Guten Tag
Rhein-Neckar, 02. Mai 2011. In der groÃen Politik wird über die Frauenquote in der Wirtschaft diskutiert. Aber Gabi interessiert sich mehr für die Emanzipation bei den “normalen” Frauen.
Ich finde es ist mal wieder an der Zeit, etwas zur Emanzipation zu sagen. In der Politik wird erneut groà über die Frauenquote in den Spitzenpositionen der Wirtschaft diskutiert und Frau Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Arbeit und Soziales, ist bekennend dafür und Familienministerin Kristina Schröder, gerade schwanger, dagegen.
Aber letztendlich sind die beiden Damen mir auch egal. Sie sind Spitzenpolitikerinnen, mit Spitzengehältern, in Spitzenpositionen und wie Ursula von der Leyen bei sieben Kindern diese Karriere machen konnte, ist mir schlichtweg ein Rätsel, das ich auch gar nicht lösen möchte.
Mir geht es um die Emanzipation bei den âNormalfrauenâ
Ich erinnere mich noch gut als der Erzeuger meines Erstgeborenen das Goldstück in Anwesenheit meiner Eltern und GroÃeltern erstmals wickelte. Ein Schrei der Bewunderung aus aller Munde. âNein, schaut doch bloÃ, wie er das kannâ, rief meine GroÃmutter und beifälliges Gemurmel begleitete den Wickelakt.
Hatte ich etwas verpasst? Kein Mensch zollte meiner Wickelkunst Beachtung oder gar Bewunderung. Haben Frauen denn ein Wickel-Gen und hatte ich das im Biologieunterricht nur nicht mitbekommen?
Das alles liegt Gott sei Dank schon weit hinter mir und mein Sohn benötigt heute mit seinen 17 Jahren in dieser Beziehung keine Hilfestellung mehr.
Als ich meinen Mann kennenlernte war er emanzipiert, kochte, ging einkaufen, organisierte seinen Haushalt und wusch die Wäsche â und das schon seit Jahren. In der ersten Zeit unserer Beziehung wurde ich immer wieder von meinen Freundinnen beneidet, wie gut ichâs hatte, wenn ich von der Arbeit kam, stand meist schon das Essen auf dem Tisch und die Vorräte waren immer aufgefüllt. Gerne übernahm ich dafür das Waschen und Putzen.
Doch mit der Zeit kamen immer häufiger wichtige geschäftliche Termine dazwischen und der Kühlschrank blieb schon mal leer und der Herd kalt.
Dafür kümmerte er sich ja um die Autos, den Garten und alle möglichen Reparaturen.
“So gesehen, hast du dich doch emanzipiert.”
Doch die geschäftlichen Termine wurden immer wichtiger und mehr, ich fing an die Hecke zu schneiden, die Toilettenspülung zu reparieren und die Getränke herbei zu schleppen. âWas beschwerst du dichâ, fragte eine Freundin. âSo gesehen hast du dich doch emanzipiert.â
Und es sei doch klar, dass er an diesem Status Quo, der ihm ja genügend Freiraum für seine wirklich wichtige Arbeit gab, nichts verändert wollte. Dies gab mir zu denken.
Von einem schönen Experiment erzählte mir dieser Tage eine gute Bekannte. Ihr Mann, ein Paradeexemplar der Spezies âMachoâ, beschwerte sich zum wiederholten Mal darüber, dass sie so viel Zeit und so viel Geld für den wöchentlichen Einkauf verwende. Das sei alles eine Frage der Organisation, erklärte er ihr.
âIrgendwann hatâs mir gereicht und am nächsten Samstag bat ich ihn, mich beim Einkauf zu begleiten, damit ich mir mal abschauen könnte, wie man Einkaufen zeit- und kostenoptimiert.â
âWir sind in einer guten halben Stunde zurückâ, rief er den Kindern zu. âRechnet mit uns nicht in den nächsten zwei Stundenâ, ergänzte meine Freundin.
