiert. Samstags bin ich meistens mit Freunden unterwegs und hänge seltener vor dem Pc rum.
Sonntag(27.02.2011)
Das Ende der Woche ähnelt dem Anfang der Woche. Facebook, Youtube, Skype und gegen Abend wieder online Filme schauen.
Ich persönlich nutze das Internet zur Unterhaltung, Kommunikation und als Informationsquelle.
Wenn wir Jugendliche oft bis spät in die Nacht vor den Bildschirmen hängen und in die Webcam sprechen, ist das mitunter eine gute Sache – klar, es wird auch gezockt und ich würde für niemanden meine Hand ins Feuer legen, ob immer alles mit “legalen” Mitteln zugeht.
Trotzdem sind Computer aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Und auch nicht in der Zukunft.
Paul Maaà (16) lebt in Heidelberg und macht bei uns sein “Bogy” (Berufs- und Studiumsorientierung am Gymnasium). Er besucht das “Englische Institut” und will später mal sein Geld als Autor oder Journalist verdienen.
Wir bieten immer wieder Praktikumsplätze an. Als Schüler(in) kannst Du Dich unverbindlich mit einer email an redaktion (at) rheinneckarblog.de bewerben – die Art des Schulabschlusses spielt für uns keine Rolle. Du solltest gerne schreiben, neugierig sein und Dich für Politik, Kultur oder Sport interessieren.
Das Praktikum ist ausschlieÃlich journalistisch geprägt- das Ziel ist, dass Du möglichst viel lernst und ein paar eigene Texte veröffentlichst.
Ein Praktikum kann als Schülerpraktikum, neben der Schule oder in den Ferien absolviert werden.
Guten Tag!
http://www.freitag.de/alltag/1110-was-war-eigentlich-gestern
Einen schönen Tag wünscht
Das rheinneckarblog