Rhein-Neckar, 21. April 2011 (red) Dieses Jahr können nachtaktive Naturfreunde und Hobbyastronomen in klaren Nächten vom 16. – 25. April 2011 Sternschnuppenschauer, die sogenannten „Lyriden“, beobachten. So heißt es jedenfalls in einer dpa-Meldung , die durch viele regionale und überregionale Medien “geisterte”. Um allerdings überhaupt eine Sternschnuppe am Himmel zu entdecken, muss man schon eine gehörige Menge Geduld mitbringen. Vielleicht sollte man seine Zeit besser für etwas anderes nutzen.
Von Christiane Eisele
Die Bezeichnung „Lyriden“ leitet sich aus dem Radianten (Ursprung), von Meteoridenströmen ab, der im Sternbild Leier liegt (lat. „Lyra“) in der Nähe des Sterns Wega.
Die Erde kreuzt jedes Jahr auf ihrer Bahn diese Ströme von zerfallenden Meteoriden und sich auflösenden Kometen. Viele dieser Meteoriden tauchen dann in die Erdatmosphäre ein, verglühen und gehen als Sternschnuppen nieder. Im Maximum, der größten Nähe der Erde zu den Meteoridenströmen (22. April 2011) sieht man die meisten Sternschnuppen.
Das Sternbild Leier ist ein Sommersternbild, es steht relativ flach am Horizont und ist in den Stunden von 22:00 bis 04:00 Uhr hoch genug am Himmel für Beobachtungen. In dieser Zeit sind Sternschnuppen am besten zu sehen.
So weit die Theorie.
Praktisch stellt sich der „Sternschnuppenschauer“ als reiner Etikettenschwindel heraus, wenn man diese Meldung näher überprüft.
Experten wie Frau Dr. Monika Maintz vom Planetarium Mannheim sprechen von etwa zehn bis höchstens 20 Sternschnuppen in der Stunde.
Um diese Sternschnuppen zu sehen, sollte man einen Platz fernab menschlicher Beleuchtung aufsuchen. In unserer Region etwa ein freies Feld im Odenwald bei Rippenweiher oder Usenbach oder einen Bergkamm in der Gegend um Bammental. Für die meisten Interessierten ist also schon die Anreise zum Beobachtungspunkt eine zeitintensive Sache.
Hat man die Anreise hinter sich gebracht und sich am Beobachtungsplatz mit freiem Rundumblick auf den Himmel eingerichtet, wird man vom angekündigten Sternschnuppenschauer trotzdem eher wenig bemerken.
Geht man im Mittel von fünfzehn Sternschnuppen in der Stunde aus, dann ist das gerade mal eine Sternschnuppe alle vier Minuten. Und die kann überall am Himmel auftauchen. Man muss also ständig das gesamte Firmament im Auge behalten. Ganz schön anstrengend, mitten in der Nacht. Aprilnächte sind mitunter auch empfindlich kalt, gemütlich wird die Beobachtung mit Sicherheit nicht.
Am 18. April 2011 war Vollmond, bei Erreichen des Maximums am 22. April 2011 leuchtet der Mond immer noch sehr hell und erschwert das Entdecken der wenigen Sternschnuppen zusätzlich.
Der Astronom Dr. Hans Jungbluth aus Karlsruhe sieht die Pressemeldungen über den Sternschnuppenstrom mit einigem Erstaunen. Angesichts von Sternschnuppenschauern mit über 100 Sternschnuppen die um den 10. August 2011 herum zu sehen sind („die Tränen des Laurentius“), versteht er gar nicht, woher das plötzliche Medieninteresse an diesem lauen Sternschnuppenschauer kommt. Vor 25 Jahren wäre den Astronomen überhaupt erst aufgefallen, dass es im April eine minimale Sternschnuppenhäufung gibt.
Statt an Ostern also mitten in der Nacht auf einem gefrorenen Acker den sternenklaren Himmel vielleicht vergeblich nach den wenigen Sternschnuppen abzusuchen, sollte man lieber einen Blick in unseren Terminkalender riskieren. Da findet sich mit Sicherheit die ein oder andere Veranstaltung, die mehr Spaß verspricht.
Literaturtipp für Interessierte: Kosmos Himmelsjahr 2011, Sonne Mond und Sterne im Himmelslauf von Hans-Ullrich Keller, 14,95 Euro
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