Zunächst lieà sie ihn das gesamte Leergut ins Auto tragen, was in einer Stadtwohnung ohne eigenen Parkplatz vor der Tür schon recht anstrengend werden kann. Dann fuhren sie gemeinsam zum Supermarkt âHol doch schon mal einen Wagen und bringâ dann die Flaschen wegâ, wies sie ihn an. Völlig entrüstet kam er schon nach wenigen Sekunden zurück, âda brauchâ man ja eine Münze oder einen Chipâ, beschwerte er sich.
Vor der Leergutrückgabe hatte sich eine Schlange gebildet, âdas kannst du ja beim nächsten Mal machenâ, warf er ein. Aber sie erklärte ihm, dann wäre ja im Auto leider kein Platz für den Einkauf.
âHier hast du die Liste, was wir alles brauchenâ, sagte meine Bekannte und schlenderte bewusst unbeteiligt durch den Supermarkt. Schon beim Obst und Gemüse wirkte er leicht gestresst, an den Regalen überfordert und spätestens an der Wursttheke war er vollkommen abgenervt. âWie soll man denn da vernünftig die Preise vergleichen, wenn überall unterschiedliche Mengen drin sindâ, motzte er vor sich hin.
An der Kasse trat ihm der Schweià auf die Stirn, das erste Mal, als er es kaum schaffte bei dem Tempo, das die Kassiererin vorgab, mitzuhalten und beim zweiten Mal, als er die Summe hörte.
âKnapp zwei Stunden später waren wir wieder zu Hause. Leider fanden wir keinen Parkplatz vor der Haustür.â âRuf doch schon mal die Jungsâ, habe er gesagt, âdie können das Auto ausräumen.â Doch auch hier blieb meine Freundin unerbittlich, schlieÃlich seien die vormittags, wenn sie einkaufe, in der Schule, da müsse man jetzt schon die echten Bedingungen nachempfinden, erklärte sie ihm.
âImmerhin habe ich mich erweichen lassen, zwei Tüten in den zweiten Stock zu schleppen, den Rest habe ich ihm überlassen.â
Nach zwei Stunden und fünf Minuten waren die Einkaufstüten in der Küche und die Getränkekisten im Keller. Inzwischen war er schweiÃgebadet. âSo, und jetzt musst du noch alles verräumenâ, habe sie ihn angewiesen.
Die Aktion war äuÃerst heilsam
âDas Resultat der Aktion war äuÃerst heilsam, er hatte fast das Doppelte ausgegeben und war insgesamt zwei ein halb Stunden beschäftigt.â âUnd macht er jetzt weiterhin den Einkaufâ, wollte ich wissen. âWo denkst du hin, natürlich nicht, aber immerhin macht er mir keine Vorhaltungen mehr, dass ich schlecht organisiert seiâ, meinte sie.
Soweit so gut, dachte ich, dieses Experiment hat zumindest diesem âMachoâ die Augen geöffnet, wenn auch das Thema Arbeitsteilung dadurch nicht wirklich zur Sprache kam.
Mein Mann beschwert sich weder darüber, dass ich zu viel Geld ausgebe, noch, dass ich für meine âhausfraulichen Pflichtenâ zu viel Zeit brauche. Aber es ist nun mal so, dass ich alles mache â âaber doch nur so lange ich beruflich so stark eingebunden binâ, argumentiert er, und zwar seit über zwei Jahren.
Ein Ende ist nicht wirklich in Sicht, mutmaÃe ich und lassâ es auf einen handfesten Krach ankommen. Tagelang habe ich mir Argumente zurecht gelegt, meine Stunden, die ich bei der Arbeit, im Haushalt und mit der Organisation der Kinder verbringe, addiert und das sich ergebende Sümmchen, lässt selbst meinen Göttergatten sprachlos sein.
âDu hast Recht, das ist einfach zu vielâ, sagt er einlenkend. âDa müssen wir dringend etwas daran ändern, ich finde, du solltest dir eine Putzhilfe organisierenâ, meint er mit sich zufrieden, denn damit scheint das Problem aus seiner männlichen Sicht gelöst.
âGanz ehrlich, Frau von der Leyen, war das auch ihr Lösungsansatz?â, möchte ich fragen, aber sie wird mir vermutlich keine Antwort geben und weiter über die Frauen-Quotenregelung in der Wirtschaft diskutieren.
Neueste Kommentare