Guten Tag!
Rhein-Neckar, 13. Juli 2011. (red) Unsere Kolumnistin Marietta Herzberger hört auf. Jetzt. Einfach so. Ihr reicht es. Sie will nicht mehr… rauchen. Dafür schreibt sie ab sofort, wie es ihr geht. So, wie sie sich fühlt. Sie schreibt übers Aufhören, um ein Leben ohne Zigaretten anzufangen. Oder ists umgekehrt? Schreibt sie übers Anfangen, um aufzuhören? Wir alle drücken ihr die Daumen, dass sie es schafft. Welche Hürden sie dabei zu überwinden hat, schreibt sie auf. Ganz egoistisch, um sich zu motivieren. Aber auch für alle, die es auch schon lange tun wollen: “Einfach ausdrücken”. Tag Drei – der Kaffee schmeckt auch ohne Zigarette.
Von Marietta Herzberger
Heute bin ich sehr müde. Ich glaube, mein Stoffwechsel kapiert gerade, dass er nicht mehr auf Hochtouren laufen muss und schläft sich erst einmal so richtig aus. Allerdings habe ich ihm heute auch einiges abverlangt – nicht nur in den letzten dreißig Jahren.
Zweieinhalb Stunden Sport im AC-Weinheim. Crosstrainer, Radergometer und Gerätetraining. In dieser Zeit verspürte ich nicht den Hauch von Verlangen, meine Lungen mit Rauch zu füllen. Aber eines musste ich feststellen: Mein Handtuch, das ich als Unterlage auf den Geräten nutze oder zum Abwischen des Stirnschweißes, damit mir die Soße nicht in die Augen läuft, roch nicht nach altem Rauch. Es roch NICHT nach RAUCH! Sonst roch es immer danach. Klingt ziemlich eklig, war aber so. Raucherschweiß stinkt nach Rauch. Und nun roch es ganz normal nach nassem Handtuch. Sogar den Geruch des Waschmittels konnte ich wahrnehmen. Keine Spur von altrauchigem Schweiß.
Ich darf gut riechen!
Das war für mich sehr motivierend. Denn: Ich muss nicht mehr stinken – ich darf jetzt gut riechen!
Und noch eine Erfahrung. Eine wichtige Erfahrung. Liebe Noch-Raucher: Es ist möglich, den Kaffee auch ohne Zigarette zu genießen. Ich habe das heute mehrfach getan. Insbesondere heute morgen auf der Terrasse. Der Kaffee schmeckte und ich habe den Rauch nicht vermisst. So, wie ich als Raucher das Gefühl mochte, wenn der Rauch die Lungen füllte, so mag ich jetzt das Gefühl, wenn ich an der Kaffeetasse nippe und der warme Kaffee langsam die Kehle hinunter rinnt.
Es ist lediglich eine Fehlkonditionierung, deren Verbindung recht schnell gekappt werden kann.
Meine jahrelange Fehlkonditionierung war: Ich rauche gerne. Auch und vor allem, weil die Zigarette zum Kaffee besonders gut schmeckt. Kaffee und Zigarette gehören zusammen.
Doch Fakt ist: Ich trinke Kaffee zur Zigarette, weil der Kaffee den Scheißgeschmack der Zigarette übertüncht. Wenn ich das kapiert habe, dann schmeckt der Kaffee so ganz allein für sich hervorragend.
Dennoch – es ist Tag Drei. Nicht Tag Dreihundert. Ich habe die Schmacht immer noch. Immer mal wieder. Aber nur für kurze Zeit. Heute Nachmittag war ich kurz davor, mir eine Schachtel zu besorgen. Nur EINE rauchen, nur EINMAL ziehen! Ich suchte verzweifelt irgendwelche Gründe, um mich von meiner Familie mal kurz zu verabschieden, um mir Zigaretten zu kaufen. Lediglich der Zeitdruck – wir mussten zu einem gemeinsamen Termin – hielt mich davon ab, es tatsächlich zu tun. Ernsthaft. Was mir vorkam, wie eine Ewigkeit, dauerte tatsächlich nur rund 5 Minuten, also eine Zigarettenlänge. Dann war es überstanden.
Die Zigarette ist mein „Blauer Elefant“. Versuchen Sie, nicht an einen „Blauen Elefanten“ zu denken.
Alles klar?
Bis dann …
Eure Marietta
Anmerkung der Redaktion:
Unsere Kolumnistin Marietta Herzberger macht den Selbstversuch – sie beginnt neu als Nichtraucherin. Und hört auf, Raucherin zu sein. Darüber schreibt sie so, wie sie das möchte. Am Anfang vermutlich täglich, so hat sie sich das vorgenommen, später immer dann, wenn es “was neues” gibt. Die Texte sind einen Tag “versetzt”, weil sie ja erst am Ende des Tages schreiben kann, was sie in ihrem neuen rauchfreien Leben erlebt hat.
Hallo an die Redaktion,
die Berichte von Marietta Herzberger zu ihrer sehr persönlichen “Rauchentwöhnungsgeschichte” finde ich super geschrieben, witzig und berührend zugleich. Ich glaube, dass sie mit ihren Erfahrungen anderen helfen kann, auch erfolgreich diesen Weg zu gehen. Was ich vermisse, ist die zeitnahe Veröffentlichung von Frau Herzbergers Erlebnissen – ist das machbar, dass wir etwas schneller erfahren, wie es weiter geht?
Danke und viele Grüße
Peter Gallenstein