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Mittwoch, 19. Februar 2014

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Bürgerinitiative will Hammelsbrunnen und Breitwiesen erhalten

Weder noch? Dann “Ja” beim Bürgerentscheid

Die Bürgerinitiative Breitwiesen wirbt für ein "Ja" beim Bürgerentscheid.

Die Bürgerinitiative Breitwiesen wirbt für ein “Ja” beim Bürgerentscheid.

 

Weinheim, 29. August 2013. (red/ld) Die Bürgerinitiative “Rettet die Breitwiesen” will weder den Hammelsbrunnen noch die Breitwiesen als Gewerbegebiet verwirklicht sehen. Dafür sprächen ökologische, landwirtschaftliche und wirtschaftliche Gründe. Ihre politische Strategie läuft darauf hinaus, den Hammelsbrunnen als Gewerbegebiet im Flächennutzungsplan zu belassen. Ihn zu erschließen ist schwieriger und ungewisser. Dazu bedarf es der Zustimmung des neuen Gemeinderates, der im Mai 2014 gewählt wird.

Von Lydia Dartsch

Rund 40 Hektar Land gegen rund 40 Hektar Land: Das Angebot, ein Gewerbegebiet auf den Breitwiesen zu realisieren, statt auf dem Hammelsbrunnen, hört sich zunächst nach einem fairen Tausch an. Beide Gebiete werden landwirtschaftlich genutzt. Es werden Mais, Braugerste, Luzerne, Getreide und verschiedene Obstsorten angebaut.

Der Haken: Der Hammelsbrunnen ist seit Jahrzehnten als Entwicklungsgebiet für Gewerbeflächen vorgesehen und wurde daher nicht flurbereinigt. Die rund 40 Hektar Land gehören mehr als 240 Grundstücksbesitzern. Das ergibt eine Grundstücksdurchschnittsgröße von 17,8 Ar. Viel zu klein für eine profitable Landwirtschaft, sagt Karl Bär, der Flächen im Hammelsbrunnen bewirtschaftet. Das lohne sich erst bei Flächen ab 50 Ar:

Bei diesen Größen sind die Maschinen hauptsächlich mit Wenden beschäftigt, nicht mit Säen, Düngen oder Ernten. Außerdem haben die Grundstücke die falsche Form: Sie sind zum Teil sehr schmal. Manche sind trapezförmig oder dreieckig. Dadurch gibt es viele Überlappungen beim Spritzen und Düngen.

Ganz anders auf den Breitwiesen: Die Grundstücke sind im Schnitt knapp 50 Ar groß und rechteckig – ideal für landwirtschaftliche Maschinen. 85 Eigentümern gehört das Gebiet.

Die Bürgerinitiative (BI) Breitwiesen will keine der beiden Gebiete zu Gewerbeflächen entwickelt sehen. Deshalb fordern sie die Bürgerinnen und Bürger auf, bei der Entscheidung am 22. September mit “Ja” zu stimmen. Dann bliebe der Hammelsbrunnen als Entwicklungsgebiet für Gewerbeflächen bestehen, soweit der neue Gemeinderat ihn nicht ganz aus dem Flächennutzungplan raus nimmt..

Hammelsbrunnenentscheidung nach Gemeinderatswahl

Es ist trotzdem unwahrscheinlich, dass ein Gewerbegebiet am Hammelsbrunnen realisiert wird, sagt Elisabeth Kramer, Mitglied der BI und Stadträtin (Grüne). Ein Gewerbegebiet auf den Breitwiesen sei dagegen sehr viel wahrscheinlicher. Viele Menschen wären aber durch die Fragestellung des Bürgerentscheids und die Informationsbroschüre der Stadt verunsichert:

Der Hammelsbrunnen schützt sich selbst. Um das Gebiet zu entwickeln, muss zuerst der Gemeinderat zustimmen. Die endgültige Entscheidung findet auf jeden Fall nach der Kommunalwahl im kommenden Mai statt. Bei einem Ja, wäre diese Wahl zum neuen Gemeinderat die Abstimmung über den Hammelsbrunnen.

Bei einem Nein könnte es mit der Bebauung der Breitwiesen sehr viel schneller gehen, befürchtet die BI. Denn die Mehrheit des Gemeinderats befürworte die Breitwiesen-Lösung. Außerdem sei das Gebiet durch die größeren und wirtschaftlicher geschnittenen Flächen leichter zu bebauen und es gebe bereits Interessenten, die dort Grundstücke kaufen wollen.

