Weinheim, 23. April 2013. (red/ld) Der Gemeinderat hat sich geschlossen gegen die Liberalisierung der kommunalen Trinkwasserversorgung ausgesprochen. Wie auch in den umliegenden Gemeinden, befürchten die Stadträte, dass sich die Trinkwasserqualität verschlechtert, wenn die Versorgung an private Unternehmen ausgeschrieben werden müsse. Seit Monaten wird auf Internetseiten um Unterschriften geworben, um die Entscheidung der EU zu kippen. Zwar seien die nötigen Unterschriften in Deutschland bereits zu Stande gekommen, sagte Uli Sckerl, jedoch fehlen noch Unterschriften in zwei weiteren EU-Ländern und in Brüssel warte man auf eine Stellungnahme aus Berlin. Doch die Bundesregierung schweige sich aus.
Von Lydia Dartsch
Es ist bemerkenswert, dass diese Richtlinie in einem Land wie Deutschland so viel Aufsehen erregt, wo wir uns so wenig um das Wasser scheren, weil wir diese gute Wasserqualität gewöhnt sind,
sagte Oberbürgermeister Heiner Bernhard zu dem Antrag der SPD-Fraktion, sich gegen die Privatisierung der Wasserversorgung auszusprechen und zur Unterstützung des Vorhabens eine Unterschriftenliste im Rathaus auszulegen und zu prüfen, eine Verlinkung zu Right2Water auf die Homepage der Stadt zu stellen.
Hintergrund der Debatte ist die Bestrebung der Europäischen Kommission, die europaweit einheitliche Vergaberegelungen für Dienstleistungskonzessionen zu schaffen. In der ersten Lesung der Konzessionsrichtlinie im Europäischen Parlament am 24. Januar hatten die Abgeordneten mehrheitlich für die Richtlinie abgestimmt.
Nach dieser Richtlinie sollen Städte und Gemeinden künftig nicht mehr selbst über ihre Wasserversorgung entscheiden. Sie würden gezwungen, heißt es im Antrag der SPD-Fraktion, die Ver- und Entsorgung europaweit auszuschreiben. Es wird befürchtet, dass die Trinkwasserversorgung dann zu einem Wettbewerbsgeschäft werde, mit dem es gilt, Gewinne zu erzielen, weshalb Wasserpreise steigen oder die Qualität der Ver- und Entsorgung abnehmen könnte. Bislang beruhten die Gebühren für Wasser und Abwasser auf dem Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip. Das heißt, dass die Bürgerinnen und Bürger nur die Kosten tragen, die für Aufbereitung, Weiterleitung und Abwasser entstehen.
Gegen dieses Vorhaben sammelt die EU-Bürgerinitiative „Right2Water“ seit einigen Monaten europaweit Unterschriften. Dann wäre die Kommission verpflichtet, das Thema nochmals auf die Tagesordnung zu setzen. 1.359.942 Menschen sind der Initiative bereits beigetreten. Eine Million waren nötig. Dennoch seien mehr Unterschriften und Stellungnahmen von Institutionen wie Gemeinderäten und Kreistagen nötig.
In Brüssel wartet man noch sehnsüchtig auf ein Signal der Bundesregierung, aber die Kanzlerin hat sich dazu noch nicht geäußert,
sagte der Landtagsabgeordnete und Stadtrat Uli Sckerl (GAL). Gerhard Mackert (Freie Wähler) sprach sich ebenfalls für den SPD-Antrag aus:
Mit Trinkwasser kann man nicht sensibel genug umgehen. Wir wollen uns nicht abhängig machen von einem europäischen Wasserversorger.
In der CDU-Fraktion gab man sich skeptisch gegenüber der Bürgerinitiative:
Wir befürchten, dass in Brüssel niemand auf uns hören wird und das über unsere Köpfe hinweg entschieden wird. Wenn das der Fall ist, wird das zu einer größeren EU-Verdrossenheit führen.
FDP-Stadtrat Günter Breiling machte darauf aufmerksam, dass auch die Konzessionen für Rettungsdienste von der Richtlinie betroffen seien:
Unklar ist auch, wie die interkommunale Zusammenarbeit geregelt ist.
In zwei weiteren EU-Ländern müsse das Quorum noch erreicht werden.
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