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Rhein-Neckar/Weinheim, 28. März 2011. (red) Die Wahlparty von Bündnis90/Die Grünen werden viele der über 200 Teilnehmer nicht vergessen. Immer wieder wurde in der Gaststätte “Zur Pfalz” in Schriesheim gejubelt – über die Ergebnisse der Hochrechnungen. Dann wurde gebangt. Denn die ersten Ergebnisse verschlechterten sich. Dann wurde gehofft. Und es wurde besser. Unklar blieb bis kurz vor 22 Uhr: Schafft es Hans-Ulrich Sckerl wieder in den Landtag? Dann kam die Nachricht und Uli Sckerl sagt: “Die Kurpfalz lebt!”
Von Hardy Prothmann
Was für ein “Krimi”. Die ersten Hochrechnungen machen die Grünen und die SPD zu den Siegern. Dann holen CDU und FDP auf. Ob es die FDP überhaupt schaffen würde, war lange nicht klar. In Rheinland-Pfalz ist die Partei klar abgewählt worden.
Dann geht es hin und her. In der “Pfalz” in Schriesheim wird immer wieder gejubelt. Aber es wird auch gebangt: “Is der Uli schon drin?” “Nein, ist noch offen.” “Der muss es schaffen. Wenn nicht er, wer sonst? Der hat so hart gearbeitet.” “Uli, Uli”-Rufe gibt es. Uli Sckerl freut sich, beschwichtigt, ist da und doch woanders.
"Bin ich drin?" Uli Sckerl weiß bis kurz vor 22 Uhr nicht, ob er gewählt worden ist.
Uli Sckerl hat ständig das Handy in der Hand. Er ist nah dran an den Menschen hier. Er freut sich. Macht Sprüche: “Hat jemand was anderes erwartet?” Lacht. In der rechten Hand hat er sein Handy. Schmal und glänzend. Ständig streicht sein Daumen drüber. Immer wieder schaut er drauf.
An eine Wand wirft ein Projektor die Fernsehnachrichten – immer wieder schauen die Wahlpartygäste hin, hören zu. Neueste Hochrechnungen. Irgendwann steht es nur noch 69 zu 70 für Grün-Rot. Die Stimmung wird verhalten. Es wird diskutiert.
“Macht euch keine Sorgen, das klappt”, sagt Sckerl.
Er genießt die Situation. Freut sich, was passiert. Dass der Wechsel aus seiner Sicht endlich da ist. Und aus der Sicht seiner Freunde hier auf der Wahlparty. “Ihr glaubt gar nicht, was es bedeutet, so jemanden wie Fadime zu haben.” Fadime Tuncer ist seine Büroleiterin im Wahlkreis. Sie hat “geschafft, unglaublich viel geschafft”, sagt Sckerl. Fadime freut sich. Alle freuen sich. Uli Sckerl freut sich.
Dann geht er raus. Auf den Parkplatz vor der Gaststätte. Die Straße rauf und runter. Das Handy am Ohr. Er ist ruhig, ernst, konzentriert. Niemand sagt jetzt zu ihm: “Mach dir keine Sorgen, das klappt.”
Er hat das Handy in der Hand. “Winfried…” Er telefoniert mit dem künftigen Ministerpräsidenten. Winfried Kretschmann. 62 Jahre alt. Katholik. Überzeugter Grüner. Besonnener Mann.
Was die beiden bereden? “Geschäftliches”.
Langes Warten - Uli Sckerl im Gespräch mit Freunden, darunter Dr. Fetzner, 1. Bürgermeister in Weinheim.
Uli Sckerl kommt zurück. Redet mit jungen Leuten. Er lehnt sich an die Wand. “Das ist jetzt ganz hart. Entweder bist du drin oder du bist draußen”, sagt er und guckt aufs Handy. “Das sind drei elende Stunden Warterei.”
Soviel ist klar. Der CDU-Kandidat Georg Wacker hat den Wahlkreis Weinheim (39) gewonnen. Das ist keine Überraschung. Der Wahlkreis ist “schwarz”, CDU-dominiert. Auch bei der vergangenen Wahl 2006 ist Uli Sckerl nur über ein “Zweitmandat” in den Landtag gewählt worden.
“Wenn Du nicht drin bist, bist Du draußen”, sagt er, schaut auf sein Handy. “Das ist einfach so.”
Auch soviel ist klar – Georg Wacker hat wie die CDU “verloren”. Zwar hat die CDU 60 Direktmandate und damit 60 von 120 regulären Sitzen. Aber die FDP wird nur sieben Sitze schaffen. Zusammen sind das 67. Die Grünen schaffen letzlich 36, die SPD 35 und das sind 71 Sitze – die Mehrheit. Schwarz-gelb ist abgewählt. Grün-rot ist gewählt. Doch das wird erst später “klar”.
Bei Uli Sckerl ist das kurz vor 22:00 Uhr klar, ob er “drin” ist. Er freut sich, geht zu den Menschen und steht dann wieder allein im Abseits auf dem Parkplatz oder der Straße. Telefoniert. Läuft auf und ab. Dann ist er wieder im Raum, die Nachricht kommt, der Jubel bricht los. Er hat das Mandat. Er ist “drin”.
(Die Licht- und Tonverhältnisse waren sehr ungünstig – wir bitten um Nachsicht…)
“Wir werden in Stuttgart ein Wörtchen mitzureden haben”, sagt er: “Die Kurpfalz lebt und wird Furore machen.” Die Party-Gäste klatschen und johlen. Auch Uli Sckerl lächelt. Er ist Profi. Trotzdem merkt man ihm die Erleichterung an. Der Druck ist enorm. Die Freude auch.
Auch Fadime lacht. Und die vielen anderen WahlkämpferInnen. Mitglieder der Ortsvereine, Sympathisanten, Gemeinde- und Stadträte. Uli Sckerl hat sie alle gelobt und geherzt. Es sind zu viele, um sie alle zu nennen.
Büroleiterin Fadime Tuncer strahlt - die viele Arbeit hat sich "gelohnt". Die Grünen haben gewonnen und ihr "Chef" Uli Sckerl gehört dazu.
Gegen halb elf fragt er die Bedienung: “Krieg ich noch was zu essen?” Ein Wurstsalat mit Pommes wäre noch zu haben. “Ja, gerne, nehm ich”, sagt Sckerl, geht wieder rein in den Raum, vor das Notebook seiner Büroleiterin. Scheckt Nachrichten.
Wie geht’s weiter? Wird er Minister?
“Dazu kann ich heute nichts sagen”, sagt er: “Jetzt wird verhandelt.” Auch vorhin am Telefon wurde bestimmt schon verhandelt.
Dann kommt sein Wurstsalat mit Pommes. Uli Sckerl isst mit Appetit. Er ist hungrig.
Und er weiß, dass er in den kommenden fünf Jahren das Land mitgestalten wird.
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