Enttäuscht ist die BI angesichts der Argumentation, mit der die Stadt sich für die Breitwiesen-Lösung positioniert hat. Das stimme nicht. So finde der hier angebaute Mais keinesfalls nur Verwendung für Biogasanlagen. Er werde vor allem als Futtermittel für die Milchviehhaltung verwendet. Rund 700 Milchkühe gebe es in Weinheim. Jede von ihnen produziere täglich rund 30 Liter Milch, sagt Herr Bär:

Das sind insgesamt rund 20.000 Liter Milch täglich. Diese Menge ergibt weit über eine Tonne Käse, Butter und Milch am Tag. Versuchen Sie mal, das auf dem Weinheimer Wochenmarkt zu verkaufen.

Durch die Fruchtfolgewechsel wachse derzeit besonders viel Mais auf den Feldern. Diese Pflanze mache dem Landwirt den Anbau sehr leicht, sagt Karl Bär: Aussäen, Düngen und Spritzen. Dann müsse man nur hoffen, dass es genug regnet und kann im Herbst ernten.

Die Gerste ist bereits abgeerntet. Sie wird in die Brauerei nach Mannheim geliefert, dort vermalzt und weiter verkauft, um daraus Bier zu brauen. Derzeit ernten Landwirte Luzerne und Gras für Viehfutter. Auch der Raps ist schon geerntet. Aus ihm wird Margarine und Speiseöl hergestellt. Zu Biodiesel werden die gelben Pflanzen nicht mehr verarbeitet. Nach der Abschaffung der Förderung vor knapp drei Jahren lohnt sich das nicht mehr.

Auf den Breitwiesen wachsen auch Äpfel.

 

Daher stimme es einfach nicht, dass auf den Flächen keine Waren für den Wochenmarkt angebaut würden, sagt Herr Bär. Es wachsen auch Erbsen zur Bodendüngung und Obst wie Äpfel, Pflaumen und Walnüsse.

Das Argument, man wolle einen Anschluss an das Gewerbegebiet Freiburger Straße schaffen, gelte auch nicht, sagt Fritz Pfrang von der BI. So etwas sei nicht möglich: Zwischen den Breitwiesen und der Freiburger Straße verläuft die A5. Ein Anschluss sieht anders aus.

“Manche wissen nicht, wo unsere Nahrung herkommt”

Für die Stadt bedeute die Entwicklung der Gewerbeflächen zunächst Ausgaben. CDU-Stadträtin Susanne Tröscher geht von mehreren Millionen Euro aus. Die Einnahmen seien nicht garantiert:

Die Stadt muss zuerst Gelder für den Bau der Infrastruktur aufbringen. Bis die Kosten wieder eingenommen sind, vergehen Jahre. Und damit Gewerbesteuern eingenommen werden können, müssen die Firmen ihren Sitz in der Stadt haben.

Besonders erbost ist sie über die Haltung der Jungen Union (JU), die in einer Pressemitteilung für den Flächentausch wirbt und darin mit Flächengrößen argumentiert, die es höchstens in Norddeutschland gebe. Es wird auch argumentiert, dass die angebauten Früchte nicht der Nahrungsmittelproduktion dienten und dass man den betroffenen Landwirten Ausgleichsflächen zur Verfügung stellen werde. Diese Flächen gebe es nicht, sind sich die Mitglieder der BI einig. Frau Tröscher nennt die Argumentation der JU “töricht” und “unüberlegt”.

Auch CDU-Stadträtin und Vorsitzende der Frauenunion Christina Eitenmüller ist über die Diskussion empört. Landwirte seien ebenso Unternehmer und tragen zum Wohlstand der Stadt bei. Die Produktion auf den Flächen sei hauptsächlich für die Nahrungsmittelproduktion bestimmt. Diese fruchtbaren Böden dürfe man nicht einfach zupflastern, sagt sie:

Offensichtlich wissen manche nicht, wo unsere Nahrung herkommt. Als Lehrerin habe ich des öfteren erfahren, dass Schulkinder der Meinung sind, Erbsen kämen aus Dosen und Hühner aus dem Geschäft.

In den kommenden Wochen will die BI weiter um den Erhalt der Flächen kämpfen und für ein “Ja” beim Bürgerentscheid werben.

Dazu stellt sie in den kommenden Tagen Traktor-Anhänger mit Bannern entlang der Straßen auf. Am kommenden Samstag, 31. August lädt die BI zu einer Radtour durch das Gebiet ein und am kommenden Sonntag, 01. September, gibt es ab 11:00 Uhr beim Bauern Großhans Ochs am Spieß.

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