Rhein-Neckar, 30. Oktober 2012. (red) Der sechste Demografie-Kongress war einer der bestbesuchtesten. Das Thema beschäftigt immer mehr Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft. Und das ist auch dringend nötig, denn der Prozess ist nicht mehr aufzuhalten und die Folgen werden uns in fünfzehn bis zwanzig Jahren einholen.
Von Hardy Prothmann
Deutschland 2032. Es fehlen sechs Millionen Arbeitskräfte. Das sind rund 15 Prozent weniger als 2012. Es fehlen spezialisierte Fachkräfte, Experten. Ist es möglich, Wirtschaft und Verwaltungen ohne “Ausfälle” zu betreiben? Was, wenn es zu Ausfällen kommt? Zieht das weitere Ausfälle von weiteren Wirtschaftszweigen nach sich? Bleiben Verwaltungsaufgaben liegen, weil Fachkräfte in den Abteilungen fehlen?
Im Jahr 2032 werde ich 66 Jahre alt sein. Auf dem Weg in die Ruhestand. Muss ich weiterarbeiten, weil meinen Job keiner macht? Die Frage werden sich viele stellen müssen. Viele werden die Frage gestellt bekommen.
Vielleicht gibt es auch schon viele Antworten auf Fragen, die man sich heute stellt. Wenn man heute konsequent beginnt, Lösungen zu suchen, wird der demografische Wandel vielleicht keine verheerenden Wirkungen entfalten. Vielleicht.
Wenn man sich anschaut, wie wenig präsent die Demografie in der aktuellen Politik ist, kann man durchaus Zweifel haben, ob das Problem und die daraus resultierden Folgeprobleme auch nur ansatzweise verstanden worden sind. Bis 2032 gehen noch zwanzig Jahre ins Land – aber die Zeit rennt, weil es immer mehr Alte und immer weniger Junge gibt.
Arbeitnehmermarkt
Für junge, gut ausgebildete Menschen werden das hervorragende Zeiten werden. Es wird ein Arbeitnehmermarkt – die Angestellten bestimmen die Konditionen, weil der Markt so eng ist. Für Unternehmen kann die Demografie existenzbedrohend werden, wenn sie nicht mehr genug qualifizierte Menschen für die zu erledigende Arbeit finden. Das ist letztlich schlecht für alle – denn was, wenn zwar weiter Autos gebaut werden, aber der Zulieferer für wichtige Bauteile mit der Produktion nicht nachkommt, weil ihm von der Herstellung bis zum Vertrieb die Leute fehlen?
Wer heute schon über Fachkräftemangel klagt, macht sich noch keine Vorstellung, was ab 2027 los sein wird. Menschen, die heute mit 55 Jahren keine Arbeit mehr finden, weil sie zu alt sind, werden wild umworben werden, gute Angebot erhalten, weil man sie mit einem Male doch braucht.
Ende 2012 ist klar: Welche Auswirkungen die Demografie letztlich hat, weiß noch niemand genau. Was man weiß ist, sie werden gewaltig sein.
Wichtiger Beitrag des VRRN
Insofern hat der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN) einen sehr wichtigen Beitrag geleistet, die Demografiewoche in unseren Raum zu holen. Gerade vor dem Hintergrund, dass bislang unsere Bevölkerungszahlen einigermaßen stabil sind. Trotzdem geht auch bei uns die Schere zwischen Alt und Jung auseinander. Auch uns wird die Demografie treffen. Und deshalb war diese Demografiewoche sehr wichtig – als Start eines bewussten Umgangs mit den künftigen Herausforderungen, die schon bald mehr und mehr deutlich werden.
Schade ist, dass die kleineren Gemeinden sich nur wenig beteiligt haben. Vielleicht, weil hier die Probleme noch nicht so sehr drücken, wie das in den Städten schon erkennbar ist. Fast jeder Ort in unserem Berichtsgebiet hat noch die wichtigste Infrastruktur im Ort, mindestens ein Nahversorger ist überall vorhanden. In Mannheim haben bereits 60.000 Menschen keine Nahversorgung mehr in der unmittelbaren Umgebung. Das sind Heddesheim, Ladenburg, Ilvesheim, Edingen-Neckarhausen und Schriesheim zusammengenommen.
Gemeinsame Lösungen vs. Alleingänge
Die Gemeinden werden in Sachen Demografie unweigerlich mehr zusammenarbeiten müssen, wenn sie die Herausforderungen stemmen wollen. Und sie müssen die Demografie in ihre Agenden aufnehmen. Man wird mehr tun müssen, als ein, zwei Altenheime zu bauen.
Von unserer Seite aus begleiten wir den Prozess auch in Zukunft. Aktuell haben wir in den vergangenen vier Monaten über 60 Artikel zur Demografie in unseren Blogs veröffentlicht. Auch das war eine Herausforderung – aber eine, die wir gerne annehmen, weil sie wichtig ist.
Anm. d. Red.: Normalerweise ist Montag unser Kolumnentag – wegen organisatorischer Gründe musste der Text leider einen Tag später erscheinen.
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